Handbuch Sozialleistungen/ Allgemeiner Teil


Das Verwaltungsverfahren

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Fast alle Sozialleistungen werden nur auf Antrag gewährt, eine Ausnahme sind die Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung. Anträge werden nicht nur von den zuständigen sondern von allen Leistungsträgern und den Gemeinden entgegengenommen. Der Antrag muss schriftlich (dazu zählt auch ein Fax) oder persönlich gestellt werden. Die Begründung des Antrages (oder des Widerspruchs oder der Klage) kann aber nachträglich geliefert werden. Häufig werden Sozialleistungen erst ab Antragstellung gezahlt, allgemein verjähren sie nach 4 Jahren (§ 45 SGB I). Wurde eine Leistung nicht beantragt, weil man davon ausging eine andere Sozialleistung zu erhalten, die dann nicht bewilligt wurde, kann der Antrag rückwirkend gestellt werden (§ 28 SGB X).

Allgemeine Auskünfte über soziale Angelegenheiten erteilen die Krankenkassen. Jeder Leistungsträger muss über Rechte und Pflichten in seinem Aufgabengereich beraten. Generell sollen die Leistungsträger sich bemühen, dass Sozialleistungen umfassend und zügig gewährt werden (§ 17 SGB I). Wenn zur Berechnung einer Geldleistung längere Zeit erforderlich ist, kann der Leistungsträger Vorschüsse zahlen bzw. muss sie zahlen, wenn der Berechtigte sie beantragt (§ 42 SGB I).

Der Antragsteller hat auf jeden Fall Anspruch auf Akteneinsicht bzw. das Recht Kopien der Akte zu erhalten (er muss lediglich die Kosten erstatten). Die Besonderheit, wonach medizinische Diagnosen durch einen Arzt vermittelt werden sollen, betrifft nur die Art der Übermittlung, der Umfang wird nicht eingeschränkt.

Wurden zu hohe Leistungen gezahlt, müssen sie nicht erstattet werden, wenn der Empfänger auf die Richtigkeit des Bescheides vertrauen konnte und das Geld schon ausgegeben hat. Die gilt auch für die Zukunft, wenn eine Vermögensdisposition getroffen wurde, die nicht mehr rückgängig gemacht werden kann (§ 45 SGB X). In besonderen Fällen können Ansprüche auch gestundet, niedergeschlagen oder erlassen werden (§ 76 SGB IV).

Auf den Antrag folgt in jedem Fall ein Bescheid. Innerhalb eines Monats kann gegen den Bescheid Widerspruch eingelegt werden. Wurde dann auch der zurückgewiesen, kann der Antragsteller vor dem Sozialgericht klagen. In dringenden Fällen kann beim Sozialgericht ein Antrag auf „Vorläufigen Rechtsschutz“, also eine sofortige Gewährung der Leistung, gestellt werden. In manchen Angelegenheiten haben Widerspruch und Anfechtungsklage eine aufschiebende Wirkung (§§ 86a und 86b SGG). Bei Widersprüchen oder Klagen empfiehlt es sich eine Rechtsberatung einzuholen (wie natürlich auch bei anderen rechtlichen Fragen).

Die Klageerhebung und das gesamte gerichtliche Verfahren sind gerichtskostenfrei. Auch Gutachten, die das Gericht zur Aufklärung für notwendig hält, werden auf Staatskosten eingeholt. Eigene Kosten für die Prozessführung (z. B. Rechtsanwalt) werden nur dann erstattet, wenn man den Prozess gewinnt. Über 65% der Gerichtsverfahren, die mit einem Urteil endeten, dauerten in Baden-Württemberg länger als ein Jahr!

 
Gerichtsverfahren-Erledigungsart

Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe

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PKH wird beim zuständigen Gericht beantragt. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung muss hinreichende Aussicht auf Erfolg bieten. Das Gericht kann selbst beratend helfen oder einen Berechtigungsschein ausstellen, mit dem man einen Rechtsanwalt seiner Wahl aufsuchen kann. Teilweise sind Rechtsanwälte auch bereit, den Antrag auf Beratungshilfe mit dem Klienten zu stellen (§§ 114 ff. ZPO). Für die Beratung wird eine geringe Gebühr erhoben.

Die Prozesskostenhilfe übernimmt die Gerichtskosten und die Kosten des eigenen Rechtsanwalts. Die Prozesskostenhilfe hat jedoch keinen Einfluss auf Kosten, die gegebenenfalls der Gegenseite zu erstatten sind, z.B. bei einer Niederlage die Kosten des gegnerischen Rechtsanwalts.

Die Einkommens- und Vermögensgrenzen ähneln den Vorgaben der Sozialhilfe. Innerhalb von vier Jahren nach Abschluss des Verfahrens können die wirtschaftlichen Verhältnisse erneut überprüft werden und ggf. eine Ratenzahlung angeordnet werden.

Weitere Informationen:
Broschüre des BMJV
www.amtsgericht-calw.de/pb/,Lde/1202060