Philosophen über Ästhetik/ Immanuel Kant

Anmerkungen

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Kritik der Urteilskraft

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Das Geschmacksurteil (Paragraf 1 und 2)

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Das logische Urteil ist ein objektiver Erkenntnisgewinn. Dabei wird der Verstand, also das Vermögen der Begriffsbildung auf Gegenstände oder Vorstellungen angewandt. Urteile dieser Art werden Erkenntnisurteile genannt. Im Unterschied dazu ist bei einem ästhetischen Urteil der Bestimmungsgrund subjektiv, da es im Bezug zum eigenen Gefühl der Lust oder der Unlust (dem »Lebensgefühl«) gefällt wird. Diese sogenannten Geschmacksurteile werden also durch Empfindungen des Wohlgefallens geleitet. Es ist klar, dass diese Urteile keinen Beitrag zur Erkenntnis liefern können und sollen. Vielmehr dienen sie allein »der Beurteilung des Schönen« [B 4]. Dieses Vermögen des Menschen wird Geschmack genannt.

Soll nun ein Urteil über die Schönheit eines Gegenstandes oder einer Vorstellung getroffen werden, muss dieses ohne alles Interesse erfolgen. Denn Interesse ist immer auch Wohlgefallen an der Existenz und damit sogleich an das eigene Begehrungsvermögen geknüpft. Es soll aber bei der Beurteilung des Schönen eine Aussage getroffen werden, ob eine Vorstellung ein Wohlgefallen auslöst, ganz gleich, ob diese wirklich existiert oder nicht. Ansonsten wäre die Aussage parteilich, denn der Geschmack stünde unter einem Zwang. Um dies auszuschließen, ist es hilfreich, dass Wohlgefallen in seine drei Unterarten zu zergliedern und sich deren Unterscheidung bewusst zu werden.

Wohlgefallen und Interesse (Paragraf 3 bis 6)

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Die erste Art von Wohlgefallen die einem in den Sinn kommt, ist das Angenehme. »Angenehm ist das, was den Sinnen in der Empfindung gefällt.« [B 7]. Die Existenz eines Gegenstandes kann ganz persönliches Wohlgefallen aus- lösen und ruft dadurch Interesse hervor. Dinge, die auf solche Weise gefallen, werden Angenehm genannt. Mit Empfindung ist aber nicht -- wie im allgemeinen Sprachgebrauch üblich -- die Bestimmung eines jeglichen Gefühls, sondern einzig und allein die Vorstellung einer Sache durch die Sinne gemeint. Dieses Empfinden ist entweder Objektiv oder Subjektiv. Das wird an einem Beispiel deutlich: Die grüne Farbe einer Wiese ist eine objektive Empfindung, d.h. es ist eine Wahrnehmung durch den Sehsinn mit Hilfe des Verstandes. Das Angenehme an einer grünen Wiese wird als subjektive Empfindung bezeichnet und bringt selbst keine Erkenntnis hervor. Durch die subjektive Empfindung wird aber eine Begierde nach dieser Sache hervorgebracht. Damit steht der innerliche Zustand des Subjekts mit der Existenz des Gegenstandes in einem engen Zusammenhang. So ist zu begünden, warum das Wohlgefallen am Angenehmen mit einem Interesse verbunden ist. Angenehmes gefällt nicht nur, es vergnügt und geben wir dieser Empfindung hin, so redet man von Genuss.

Das zweite Wohlgefallen, welches ebenfalls mit Interesse verbunden ist, ist das am Guten. Gut ist das, was durch die Vernunft durch den bloßen Begriff gefällt. Das Gute gefällt entweder dadurch, dass es einen bestimmten Zweck erfüllt (»als Mittel«), oder einfach aus sich selbst heraus (»unmittelbar«). In beiden Fällen ist ein Zweck immer mitgedacht und folglich auch ein Interesse, also ein Wohlgefallen an der Existenz der Sache ausgedrückt. Gutes und Angenehmes sind zwei wohlgetrennte Arten des Wohlempfindens. »Von einem durch Gewürze und andre Zusätze den Geschmack erhebenden Gerichte sagt man ohne Bedenken, es sei angenehm, und gesteht zugleich, daß es nicht gut sei: weil es zwar unmittelbar den Sinnen behagt, mittelbar aber, d.i. durch die Vernunft, die auf die Folgen hinaus sieht, betratet, mißfällt.« [B 12] Daraus wird klar, dass das Gute ein Begehrungsvermögen der Vernunft, das Angenehme aber eines der Sinne ist.

