HNO-Heilkunde: Druckversion
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Inhaltsverzeichnis
- Ohr
- Nase, Nebenhöhlen und Mittelgesicht
- Mundhöhle und Speicheldrüsen
- Pharynx
- Larynx
- Halsweichteile und äußere Haut
- Trachea
- Ösophagus
- Stimme, Sprache und Schlafstörungen
- Plastische und ästhetische Chirurgie
- Literatur und Weblinks
Ohr
Anamnese
Einfache Fragen, die bei fast jedem Krankheitsbild weiterhelfen:
- Welche Beschwerden haben Sie?
- Wo sind die Beschwerden/Schmerzen lokalisiert?
- Charakter der Beschwerden/Schmerzen?
- Seit wann und wie verlaufen sie
- plötzlich oder einschleichend,
- stabil oder zunehmend oder wechselnd
- Was bessert und was verschlechtert die Beschwerden? (Lage, Bewegung, Husten, Wärme/Kälte)
- Allgemeines: Medikamente, Vorerkrankungen, Familienanamnese, Berufsanamnese.
Typischerweise werden vom HNO-Arzt folgende Fragen bei Beschwerden im Bereich der Ohren abgefragt:
- Bestehen Schmerzen im Bereich der Ohren? (Otalgie)
- Lief oder läuft Sekret aus dem Ohr? (Otorrhoe)
- Besteht eine Hörminderung?
- Werden Ohrgeräusche wahrgenommen? (Tinnitus)
- Besteht Schwindel? (Vertigo)
Untersuchungsmethoden Ohr
Aspekt
- Inspektion des äußeren Ohres (entzündet ? Tumor ?)
- Inspektion des äußeren Gehörganges (verstopft, entzündet ?)
- Ohrspiegelung - Das normale Trommelfell ist glatt, matt glänzend, nicht vorgewölbt und intakt.
Subjektive Meßverfahren:
- Weber-Stimmgabelversuch - angeschlagene Stimmgabel auf die mediale Stirn stellen. Lateralisierung auf das bessere Ohr bei Innenohrschwerhörigkeit. Lateralisierung auf das schlechtere Ohr bei Schallleitungsschwerhörigkeit (Überempfindlichkeit des Innenohrs).
- Rinne-Stimmgabelversuch - Welches Ohr betroffen ist zeigt der Rinne-Versuch. Die angeschlagene Stimmgabel wird auf das Mastoid gesetzt (Knochenleitung), wenn der Ton nicht mehr hörbar wird die Stimmgabel vor das Ohr gehalten, der Ton sollte dann wieder gehört werden (Luftleitung). Als Alternative kann man Luft- und Knochenleitung knapp hintereinander anbieten und fragen, ob der Ton vor oder hinter dem Ohr lauter gehört wird (das geht schneller).
- Audiometrie - Bestimmung der Hörschwelle in dB für verschiedenen Frequenzen für Luft- und Knochenleitung.
Objektive Meßverfahren:
- Tympanometrie - Messung der Compliance (Kehrwert der Reflexion) des Trommelfells bei verschiedenen äußeren Drücken mittels Mikrofon, Empfänger und Druckschlauch.
- Otoakustische Emissionen (OAE) - Prüfung der äußeren Haarzellen.
- Akustisch evozierte Potentiale (AEP) - Prüfung der Hörbahn durch akustische Stimulation und EEG-Ableitung.
- Brainstem evoked response audiometry (BERA) - häufigste angewandte Prüfung der Hörbahn bis zum Hirnstamm durch akustische Stimulation und EEG-Ableitung.
Bildgebung:
Die Bildgebung braucht man vor allem für das Mittelohr, das Innenohr und den 8 Hirnnerv.
- CT
- MRT
- früher konventionelles Röntgen: Aufnahmen nach Schüller und Stenvers
Untersuchungsmethoden Gleichgewichtssinn
Der Gleichgewichtssinn unterscheidet sich von den meisten anderen Sinnen insoweit, dass das Sinnesorgan nur eine Komponente der gesamten Sinneswahrnehmung ausmacht. Die Orientierung im Raum wird erreicht durch
- Gleichgewichtsorgan (lineare und zirkuläre Beschleunigung)
- Körpermuskulatur (Spindelorgane messen die Spannung => Richtung der Schwerkraft)
- Augen (Lage des Horizonts)
- Halsmuskulatur (Erfassung der relativen Lage von Kopf zu Rumpf)
- Hirn (Verarbeitung der Informationen zu einem Gesamtbild, Steuerung der Bewegung)
- Kleinhirn (Koordination von Bewegungsabläufen)
Ziel der Untersuchung ist es die verschiedenen Quelle der Gleichgewichtsstörung (Schwindel) zu trennen.
