Martin Heidegger „Sein und Zeit“/ Fünftes Kapitel §§ 28–38

Mit einer Analyse des In-Seins (den Momenten des In-der-Welt-Seins) wird die Untersuchung wieder mehr auf das fundamentalontologische Feld zurückgeführt. Da es dem Dasein in seinem Sein immer um sich selbst geht, geht es ihm auch darum, sein Da zu sein. Die drei Elemente, welche das Da des Daseins ausmachen, fasst Heidegger mit den ontologischen Termini

  • Befindlichkeit
  • Verstehen
  • Rede.

Um die volle Bedeutung dieser drei Bestimmungen einzuschätzen, muss man bedenken, dass Heidegger mit ihnen die Grundbestimmung des Menschen als ein praktisch, moralisch, handelndes Wesen wieder aufnimmt und damit implizit an Aristoteles anknüpft.[1] Eine grundsätzliche Analyse der drei Momente des In-seins erfolgt im folgenden Abschnitt A., während ihre alltägliche Ausprägung unter B. untersucht wird, wo sie sich als uneigentlich erweisen. Damit das Dasein sich eigentlich zu ihnen Verhalten kann, wird sich die Zeit als notwendig erweisen, denn erst sie ermöglicht es, sich auf ein zukünftiges Seinkönnen hin zu entwerfen. Die Analyse der Zeit erfolgt im zweiten Teil des Buches.

Heidegger behandelt die drei Elemente als gleichursprünglich, was bedeutet, dass sich keines der drei auf ein anderes reduzieren oder zurückführen lässt.[2]

A. Drei Existenzialien erschließen die Welt: Befindlichkeit, Verstehen und Rede

1) Befindlichkeit als ontologische Voraussetzung für ontische Stimmungen
Das Da in Dasein soll die Erschlossenheit der Welt betonen. Eine dieser Grundarten, welche dem Dasein die Welt erschließt, ist die Befindlichkeit. Erschließen meint dabei für Heidegger nicht so etwas wie logisch durch einen Schluss gewinnen, sondern vielmehr Aufgeschlossenheit. Während in der Tradition Affekte und Gefühle lediglich als Begleitphänomene behandelt wurden,[3] betont Heidegger die zentrale Rolle der Befindlichkeit für das Erschließen von Welt.[4] Damit möchte er vor allem die rein erkenntnistheoretisch ausgeprägte – und damit an die Vernunft gekoppelte – Tradition überwinden. Stimmungen sind ein wesentlicher Teil des Menschseins und für Heidegger sogar die Möglichkeitsbedingung des besorgenden Daseins. Sie bilden den tragenden Grund für den Selbst- und Weltbezug des Menschen, von dem nicht abstrahiert werden kann, denn sie haben wesentlich erschließende Funktion. So erschließt die Befindlichkeit dem Dasein:

  • den Lastcharakter des Daseins, die Faktizität der Überantwortung, also die Geworfenheit des Daseins, dass es ist und zu sein hat. Damit meint Heidegger, dass das Dasein zwar wählen kann, wie es sein Leben konkret (existenziell) gestaltet, jedoch des Wählenmüssens kann es sich nicht entledigen. Dem Dasein wird dies meist in einer Verstimmung bewusst, einer Weise der Abkehr von der verstimmenden Rätselhaftigkeit des Daseins: der Frage nach dem Woher und Wohin des Daseins.[5] Die Befindlichkeit ist die zum menschlichen Leben gehörende Gegenseite zum rationalen und klaren Verstehen. Mit ihr möchte Heidegger betonen, dass auch das Trübe und Unverständliche eine bedeutende Rolle für die Existenz des Daseins spielt.
  • Befindlichkeit erschließt das In-der-Welt-Sein als Ganzes und macht so ein „Sichrichten auf“ allererst möglich.[6] Nur weil also die Welt das Dasein als Ganzes angeht, wird es auch einzelne Dinge und Geschehnisse in ihr als etwas wahrnehmen, das es selbst betrifft.
  • Drittens macht die Befindlichkeit ein Erschließen der Umhaftigkeit der Umwelt erst möglich: die Dinge gehen das Dasein etwas an in ihrer Undienlichkeit, Widerständigkeit und Bedrohlichkeit. Solche Phänomene wären ohne die Befindlichkeit – also z. B. aus einer rein erkenntnistheoretischen Sicht – nicht zu verstehen.