»Das Angenehme, das Schöne und das Gute bezeichnen also drei verschie- dene Verhältnisse der Vorstellung zum Gefühl der Lust und Unlust« [B 14]. Angenehm heißt, was vergnügt, Schön heißt, was nur gefällt und Gut heißt, was geschätzt wird. Das Schöne gilt allein nur für den Menschen. Angenehm kann auf für Tiere gelten. Das Gute, da es die Vernunft voraussetzt, gilt für alle vernünftigen Wesen. Unter allen drei Arten des Wohlgefallens ist einzig der Geschmack am Schönen ein uninteressiertes und daher freies Wohlgefallen. Es liegt bei diesem Wohlgefallen kein Interesse der Sinne und kein Interesse der Vernunft zu Grunde. Das Angenehme bezieht sich auf die Neigung, das Schöne auf die Gunst und das Gute auf die Achtung. Alles Interesse setzt Bedürfnisse voraus oder bringt sie hervor. Nur in der Gunst findet sich daher Freiheit.

»Geschmack ist das Beurteilungsvermögen eines Gegenstandes oder einer Vorstellungsart durch ein Wohlgefallen, oder Mißfallen, ohne alles Interesse. Der Gegenstand eines solchen Wohlgefallens heißt schön.« [B 16]

Allgemeingültigkeit des Geschmacksurteils (Paragraf 6 bis 8)

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Wird ein Geschmacksurteil gefällt, können keine subjektiven Gründe für das Wohlgefallen ausgemacht werden, da es ja gerade vollkommen interessenlos ist. Daraus folgt, dass das Wohlgefallen einen Grund für jedermann hat, denn der Urteilende kann eben keine Privatgründe bei sich feststellen. Somit wird er dieses Wohlgefallen bei jedem voraussetzen. Jedoch gerade nicht als objektiv Allgemeingültig. Dazu wäre eine Begrifflichkeit notwendig, die beim Schönen aber nicht gegeben ist. Vielmehr handelt es sich bei einem Geschmacksurteil um sogenannte subjektive Allgemeingültigkeit. »Das Schöne ist das, was ohne Begriffe, als Objekt eines allgemeinen Wohlgefallens vorgestellt wird.« [B 17]

Ein Vergleich des Schönen mit dem Angenehmen sowie dem Guten zeigt nun folgendes: Ein Urteil, welches in Bezug auf das Angenehme gefällt wird, gründet sich rein auf Privatgefühle, und ist somit nicht allgemein gültig. In diesem Fall gilt also der Grundsatz, dass im Hinblick auf das Angenehme ein jeder seinen eigenen Geschmack der Sinne hat. Wenn etwas für schön befunden wird, ist zugleich mit dem Urteil eine Allgemeingültigkeit ausgesprochen, und es wird für die Allgemeinheit das Wohlgefallen vorausgesetzt. »Denn er muß es nicht schön nennen, wenn es bloß ihm gefällt.« [B 19] Man spricht zwar von der Schönheit, als sei es eine Eigenschaft der Dinge, jedoch erlangen wir diesen Eindruck nur durch Reflexion mit uns selbst. Das Gute ist dagegen immer Allgemeingültig. Denn hier wird nur durch einen Begriff das Objekt eines allgemeinen Wohlgefallens vorgestellt. Jeder der weiß, welche Bedeutung ein bestimmter Begriff hat, ist sich auch seiner Zweckmäßigkeit bewusst.

Woher kommt die Bestimmung der Allgemeinheit in einem ästhetische Urteil? Zuerst ist zu bemerken, dass eine Allgemeinheit, die nicht auf ein Begriff eines Objekts beruht, nicht als eine objektive sondern als eine subjektive benannt werden muss. Diese bezeichnet eine Gültigkeit für alle Subjekte und be- zieht sich auf das Gefühl der Lust und Unlust. Jedes objektiv allgemeingültige Urteil ist zugleich auch subjektiv, das sich unter dem Begriff alle Eigenschaften des Gegenstandes zusammenfassen lassen. Ein subjektiv allgemeingültiges Urteil (also ästhetisch) ist nicht zugleich objektiv allgemeingültig, da es sich nicht auf Begrifflichkeit gründet. Der Vergleich vieler ästhetischer Urteile können wieder ein logisches ergeben. Urteile des Geschmacks setzen eine allgemeine innere Stimme voraus, die nach der allgemeinen Zustimmung zu dem Geschmacksurteil sinnt. Diese Stimme ist sozusagen eine Idee der allgemeinen Zustimmung.