Einfache klinische Untersuchungstechniken:
- Romberg-Versuch: Mit geschlossenen Augen zwei und einbeinig sicher stehen.
- Gangabweichung beim Gehen mit geschlossenen Augen auf einer geraden Linie (Seiltänzergang).
- Tretversuch nach Unterberger: Mit geschlossenen Augen und waagerecht vorgehaltenen Armen auf der Stelle marschieren.
- Zeigeversuche (mit geschlossenen Augen): Finger-Nase-Versuch, Knie-Hacken-Versuch, Fingerspitzen-Folge-Versuch.
- Vestibulo-okulärer Reflex (VOR, „Puppenkopf-Phänomen“): Der VOR dient der Blickstabilisierung bei Kopfbewegung und sorgt für eine schnelle und präzise Blickdrehung, die der Kopfbewegung entgegengerichtet ist. 3 Neurone (Vestibulum -> Vestibulariskerne -> Motorische Augenmuskelkerne -> Augenmuskeln). Kopfdrehtest: Kopf in rascher Folge hin- und herdrehen und dabei den Daumen fixieren. Bei Defizit retinale Bildwanderungen und Oszillopsien.
- System langsamer Augenbewegungen: Daumen bewegen und ohne Kopfbewegung dem Daumen mit dem Blick folgen (arbeitet langsamer als der VOR).
Weiterführende Untersuchungen:
- Nystagmus-Prüfung mit Frenzel-Brille
- Thermische bzw. kalorische Vestibularisprüfung
- Akustisch evozierte Potentiale (AEP, BERA)
- Drehstuhl-Untersuchung (Rotation in beide Richtungen mit Nystagmusprüfung, Seitenvergleich)
Bildgebung:
- CT
- MRT
Äußeres Ohr
Ohrmuschelperichondritis
Ät.: Pseudomonas aeruginosa
S.: Ohrmuschel gerötet und schmerzhaft geschwollen, Ohrläppchen kaum betroffen
DD: Ohrmuschelerysipel (Ohrläppchen mitbetroffen)
Chondrodermatitis nodularis helicis
Th.: chirurgisch
Tumoren der Ohrmuschel
Basaliom, Spinaliom, Melanom etc.
Äußerer Gehörgang
Der äußere Gehörgang besteht aus einem knorpligen und einem knöchernen Anteil. Die Haut im knorpligen Anteil ist behaart, im knöchernen Anteil befindet sich unbehaarte Haut. Das Trommelfell bildet die Grenze zwischen dem Gehörgang und dem Mittelohr. Die kontinuierliche Epithelmigration der Haut vom Trommelfell nach außen sorgt im Normalfall für den Abtransport des Ohrenschmalzes.
Cerumen obturans
Th.: Ohrspülung, instrumentelle Entfernung durch den HNO-Arzt
Proph.: keine Wattestäbchen verwenden (Zerstörung des Selbstreinigungsmechanismus, Hineindrücken des Cerumens)
(Maligne) Otitis externa
Ät.: Pseudomonas aeruginosa (Feuchtkeim), gehäuft nach Schwimmbadbesuchen (Chlor, Nässe)
S.: Starke Ohrschmerzen
Th. der einfachen Schwimmbadotitis: Antibiotikastreifen (Gentamycin plus Kortison), evtl. auch systemisch
Cave: Bei Diabetes mellitus und Immunsuppression drohen sehr bösartige Verläufe mit Erregerausbreitung ins ZNS.
