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Zusammenfassung des Projekts

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  „Komische Lyrik“ ist nach Einschätzung seiner Autoren zu 90 % fertig

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Komische Lyrik

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In diesem Buch wird zum ersten Mal der Versuch unternommen, nicht nur alle Formen der komischen Lyrik (im Folgenden: komische Lyrik) zusammenzutragen und zu beschreiben; sondern auch nach ihrer spezifischen Wirksamkeit zu fragen – und vor allem viele praktische Hinweise für alle tatendurstigen komischen (Nachwuchs)Dichter zu geben. Literaturhinweise zur komischen Lyrik und diverse Schreibaufgaben runden das Buch zu einem – hoffentlich – kurzweiligen, lehrreichen und komischen Lese- und Lehrvergnügen ab.

Was ist komische Lyrik?

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Komische Lyrik kann mit Robert Gernhardt als „Sonderweg der Komik“ betrachtet werden. In seinen „10 Thesen zum Komischen Gedicht“ unterscheidet er zwischen ernsten und komischen Gedichten (I), von denen die komischen auf Lachen abzielen (II); sich aber nicht darin erschöpfen (III), sondern auch formal anspruchsvoll gestaltet sein müssen („der Weg ist das Ziel“), um zu funktionieren und zu gefallen. Außerdem braucht das komische Gedicht „die Regel“ (IV) – um sie zu verletzen. Denn so entsteht komische Fallhöhe. Deshalb arbeiten fast alle komischen Gedichte mit Reim und Metrum. Aber ohne einen guten Einfall oder funktionierende Form (V) kann das komische Gedicht nicht zünden. Die Frage muss stets lauten: „Wie kann man es anders machen?“ Der Blickwechsel und das Durchbrechen von Erwartungen besitzt für den komischen Dichter oberste Priorität. Gleichzeitig dienen „hohe“ Töne vieler klassischer Texte als Vorlagen, die sich für Parodie, Persiflage und Pastiche ausnutzen lassen (VI) – sind sie doch Garanten für Fallhöhe. Aber: „Das komische Gedicht ist zeitverfallen“ (VII), weil seine Ziele und „Lachanlässe“ (Politik, Tabus etc.) mitunter in Vergessenheit geraten können. Deshalb muss die komische Lyrik stets „heller und schneller“ werden. Aber die komische Lyrik ist auch „haltbar“ (VIII), denn sie ist darum bemüht, die Wahrheit zu sagen. Außerdem ist das komische Gedicht der „Königsweg“ zum Lachen, denn es funktioniert rascher, umstandsloser und einleuchtender als die meisten anderen Komikformen. Als letzte These führt Gernhardt an, die komische Lyrik sei ein „deutscher Sonderweg“ (X), was aus der Sicht desjenigen, der an der Nobilitierung einer Form arbeitet, verständlich ist – aber die wichtigen Impulse vergisst, die vor allem aus dem englischsprachigen Raum auf die komische Lyrik eingewirkt haben.

Welche Formen der komischen Lyrik gibt es?

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Grundsätzlich kann man a) narrative (erzählende) von b) sprachspielerischen Formen unterscheiden. Während erstere z.B. die Ballade oder Moritat umfassen, beinhaltet zweitere alle Formen von lautpoetischen, konkreten oder dadaistischen Gedichte, die mit dem Sprachmaterial spielen und es umgestalten. Es gibt aber auch Mischformen, die Elemente beider Kategorien enthalten, „ottos mops“ von Ernst Jandl erzählt z.B. eine Geschichte, spielt dabei aber (durch Vokalverknappung) mit den Möglichkeiten von Sprache.

Welche Ziele sollte der komische Dichter sich setzen?

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Er arbeitet entweder auf eine Pointe zu (die wie beim Witz funktioniert und auch so hergestellt werden kann) oder verblüfft durch originelle sprachliche und/oder inhaltliche Gestaltung. Natürlich lassen sich auch beide Möglichkeiten in einem Text unterbringen: Das erzielte Lachen kann ein Lachen der Verblüffung über die Pointe und über waghalsige, aber gelungene sprachliche Konstruktionen sein; bei denen es besonders auf das Spiel mit den Möglichkeiten (und vor allem Begrenztheiten) des Mediums Sprache ankommt.