Es gibt also zwei Arten von ästhetischen Urteilen. Die reinen Privaturteile beruhend auf dem Sinnen-Geschmack und die publiken, vorgeblich gemeingültigen beruhend auf dem Reflexions-Geschmack. Eine Allgemeinheit, die nicht auf Begriffen beruht ist nicht logisch, sondern ästhetisch: Gemeingültig.

Es ist klar, dass ästhetische Urteile nie auch logisch sein können. Sie beziehen sich eben nicht auf das Objekt, sondern allein auf das Subjekt. Das Prädikat der Schönheit wird nicht dem Objekt, »in seiner ganzen logischen Sphäre« [B 24] angehängt, aber dehnt sich doch über ganze Sphäre der Urteilenden aus. Ein logisches Urteil über Schönheit (z.B. »Rosen sind schön«) ist immer auf einzelne Geschmacksurteile gegründet. Wird ein Objekt bloß nach Begriffen beurteilt, so geht die Schönheit verloren. »Also kann es auch keine Regel geben, nach der jemand genötigt werden sollte, etwas für schön anzuerkennen.« [B 25] Ein ästhetisches Geschmacksurteil postuliert keine Einstimmigkeit, sondern Sinnt diese jedem Betrachter nur an.

Wie entsteht ein Geschmacksurteil? (Paragraf 9)

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Kommt beim Geschmacksurteil die Lust vor der Beurteilung des Gegenstandes oder umgekehrt? Die Antwort auf diese Frage ist auch der Schlüssel zur Kritik des Geschmacks. Nimmt man den ersten Fall an, entsteht ein Widerspruch zu der Annahme das ein Geschmacksurteil Gemeingültigkeit besitzt und damit gerade nicht von den Sinnen abhängt. Die Lust wäre in diesem Fall nichts anderes als bloße Annehmlichkeit. Von dem, was uns vergnügt wissen wir aber, dass es nur Privatgültigkeit hat und somit eine allgemeine Mitteilbarkeit unmöglich ist. Aus diesem Widerspruch folgt demnach, dass die allgemeine Mitteilungsfähigkeit des Gemütszustandes selbst die Lust an diesem hervorruft. Der Gemütszustand muss demnach auch die Bedingung für das Geschmacksurteil sein und dem Gefühl der Lust voran gehen.

Der eigene Gemütszustand wird allgemein mitteilbar durch die Tatsache, dass sich die Erkenntniskräfte – also Verstand und Einbildungskraft[1] in einem freien Spiel befinden, da keine Begrifflichkeit die Kräfte einschränkt. Der Gemütszustand beim freie Spiel der Erkenntniskräfte muss sich allgemein mitteilen lassen, denn dieser gilt bei einem reine Geschmacksurteil für jedermann und ist somit auch allgemein mitteilbar.

Nun stellt sich die Frage, wie wir uns dieser harmonischen Wechselwirkung der Erkenntniskräfte bewußt werden. Hier gibt es zwei theoretische Möglichkeiten: entweder »durch den bloßen inneren Sinn[2] und Empfindung oder intellektuell durch das Bewußtsein unserer absichtlichen Tätigkeit« [B 30]. Würde das Bewußtwerden intellektuell geschehen, dann müßte für diesen Gemütszustand ein Begriff existieren. In diesem Fall würde das Geschmacksurteil nicht mehr in Hinblick auf das Gefühl der Lust oder der Unlust gefällt und wäre somit kein Geschmacksurteil. Also kann sich dieser Gemütszustand nur durch Empfindung in unser Bewußtsein drängen. Gerade die Wechselwirkung von Einbildungskraft und Verstand ermöglicht es, unser Erkenntnissvermögen so anzuregen, das wir allgemeine Aussagen treffen können, ohne jedoch einen Begriff vorzustellen.

