Allgemeine Tipps zur Kommunikation beim Klettern

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  • Sichtkontakt zwischen den Kletterpartnern:

Wenn der Sichtkontakt zwischen den Kletterpartnern unterbrochen ist, wird auch die Kommunikation schwierig. Man sollte sich vorher mit dem Partner genau absprechen wie dann verfahren wird. Der Vorsteiger muss sich darauf verlassen können, dass er bis zum letzten Klettermeter gesichert ist; der Nachsteiger ab dem ersten.

  • Weniger ist mehr:

Am besten möglichst wenige Kommandos verwenden, dafür klare Abmachungen: Zum Beispiel wird vereinbart, dass der Vorsteiger zuerst die Selbstsicherung, dann den Stand und die Kameraden-Sicherung einhängt und erst anschließend das Seil nachnimmt. So weiß der Nachsteigende, dass er sicher losklettern kann, sobald das Seil eingezogen und gestreckt ist.

  • Gegebenenfalls nonverbale Kommandos verwenden:

Zweimal energisch ziehen = bin am Stand, lösen; dreimal energisch ziehen = Nachkommen (die Sicherung wurde vorher schon eingehängt)

  • Standardisierte Kommandos verwenden:

Um mehr Seil zu erhalten: Kommando "Seil!" Um Seil einziehen zu lassen: Kommando "Ziehn!" Im Zweifelsfall die Kommandos vor dem Einstieg noch einmal mit dem Seilpartner absprechen.

  • Den Seilpartner mit Namen ansprechen

Falls man in einem Gebiet klettert, in dem noch andere Seilschaften unterwegs sind, ruft man vor dem Seilkommando den Namen seines Kletterpartners. Dadurch lassen sich Missverständnisse mit üblen Folgen vermeiden. Grundsätzlich sollte man sich absolut sicher sein, mit wem man gerade kommuniziert. Man sollte dem Namen auch direkt ein Kommando folgen lassen, sonst schreit man sich nur gegenseitig immer wieder den Namen zu.

  • Verneinungen sind irreführend:

Verneinungen ("Nicht kommen!") vermeiden. Die Verneinung könnte durch Windverhältnisse oder Unaufmersamkeit überhört werden.¨

  • Kein Kommando - keine Aktion:

Wenn kein Seilkommando kommt, macht man auch nichts! Immer warten, bis ein eindeutiges und klar verständliches Kommando kommt.

  • Sinnloses Brüllen vermeiden:

Vor allem Anfänger in diesem Sport fallen durch sinnlose Schreierei unangenehm auf und haben statt Klarheit am meisten Missverständnisse. Profis brauchen keine oder sehr wenige verbale Kommandos.

  • Kommandos vorher durchsprechen:

Genauso wie den Partnercheck sollte man es sich zur Gewohnheit machen, Seilkommandos vor dem Start nochmal kurz durchzugehen, insbesondere wenn man mit wechselnden Partnern unterwegs ist.

Standardseilkommandos

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Die folgenden Seilkommandos sind dem Buch "Alpinlehrplan Band 2 - Felsklettern Sportklettern" ([HP03], S. 49-50) entnommen. Diese Kommandos gelten für Mehrseillängentouren in Zweier- oder Dreierseilschaft.

  • Vorsteiger: Stand (Alternativ: Deutlich beide Handflächen gleichzeitig zeigen. Dies bietet sich an, wenn die akustische Verbindung schwierig ist, z.B. durch Wind, oder um Lärm zu vermeiden.)
Der Vorsteiger ist am Standplatz angekommen und hat sich selbstgesichert. Der Nachsteiger (Sichernde) kann die Kameradensicherung für den Vorsteiger aufgeben.
  • Nachsteiger: Seil ein
Der Nachsteiger hat die Kameradensicherung gelöst (z.B. das Seil aus dem HMS-Karabiner herausgenommen) und der Vorsteiger kann das Seil einziehen.
  • Nachsteiger: Seil aus
Der Vorsteiger hat das Seil so weit eingezogen, dass es straff ist.
  • Vorsteiger: Nachkommen
Der Vorsteiger hat den Nachsteiger in die Kameradensicherung genommen. Der Nachsteiger ist jetzt von oben gesichert und kann seine Selbstsicherung aufgeben. (Bei Dreierseilschaft mit Doppelseil kann mit angegeben werden, wer nachsteigt. Dazu ruft man entweder den Namen oder die Farbe des Seils: Blau nachkommen.)
  • Nachsteiger: Ich komme
Der Nachsteiger hat den Standplatz abgebaut und beginnt mit dem Nachstieg.