Der Reim ist das zentrale Gestaltungsmittel des komischen Gedichts, weil er Verse zusammenbindet – auch solche, die eigentlich nicht zusammengehören (s. ABC-Verse). Einerseits suggeriert er Zusammenhalt, andererseits bemüht sich der komische Dichter, diesen qua Inhalt wieder zu sprengen. So scheuert die Komik an der Regel und schafft Fallhöhe.

Funktionen

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Die Funktionen des Reims sind vielfältig. Er schmeichelt unserem Ohr und wirkt nach dem ästhetischen Prinzip der Einheit in der Vielfalt dann am überzeugendsten, wenn die Reimwörter originell sind, zu unterschiedlichen Wortarten gehören und in ihrer Bedeutung und ihren Konnotationen weit auseinander liegen. Außerdem bleibt Gereimtes – einer der vielen Vorteile der komische Lyrik – besser im Gedächtnis haften als Prosa oder freier Vers.

Reimformen

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Technisch bezeichnet ein Reim den Gleichklang eines betonten Vokals und eines ihm folgenden Lauts bei verschiedenem Anlaut. Jeder Reim kann a) nach seiner Silbenzahl, b) nach seiner Stellung im Vers, c) nach seiner phonologischen (gegebenenfalls auch d) morphologischen) Struktur und (so der Reim am Versende steht) nach seiner e) Stellung am Versende beschrieben werden. Im Folgenden sollen die einzelnen Formen vorgestellt und an Beispielen veranschaulicht werden.

Reime nach Silbenzahl

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  • Männlich oder stumpf = einsilbig

Beide Zeilen enden auf einer betonten Silbe.

Es stand vor eines Hauses Tor
Ein Esel mit gespitztem Ohr.
(Wilhelm Busch)
  • weiblich oder klingend = zweisilbig

Beide Zeilen enden auf reimenden Silben, die erste ist betont, die zweite unbetont.

Womit man denn bezwecken wollte,
dass sich der Esel ärgern sollte.
(ebd.)
  • Gleitend oder reich = dreisilbig

Beide Zeilen reimen auf drei Silben, deren erste betont ist.

Wunderschön prächtige,
hohe und mächtige
  • Erweitert = vielsilbig

Beide Zeilen reimen auf mehrere Silben.

Gnadenreiche Mitternacht
wadenbleiche Flitterpracht

Reime nach Stellung im Vers

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  • Endreim

Die häufigste Reimform: Ein Reim, der am Versende steht.

Ich trällere Triolen –
Mich soll der Teufel holen.
  • Anfangsreim

Beim Anfangsreim (auch: Eingangsreim) reimen die ersten Wörter zweier Verse.

Zeilen, die sich hinten reimen,
nennt man darum ein Gedicht.
Feilen muß man da nicht lange.
Kennt man eine andre Form?
(Michael Schönen)
  • Binnenreim

Ein Reim innerhalb einer Verszeile.

Er lief und schlief
  • Schlagreim

Ein Binnenreim, bei dem sich zwei aufeinander folgende Wörter innerhalb eines Verses reimen.

Als ob es tausend Stäbe gäbe
  • Echoreim

Eine Version des Schlagreims, bei der das zweite Reimwort entweder etwas verkürzt (Wesel – Esel) oder leicht verlängert wird (s.u.). Er tritt im Echogedicht auf und besteht gewöhnlich aus Fragen, die in witzig-verblüffender Weise beantwortet werden.

Ach, was bleibt mir nun noch offen? Hoffen!

Die speziellen Binnenreime Mittelreim, Mittenreim, Inreim, Überschlagender Reim und Pausenreim sind im entsprechenden Wikipedia-Artikel beschrieben.

Reime nach phonologischer Struktur

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  • Reiner Reim

Die häufigste Form: Im reinen Reim stimmt die hörbare Lautfolge der Reimsilben genau überein.

Nu mach! Sie fleht.
Ein Glück! Er geht.
  • Unreiner Reim

Beim unreinen Reim stimmt die hörbare Lautfolge der Reimsilben annähernd überein, Abweichungen treten in Klangfärbung und Betonung auf.

