Moderne Termlogik/ Ungültige Syllogismen

Moderne Termlogik Bearbeiten

4. Syllogistik Bearbeiten

4.4 Ungültige Syllogismen Bearbeiten

Wir haben gesehen, dass sich von den 256 Regeln vom Typ Syllogismus 24 aus den Regeln des Kalküls ableiten lassen. Es muss nun noch gezeigt werden, dass es ausser diesen 24 keine weiteren Syllogismen gibt. Schon in der Antiken Logik hat sich Aristoteles mit dieser Frage beschäftigt; seine Methode zum Ausschluss "ungültiger Syllogismen" beruhte auf semantischer Argumentation (Gegenbeispiele), ein Verfahren, mit dem wir uns in dieser Darstellung erst später beschäftigen werden. Es soll daher hier unter Verwendung rein syntaktischer Hilfsmittel - d.h. mit Hilfe des angegebenen Kalküls - gezeigt werden, wie sich "ungültige Syllogismen" ausschliessen lassen.

  • Beispiel: Wir betrachten die Regel   und wollen zeigen, dass sie aus den Regeln   nicht ableitbar ist. Es reicht aus, zu zeigen, dass sie nicht indirekt ableitbar ist, denn wenn sie direkt ableitbar wäre, könnte sie auch indirekt abgeleitet werden, was wir in einem vorigen Abschnitt gezeigt haben. Wir nehmen also die Prämissen dieser Regel sowie die Negation der Konklusion als Voraussetzungen an:

 

Gemäss der Verfahrensweise der indirekten Ableitung müssen wir aus diesen drei Prämissen einen Widerspruch ableiten; und zwar mit Hilfe der Grundregeln  . Einen Widerspruch abzuleiten bedeutet, sowohl ein Urteil   als auch dessen Negation   abzuleiten. Nach Definition ist unter den Urteilen   und   stets ein A-Urteil oder ein E-Urteil. Für die Ableitung eines solchen Urteils tragen aber die beiden Prämissen   nichts bei, da in keiner der vier Grundregeln I-Urteile als Prämissen vorkommen. Zur Herleitung eines A- oder E-Urteils steht daher nur die Prämisse   zur Verfügung. Aus ihr allein kann ausser   aber kein weiteres A- oder E-Urteil abgeleitet werden. Sei also  . Dann muss auch   aus den drei Prämissen direkt abgeleitet werden können. Das ist aber mit den vier Grundregeln, von denen keine ein O-Urteil als Konklusion hat, unmöglich.

Auf diese Weise lassen sich ganze Klassen von Regeln als nicht ableitbar beweisen. So zeigt man ganz in Analogie zu den Beweisschritten des obigen Beispiels:

Satz: Keine gültige Regel kann als Prämisse ein I- oder O-Urteil und als Konklusion ein A- oder E-Urteil haben.

Wir verwenden zur Abkürzung für die Gestalt einer Regel folgende Schreibweise:   für Barbara, EAE für Celarent,   für Barbari usw. Dabei ist zu beachten, dass es vier Regeln der Gestalt   gibt, nämlich je eine in jeder der vier Figuren; analog gilt das für  ,   usw.

Den obigen Satz können wir damit so umformulieren: Keine der folgenden Regeln ist ableitbar:

  mit U=A oder E, V=I oder O, W=A oder E.

Das sind schon (2×2×2)×4 = 32 ungültige Regeln (die 4 rührt daher, dass es vier Figuren gibt. Noch einmal 32 Regeln sind ungültig, wei sie die Gestalt

  mit U=I oder O, V=A oder E, W=A oder E.

besitzen. Mit dem obigen Satz haben wir daher bereits 64 Regeln ausgeschlossen. Genauso kommen wegen des obigen Satzes die folgenden Regeln nicht als ableitbar in Frage:

  mit U=I oder O, V=I oder O, W=A oder E.

So lassen sich also schon 3×32=96 Regeln als nicht ableitbar ausschliessen. So können wir weiter verfahren.

Satz: Die einzige ableitbare Regel vom Typ UVA ist Barbara.

Beweis: Wir müssen zu den Prämissen der Regel wieder die Negation der Konklusion, d.h. in diesem Fall Iac, hinzufügen. Für die Ableitung spielt Iac aber keine Rolle (s. die obige Argumentation). Es müssen also aus dem U-Urteil und dem V-Urteil die beiden Urteile   und   direkt abgeleitet werden. Nehmen wir an,   oder   sei ein A-Urteil. Die einzige Grundregel, die ein A-Urteil erzeugt, ist Barbara. Um ein A-Urteil mit einer der Grundregeln zu erzeugen, müssen also U und V A-Urteile sein, und es muss sich um die erste Figur (nämlich die von Barbara) handeln.

Mit diesem Satz haben wir also alle Urteile der Gestalt

  mit U=A,E,I,O; V=A,E,I,O; W=A bis auf UVW=AAA in der ersten Figur,

ausgeschlossen. Das sind (4×4)×4-1=63 nicht ableitbare Regeln, von denen aber nur (2×2)×4-1=15 nicht bereits durch den Satz davor ausgeschlossen wurden ("neu" sind nur diejenigen, die als Prämissen nur A- oder E-Urteile haben).

Satz: Es gibt genau vier ableitbare Regeln vom Typ UVE.

Der Beweis verläuft analog zu dem des vorigen Satzes; hier muss man nur noch berücksichtigen, dass die E-Konversion unter den Regeln auftritt, die ausser Celarent noch drei weitere Regeln mir E-Konklusion zulässt.

Dieser Satz ergibt eine Anzahl von (2×2)×4-4=12 nicht ableitbaren Regeln, die in keinem der vorher behandelten Fälle enthalten sind.

Zusammenfassung des Bisherigen: Wir haben bisher gezeigt, dass es 24 ableitbare Regeln gibt (im vorherigen Abschnitt), und 96+15+12=123 nicht ableitbare Regeln. Insgesamt müssen also noch 256-(24+123)=109 Regeln auf Ableitbarkeit untersucht werden.

  • Übung: Analog zum Beweis der obigen Sätze zeige man: Es gibt keine gültige Regel, bei der beide Prämissen aus I- oder O-Urteilen bestehen.
  • Übung: Man beweise den obigen Satz "Es gibt genau vier ableitbare Regeln vom Typ UVE." und identifiziere die vier Fälle in der Tabelle der Syllogismen im vorigen Abschnitt.