Verkürzte Seilkommandos

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Erfahrene Seilschaften kommen mit weniger Seilkommandos aus. Eine Beschreibung findet sich in einem der Bände "Sicherheit und Risiko in Eis und Fels" von Pit Schubert. (Kann jemand mit mehr Erfahrung mehr dazu schreiben?)

Einige Kommandos kann man bei eingespielten Seilschaften weglassen: Wenn ich als Vorsteiger "Stand!" gerufen habe, weiß ich z. B., dass mein Nachsteiger nach 10 Sekunden die Sicherung gelöst hat und kann mit dem Einholen des Seiles beginnen. Wenn kein Seil mehr kommt, gehe ich davon aus, dass das Seil aus ist, und lege die Sicherung ein. Ich rufe "Nachkommen!" und wenn das Seil schlapp wird, beginne ich damit, Seil einzunehmen. Man braucht dann nur noch diese zwei Seilkommandos und trägt so auch dazu bei, den Lärmpegel an manchen sonnigen Wochenenden im Klettergarten etwas zu reduzieren.

Zusätzliche Kommandos bei Mehrseillängentouren

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  • Nachsteiger als Sichernder: Noch 10 Meter
Gemeint ist: Es sind noch etwa 10 Meter Seil für den Vorstieg übrig. Dadurch weiß der Vorsteiger, dass es Zeit wird, Stand zu machen.
  • Stein (Egon)
Das ist eigentlich kein Seilkommando sondern ein Warnruf (Steinschlag). (Egon ist ein seltener Name, der sich klar von den anderen Seilkommandos abhebt. Die Verwechselung von Stein und Stand kann böse Folgen haben. "Stein" kann auch leicht als "Seil" missverstanden werden. )
  • Vorsteiger: Seil (mehr Seil)
Der Nachsteiger hat das Sicherungsseil zu straff und der Seilzug für den Vorsteiger wird zu groß. Der Nachsteiger soll mehr Seil geben.
  • Nachsteiger: Seil
Der Vorsteiger hat das zu schlapp, er soll mehr Seil einholen. Ist aber nicht unbedingt Standard. Wenn der Nachsteiger "Seil!" ruft, will er vielleicht mehr Seil haben, um nochmal ein Stück abklettern zu können und die Stelle anders zu probieren, oder weil er im Sinne einer freien Begehung eben keine Hilfe durch Seilzug möchte. Eindeutiger für den erstgenannten Zweck wäre das Seilkommando "Seil ein!".
  • Nachsteiger: Zug (im Sächsischen ist "Spritze" üblich)
Der Nachsteiger hätte gerne etwas Seilzug als Kletterhilfe.

Kommandos beim Topropeklettern

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  • Zu (Mach zu / Dicht! / Bloc! / Nimm mich rein / Rein; wobei "Dicht!" und "Rein!" wirklich vermieden werden sollten, da das Standardkommando "Zu!" lautet, und gerade Anfänger nur dieses eine kennen)
Der Sichernde soll das Seil straff nehmen, damit der Kletternde sich hineinsetzen kann. Entweder hat der Kletternde das Ende der Route erreicht, oder er möchte sich ausruhen.
  • Ab (Lass mich ab)
Der Kletternde hat das obere Ende der Route erreicht (oder er möchte aufgeben - d.h. er benötigt sanften Zuspruch zwecks Motivation). Der Sichernde soll ihn ablassen.

Kommandos beim Abseilen

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  • Achtung, Seil (auch "Seilwurf!")
Warnruf vor dem Auswerfen des Seils. Nach dem Warnruf einen Augenblick warten, damit Kletterer unterhalb der Abseilstelle auch noch Zeit zum Reagieren haben und in Deckung gehen können.
  • Seil frei
Der Abseilende ist auf dem Boden angekommen (oder hat einen Standplatz erreicht und sich selbstgesichert). Der nächste kann mit dem Abseilen beginnen.