Otitis externa circumscripta (Gehörgangsfurunkel)
Ät.: Staphylokokkus aureus, Infektion der Haarbälge, meist nach Reizung bei Gehörgangsreinigung
S.: Schmerzen, z.T. auch beim Kauen
Th.: Analgesie, Einlage von Alkohol-, Antibiotika-, Kortisonstreifen; evtl. auch Inzision
Herpes oticus
Th.: Aciclovir
Trommelfell, Mittelohr und Mastoid
Tympanosklerose
Ät.: Sonderform der chron. Mittelohrentzündung
Klinik: Bei schwerer Form ausgeprägte Schallleitungsstörung
Befund: Häufig sichelförmige Kalkeinlagerungen im v.o. Quadranten
Ther.: Operativ (Plastik) mit perioperativer Cortisongabe
Trommelfellperforation
Ät.: Verletzung mit Wattestäbchen, Ohrfeige
Otitis media acuta
Ep.: Hauptsächlich Kinder betroffen (Tuba auditiva kürzer und flacher)
Ät.: 60% bakteriell (Streptococcus pneumoniae, Haemophilus influenzae, Moraxella catarrhalis, Streptococcus pyogenes, Staphylococcus aureus), 40% viral (RSV, Parainfluenza, Influenza, Enteroviren, Adenoviren, HSV, Herpes zoster), Kombinationen. Bei Kindern auch Bakterien wie Pseudomonas aeruginosa, Escherichia coli, Proteus spp., Enterococcus faecalis, Klebsiella pneumoniae, Anaerobier, Alloiococcus otitidis/Turicella otitidis.
Pg.: Meist aufsteigende Infektion bei Erkältungen/Grippe
S.: Rasch auftretende Ohrschmerzen, Ohrgeräusche, Schwerhörigkeit, Kopfschmerzen und erhöhte Temperatur. Das Trommelfell ist stark gerötet, evtl. Eitervorwölbung, Eiterdurchbruch mit schlagartigem Nachlassen der Schmerzen.
LS.: Schmerzen, Rötung, Eiter!
Kompl.: Mastoiditis
Th.: Analgetika, abschwellende Nasentropfen, Antibiose (kontrovers)
Weblink: . “Otitis media: Wo Antibiotika einzusparen und wo Dekongestiva eher schädlich sind”. Deutsches Ärzteblatt, Okt 23 2006.
Rezidivierende Otitis media im Kindealter
RF.: Polymorphismen in den Genen TNF-α–308 und IL-6–174 (high cytokine-producing), verstärkt durch Rauchen der Eltern und kurze Stillzeit (<1 Monat).[1] Adenoide Vegetationen („Polypen“).
Paukenhöhlenerguß
Sero(muco)tympanon
Ät.: Viraler Infekt, Tubenfunktionsstörungen, rasche Luftdruckänderung (Barotrauma), seltener Adenoide.
D.: Otoskopisch seröse Flüssigkeit mit Luftblasen hinter dem meist retrahierten Trommelfell. Bei chronischem Erguss eher muköses Sekret. Tympanometrie (Nachweis der Beweglichkeitsstörung durch die Flüssigkeit).
Th.: Abschwellende Nasentropfen zur (vermutlich) besseren Belüftung der Tuba auditiva und des Mittelohrs, ggf. Tubendurchblasung, ggf. Adenotomie, ggf. Parazentese, ggf. Paukendrainage.
Chronische mesotympanale Otitis media (Chronische Schleimhauteiterung)
Ät.: Trommelfelldefekt (Anulus fibrosus intakt) entscheidend, weitere Faktoren: konstitutionelle Schleimhautminderwertigkeit, Erregerspektrum, anatomische Mittelohrverhältnisse (Pneumatisation, Verbindung zwischen Kuppelraum, Antrum, Paukenhöhle und Tube), Tubenfunktion, Allgemeinzustand (Allergien, Immundefekte, Kachexie)
S.: Rezidivierende seröse bis eitrige Otorrhö, Hörminderung (gestörte Schallleitung), Kopfschmerzen, akute Verschlimmerung nach Baden oder Tauchen
D: Optisch: Zentrale Trommelfellperforation, verdickte/polypöse Paukenschleimhaut, seröses, visköses, eitriges Sekret, Tests: Stimmgabelversuch, Audiographie, (Tympanometrie ist nicht möglich)
Th.: Antibiotische Vorbehandlung plus Tympanoplastik, Ziele: Sanierung des Entzündungsherdes, Wiederherstellung der Funktion
Chronische epitympanale Otitis media (Cholesteatom, chronische Knocheneiterung)
Ät.: Epitympanale Invagination der Pars flaccida mit Ausbildung eines Cholesteatomsacks, hyperplastische Scheimhaut im Kuppelraum (SF: kongenitales Cholesteatom hinter intaktem Trommelfell)
Pg.: Retention der vom Plattenepithel im Cholesteatomsack produzierten Hornschuppen und bakterielle Zersetzung. Folgen sind eine chronische Entzündung mit semimaligner Ausbreitungstendenz und Zerstörung benachbarter Strukturen.
