Buchanfang Algebra by Morrison69/ Grundlegendste Eigenschaften von Gruppen – Serlo „Mathe für Nicht-Freaks“


In dem vorigen Kapitel haben wir uns bereits sehr weit an den Gruppenbegriff angenähert. Hier wollen wir noch einmal eine zusammenfassende Definition geben.

Definition einer Gruppe

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Eine Gruppe besteht aus einer Menge   und einer Verknüpfung  , die zwei Elemente aus der Gruppe verknüpft und sie einem dritten Element aus der Gruppe zuordnet. Wir schreiben eine Gruppe als Tupel  . Die Verknüpfung können wir in Kurzschreibweise so darstellen:

 


Damit ein Tupel   eine Gruppe ist, müssen folgende Axiome gelten:

  1. Die Verknüpfung ist assoziativ. Das bedeutet: Für alle Elemente   gilt:  .
  2. Es gibt ein neutrales Element  . Dieses neutrale Element erfüllt für jedes Element   der Gruppe:   und  .
  3. Zu jedem Element der Gruppe existiert ein inverses Element. Das bedeutet: Wir haben ein Element  . Dann muss es dazu auch ein Element   geben, sodass gilt:   und  . Wir nennen   das Inverse von  . Statt   können wir auch   schreiben.

Hinweis

Wir fordern in 2. zwei Dinge gleichzeitig: Die Verknüpfung von   mit   und die Verknüpfung von   mit   muss jeweils   ergeben. Das liegt daran, dass in Gruppen nicht immer egal ist, in welcher Reihenfolge wir Elemente miteinander verknüpfen. Wir sagen dazu auch: Nicht jede Gruppe ist kommutativ. Auf die Unterscheidung von Gruppen nach der Kommutativität ihrer Verknüpfung werden wir später in diesem Kapitel noch eingehen.

Folgerungen: Weitere wichtige Eigenschaften von Gruppen

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Zusätzlich zu den drei in der Definition geforderten Eigenschaften können wir auch noch weitere Gemeinsamkeiten aller Gruppen herausfinden.

Die Eindeutigkeit des neutralen Elements

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Satz (Eindeutigkeit des neutralen Elements)

In einer Gruppe gibt es genau ein neutrales Element

In der Definition einer Gruppe haben wir bisher nur gesagt, dass ein neutrales Element existiert. Das sagt aber nichts darüber aus, ob es vielleicht auch mehrere neutrale Elemente geben könnte. In Quantorenschreibweise unterscheidet man deswegen auch zwischen   für „es gibt“ und   für „es gibt genau ein(e)“. Wir brauchen die Eindeutigkeit des neutralen Elements nicht schon in der Definition zu fordern. Sie lässt sich nämlich aus den Eigenschaften, die wir oben genannt haben, ableiten.

Wie kommt man auf den Beweis? (Eindeutigkeit des neutralen Elements)

Wir verwenden eine sehr häufig benutzte Methode, um die Eindeutigkeit des neutralen Elements zu zeigen: den Widerspruchsbeweis. In diesem Fall bedeutet das: Wir nehmen an, der Satz würde nicht stimmen. Das würde bedeuten, dass es mehr als ein neutrales Element gibt. Auf diese Annahme wenden wir die Axiome aus der Definition an und versuchen, einen Widerspruch zu erhalten.

Beweis (Eindeutigkeit des neutralen Elements)

Angenommen, es gäbe mehrere verschiedene (also mindestens zwei) neutrale Elemente. Wir betrachten die neutralen Elemente   und  . Weil ein neutrales Element nach Definition bei Verknüpfung mit einem anderen Element der Gruppe dieses Element fest lässt, können wir sagen:

 

Setzen wir diese beiden Gleichungen jetzt doch einmal zusammen (wobei wir die erste Gleichung „rückwärts“ lesen). Wir erhalten dann:

 

Das bedeutet: Das neutrale Element   ist das gleiche Gruppenelement wie das neutrale Element  . Wir haben also gar keine zwei verschiedenen neutralen Elemente, sondern nur genau eines.

Die Eindeutigkeit des inversen Elements   zu  

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Hinweis

Meist bezeichnen wir das inverse Element zu   mit  . Es gibt aber auch Gruppen, in denen diese Darstellung eher nicht so sinnvoll ist, beispielsweise  . In diesem Fall solltest du das Inverse zu   lieber   nennen. Bei   denkt man nämlich oft direkt an  , was in der Menge der ganzen Zahlen ja nicht das Inverse zu   bezüglich   ist, sondern in den meisten Fällen gar nicht existiert.

Satz (Eindeutigkeit des inversen Elements)

Wir betrachten das Gruppenelement  . Dann gibt es zu   genau ein inverses Element  .

Aus der Definition der Gruppe weißt du bereits, dass es zu jedem Element der Gruppe auch ein Inverses gibt. Allerdings sagt die Definition nicht, ob es vielleicht zwei verschiedene Gruppenelemente geben könnte, die invers zu dem gleichen Gruppenelement sind. Wir werden jetzt zeigen, dass es immer nur genau ein inverses Element zu jedem Gruppenelement gibt.

Wie kommt man auf den Beweis? (Eindeutigkeit des inversen Elements)

Wir verwenden wieder einen Widerspruchsbeweis. Das bedeutet: Wir nehmen an, es gäbe zwei verschiedene Inverse zu ein und demselben Element. Außerdem werden wir im Beweis die Assoziativität der Verknüpfung   ausnutzen.

Beweis (Eindeutigkeit des inversen Elements)

Angenommen, es gäbe mehrere verschiedene Inverse zu  . Sagen wir,   und   sind zwei verschiedene Gruppenelemente, die beide invers zu   sind. Dann gilt nach der Definition einer Gruppe:

 

Der entscheidende Trick im Beweis kommt jetzt: Wir sehen uns das Gruppenelement   einmal genauer an. Weil die Verknüpfung   assoziativ ist, können wir dieses Gruppenelement auf zwei verschiedene Arten schreiben, nämlich:

  und  .

Wir haben vorausgesetzt, dass sowohl   als auch   invers zu   sind. Also können wir die linke Darstellung von   umformen zu:

 .

Aus der rechten Darstellung von   wird:

 .

Da es sich aber um das gleiche Gruppenelement gehandelt hat, müssen auch   und   gleich sein. Daraus folgt, dass das zu   inverse Element der Gruppe eindeutig bestimmt ist.

Anmerkung

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Dem einen oder anderen wird es schon aufgefallen sein: Bei dem Gruppenbegriff geht es nicht nur um Zahlen (bzw. Mengen), sondern auch und vor allem um Verknüpfungen. Daher wird auch häufiger gesagt, eine Menge sei bezüglich einer bestimmten Verknüpfung eine Gruppe.

Hinweis

Dieses Buchprojekt ruht und es ist auch nicht absehbar, wann die Arbeit wieder aufgenommen wird. Wenn du Lust hast, an diesem Buch weiterzuschreiben, dann wende dich bitte an Stephan Kulla.