Zur Verdeutlichung des Phänomens gibt Heidegger in § 30 eine Analyse der Furcht als Modus der Befindlichkeit. Die Aufschlüsselung legt drei Strukturelemente der Furcht frei. 1) Das Wovor: die Bedrohlichkeit eines innerweltlich Seienden, damit ist die Furcht durch Intentionalität gekennzeichnet, 2) das Fürchten: als sich-angehen-lassen und 3) das Worum: das Dasein als Seiendes, dem es in seinem Sein um sich selbst geht.[7] (An Heideggers Analyse knüpfen aktuelle Diskussionen um die Intentionalität von Gefühlen und Stimmungen an. Dabei kann man z. B. erstere als intentional charakterisieren, Stimmungen hingegen als ohne speziellen Gegenstand.)

2) Verstehen als Aktivität und Selbstbestimmung
„Im Worumwillen ist das existierende In-der-Welt-sein als solches erschlossen, welche Erschlossenheit Verstehen genannt wurde“ (Vgl. § 18). Verstehen bezeichnet bei Heidegger nicht – entsprechend dem umgangssprachlichen Gebrauch – ein Erkennen. Das Verstehen des Worumwillen zielt auf den praktischen Vollzug als Sein-können, so wie man auch umgangssprachlich sagt „Er versteht sich auf das Zigarettendrehen.“ Das im Verstehen vorweggenommene Seinkönnen betitelt Heidegger mit Entwurf,[8] Dasein entwirft sich auf seine Möglichkeiten hin. Das Verstehen geschieht nun in zwei Weisen: als eigentliches und uneigentliches Verstehen. Als uneigentliches Verstehen versteht sich das Dasein aus der Welt heraus, während eigentliches Verstehen dem Worumwillen des eigenen Daseins entspringt: dann existiert Dasein als es selbst.

Für den praktisch-moralischen Bezug des Daseins auf die Welt und die Anderen führt Heidegger drei „Sichten“ ein: Umsicht (praktisches Hantieren), Nachsicht (Umgang mit anderen Menschen), Durchsicht (Selbstbezug des Daseins). Die Sicht, welche mit dem eigentlichen Verstehen einhergeht, nennt Heidegger Durchsichtigkeit, in ihr wird dem Dasein die Struktur seiner Existenz ersichtlich.[9] Der Terminus Sicht soll zugleich den Primat der Praxis deutlich machen und Heideggers Auffassung gegen erkenntnistheoretisch konnotierte Begriffe wie „Wahrnehmen“ abgrenzen.

Da sich nun Dasein auf Möglichkeiten hin versteht, entwirft es sich auf diese hin. Das thematische und explizite Entwerfen auf Möglichkeiten hin nennt Heidegger Auslegung.[10] Der Begriff, ursprünglich auf das Auslegen von Texten bezogen, macht die hermeneutische Dimension des Entwurfs deutlich: Das Dasein kann nicht „bei Null anfangen“, es muss von vorgegebenen (faktischen) Gegebenheiten und Situationen ausgehen, so wie man bei der Auslegung eines Textes zumindest irgendetwas verstanden haben muss, um daran anzuknüpfen.

Heidegger schlüsselt diese unumgänglich hermeneutische Konstitution in drei Momente auf: in Vorhabe, Vorsicht und Vorgriff.[11] Da der Bezug des Daseins zur Welt wesentlich im moralischen, praktischen und handelnden Umgang wurzelt, sind unter diesen Aspekten die Dinge und Ereignisse „immer schon“ verortet. Heidegger bezeichnet diese vorausgehende Interpretation als Vor-Struktur des Daseins. Die Vor-Struktur ist ein Interpretationsrahmen innerhalb dessen alles etwas als etwas verstanden wird. (Das schließt auch das unverstandene Unbekannte mit ein, nämlich als unbekannt Verstandenes.) Da das Verstehen also Bedingung für jedes weitere Verstehen ist, besteht dieser hermeneutische Zirkel offensichtlich zu Recht. Es kann dann nur noch darum gehen, in diesen Zirkel nach der richtigen Art hineinzukommen, denn ein Nullpunkt des Verstehens, von dem aus sich erst alles andere entwickelt, ist weder denkbar, noch möglich.[12]

Ausgehend von diesen Betrachtungen definiert Heidegger Sinn:

„Wenn innerweltlich Seiendes mit dem Sein des Daseins entdeckt, das heißt zu Verständnis gekommen ist, sagen wir, es hat Sinn. (…) Sinn ist das durch Vorhabe, Vorsicht und Vorgriff strukturierte Woraufhin des Entwurfs, aus dem her etwas als etwas verständlich wird.“

Das bedeutet aber, Sinn steht in untrennbaren Zusammenhang mit dem Dasein: Sinn ist ein Existenzial des Daseins. Somit versteht das Dasein auch streng genommen nicht den Sinn „von etwas“, sondern das Seiende bzw. das Sein. Für die Leitfrage (die Seinsfrage) der Untersuchung folgt damit, dass wenn nach dem Sinn von etwas gefragt wird, nicht nach etwas hinter dem Sein gefragt wird, sondern nach dem Sein selbst.[13]

3) Rede: Das artikulierte Leben
Die Rede liegt der Auslegung und Aussage schon zugrunde, denn sie ist die notwendig vorausgehende „bedeutungsmäßige Gliederung der befindlichen Verständlichkeit des In-der-Welt-seins.[14] Was sie artikuliert, ist der Sinn, also die Gliederung der Bedeutungsbezüge zwischen den Dingen, Menschen und Geschehnissen der Welt. Wenn die Rede hinausgesprochen wird, so kommt sie zu innerweltlichem Sein, sie wird Sprache.[15] Rede ist also der ontologische Begriff für das ontische Phänomen der (z. B. deutschen) Sprache.

Heidegger bestimmt vier Strukturmomente der Rede: 1.) das Worumwillen der Rede, 2.) das Geredete, 3.) die Mitteilung und 4.) die Bekundung. Sie gehören im praktischen Lebensvollzug stets zusammen, weshalb Heidegger sich kritisch gegen einen Begriff von Sprache wendet, der die propositionale Aussage, bei welcher die Aspekte 1.) und 2.) überwiegen, als vornehmlichen Zugang zur Sprache ansieht. Bei der ontologisch richtigen Verstandenen Mitteilung, so Heidegger, wandert nicht eine Meinung oder ein Wunsch vom einen Subjekt zum anderen, sondern es wird das Mitsein (Mitverstehen und Mitbefindlichkeit also die Verwurzelung im praktischen Lebensvollzug) ausdrücklich geteilt. Nach Heidegger hat die traditionelle Sprachwissenschaft bis jetzt die Verwurzelung der Sprache in der Ontologie des Daseins nicht in ihren Blick gebracht, weshalb ihr das Sein dieses Seienden (der Sprache) dunkel blieb.[16]

Heidegger schickt im § 33 eine Untersuchung zur traditionellen Urteilstheorie voran, in welcher er die „Aussage als abkünftigen Modus der Auslegung“ zeigt. Wie auch an anderer Stelle verfolgt Heidegger hier das Motiv den Primat der Praxis vor der Theorie zu belegen. Die philosophische Tradition hat hingegen, so Heidegger, die Aussage als Mitteilung von Eigenschaften (Prädikation, d. h. von einem Subjekt wird ein Prädikat ausgesagt) einer Sache gefasst.[17] Dem steht aber entgegen, dass der primäre Umgang mit den Dingen ein praktischer ist, also ein umsichtiges Hantieren mit ihnen. Das notorische Beispiel ist der Hammer: Wenn der Hammer zu schwer ist, legen wir ihn beiseite und nehmen wortlos einen leichteren. Bei einer Aussage (im Sinne der traditionellen Prädikation) passiert nun nach Heidegger jedoch folgendes: Das Womit des Hantierens wird zu einem Worüber der Aussage, die in der Praxis wurzelnde Als-Verweisung (Hammer als etwas zum Hämmern) der Auslegung wird zu einem bloßen als Vorhandenes. Heidegger sagt, das existenzial hermeneutische „Als“ der umsichtigen Auslegung wird zum apophantischen „Als“ der Aussage.[18] Der Wechsel vom hermeneutischen Verstehen des Hammers als etwas zur theoretischen Aussage über den Hammer als etwas markiert dabei für Heidegger die „Abkünftigkeit“ der Theorie von der Praxis. Mit ihr einher geht der Wechsel vom Zuhandenen zum Vorhandenen.