»Schön ist das, was allgemein ohne Begriffe gefällt.« [B 32]

Vom Zweck (Paragraf 10 bis 12)

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Zweck ist der Gegenstand eines Begriffs, wenn der Zweck die Ursache für den Begriff ist. Zweckmäßigkeit ist die Kausalität (Verhältnis zwischen Ursache und Wirkung) eines Begriffs in Bezug auf ein Objekt. Wenn durch ein Begriff die Wirkung des Gegenstandes ausgedrückt wird, dann denkt man sich mit dem Begriff den Zweck des Gegenstandes. Diese Wirkung ist also die Ursache für den Begriff. Zweckmäßig heißt ein Objekt, wenn die Vorstellung eines Zwecks nicht notwendig ist. Er wird lediglich vermutet. Zweckmäßig kann eine Sache sein ohne wirklich ein Zweck zu erfüllen. Ein Beispiel hierfür wären Grabbeilagen. Oft ist es nicht ersichtlich, welchen genauen Zweck sie erfüllt haben, doch scheinen sie uns im Hinblick auf ihre Zeit zweckmäßig.

Würde dem Geschmacksurteil ein Zweck der Sache zugrunde liegen, wäre es kein reines Geschmacksurteil. Denn in diesem Fall würde an dem Gegenstand oder der Vorstellung ein Interesse bestehen. Wie wir aber aus vorangegangenen Überlegungen festgestellt haben, ist das reine Geschmacksurteil völlig interessenlos. Also kann dem Geschmacksurteil nur eine subjektive Zweckmäßigkeit in der Vorstellung eines Gegenstandes zugrunde liegen.

Es ist wichtig, zu zeigen, dass das Geschmacksurteil auf Gründen a priori[3] beruht. Nur so ist es Möglich, jedem Menschen diese Art von Urteil zukommen zu lassen. Es kann aber nur schwierig eine Ursache a priori gefunden werden, die dazu führt, dass wir Geschmacksurteile fällen. Die Verknüpfung einer Vorstellung als Ursache mit dem Gefühl der Lust oder Unlust als Wirkung wäre eine Kausalität, die jederzeit nur mit Hilfe der Erfahrung erkannt werden könnte. Die Lust trägt aber in gewisser Hinsicht selbst eine Kausalität in sich. Es ist der Zustand der Vorstellung an sich als Ursache und die Beschäftigung der Erkenntniskräfte ihre Wirkung. »Wir weilen bei der Betrachtung des Schönen, weil diese Betrachtung sich selbst stärkt und reproduziert« [B 37]. Die Zweckmäßigkeit eines ästhetischen Urteils gründet sich also direkt auf dem Gefühl der Lust oder Unlust.

Unterschiede in Geschmacksurteilen (Paragraf 13 und 14)

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Wie bereits festgestellt wurde, nimmt jegliches Interesse die Unparteilichkeit eines Geschmacksurteils und macht es damit unrein. Der Geschmack ist in dem Stadium, wo er »noch die Beimischung der Reize und Rührung zum Wohlgefallen bedarf« [B 38], als babarisch zu bezeichnen. Nur ein Geschmacksurteil, welches auf die Einmischung von Reiz und Rührung verzichtet, und nur die Zweckmäßigkeit der Form als alleinigen Bestimmungsgrund hat, ist als rein anzusehen.

Ästhetische Urteile können in empirisch oder rein eingeteilt werden[4]. Empirische Urteile sind diejenigen, die etwas über Annehmlichkeit oder Unannehmlichkeit aussagen. Die reinen sagen etwas über Schönheit eines Gegenstandes oder eine Vorstellung aus. Empirische werden auch als Sinnenurteil, die reinen als Geschmacksurteil bezeichnet. Ein Geschmacksurteil ist nur in dem Fall rein, wenn kein bloß empirisches Wohlgefallen, also Reiz und Rührung, zugrunde liegt.

Die Zeichnung, die als Grundlage aller bildenden Künste dient, und die Komposition sind die eigentlichen Gegenstände eines reinen Geschmacksurteils. Sie trüben nicht durch Reize das Urteilsvermögen.

