Buchanfang Maßtheorie by Richard4321/ primitive Funktionen – Serlo „Mathe für Nicht-Freaks“
Motivation
BearbeitenIn der Maßtheorie hatten wir den Begriff der Länge, Fläche und des Volumens geklärt: sie werden durch Maße auf Sigma-Algebren beschrieben. In der Integrationstheorie wollen wir auf der Basis der Maße einen Integralbegriff herleiten und dessen Eigenschaften untersuchen.
Wo stehen wir
BearbeitenWir hatten nachgerechnet, dass die Umkehrabbildung mit Mengenoperationen vertauscht. Seien Messräume. Wir definierten eine Abbildung als "messbar", wenn sie alle Mengen aus der Sigma-Algebra auf Mengen der Sigma-Algebra abbildete. Es genügte, die Messbarkeit auf dem Erzeugendensystem zu testen. Wir konstruierten uns durch Addition, Subtraktion, Multiplikation, Division und Grenzwertbildung von numerischen Funktionen neue numerische Funktionen. Jetzt zeigen wir, dass sich alle nicht-negativen messbaren numerischen Funktionen als Grenzwert einer monoton steigenden Folge von primitiven Funktionen darstellen lassen. Ganz entscheidend dafür ist die Voraussetzung der Messbarkeit.
Noch einmal die Indikatorfunktion
BearbeitenUnsere einfachste primitive Funktion ist die Indikatorfunktion , die auf einem den Wert annimmt und auf den Wert Null.
Im Bild die Indikatorfunktion zu .
Satz
Für ist die Funktion
messbar.
Beweis
Wir rechnen die Definition der Messbarkeit nach
Sei . Ist die in , so werden alle auf abgebildet, ist die in , so werden alle auf abgebildet
Die primitiven Funktionen P
BearbeitenAus den Indikatorfunktionen konstruieren wir bei disjunkten durch Addition und Multiplikation mit Konstanten unsere primitiven Funktionen.
Bild einfügen
Definition
Seien mit und
heißt primitive Funktion auf . Sei
die Menge dieser primitiven Funktionen.
Beweis
ist messbar, da die Indikatorfunktionen und die konstanten Funktionen
messbar sind. Im letzten Kapitel haben wir gezeigt, dass dann auch das Produkt und die Summe messbar sind.
Eigenschaften primitiver Funktionen
BearbeitenDie primitiven Funktionen sind der Ersatz für die Treppenfunktionen beim Riemannintegral. Beachte, dass die primitiven Funktionen immer nicht-negativ sind.
Satz
Seien und . Dann sind die Summe zweier primitiver Funktionen, das Produkt einer primitiven Funktion mit einer Konstanten, das Maximum und das Minimum zweier primitiver Funktionen wieder eine primitve Funktion
Beweis
Sei und . Es gilt
Wir verfeinern die beiden disjunkten Zerlegungen zu einer neuen disjunkten Zerlegung, indem wir die Schnitte der und betrachten
und lassen sich in dieser disjunkten Zerlegung schreiben als
Damit lassen sich die Summe, Maximum und Minimum schreiben als
Die nicht-negativen messbaren numerischen Funktionen P*
BearbeitenDa wir gleich zeigen, dass sich nicht-negative Funktionen als Grenzwert monoton steigender Folgen primitiver Funktionen darstellen lassen, definieren wir
Definition
Die Menge der nicht-negativen messbaren Funktionen ist
Damit definiert ist, benötigt man, dass Werte in annehmen kann.
P* ist der Grenzwert primitiver Funktionen!
BearbeitenNun zeigen wir die Gleichheit nicht-negativer Funktionen und der Grenzwerte monoton steigender primitiven Funktionenfolgen. Beachte, dass wir bei der Konstruktion den Wertebereich zerlegen, nicht den Definitionsbereich. Das ganze funktioniert nur, weil wir durch die Voraussetzung der Messbarkeit uns Ausschnitte aus dem Wertebereich beliebig auswählen können und mit der Umkehrabbildung zurückblicken können, welche Elemente aus dem Ursprungsraum dorthin abgebildet wurden. Hilfreich ist, dass die Sigma-Algebra, aus der wir im Bildbereich auswählen, sehr groß ist. Ohne die Messbarkeitsbedingung wäre die ganze Idee der Zerlegung im Wertebereich zum Scheitern verurteilt.
Mit welchem Programm wurden die Bilder für die Unterteilung des Riemannintegrales gemacht? Mathe_für_Nicht-Freaks:_Riemannintegral das könnte man hier gut verwenden
Satz
Es gilt
Beweis
" ":
Da messbar ist, ist messbar und .
" ": 1.) Konstruktion der u_n:
Betrachte im ersten Schritt die , die von auf das Intervall bzw. abgebildet werden
Da nach Voraussetzung erhalten wir die disjunkte Zerlegung von
Setze die Werte von auf , bzw. fest als das dortige Minimum von , d.h. also , bzw.
Da messbar ist, gilt
Somit ist messbar und in .
Unterteile den Wertebereich im -ten Schritt in Abschnitte der Länge . Damit endlich bleibt, schneide ab bei . Das ergibt Intervalle.
Wegen wird jedes auf abgebildet und lässt sich schreiben als disjunkte Vereinigung
Setze
Zur Konstruktion von wähle in jedem dieser als Funktionswert der zu konstruierenden primitiven Funktion den kleinsten Wert von auf der Menge, d.h. den Wert . Auf der Menge wähle als Funktionswert von den Wert . Das ergibt die Darstellung
Da messbar ist, sind die in , denn
Damit sind die .
Im -ten Schritt werden die Intervalle im Wertebereich genau halbiert. Für setze
Auf den kleineren Mengen wählt man als Funktionswert von erneut den kleinsten Wert von , d.h. , auf der (gegenüber ) kleineren Menge wählt man den Funktionswert und erhält die Darstellung von
2. Die Folge ist monoton wachsend:
Wir müssen nun zeigen, dass diese Folge monoton steigend ist. Betrachte dazu die Zerlegung von durch die : Für sind sie eine Verfeinerung von den : wegen
gilt
Für die Funktionswerte gilt auf und dass
Nun prüfen wir die Funktionswerte auf der Menge . Diese lässt sch disjunkt zerlegen in
Auf den gilt für dass
Nun prüfen wir die Funktionswerte auf der Menge . Dort gilt ebenfalls
Damit ist für alle größer oder gleich dem Wert von . Damit ist die Folge primitiver Funktionen monoton steigend.
3. Der Grenzwert der ist :
Zeige
Sei beliebig. Für ist der Funktionswert kleiner gleich einem
Für alle liegt in einem , d.h. es gibt ein mit
Dort ist der Funktionswert
und es folgt
Im Grenzwert folgt .
Für ist der Funktonswert für alle größer
und somit
Insgesamt ergibt sich
Eigenschaften von Funktionen aus P*
BearbeitenSatz
Für und gilt
Beweis
Alle sind messbar gemäß dem letzten Kapitel und größer gleich Null.