Wie ein Gebild aus Himmelshöhn
sieht er die Jungfrau vor sich stehn.
(Schiller)

Mitunter lassen unreine Reime mundartliche Anklänge erkennen:

Ach neige,
du schmerzensreiche
(Goethe)
  • Endsilbenreim

Der Endsilbenreim reimt zwischen nebentonigen und unbetonten Endsilben und eignet sich damit gut für komische Effekte.

Es zucken die Blitze denn
Und stinken die Harpyien.
  • Rührender Reim

Ein rührender Reim liegt bei phonetisch gleichlautenden, aber bedeutungsverschiedenen Wörtern vor. Er wirkt etwas unbeholfen, macht beim Lesen aber Effekt.

Mich trifft ein hartes Los:
Ich mach mich von dir los.
  • Äquivoker Reim

Der äquivoke (gleichlautende) Reim reimt homophone Wörter – etwas für Sprachbastler.

Euch werd ichs lehren,
euch so zu entleeren.
  • Identischer Reim

Der identische Reim reimt dasselbe Wort; als Anti-Pointe höchst brauchbar.

Kindlein schlug sich an den Kopf,
blutig war darauf der Kopf.
  • Doppel- und Mehrfachreim

Doppel- und Mehrfachreime ergeben sich, wenn in zwei Versen zwei oder mehr Reimpaare reimen (s. auch erweiterte Reime). Wegen ihre künstlisch-künstlerischen Charakters sind Mehrfachreime ideal, um dichterische Könnerschaft und Einfallsreichtum zu demonstrieren.

Ich kose deinen lieben Busen,
vergesse alle sieben Musen.
  • Schüttelreim

Ein Schüttelreim ist ein Doppelreim mit zwei Anfangslauten oder -lautgruppen, die den Platz tauschen.

Bleich erglühen
gleich erblühen.

Den Schüttelreim hat leider das Schicksal ereilt, von sovielen Dichtern durch soviele Mühlen gedreht zu werden, dass er jeglichen originellen Charme verloren hat. Wer heute noch (auf nicht ausgetreteten Pfaden) schüttelreimen will, muss die tradierte Form zu übersteigen suchen.

Bilden Sie mal einen Schüttelreim mit:

Dario Fo
Der Nobelpreisträger Dario Fo
Spricht heute im Radio Fo(rstnachrichten)
 
Untenrum
Sechs Frauen rannten untenrum 
Fast nackig sieben Runten* um
*jap. Fabelvögel, 11. Jhr. 
(Thomas Gsella)  
  • Assonanz

Kein Reim im eigentlich Sinne: Nur die Vokale, nicht aber die Konsonanten stimmen überein. Ist aber durchaus legitim, findet sich z.B. häufig bei Heinrich Heine.

Was soll ich sagen?
Es waren die Raben.

Reime nach morphologischer Struktur

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  • Gespaltener Reim

Der gespaltene Reim ist ein mehrsilbiger Reim, bei dem sich mindestens eines der Reimglieder auf zwei oder mehrere, meist kurze Worte erstreckt.

Es gibt nichts Gutes
außer: Man tut es.
(Erich Kästner)
  • Gebrochener Reim

Der gebrochene Reim ist ein Reim, der durch ein morphologisches Enjambement (einen Zeilenwechsel mitten im Wort) möglich wird.

Er bleibt im Trench-
coat der gleiche Mensch.

Dank des gebrochenen Reimes sind auch „unmögliche Reime“ möglich, also Reime auf Wörter, auf die sich sonst nichts reimt (z.B. „Mensch“).

  • Augenreim

Der Augenreim ist ein mehrsilbiger Reim, der sich nur orthographisch reimt. Er wird von der komischen Dichtung (bislang) eher selten genutzt.

Greif im Aldi in der Schlange
Aus dem Wagen die Orange.
Aber ach, welche Blamage:
Jene sah schon bessre Tage.
Auch das falbe Cordon Bleu:
nicht mehr nigelnagelneu.
Dieser Einkaufsvormittag
taugt noch als Gedichte-Gag.
(L.W.)

Reimfolgen am Versende

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  • Paarreim

Form: aa bb cc (usw.)

