Der Dativ bezeichnet in der Regel die Person, seltener auch die Sache, der eine Handlung oder Tätigkeit gewidmet oder zugedacht ist. Damit ist der Dativ der Kasus der Zuweisung, der Beteiligung und des Interesses.
Der Dativ steht bei transitiven Verben als Kasus des entfernteren Objektes (d.h.: bei Verben, die sowohl ein Akkusativobjekt als auch ein Dativobjekt haben), oder bei intransitiven Verben und Adjektiven.
Die möglichen Übersetzungen teilen sich in verschiedene Sinnrichtungen auf:
Objektsdativ
Beispiel: alicui aliquid dare; alicui favere
Dativus commodi
Der Dativus commodi bezeichnet die Person, zu deren Vor- oder Nachteil eine Sache geschieht.
Beispiel: tibi aras - du pflügst für dich
Dativus ethicus
Der Dativus ethicus ist eine volkssprachliche Sonderentwicklung des Dativus commodi. Man findet ihn vor allem in Erzählungen, wo er das Interesse des Hörers an der Satzaussage erwecken soll.
Beispiel: vide tibi - Schau es dir an!
Dativus iudicantis
Der Dativus iudicantis bezeichnet den örtlichen oder geistigen Standpunkt, von dem aus eine Aussage gilt.
Beispiel: Ille mihi non est liber, cui mulier imperat - Derjenige ist in meinen Augen unfrei, dem eine Frau Anweisungen gibt.
Dativus auctoris
Als Spezialfall des Dativus commodi steht der Dativus auctoris als Alternative zu ab mit Ablativ. In der Regel steht der Dativus auctoris beim Gerundivum. Der Dativus auctoris bezeichnet den Urheber der im Satz spielenden Handlung. Er beschreibt also die Person, die etwas tun muss (-> ZWECK).
Beispiel: hoc mihi faciundum est - das muss ich tun
Dativus finalis
Zur Bezeichnung des Zwecks oder der Wirkung steht der Dativus finalis. Zusammen mit einem Dativ der Person entsteht der sogenannte "doppelte Dativ"
Beispiel: praesidio esse - zum Schutz dienen res mihi cordi est - die Sache liegt mir am Herzen
Dativ des Zieles oder der Richtung
Bei Verben der Bewegung steht zuweilen der Dativ zur Angabe des Endpunktes.
Beispiel: manus tendere alicui - an jemanden Hand anlegen