S.: Rezidivierende fötide Otorrhö, progrediente Hörminderung, Ohrschmerzen, Kopfschmerzen
Kompl.: Zerstörung der Gehörknöchelchenkette, Labyrinthitis, Fazialisparese, Einbruch in den Sinus sigmoideus mit eventueller Sinusthrombose, Meningitis, intrakranielle Abszesse, Kleinhirnabszess
Th.:
- Ausräumung des Cholesteatoms (Vollständige Entfernung geht vor Hörverbesserung), danach Wiederaufbau des Trommelfells mit Rekonstruktion der Gehörknöchelchenkette
- Verfahren: Die sog. Radikalhöhle (retroaurikulärer Schnitt, Ausfräsen des Mastoids) ist die sicherste Methode, erfordert allerdings eine lebenslange Nachbetreuung.
Mastoiditis
Ep.: Heute bei Kindern viel seltener als früher.
Ät.: Mittelohrentzündung
S.: Rötung, Schmerzen und Schwellung hinter dem Ohr, evtl. abstehende Ohrmuschel, Hörstörungen, Schonhaltung des Kopfes (Neigung zur kranken Seite), Fieber
Kompl.: Fazialisparese, Epidural-, Subdural-, Hirnabszesse, Sepsis,Sinusthrombose
D.: Anamnese, Klinik, Otoskopie, Labor (Leukozyten, BSG, CRP), CT
Th.: Antibiose und Mastoidektomie (Notfallmäßige Überweisung in die Fachklinik!)
Innenohr und Vestibularsystem
Labyrinthitis
Entzündung des Innenohrs
Otosklerose
Ep.: Bevorzugt jüngere Frauen zwischen dem 25. und 45. Lebensjahr, z.T. familiär gehäuft
Ät.: Assoziation mit einer Variante des Gens für TGFB1 (transforming growth factor, beta 1) mit einem Thymin in Position 263. [2]
Pg.: Herdförmige sklerosierende Knochenumbauprozesse im Bereich des Innenohrs
Prädilektionstellen:
- Stapesfußplatte (ovales Fenster) -> Stapesankylose -> Gestörte Luftleitung
- Rundes Fenster
- Enchondrale cochleäre Verknöcherungszone -> Befall der Schneckenkapsel: Sinneszelldegeneration, Änderungen der Peri- und Endolymphe -> Innenohrschwerhörigkeit
S.: schmerzlos, Tinnitus, (asymmetrische) Schalleitungsschwerhörigkeit, Parakusis Willisi (Hören im Lärm besser)
Befunde:
- Blandes Trommelfell, Tuben durchgängig, Schwarze-Zeichen (Rötung am Promontorium)
- Bei Stapesankylose: Im Tonaudiogramm Luftleitung schlechter als Knochenleitung und CARHART-Senke (Verschlechterung der Knochenleitung bei 2kHz um etwa 15dB, wahrscheinlich mittelohrbedingt), Rinne negativ, Weber: Lateralisierung in das geschädigte Ohr.
- Bei Befall der Cochlea: Innenohrschwerhörigkeit
Th.:
- Keine erfolgsversprechende konservative Therapie
- Symptomatische Therapie mittels Hörgerät
- Operativ: Stapedotomie in Lokalanästhesie: Bei dieser Operationsmethode wird nur der Steigbügelschenkel entfernt. In die Fußplatte wird mit einer Nadel oder einem Laser ein Loch gebohrt, in das dann ein Kunststoffstempel eingesetzt wird, der mit dem Amboss verbunden wird. Dieser überträgt ab jetzt die vom Amboss kommenden Schwingungen auf das Innenohr.
Die Erfolgsquote ist hoch, allerdings kommt es in 1 % durch die Operation zur völligen Ertaubung.
Die ältere Methode der Stapedektomie (vollständiger Ersatz des Steigbügels) wird kaum noch angewendet.
Weblinks: http://www.onmeda.de/krankheiten/otosklerose.html?p=6
Otologischer Schwindel
DD.: Hypotonie, HRST, Carotisstenose, zerebrovaskulär, HWS-Syndrom.
Benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel (BPLS)
Ep.: w:m = 2:1
Ät.: Schädeltrauma, Affektionen des Innenohrs
Pg.: Verlagerung von Otolithen o.a. Partikeln in der Endolymphe
S.: heftige mehrere Sekunden andauernde Schwindelattacken
D.: Hallpike-Manöver
Th.: Lagerungsmanöver mit brüsken Bewegungen
Prg.: meist spontane Rückbildung
Schwindel als: Drehschwindel, Liftschwindel Schwankschwindel und Fallneigung
==== Morbus Ménière ==== auch als Meniere'scher Symptomenkomplex bezeichnet
Ep.: 3. bis. 5. Dekade
Ät.: unklar
Symptom-Trias:
- Mehrstündig anhaltende Schwindelattacken mit Nystagmus, Übelkeit und Erbrechen
- Tinnitus
- Fluktuierende Schallempfindungsschwerhörigkeit
in 5-10% der Fälle beidseitig
Th.: konservativ: Bettruhe, Antiemetika, Antivertiginosa, Anfallsprophylaxe im Intervall (Antihistaminika, zentral wirksame Calziumantagonisten), operativ: Zerstörung von Labyrinthanteilen oder Durchtrennung des N. vestibularis (Folgen: Hörverschlechterung, Ertaubung)
Prg.: variabler Verlauf, oft progressiv über mehrere Jahre mit längeren Remissionsintervallen. Im Spätstadium gehen die Schwindelbeschwerden zurück und die Schwerhörigkeit nimmt zu bis hin zur Ertaubung ("ausgebrannter Ménière").
Vestibularisausfall
Ät.: Neuritis vestibularis
S.: Plötzlicher heftiger Drehschwindel, der über Tage anhält mit Übelkeit, Erbrechen und Gleichgewichtsstörungen.
D.: Spontannystagmus (akut) von der betroffenen Seite weg mit Zunahme bei Blick in Nystagmus-Richtung (Alexander Gesetz), Unterberger: Drehung zum Schaden hin, thermische Untererregbarkeit, Gehör o.B.
DD: Neurologische Ursachen
Th.: Bettruhe im abgedunkelten Raum, Antivertiginosa, Infusionstherapie, Pentoxifyllin, ggf. Kortison nach Stennert-Schema
Prg.: Besserung nach einigen Tagen durch zentrale Kompensation. Bei jungen Menschen meist vollständige Rückbildung der statischen Funktion, bei Älteren verbleiben u.U. leichte Residuen. Defizite in der dynamischen Funktion, z.B. des vestibulo-okulären Reflexes (VOR) bleiben meist nachweisbar.
Weblinks: DGN - Neuritis vestibularis
Hörstörungen
Sprachfeld: 250Hz bis 4kHz, 20 bis 60dB
Problem: Zunahme der Hörschwelle geht auch mit einer Abnahme der Unbehaglichkeitsschwelle einher, da die Verstärker- und Modulatorfunktion der äußeren Haarzellen wegfällt. Folge: Schnellerer Lautheitsanstieg, sog. positives Recruitment.
Kindliche Hörstörungen
Ein intaktes Gehör ist Voraussetzung für einen korrekten Spracherwerb. Je nach Alter, in dem die Störung auftritt kommt es zu unterschiedlichen Sprachstörungen.
- Prälingual - Folgen: keine Entwicklung der Hörzentren (irreversibel!), keine Sprachentwicklung, Störung der emotionalen Entwicklung und soziale Benachteilung
- Perilingual - Folgen variabel
- Postlingual (ab dem 7. Lebensjahr) - Folgen: voll differenzierte Lautsprache, prosodische Merkmale gehen teilweise verloren.
Konsequenzen:
- Eine frühe Hörgeräteversorgung ist essentiell
- Neugeborenenscreening mit OAE
Schallempfindungsschwerhörigkeit
Ät.: Z.B. Knalltrauma (< 3 ms), laute Musik, Lärmbelastung.
Befund: C5-Senke im Tonaudiogramm bei ca. 4000 Hz, positives Recruitment, Luft- und Knochenleitung gleichermaßen verschlechtert.
Altersschwerhörigkeit (Presbyakusis)
Wird nicht mehr als Alterserscheinung gedeutet, sondern als das Ergebnis der im Leben erfahrenen Lärmbelastung. Dafür spricht das auch im Alter oftmals noch gut funktionierende Gehör bei Bewohnern ruhiger Regionen der Erde.
Befund: Audiographisch Hochtonabfall.
Schallleitungsschwerhörigkeit
Ät.: Z.B. Trommelfellruptur bei Explosionstrauma (> 3 ms), Otosklerose.
Befund: Knochenleitung gut, Luftleitung beeinträchtigt.