Dies hat auch philosophiegeschichtliche Auswirkungen: Da nun sogar der Logos in der Tradition als Vorhandenes aufgefasst wurde (Wörter), entwickelte sich eine Urteilstheorie, welche das Urteil als das Verbinden und Trennen von Begriffen sieht. Darauf aufbauend entwickelt sie dann eine Logik als Regel für die Beziehung der Begriffe aufeinander. Dass die Philosophie gegen ihre in der Praxis wurzelnde Basis blind wurde und gerade in der Logik und Urteilstheorie einen vornehmlichen Zugang zur Wahrheit entdeckte, stellt für Heidegger einen Sündenfall im sprachphilosophischen Denken des Abendlandes dar.[19] Heidegger wird sich außerdem in § 68 anschicken zu zeigen, dass die Rede nur in ihrem Zusammenhang mit den zeitlichen Dimensionen von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft Sinn ergibt.

B. Verfallenheit: Rede, Verstehen und Befindlichkeit unter der Herrschaft des Man
Nachdem Verstehen, Befindlichkeit und Rede als für das Da des Daseins grundlegend untersucht wurden, betrachtet Heidegger sie in diesem Abschnitt in ihrem alltäglichen Auftreten. Da das Dasein zunächst und alltäglich im Man aufgeht, werden auch die drei Elemente Verstehen, Befindlichkeit und Rede vom Man her bestimmt.

Existenzial Bestimmung vom Man her / Modus der Uneigentlichkeit
Rede Gerede
Verstehen Neugier
Befindlichkeit Zweideutigkeit

Reden und schreiben, worüber man redet und schreibt: Das Gerede
Ging es in der Rede darum, im Bezug auf Seiendes sich mitzuteilen, so geht es im Gerede hauptsächlich um das Gesagtsein, das Diktum, welches für die Echtheit und Sachgemäßheit einsteht. Es gibt also keinen Seinsbezug zum Seienden, das Gerede hebt ab und setzt sich in Weiter- und Nachrede fort, ebenso wie im Geschreibe. Somit wird jedoch das Gerede anders als die erschließende Rede zum verschließen eines Verständnisses. Da beide von der Aufgabe echten Verstehens entbinden, erleichtert ihnen dies den Einzug in die Öffentlichkeit: jeder kann das Geredete aufraffen, nach- und weiterreden.[20] In diese alltägliche Ausgelegtheit der Welt wächst nun das Dasein hinein und auch nur in ihr und aus ihr heraus kann sich echtes Verstehen vollziehen. Die Ausgelegtheit durch das Man geht sogar soweit, dass sie die Befindlichkeit vorzeichnet, also die Grundart, in welcher wir uns von den Dingen angehen lassen.[21]

Was man interessant findet: Die Neugier
Es folgt in § 36 eine Analyse der Neugier. Ausgehend vom Primat des Sehens für Wissenschaft, schlägt Heidegger eine Brücke zur Neugier: gibt es nichts mehr zu tun, beginnt das Dasein die Welt zu sehen in ihrem bloßen Aussehen. Es geht ihm nicht um Verständnis, sondern nur um das Sehen. Daher sucht die Neugier stets das Neue, ihre drei Momente sind Unverweilen, Zerstreuung und Aufenthaltslosigkeit.[22] Auch die Neugier wird durch das Man bestimmt: Es sagt, was man gesehen oder gelesen haben muss.

Was einen anzugehen hat: Die Zweideutigkeit
Als drittes Phänomen der Erschlossenheit des alltäglichen Daseins führt Heidegger die Zweideutigkeit an (§ 37): „Alles sieht so aus wie echt verstanden (…)“. Wenn jeder schon alles weiß und gesehen hat, so erstickt die Zweideutigkeit hierdurch die Möglichkeiten des Daseins in ihrer Kraft.[23] Jeder ahnt, was man so machen könnte, wird dies jedoch einmal wirklich von einem Einzelnen realisiert, so verlieren Gerede und Neugier ihre Macht über ihn – das Gerede aber rächt sich: das hätte man auch machen können. „Gerede und Neugier sorgen in ihrer Zweideutigkeit dafür, dass das echt und neu Geschaffene bei seinem Hervortreten in die Öffentlichkeit veraltet ist.“[24]

Verfallen und Geworfenheit: Gerede, Neugier und Zweideutigkeit gehören zum Menschsein
Auch wenn die Worte Gerede, Neugier und Zweideutigkeit nicht frei von einer pejorativen Mitbedeutung sind, so verwahrt sich Heidegger dagegen, sie als moralische Begriffe zu deuten und betont sein rein deskriptives Anliegen. Gerede, Neugier und Zweideutigkeit gehen nämlich nicht aus einer bewussten, gar böswilligen Verstellung des Daseins hervor. Sie sind vielmehr Folgen des Verfallens an die Welt und der Geworfenheit in die kulturelle Praxis und Überlieferung. Da der Mensch immer in eine Tradition eingebunden ist und sich ihrer bedienen muss, so ist ihm dies nicht als Verfehlung anzurechnen. Die Verfallenheit und Geworfenheit gehören zur Wahrheit seiner Existenz.