Von Vollkommenheit (Paragraf 15)

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Die objektive Zweckmäßigkeit kann nur mit Hilfe eines bestimmten Begriff, der Auskunft über den Zweck eines Gegenstandes gibt, erkannt werden. Die Beurteilung des Schönen resultiert aus einer formalen Zweckmäßigkeit, also eine Zweckmäßigkeit ohne Zweck. Die Beurteilung des Guten setzt eine objektive Zweckmäßigkeit voraus, da hier die Beziehung eines Objekt auf seinen Zweck, den es erfüllt, beurteilt wird. Objektive Zweckmäßigkeit ist entweder die äußere, nämlich die Nützlichkeit, oder die innere, das ist die Vollkommenheit eines Gegenstandes. Es ist nun ersichtlich, das man für objektive Zweckmäßigkeit einen Begriff benötigen, der den Zweck benennt.

Eine andere Unterscheidung in Bezug auf die objektive Zweckmäßigkeit, ist die Unterscheidung von qualitativer und quantitativer Vollkommenheit. Ersteres bezeichnet das Zusammenwirken der einzelnen Bestandteile, die unter dem Begriff zusammengefasst sind. Zweites ist lediglich die Vollständigkeit, die der Begriff vorgibt, und ist somit ein Größenbegriff. Da im Bezug auf die Vollkommenheit immer auch eine Begrifflichkeit vorausgesetzt wird, ist schnell ersichtlich warum das Geschmacksurteil gänzlich unabhängig von dem Begriff der Vollkommenheit ist. Der Verstand, welcher zu jedem Urteil benötigt wird, wird in dem Falle des Geschmacksurteils nicht für das Feststellen von Erkenntnis sondern zur Bestimmung des Verhältnisses von Vorstellung ohne Begriff und innerem Gefühl des Subjekts gebraucht.

Arten der Schönheit (Paragraf 16)

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Man muss zwischen zwei Arten von Schönheit unterscheiden. Diese zwei Arten sind zum eine die freie Schönheit und zum anderen die anhängende Schönheit. Die erste setz keine Begrifflichkeit voraus, was wiederum die zweite tut. Darüber hinaus setzt diese anhängende Schönheit auch eine Vollkommenheit des Gegenstandes voraus. Statt der Begriffe frei und anhängend können auch die Wörter bestehende und bedingte verwendet werden. Ein Beispiel für freie Schönheit sind Blumen. Bei ihnen werden für die Beurteilung der Schönheit keine Begrifflichkeit vorausgesetzt. Sie dienen keinem Zweck der sich nur durch Begriffe erschließt. Die Musik ohne Text kann als freie Schönheit im Bereich der Kunst gelten. Sie gefällt ohne das ein Begriff von dem Gegenstand vorausgesetzt wird. Die Schönheit des Menschen, Pferde und andere Tiere brauchen für ihre Beurteilung jedoch immer eine Begrifflichkeit von dem Objekt und damit eine Vorstellung von ihrer Vollkommenheit. Damit zählen sie zu den anhängenden Schönheiten.


Wiederum kann mit der gemachten Unterscheidung bei den Arten der Schönheit schnell aufgezeigt werden, welche von beiden zu einem reinen Geschmacksurteile führen würde. Nur die Erscheinung ohne Begriff führt zu einem reinen Geschmacksurteil. Unwissenheit in Bezug auf die Begrifflichkeit eines Gegenstandes würde aus einer anhängenden Schönheit eine freie machen. Ein Urteil in Bezug auf bedingte Schönheit wird angewandtes Geschmacksurteil genannt.

Die Idealvorstellung (Paragraf 17)

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Eine objektive Geschmacksregel, die durch Begriffe bestimmen würde, was schön ist, widerspricht den bisher gemachten Feststellung und ist damit unmöglich. Der Bestimmungsgrund des Geschmacksurteils ist einzig und allein das Gefühl des Subjekts und niemals ein Begriff des Objekts. Das höchste Muster, das Urbild des Geschmacks, ist eine bloße Idee, die jeder in sich selbst hervorbringen muss, und an dem jeder, alles, was Objekt des Geschmacks ist, beurteilen muss. Die Idee ist aber im ursprünglichen Sinne ein Vernunftbegriff und das Ideal ein in sich selbst entsprechend der Idee gedachtes »Wesen«. Daher sollte beim Geschmack lieber vom »Ideal des Schönen« gesprochen werden; das »Wesen« welches der unbestimmten Idee entspricht ist ja selbst unbestimmbar. Ansonsten würde wieder ein Begriff daraus folgen. Nur zu angehängten, bedingten Schönheiten, also durch ein Begriff fixierten Gegenständen/Vorstellungen, lässt sich ein solches Ideal festlegen. Der Zweck bestimmt in diesem Fall das Ideal. Die Idee, welche dem Ideal voran geht, ist aber in zwei Stücke zu unterteilen. Erstens eine ästhetische Normalidee. Das ist eine aus der Einbildungs- kraft erzeugte Vorstellung die als »Richtmaß seiner Beurteilung« [B 56] dient. Sie entsteht aus einzelnen Anschauungen die von einem Subjekt gemacht werden. Der zweite Teil ist eine Vernunftidee. Diese liefert eine Idealvorstellung und damit den Zweck. Dieser wird dadurch zum Prinzip der Beurteilung der Gestalt. Zusammenfassend kann gesagt werden, das die Beurteilung des Schönen durch ein Vergleich mit einem Ideal zu keinem reinen Geschmacksurteil führt. Denn sonst wäre reine Schönheit wieder bestimmbar.