Hörsturz
Ep.: Inzidenz 20:100.000/a
Ät.: Unklar, vermutet werden Durchblutungsstörungen des Innenohrs, evtl. Lärm ( sog. Knalltrauma), Virusinfekte.
S.: Plötzlicher meist einseitiger Hörverlust, Gefühl von „Watte im Ohr“, Ohrgeräusche, Schwindel, Doppeltonhören
Th.: Es gibt keine evidenzbasierte Therapie. Versuchsweise Rheologika, Kortison. Nachteil: Mögliche Nebenwirkungen ohne gesicherten Nutzen.
Prg.: 60 (32 - 70) % spontane Besserung
Studien:
- Conlin AE, Parnes LS. “Treatment of Sudden Sensorineural Hearing Loss: II. A Meta-analysis”. Arch Otolaryngol Head Neck Surg., 133(6):582-6, Jun 2007. PMID 17576909
Tinnitus
Tinnitus ist ein Symptom und heißt übersetzt einfach nur Ohrgeräusche.
Ät.: Unklar
RF.: Lärm, Stress
Pg.: Komplex, Veränderungen im Ohr und/oder Veränderungen in zentralen Regelkreisen (Chronifizierung im Gehirn) unter Beteiligung weiterer Faktoren (Aufmerksamkeit, Emotionen, Bewertung).
S.: Ohrgeräusche
Th.: Akuter Tinnitus: Rheologika, Kortison (kontrovers diskutiert, Nutzen nicht bewiesen, dafür Nebenwirkungen möglich), chronischer Tinnitus: psychosomatisch, HBO-Therapie
Prg.: 50% Persistenz
Quellen
- ↑ Janak A. Patel et al. “Association of Proinflammatory Cytokine Gene Polymorphisms With Susceptibility to Otitis Media”. Pediatrics, 118(6):2273-2279, Dec 2006. DOI:10.1542/peds.2006-0764.
- ↑ M. Thys et al. “Identification of TGFB1 as the first gene associated with otosclerosis”. ',.
Nase, Nebenhöhlen und Mittelgesicht
Nase
D.:
- Aktive anteriore Rhinomanometrie
- Akustische Rhinometrie
- Saccharintest
- Allergietest
Äußere Nase
Fehlbildungen/Exogene Schäden
- Höckerspannungsnase - die Nasenlöcher können schlitzartig verzogen sein, evtl. Atembehinderung
- Sattelnase - z.B. Spätfolge eines traumatischen Septumhämatoms, oder bei Septumperforation, Verlust des knorpeligen Stützskeletts z.B. bei Morbus Wegener
- Schiefnase - oft nach rechts (zuschlagender Rechtshänder)
Nasenseptumhämatom
Traumatische Einblutung unter das septale Perichondrium bzw. Periost, meist beidseitig. Kaum Spontanresorption.
S.: Behinderung der Nasenatmung.
Kompl.: Infektion, Sattelnase.
Infektionen/Entzündungen
Ät.: S. aureus, gehäuft bei Diabetes mellitus
- Follikulitis - Entzündung eines Haarfollikels
- Furunkel - Entzündung eines Haarfollikels mit Schweißdrüse.
- Karbunkel - Konfluierende Furunkel, abszedierende Weichteilinfektion
Kompl.: Sinusvenenthrombose und Meningitis bei Entzündungsherden im Bereich der Nase und Oberlippe.
Tumoröse Läsionen
- Rhinophym - Talgdrüsenhyperplasie, Th.: operatives Abschälen
- Keratoakanthom
- Hämangiom
- Basaliom
Innere Nase
- Dauerhaft behinderte Nasenatmung:
Eine subjektive Beeinträchtigung des Nasenatmung korreliert kaum mit den objektiven Gegebenheiten. Der Luftstrom durch die Nase wird indirekt über Kälterezeptoren wahrgenommen, so führt z.B. eine Reizung dieser Rezeptoren mit Menthol zum Gefühl des freieren Durchatmens, während die meßbaren Luftströmungsverhältnisse unverändert bleiben. Daher sind Operationen (Septumplastik u.a.) nicht immer die Lösung des Problems.
Fehlbildungen
Choanalatresie
Ep.: Häufigkeit 1:8000
Pg.: Knöcherner oder membranöser Verschluss
Di.:Endoskopie, ggf. CT
Th.: Operativ über transnasalen oder enoralen Zugang (bei beidseitiger Choanalatresie ist die OP-Indikation in den ersten Tagen nach Geburt gegeben)
Meningocele/Meningoencephalocele
meist medial gelegen
Th.: neurochirurgisch
Septumsporn/Septumdeviation
Th.: Ggf. Septumplastik (Da der klinische Befund mit der subjektiv empfundenen Qualität der Nasenatmung nur schwach korreliert, bessert sich eine "schlechte Nasenatmung" durch eine Operation nicht zwangsläufig.)