Der Terminus Verfallen soll anklingen lassen, dass das Dasein von ihm selbst abfällt und an die Welt verfällt als „schon sein bei.“ Das Dasein ist sodann uneigentlich: Es ist immer schon bei der Welt als Seinsart des In-Seins jedoch so, dass es von ihm selbst abgefallen ist, d. h. in der Seinsverfassung des Verfallen. („Ein existenzialer Modus des In-der-Welt-seins dokumentiert sich im Phänomen des Verfallens.“[25]) Eindringlich und drastisch schildert Heidegger die durch Verfallen und Geworfenheit begründete Passivität des Daseins: Grund für das Verfallen ist das Dasein selbst. In Form von Gerede und Ausgelegtheit unterbreitet es sich selbst, die Versuchung zu verfallen. Die Entschiedenheit und Selbstgewissheit des Man beruhigen das Dasein jedoch und führen zu einer Unbedürftigkeit des echten Verstehens. Die Beruhigung jedoch führt nicht zu einem Stillstand sondern geradewegs in den Betrieb, in das Alles-kennen-lernen wollen, das angebliche Verstehen fremder Kulturen, das Spiegeln in allen Deutungsmöglichkeiten.[26] Da jedoch ungefragt bleibt, was es überhaupt zu verstehen gilt, treibt das Dasein so einer Entfremdung zu. Da ihm ein echtes Verstehen verschlossen bleibt, verfängt es sich letztendlich in sich selbst. Versuchung, Beruhigung, Entfremdung und Verfangen bilden eine Bewegtheit, die Heidegger den Absturz des Daseins nennt. Dieser Absturz hat den Charakter eines Wirbels, in welchen das Dasein immer schon geworfen ist.

Mit dieser Analyse stellt Heidegger sich gegen die in der neuzeitlichen Philosophie überwiegenden Auffassung des Menschen als autonomes Subjekt. Gegenüber der aktiven Selbstbestimmung und dem Gelingen, weist er damit die Passivität, das Scheitern und die Motivationslosigkeit als eine ebenfalls zum menschlichen Leben dazugehörige Seite aus.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Den Zusammenhang hat Volpi ausgearbeitet. Vgl. Franco Volpi: Der Status der existenzialen Analytik. In: Thomas Rentsch (Hrsg.): Sein und Zeit. Berlin 2001, S. 29 ff
  2. Vgl. SZ, Seite 161
  3. Vgl. SZ, Seite 139
  4. Vgl. SZ, Seite 139
  5. Vgl. SZ, Seite 136
  6. Vgl. SZ, Seite 137
  7. Vgl. SZ, Seite 141
  8. Vgl. SZ, Seite 145
  9. Vgl. SZ, Seite 146
  10. Vgl. SZ, Seite 148
  11. Vgl. SZ, Seite 150
  12. Vgl. SZ, Seite 151
  13. Vgl. SZ, Seite 152
  14. Vgl. SZ, Seite 162
  15. Vgl. SZ, Seite 161
  16. Vgl. SZ, Seite 166
  17. Vgl. SZ, Seite 154
  18. Vgl. SZ, Seite 158
  19. Vgl. SZ, Seite 160
  20. Vgl. SZ, Seite 169
  21. Vgl. SZ, Seite 170
  22. Vgl. SZ, Seite 172
  23. Vgl. SZ, Seite 173
  24. Vgl. SZ, Seite 174
  25. Vgl. SZ, Seite 176
  26. Vgl. SZ, Seite 177

Mit dem Verfallen des Daseins wird eine Grundlage für Neues geschaffen. Das Bezeichnete, das Wort kann vergehen, jedoch der Körper das Menschen schafft neuen Boden. Cf. wikisource.org/wiki/genealogiarium_liber_-_fabulae: CCXX.CVRA.

hfornfeist@yahoo.de 15.11.2012