Unterschiede Klettergarten / Halle / Fels

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Im alpinen Gelände hört und sieht man den Seilpartner unter Umständen nicht. In diesem Fall sollte man sich vorher deutliche(!) Seilzeichen ausmachen. Der Inhalt der Seilzeichen muss klar beschrieben sein, damit später keine Unsicherheiten im Gebrauch auftreten. Diese Form der Kommunikation muss unbedingt vorher unter dem Durchspielen verschiedener typischer Situationen geübt werden (z.B. Wechsel vom Vorstieg zum Nachholen, baldiges Seilende beim Sichernden, etc.).

Im Klettergarten gibt es am Ende einer Route zwei Möglichkeiten: Der Sichernde lässt den Kletternden ab oder der Kletternde baut um und seilt ab. Das Kommando "Stand" kann in diesem Zusammenhang missverständlich sein. Es kam schon zu schweren Unfällen, weil der Kletternde mit diesem Kommando "Stand" aussagen wollte "Ich bin oben, lass mich ab" und der Sichernde verstand unter dem gleichen Kommando "Stand" ein "Ich habe Stand, du kannst mich aus der Sicherung nehmen".

In der Kletterhalle wird typischerweise am Ende der Route abgelassen, deshalb tritt dieses Problem dabei nicht auf.

Funkgeräte

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  • Bei alpinen Mehrseillängentouren oder einem überfüllten Klettergarten sind Funkgeräte von Vorteil, auch wenn man sich damit den Spott älterer Kollegen einfangen kann.
  • Verwendung: Erst den Sprechknopf drücken, dann lossprechen. Das erste Wort wird sonst möglicherweise verschluckt. Auch kann man nur abwechselnd reden, nicht wie im Telefon gleichzeitig.
  • Immer zuerst den Namen des Kletterpartners sagen. Funkgeräte haben eine größere Reichweite als die Stimme.
  • Bevor man mit dem Klettern anfängt, sollte auch dieser Teil der Ausrüstung überprüft werden. (Gleicher Kanal eingestellt? Batterien voll? Sprechprobe.)
  • Empfehlenswert zum Klettern sind PMR- oder LPD-Funkgeräte, die ohne Funklizenz betrieben werden dürfen. Die Geräte sind etwa so groß wie eine Zigarettenschachtel und bereits ab 20 Euro im Doppelpack zu bekommen. Allerdings sind PMR und LPD zwei verschiedene Frequenzbänder und so die Geräte nicht untereinander kompatibel. Wenn man öfter klettert, lohnt sich unter Umständen die Anschaffung eines Funkgerätesets mit Akkus und Ladestation.

Handzeichen

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Bei übersichtlichem Gelände, aber lauter Umwelt können Handzeichen auch eine Alternative sein. Einige Beispiele dafür wären:

  • Zeigefinger und Daumen zu einem Ring formen - Alles in Ordnung
  • Beide Arme nach hinten ausgestreckt - Sicherer Stand
  • Mit einem Arm winken - Seil einholen, der Kletterer will den Stand lösen
  • Daumen nach unten - Ablassen
  • Oberarm mit Faust nach oben halten und dann runterziehen - Nachkommen
  • Rausgestreckte Zunge - Hier gehts nicht weiter, Rückzug ;-)

Da es hierzu aber noch keine allgemein verbreitete Standards gibt, sollten die Handzeichen vor dem Klettern abgesprochen und verglichen werden.

Negativbeispiele aus der Praxis

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Keine Rufverbindung und keine klaren Absprachen

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Bei einer Ausbildung steigt ein Ausbilder vor, um ein Fixseil zu legen. Das Gelände ist gestuft und es ist windig. Kommunikation durch Rufen oder Ziehen am Seil sind deshalb nicht möglich. Der Ausbilder hat vor dem Losklettern keine eindeutigen Anweisungen gegeben. Nachdem das Seil fast ganz ausgegeben wurde, passiert längere Zeit nichts. Der Sichernde wartet auf ein Seilkommando oder ein Ziehen am Seil, aber es passiert nichts. Endlich ist von oben ein Ruf zu hören:

"Ich habe etwas gehört. Er hat gerufen: Wollt ihr nicht nachkommen?"

"Ich habe nur verstanden: Nicht nachkommen!"

Da das Kommando nicht eindeutig ist, wird weiter gewartet, bis endlich der Vorsteiger am Fixseil zurückklettert und den Rest der Gruppe zum Nachkommen auffordert. Da keine eindeutigen Verhaltensweisen vereinbart wurden, kam es zu einem ärgerlichen Zeitverlust.