Nasenmuschelhyperplasie
Th.: interstitiell, chirurgisch, Argonplasmakoagulation, Laserconchotomie
Exogene Schäden und Entzündungen
Akute Rhinitis
Ät.: meist viral (Adeno-, Rhino-, Corona-, Myxo-, Reo-, ECHO-Viren)
Th.: kühle Luft, abschwellende Nasentropfen
Privinismus
Stadien: Privinismus -> atrophe Rhinitis -> Ozäna („Stinknase“)
Ät.: Nasentropfenmißbrauch, chirurgisch
Nasenseptumperforation
Ät.: Septumplastik (v.a. nach Kilian), Septo-Rhinoplastiken, Morbus Wegener, beidseitige oder häufige Verödung des Locus Kieselbachii bei Nasenbluten, habituelle Manipulationen
Folgen: Blutung, Krusten, Pfeifen, Sattelnase
Th.: Perforationsverschlussplastik ggf. mit Knorpel-Transplantat aus anderen Septumabschnitten oder häufiger aus der Ormuschel, bei großen Perforationen auch aus Rippenknorpel. Der Defekt muß mit lokaler Schleimhaut bedeckt werden. Größte Erfolgsaussichten sind bei Verwendung eines Brückenlappens (z. B. nach Schultz-Coulon) berichtet.
Epistaxis (Nasenbluten)
Ät.: Lokale Ursachen: Entzündungen, Trauma, Nasebohren, Tumor; Systemische Ursachen: Morbus Osler-Rendu, Hypertonie, Antikoagulation, Gerinnungsstörungen
Lok.: 80% Locus Kieselbachii
Kompl.: Hämorrhagischer Schock (selten)
DD: unechtes Nasenbluten aus Ösophagus, Trachea usw.
Th.: Nackenkühlung, Kopf vorbeugen und Nasenflügel komprimieren, Blut nicht schlucken, Ursache beseitigen (Blutdruck senken, Gerinnungsfaktoren verabreichen usw.), vordere oder hintere (=Belocq-) Nasentamponade, Elektro-/Laserkoagulation, Gefäßunterbindung (A. sphenoplalatina, A. maxillaris), interventionelle Embolisation
Liquorfistel
Ät.: Verletzungen der Lamina cribrosa
S.: Liquorrhinorö
D.: Floureszein und Blaufilter, bei gößeren Verletzungen auch mittels MRT, Nachweis von beta2-Transferrin
Tumore
Choanalpolyp
Ursprung häufig in Kiefer- oder Siebbeinzellen;
meist solitär gestielt und palpatorisch weich
S.: Behinderung des Nasenatmung, Geruchsstörungen
Papillom
Nasopharynxkarzinom
Plattenepithelkarzinome, in Asien assoziiert mit EBV
Karzinom der Nase und NNH
- Adenokarzinom. RF.: Holzstaub von Harthölzern (Buche, Eiche): „Signaltumor“!
- Plattenepithelkarzinom. RF.: Nickel, Zinkchromat
Nasennebenhöhlen
Anatomie: Die Stirnhöhlen, die vorderen Siebbeinzellen und die Kieferhöhlen leiten in das vordere Siebbein, welches in den mittleren Nasengang mündet. Die Keilbeinhöhle und die hinteren Siebbeinzellen münden in den oberen Nasengang. In den unteren Nasengang mündet der Ductus nasolacrimalis. Die Schleimhautoberfläche soll etwa 2qm(?) betragen. Die Pneumatisierung der Nebenhöhlen erfolgt im Kindesalter. Die Drainage erfolgt durch gerichteten Zilienschlag des Flimmerepithels.
Röntgen-Darstellung: NNH o.m. (okzipitomental) bzw. NNH o.f. (okzipitofrontal). Keine Indikation zum Röntgen bei akuter Sinusitis!