(a) Ich geh im Urwald für mich hin...
(a) Wie schön, dass ich im Urwald bin:
(b) man kann hier noch so lange wandern,
(b) ein Urbaum steht neben dem andern.
(Heinz Erhardt)
  • Kreuzreim

Form: abab cdcd (usw.)

(a) Wir schreiten auf und ab im reichen Flitter
(b) Des Buchenganges beinah bis zum Tore
(a) Und sehen außen in dem Feld vom Gitter
(b) Den Mandelbaum zum zweitenmal im Flore.
(c) Wir suchen nach den schattenfreien Bänken.
(d) Dort wo uns niemals fremde Stimmen scheuchten
(c) In Träumen unsre Arme sich verschränken.
(d) Wir laben uns am langen milden Leuchten.
  • Umarmender Reim (auch: verschränkter Reim)

Form: abba (usw.)

(a) Mein Schatz:
(b) Du fürchtest dich!
(b) Das dauert mich,
(a) mein Spatz
  • Haufenreim (auch: Blockreim, Endreim)

Form: aaaa (usw.)

(a) auf den hohen Felsenklippen
(a) sitzen sieben Robbensippen
(a) die sich in die Rippen stippen
(a) bis sie von den Klippen kippen
  • Schweifreim

Form: aa b cc b (usw.)

(a) Ja, ich weiß, woher ich stamme,
(a) Ungesättigt gleich der Flamme
(b) Glühe und verzehr ich mich.
(c) Licht wird alles, was ich fasse,
(c) Kohle alles, was ich lasse,
(b) Flamme bin ich sicherlich
(Friedrich Nietzsche)
  • Kettenreim (auch: Terzinenreim)

Form: aba bcb cdc ded (usw.)

(a) Auf halbem Weg des Menschenlebens fand
(b) ich mich in einen finstern Wald verschlagen, 
(a) Weil ich vom rechten Weg mich abgewandt.

(b) Wie schwer ists doch, von diesem Wald zu sagen,
(c) Wie wild, rauh, dicht er war, voll Angst und Not; 
(b) Schon der Gedank erneuert noch mein Zagen.

(c) Nur wenig bitterer ist selbst der Tod; 
(d) etc.
(Dante)
  • Waise

Als Waise wird ein Vers bezeichnet, der sich nicht in das gegebene Reimschema einfügt, da er sich mit keiner anderen Zeile reimt.

Der komische Dichter braucht ein gutes Gespür für das Versmaß, denn kleine Holprigkeiten fallen beim Lesen (und Vorlesen!) schnell auf. Generell wird zwischen betonten und unbetonten Silben unterschieden. Die wichstigsten Versmaße sind: Jambus (unbetonte Silbe, betonte Silbe), Trochäus (betonte Silbe, unbetonte Silbe), Anapäst (unbetont, unbetont, betont) und Daktylus (betont, unbetont, unbetont).

Traditionelle Formen

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Eine bewährte Form, das Handwerk des (komischen) Dichtens zu erlernen, ist das Erproben traditioneller Formen. Danach sollte jeder in der Lage sein, sich an die Produktion neuer, tragfähiger Formen zu wagen.

Clerihew

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Der Clerihew ist eine „Biographie für Anfänger“, ein pseudobiographischer Vierzeiler: Er besteht aus zwei Reimpaaren mit ungleichmäßiger Länge und mehr oder weniger freiem Rhythmus. Der Name der historischen Person steht dabei meist am Ende der ersten oder der zweiten Verszeile.

Eugen Bertolt Friedrich Brecht:
Als Dichter nicht schlecht
Doch als Dramatiker
Dogmatiker
(L.W.)

Weil der Clerihew keine deutsche Traditionsgeschichte hat, kann er (im Gegensatz zum Limerick) noch ertragreich genutzt werden.

Bonifatius Kiesewetter

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Kiesewetter-Verse beschäftigten sich mit der gleichnamigen Person und seinen zotigen Erlebnissen. Die Form ist stabil und sollte eingehalten werden: Zuerst der Bericht in trochäisch vierhebigen Zeilen im Paarreim, dann die Zwischenüberschrift „Moral und christliche Nutzanwendung“, die in einem jambischen Vierheber-Paarreim mitgeteilt wird.