Dieser Zusammenhang wird am Beispiel des Menschen sehr deutlich: Die Normalidee entsteht durch jeden Sinneseindruck mit Menschen als konkrete Repräsentanten dieser Spezies. Die aus der Normalidee resultierende Gestalt ist die Statur für einen schönen Menschen. Aufgrund dieser Normalidee werden anschließend die Regeln zur Beurteilung festgelegt. Diese Normalidee ist aber nicht das Urbild der Schönheit, sondern gibt lediglich die Form vor. Erst die Vernunftidee, die den Zweck der Menschheit/des Menschen mitbringt, erzeugt eine Idealvorstellung, die konkrete ästhetische Beurteilung zu; eben ein angewandtes Geschmacksurteil. Es ist klar das die Idee zu einem Begriff a priori gegeben sein muss. Das ist aber nur bei dem Menschen selbst der Fall, oder eben bei Dingen die einen allgemeinen Zweck erfüllen.

»Schönheit ist Form der Zweckmäßigkeit eines Gegenstandes, sofern sie, ohne Vorstellung eines Zwecks, an ihm wahrgenommen wird.« [B 61]

Die Notwendigkeit eines Geschmacksurteils (Paragraf 18 bis 22)

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Vom Schönen denkt man sich, das es eine notwendige Beziehung auf das Wohlgefallen habe. Diese Notwendigkeit kann als exemplarisch bezeichnet werden. Exemplarisch heißt, sie ist nicht explizit nennbar. Das Geschmacksurteil sinnt nach jedermanns Zustimmung. Es wird gefordert, das Alle diesen Gegen- stand als Schön ansehen sollen. Dieses Sollen ist nur bedingt ausgesprochen. Man wirbt sozusagen um jedermanns Zustimmung. Man muss zwischen objektiven und subjektiven Prinzip, dass einem Urteil zugrunde gelegt werden kann, unterscheiden. Legt man einem Urteil ein objektives Prinzip zugrunde, dann besteht man auf eine unbedingte Notwendigkeit des Urteils. Wenn ein Urteil ohne jegliches Prinzip gefällt wird, dann handelt es sich nur um ein bloßen Sinngeschmack. Bei dem Geschmacksurteil liegt hingegen ein subjektives Prinzip zugrunde. Dieses bestimmt durch Gefühle und nicht durch Begriffe, was allgemeingültig gefällt oder missfällt. Genau dieses Prinzip wird Gemeinsinn genannt und bezeichnet die Wirkung des freien Spiels der Erkenntniskräfte. Also ist es der Sinn, der das freie Spiel erkennen kann. So werden Geschmacksurteile auch allgemein mitteilbar.

Die gedachte Notwendigkeit der allgemeinen Zustimmung in einem Geschmacksurteil ist nur eine subjektive Notwendigkeit. Erst unter der Voraussetzung eines Gemeinsinns kann sie als objektiv gedacht werden. Das dieser Gemeinsinn von uns wirklich angenommen wird, ist daran zu erkennen, dass wir uns tatsächlich »Anmaßen« Geschmacksurteile zu fällen. Wir gehen in dem Fall von keinem Privatgefühl aus, sondern von dem besagten Gemeinsinn. Dieser kann aber nicht auf Erfahrungen gegründet werden, und somit kann nicht von einem »Müssen« sondern nur von einem »Sollen« ausgegangen werden. Die Urteile besitzen also nur eine exemplarische Gültigkeit. Diese führt aber dazu, dass subjektives objektiv gedacht wird.