Neues von Bonifatius Kiesewetter (4)

Die Baronin patscht die Hände
zueinander und sagt an,
dass auf klangliche Ergötzung
jeder nun sich freuen kann:
Doch: Der Violinenmeister
krankt an einem Handgeflecht!
Boni hilft: Gekonnt entreißt er
ihm den Bogen. Sein Geschlecht
fischt er aus den Taschentiefen
und spielt auf dem Schamhaar-String.
Schließlich reißen ihm die Saiten.
Er verlässt das Happening.

Moral und christliche Nutzanwendung

Nicht jeder liebt, statt Geigenchören
dem Schrei der Filzlaus zuzuhören.
(L.W.)

Klapphornvers

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Eine in Deutschland entstandene Form mit vier Zeilen, dem Limerick verwandt. Das Reimschema ist aabb, im ersten Vers werden die beiden handelnden Personen (im Original zwei Knaben) eingeführt, in den folgenden werden groteske Handlungen oder skurrile Eigenarten der Personen behandelt.

Zwei Knaben tranken einen Korn.
Und dann noch mal. Und dann von vorn:
Sie tranken. Tranken. Tranken.
Seither sieht man sie wanken.
(L.W.)

ABC-Verse

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Dieser Form ist Reimen in Kinderbüchern nachgestaltet und lebt davon, eine harmlose mit einer pikanten Aussage zu kontrastieren. Merke: Je mehr Kontrast, desto komischer.

A. 
Atlanten geben Himmelskunde.
Der Arsch stinkt furchtbar aus dem Munde.
B.
Aus Bibeln grüßt uns der Erlöste.
Mein Biepmatz ist bestimmt der Größte.
C
Heil, Caesar! Er schlug große Schlachten.
Ein Cockring ist nicht zu verachten.
D.
Die Drossel steiget in den Himmel.
Der Dickdarm ist kein Ort für Pimmel.
E.
In Einklang schwingen C-E-G.
Ein Eitersack am Schwanz tut weh.
F.
Der flinke Fink singt: Tirilei.
Der Führer hatte nur ein Ei.
etc.
(L.W.)

Leberreim

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Leberreime sind eine mehrere Jahrhunderte alte, deutsche Form von Nonsens-Poesie. Sie beginnen stereotyp mit dem Vers: „Die Leber stammt von einem Hecht und nicht von …“; auf diesen folgt ein zweiter, reimender Vers, der in einem komischen Kontrast zum ersten steht. Der „Hecht“ kann aber auch ausgetauscht werden. Um den Leberreim komisch fruchtbar zu machen – und nicht nur als Abtesten von Reimmöglichkeiten zu gestalten –, bedarf es einiger Anstrengung.

Die Leber ist von einem Hecht und nicht von Benjamin Leber-
t. Der schrieb mit Sechsehn schon nicht schlecht, der gottverdummte Streber.
(L.W.)

Limerick

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Der Limerick ist ein Gedicht mit fünf Zeilen, dem Reimschema aabba und einem (relativ) festen Silbenschema – bei dem vor allem die richtige Rhythmik wichtig ist. Die erste Zeile nennt gewöhnlich die handelnde Person und endet mit einem Orts- oder Landschaftsnamen, der den Reim für die zweite und fünfte Zeile vorgibt. Auf die knappe Darstellung einer Eigenschaft oder Handlungsweise der Person folgt in der letzten Zeile eine Pointe. Ähnlich wie Schüttel- und Leberreim ist der Limerick eine sehr traditionelle, fast totgereimte Form, die für heutige Leser vielleicht mit den Mitteln der Metalyrik oder -komik nutzbar gemacht werden kann.

Ein älterer Herr aus Bad Brie,
Der litt unter Hypertonie.
Doch war ihm nicht klar,
Was das genau war:
So starb er an Legasthenie.
(L.W.)

Das Haiku ist eine japanische Gedichtform. Nach traditionellem Vorbild besteht es aus einem Vers zu drei Wortgruppen à fünf, sieben und fünf Silben (5-7-5). Für die deutschsprachige komische Lyrik kann das Haiku in parodistischer Form genutzt werden, indem man es mit anderen Inhalten füllt, als zu erwarten.

Burger. Immer Burger.
Nie Salat. Gemüse nie.
Pommes. Immer Pommes.

Ping-Pong, chinesi- 
scher Avantgardist, sprengt die 
Form des alten Hai- 
ku.
(L.W.)

Ein Elfchen besteht aus elf Wörtern, die in festgelegter Folge auf fünf Zeilen verteilt werden: Erste und fünfte Zeile je 1 Wort; zweite Zeile zwei, dritte drei, vierte vier Wörter (s. Beispiel). Da das Elfchen leicht herzustellen ist, sollte ihm eine funktionierende komische Prämisse (bzw. Pointe) zugrundeliegen.

Bogenlampe
auf Flugkopfball,
dass Goalgetter mit 
Innenrist an Lattenkreuz rummst
(„Sanitäter!“).
(L.W.)

Bilden Sie mal …

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„Es geht darum, Sätze zu bilden, die ein Wort bzw. einen Eigennamen bzw. einen Begriff enthalten, dessen semantischer Gehalt durch geschickte Anordnung der sprachlichen Zeichen auf möglichst überraschende Weise zu einem Homophon oder Homograph rekodiert wird.“ Alles klar?

Litanei
Ich tanke bitte Superblei; 
Fülln Sie mirn Litanei.

Sciencefiction
Das Kaninchen von ihm treibt es wirklich bunt:
Sciencefiction seit zwei Stunden meinen Hund.

Luxus
Als der Luxus seinem Bau kam,
War er nackt. Frau Bache: "Saukram."

Lotos
Willst du den Gewinn erzielen,
Zum Kiosk gehe Lotos pielen.

Louis-seize
Die Besitzerin des Frieses?
Luise ists, es ist Louis-seize.

Syphilis
Der Kerl kennt weder Maß noch Ziel!
Was syphilis, ist zuviel!
(L.W.)

Paulus-Briefe

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Ein Paulus-Brief besteht aus zwei trochäischen Vierhebern mit Paarreim. Der erste Vers hebt an mit „Paulus schrieb an …“, dann folgt die Paulussche Nachricht.

Paulus schrieb an Micky Maus:
Hinten hängt der Schwanz heraus.
 
Paulus schrieb an Heinrich Mann:
Ich wär gern dein Untertan …
 
Paulus schrieb an Chris de Burgh:
Wörgh! Wörgh! Wörgh!
(L.W.)

Wirtinnenverse

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Wirtinnenverse haben fünf Zeilen mit dem Reimschema aabxb, das Versmaß ist jambisch. Die a-Zeilen und die Waise sind vierhebig, die b-Zeilen dreihebig. Wirtinnenverse beginnen stereotyp mit „Es steht ein Wirtshaus an der Lahn“ oder „Frau Wirtin hat …“, um dann recht zügig zu frivolen oder sonstwie anstößigen Inhalten überzugehen.

Frau Wirtin hat auch ein Gerät,
mit dem sie an die Speisen geht:
zum Häckseln, Schäumen, Mixen
und manchmal, wenn grad keiner schaut,
dann liest sie Tanja Blixen.
(L.W.)

Doppel-Daktylus

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Ein „Doppel-Daktylus“ wurde im Deutschen bislang überhaupt nicht gedichtet. Er besteht aus zwei Strophen: jede Strophe hat drei daktylischen Zweiheber, die (in der vierten Zeile) von einem Daktylus und einem einzelnen Akzent gefolgt werden. Die letzten Wörter der zwei Strophen reimen.

Rosenkranz, Güldenstern;
Pech gehabt, Pech gehabt –
grimmiger Dänenprinz 
sandte euch fort:

Kehrtet nie mehr zurück –
Glück gehabt, Glück gehabt;
später gabs Haue nur,
Totschlag und Mord.
(L.W.)

Die Parodie bezeichnet die verzerrende, übertreibende oder verspottende Nachahmung eines bekannten Werkes – wobei zwar die Form beibehalten, aber ein anderer, nicht dazu passender Inhalt unterlegt wird. Durch die dadurch aufgebaute deutliche Abweichung gegenüber dem bekannten Original zwischen der bekannten Form und dem neuen Inhalt entsteht ein humoristischer Effekt.