»Schön ist, was ohne Begriff als Gegenstand eines notwendigen Wohlgefallens erkannt wird.« [B 68]

Empfindungen (Paragraf 39 und 40)

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Es stellt sich die Frage welche Empfindungen Mitteilbar sind. Mitteilen ist hier im Sinne von jedem Anderen auch zusprechen können gemeint. Es ist klar, dass Sinnesempfindungen nicht mitgeteilt werden können. Ebenso verhält es sich mit Lust des Genusses. Wohlgefallen an einer moralischen Vorstellung hingegen kann durch »sehr bestimmte praktische Vernunftbegriffe« [B 154] allgemein Mitgeteilt werden, da keine freie, sondern besondere gesetzliche Zweckmäßigkeit besteht. Die Lust am Erhabenen gründet auf moralischen Gesetzen und ist daher auch vermittelbar. Dagegen ist die Lust am Schönen nichts von allen dreien, sondern eine bloße Reflexion. Von dem Einzelnen wird auf das allgemeine Geschlossen. Solange »nicht die Materie für die Form, Reiz für Schönheit« [B 155] genommen wird, und wirklich ein reines Geschmaksurteil gefällt ist, kann dieses auch jedem Anderen mitgeteilt werden.

Die Reflexion für das reine Geschmacksurteil erfordert so etwas wie einen gemeinschaftlichen Sinn(siehe 4.10. Zur Erläuterung hilft es sich der drei Maximen bewusst zu werden die einen solchen Sinn Ermöglichen: »1. Selbstdenken; 2. An der Stelle jedes anderen denken; 3. Jederzeit mit sich selbst einstimmig denken« [B 158]. Die erste Maxime gehört zum Verstand, die zweite zur Urteilskraft und die dritte zur Vernunft Der »Geschmack ist also das Vermögen, die Mittelbarkeit der Gefühle, welche mit gegebener Vorstellung (ohne Vermittelung eines Begriffs) verbunden sind, a priori zu beurteilen).« [B 161]. Geschmack entsteht daher nur in der Gesellschaft. Er muss mitgeteilt werden können.

schöne Seele (Paragraf 42)

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Man ist nicht zwingend moralisch Gut, wenn man Interesse an der Kunst hat. Aber es lässt sich eine schöne Seele, d.h. auf ein moralisch gutes Inneres schließen, wenn ein »unmittelbares Interesse an der Schönheit der Natur« [B 166] besteht. Das kommt daher, das die Vernunft immer auch objektive Realität wünscht und sich dank der die in der Natur durchscheine »gesetzmäßige Übereinstimmung ihrer Produkte« [B 169] bestätigt fühlt. Unabhängig von unserem Wohlgefallen scheint es eine objektive Realität zu haben. Die Natur spricht in ihren schönen Formen figürlich zu uns und lässt allgemeine Gesetze vermuten. Wer daran Interesse zeigt hat wenigstens die Anlage zum moralisch Guten.

Sinne (Paragraf 42)

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Nur Hören und Sehen erlauben es uns, nicht allein das bloße Sinnesgefühl, sondern auch deren Reflexion über die Form ihrer Modifikation zu erfahren. Wir verknüpfen Ideen mit Empfindungen dieser Art; z.B. die Farbe der Lilie mit der Idee der Unschuld.

Kunst (Paragraf 43 bis 45 und 48)

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Kunst ist das hervorbringen eines Werks/Produkts durch Freiheit, also gezieltes Handeln durch Vernunft mit Willkür. Ein Kunstwerk ist immer ein Werk des Menschen und damit von der Natur verschieden. Kunst (als praktisches Vermögen) ist auch von der Wissenschaft (dem theoretisches Vermögen), also dem Wissen getrennt. Jedoch wird nicht das Kunst genannt, was durch das erlangen von Wissen gekonnt wird, sondern nur das, was auch Geschicklichkeit erfordert. Das Handwerk als solches ist auch keine Kunst, da hier der Zweck nicht das Spiel sondern der Broterwerb ist. Was aber nicht heißt, das kein Handwerk erforderlich wäre, um Künstlersich tätig zu sein.