Maxx und Morris 

Ach, was muß man oft von bösen
Kindern in der Zeitung lesen!
Wie zum Beispiel hier von diesen,
Welche Maxx und Morris hießen,
Die, anstatt von ihren Alten
Rat und Beistand zu erhalten,
Lauthals noch über sie lachten
Und sie gerne niedermachten.
Ja, zur Übeltätigkeit,
Dazu ist man gern bereit!
Skateboardfahren, Kinder quälen,
Aus dem Aldi Weinbrand stehlen (…)
(L.W.)

Pastiche

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Eine Sonderform der Parodie (s.u.), weil hier der satirische, komische oder polemische Akzent fehlt: die Nachahmung der textuellen Vorlage ist – gewissermaßen – von der Hochachtung vor dem Original geprägt, also eine Form der Hommage.

Folgen des Drogenkonsums
(nach Robert Gernhardt)

Seht euch an, wie lasch
ist der Dachs auf Hasch!
Seht, wie Grimbart den Knockout
ausschläft. Und sich einen baut.

Seht sie an, die Grillen!
Quieken voll auf Pillen:
Hört, wie ihre Serenade
klingt wie DJ Motte. Schade.
 
Seht es an, das Reh!
Voll auf LSD!
Kriegt Pupillen wie ein Loch.
Doch den Rehblick kann es noch.

Seht ihn an, den Sittich,
trägt die Haare mittig.
Findet seinen Irostyle
wohl auch ohne Drogen geil.
(L.W.)

Travestie

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Die Travestie schildert einen unveränderten Inhalt in geschickt gewählter unpassender Form, ist also eine Form des parodistischen Schreibens; der Unterschied besteht darin, dass die Transformation nicht auf inhaltlichem oder semantischem Niveau geschieht, sondern in stilistischer Hinsicht.

fehlermeldung
nach ee cummings

ich hatte einen cousin namens
Martin der ein versager von natur aus war und
alle meinten dass er doch was
mit computern machen sollte weil mein Cousin Martin
alle namen aller Counterstrikeclans hersagen konnte wenn ihn einer fragte was
erklären oder nicht erklären mag warum mein Cousin

Martin der wahrscheinlich unverzeihlichsten
aller um eine wohlwollende formulierung zu benutzen
beschäftigungen nachging nämlich pornographie übers internet zu verkaufen und
sei es einfach
nur erwähnt

der bilderhandel meines Cousins Martin
ging ein weil man seine nackten
frauen woanders umsonst bekam also
sattelte mein Cousin Martin um auf
webspace bis sein
server kaputt ging deswegen

handelte mein Cousin Martin
fortan mit elektroschrott aber
die lagerhalle in der der schrott lagerte brach zusammen deshalb
ahmte mein Cousin Martin den elektroschrott
in gewisser weise nach

indem er sein auto gegen einen baum setzte aber (…)

Makkaroniverse

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Auch als „makkaronische Dichtung“ bekannt; ist eine Gedichtform, die zwei Sprachen vermischt, indem sie die Morphologie und Syntax der einen Sprache auf den Wortschatz einer anderen Sprache (oder eines Dialekts) überträgt. Als makkaronisch im weitesten Sinne zu bezeichnen ist Dichtung, die fremdsprachige Wörter oder Phrasen einbettet, ohne zugleich Morphologie und Syntax an die Ziel- oder Basissprache anzupassen.

Kritische Anmerkungen zur Hip-Hop-Kultur

Es gibt Leute, die sagen: Ich würde Englisch singen,
Weil ich keinen im Deutsche graden Satz zusammenbringen,
Aber das ist not true! 
No! I tell you!
Das haben die asslochs doch nur erfounded,
Weil sie neidisch sind, dass mein beat so gut soundet.
Ich bin your Feind, dein persönlicher D-Day
Du hast doch gestern noch gedacht, ne Biet Box gibts bei Ebay.
Und Ich bin besser im Bett als du, das ist nicht bös gemeint
Hat mir nur gestern – deine Mutter vorgeweint. (…)
(L.W.)

Freier Vers

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Der Einsatz des freien Verses ist nur dann sinnvoll, wenn eine Pointe am Schluss die Stimmung zum (komischen) Umkippen bringt.

Konsequenz

Auf dem Markusplatz
Zu Venedig
Zog
Ein Mann,
Einstecktuch,
Zweireiher, tailliert,
Gestreifte Krawatte,
Wildlederschuhe,
Ein Gewehr.
Schoss
Nach kurzem Zögern
In die Taubenwolken.
Schrie:
„Ihr werdet mir nie wieder auf meinen Anzug scheißen!“
(L.W.)

Empfehlenswerte Bücher zur komischen Lyrik

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Anthologien
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  • Lieber Gott, Du bist der Boß, Amen! Dein Rhinozeros : Komische deutschsprachige Gedichte des 20. Jahrhunderts. Sanssouci. ISBN 3-7254-1173-5
  • Eine Laus im Uhrgehäuse : Komische Gedichte von Morgenstern bis Gernhardt. Reclam. ISBN 3-379-20007-7
  • Hell und Schnell. Fischer. ISBN 3-10-025505-4
  • Deutsche Unsinnspoesie. Reclam. ISBN 3-15-009890-4
  • Poetische Sprachspiele: Vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Reclam. ISBN 3-15-018238-7
  • Lustige Lyrik: Fünfzig komische Gedichte. Reclam. ISBN 3-15-018446-0
  • Die komischen Deutschen: 878 gewitzte Gedichte aus 400 Jahren. Zweitausendeins. ISBN 3-86150-531-2
  • Bilden Sie mal einen Satz mit … Ein Dichterwettstreit. S. Fischer
  • Unsinnspoesie. Reclam
Verstorbene
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  • Busch, Wilhelm: Sämtliche Werke und eine Auswahl der Skizzen und Gemälde in zwei Bänden
  • Brecht, Bertolt: Die Gedichte von Bertolt Brecht in einem Band
  • Gernhardt, Robert: Gesammelte Gedichte
  • Gernhardt, Robert: Später Spagat
  • Gernhardt, Robert: Reim und Zeit. Gedichte
  • Gernhardt, Robert: Wörtersee
  • Gernhardt, Robert: Im Glück und Anderswo
  • Gernhardt, Robert: Die K-Gedichte
  • Gernhardt, Robert: Gedanken zum Gedicht
  • Heine, Heinrich: Werke. Bd. 1. Gedichte
  • Jandl, Ernst: lechts und rinks. gedichte, statements, peppermints.
  • Jandl, Ernst: Laut und Luise
  • Morgenstern, Christian: Gesammelte Werke in einem Band
  • Ringelnatz, Joachim: Sämtliche Gedichte
  • Roth, Eugen: Das Eugen Roth Buch
  • Tucholsky, Kurt. Sämtliche Gedichte in einem Band
Zeitgenossen
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  • Dreppec, Alex: Die Doppelmoral des devoten Despoten
  • Droste, Wiglaf: nutzt gar nichts, es ist Liebe
  • Eckenga, Fritz: Draußen hängt die Welt in Fetzen, lass uns drinnen Speck ansetzen. Rettungsreime
  • Eckenga, Fritz: Jahreshauptversammlung meiner Ich-AG. Rettungsreime
  • Jacobs, Steffen: Der Alltag des Abenteurers
  • Gsella, Thomas: Ins Alphorn gehustet
  • Gsella, Thomas: Kinder, so was tut man nicht
  • Gsella, Thomas: Materialien zur Kritik Leonardo di Caprios und andere Gedichte
  • Gsella, Thomas: Kille kuckuck dideldei
  • Gsella, Thomas: Generation Reim
  • Kaiser, Jan: Wie Schwech und Pefel
  • Nehm, Günter: Verspektiven
  • Nitzberg, Alexander: Lyrik Baukasten. Wie man ein Gedicht macht (2006)
  • Schönen, Michael: Frohe Kunden
  • Wolf, Ror: Hans Waldmanns Abenteuer. Sämtliche Moritaten von Raoul Tranchirer
  • Wirag, Lino (u. a.): Text, Drugs and Rock ’n’ Roll