Weder kann es eine Wissenschaft des Schönen geben, noch eine schöne Wissenschaft. Erstere wäre per Definition von Wissenschaft zu keinem Geschmacksurteil fähig, zweites ein Unding, da ihr Ziel eine verblendete, geschmackvolle Verpackung vernünftiger Fakten und Beweise wäre. Mechanische Kunst wird diejenige genannt, die nur die erforderlichen Handlungen nach Anleitung ausführt um ein Produkt zu schaffen. Hier kann Lust nur als bloße Empfindungen ausgelöst werden. Wird jedoch »das Gefühl der Lust zur unmittelbaren Absicht« [B 177, 178], so heißt sie ästhetische Kunst. Diese schafft es, dass die Lust als Erkenntnis den Gegenstand begleitet. Die ästhetische Kunst kann wiederum in zwei Gruppen geteilt werden: Die angenehme und die schöne Kunst. Ersteres bezeichnet diejenigen Dinge welche bloßen Genuss auslösen sollen. Zweitere dagegen sind »eine Vorstellungsart, die für sich selbst zweckmäßig ist, und, obgleich ohne Zweck, dennoch die Kultur der Gemütskräfte zur geselligen Mitteilung befördert« [B 179]

»Schön ist das, was in der bloßen Beurteilung (nicht in der Sinnempfindung, noch durch einen Begriff) gefällt« [B 180]. Es ist klar, dass durch Kunst jederzeit etwas hervorgebracht werden soll. Zielt diese Absicht aber auf bloße Empfindung oder auf das Produzieren eines bestimmten Objekts, haben wir bestenfalls eine mechanische Kunst vor uns. »Also muß die Zweckmässigeit im Produkte der schönen Kunst, ob sie zwar absichtlich ist, doch nicht absichtlich scheinen« [B 180]. Wir sind uns also der Kunst bewusst, sehen sie jedoch als Natur an. Es verhält sich also wie folgt: »Eine Naturschönheit ist ein schönes Ding; die Kunstschönheit ist eine schöne Vorstellung von einem Dinge« [B 188]. Was das Ding sein soll muss in der Kunst also zuerst mit einem Begriff festgelegt werden. Schöne Kunst kann somit auch hässliche Dinge in der Natur schön beschreiben.

Genie (Paragraf 46 und 49)

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»Genie ist die angeborene Gemütslage, durch welche die Natur der Kunst die Regeln gibt« [B 181]. Schöne Künste sind also notwendiger Weise Künste des Genies. Das Genie ahmt nicht nach, sondern lässt sich von seiner Natur lei- ten und kann daher auch keine Regeln festlegen nach denen schöne Kunst zu schaffen wäre. Um aber wirklich ästhetisch handeln zu können ist zusätzlich zum Talent auch Form erforderlich. Das bedeutet, um »vor der Urteilskraft bestehen zu können« [B186] muss sich das Genie bilden.

»Geist, in ästhetischer Bedeutung, heißt das belebende Prinzip im Gemüte« [B 192]. Dieses Prinzip ist nichts anderes als das Vermögen der Darstellung äs- thetischer Ideen und damit das Gegenstück zur Vernunftidee. Formen die nicht durch Begriffe dargestellt werden können und somit als Nebenvorstellungen in der Einbildungskraft existieren werden Attribute genannt und geben uns äs- thetische Ideen. Ein Genie schafft es zu einem gegebenen Begriff die richtigen Attribute zu finden; dieses ist ein Talent des Menschen.

Verwendete Begriffe

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  • transzendental Die Bedingung der Möglichkeit betreffend.
  • Sinnesempfindung Empfindung die sich auf die reale Wahrnehmung bezieht
  • Lust des Genusses Die Lust die durch den Sinn in das Gemüt kommt, also die Empfindung eines Gegenstandes in der Erfahrung als Angenehm
  • a priori Ohne spezifische Erfahrung. Ist etwas a priori gewiss, so meint dies, das es einfach einleuchtet -- ohne von der Außenwelt bestimmte Materie bekommen zu haben.

Einzelanchweise

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  1. Diese Kraft ist auch dafür zuständig, das wir Gegenstände vor unserem geistige Auge entstehen lassen können
  2. Der innere Sinn ist die Zeit, der äußere der Raum (vgl. Kritik der reinen Vernunft, transzendentale Ästhetik
  3. a priori bedeutet vor aller Erfahrung. Aber nicht zeitlich, sondern unabhängig von
  4. Genauso wie es bei logischen der Fall ist

Siehe auch

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