Akute Sinusitis
Ät.: meist i.R. einer Rhinitis
Erreger: Corona-, Rhino-, Adeno-, Influenzaviren, Hämophilus influenzae, Pneumokokken
S.: Druckgefühl und Schmerzen im Bereich der betroffenen NNH (v.a. beim Bücken, Schnäuzen, Husten), Kopfschmerzen, die Nasenschleimhaut ist gerötet, Eiterstraßen
Th.: Kalte, feuchte Luft zum Abschwellen, Spazierengehen im Wald schwillt auch ab, abschwellende Nasentropfen (Cave: SS/SZ?), (Rotlicht - wenn kein Kopfdruck besteht, wenn viral und subjektiv hilfreich), ggf. Analgetika, Antibiotika, operative Entlastung bei Persistenz/Empyem.
Kompl.: Lidödem, Lidabszess, Subperiostalabszess, Orbitaphlegmone (->80% Erblindung!), endokranieller Abszess, Schädelknochenosteomyelitis, Sinus cavernosus-Thrombose, Meningitis.
Keilbeinhöhlenentzündung
S.: Dumpfes Druckgefühl und Kopfschmerzen in der Mitte des Kopfes
Kompl.: Sehnervschädigung
DD Einseitige Rhinosinusitis
Fremdkörper, Rhinolith, Tumor (z.B. Papillom), dentogene Genese.
Chronische Sinusitis
Sinusitis > 6 Monate
Ät.: vielfältig (chronisch-entzündlich, allergisch, traumatisch)
Pg.: Auslöser -> Schleimhautschwellung -> Verengung der Ausführgänge -> schlechtere Belüftung und Drainage der Nebenhöhle -> Nährboden für Erreger und weitere Entzündungen -> circulus vitiosus
Erreger: Staphylokokken, Streptokokken, Haemophilus influenzae, Enterobakterien, Pseudomonas, Anaerobier, Pilze
S.: Druckgefühl über der betroffenen NNH, Kopfschmerzen, Geruchsstörungen, postnasal drip (Sekretabfluß in den Nasenrachenraum)
Kompl.: Übergreifen auf Auge und Gehirn, Mukozelen.
Th.: Langfristig nur Operation erfolgsversprechend
Mittelgesicht und -weichteile
Mittelgesichtfrakturen
Einteilung in laterale, zentrale (Le Fort I - III) und zentrolaterale (z.B. Le Fort III) Mittelgesichtsfrakturen.
- Le Fort I.: Fraktur des Oberkiefers in Höhe des Nasen- und Kieferhöhlenbodens. Bruchfragment ist das Os palatum mit Alveolarfortsatz.
- Le Fort II.: Absprengung des gesamten Oberkiefers inklusive Nase.
- Le Fort III.: Zentrolaterale Mittelgesichtsfraktur mit Abtrennung des Gesichtsschädels vom Hirnschädel. Zusätzlich Fraktur der Jochbeine und des Nasenseptums. Der Frakturspalt verläuft durch die Orbitae.
S.: Hämatome, Weichteilverletzungen, En-/Exophthalmus, Hyposphagma, Visusverlust bei Bulbus/N.opticus-Schädigung, Liquorrhinorhoe/Ansosmie bei Beschädigung der Lamina cribrosa, Frakturzeichen: abnorme Beweglichkeit, Stufenbildung, Krepitation; Gesichtsdeformierung: eingezogen und verlängert erscheinendes Mittelgesicht (Tellergesicht), Pseudoprogenie
Th.: Miniplattenosteosynthese
Periphere Fazialisparese
Ep.: Gehäuft im letzten Trimenon und post partum, sowie bei Diabetes mellitus.
Ät.: In 75% idiopathisch (Bell'sche Lähmung), Trauma (SHT), Tumoren (Kleinhirnbrückenwinkel), infektiös (Borreliose, Zoster oticus, Herpes simplex).
S.: Auf der Seite der Läsion Parese der mimischen Muskulatur, Ektropium, verstrichene Stirn- und Nasolabialfalten, Hitzeberger Zeichen (sensibler Ausfall eines kleinen Hautareals vorm Tragus), Hyperakusis, Geschmacksstörungen, reduzierter Tränen- und Speichelfluss.
DD.: Zentrale Fazialisparese - Die Schädigung liegt hier auf der Gegenseite der Parese im Gehirn, z.B. nach einem Schlaganfall. Stirnrunzeln ist im Ggs. zur Situation bei der peripheren Fazialisparese meist noch möglich, da der Stirnast Fasern von beiden Hemisphären mit sich führt.
Th.: Kortison, Aciclovir, künstliche Tränenflüssigkeit, Uhrglasverband und Augensalbe.
Mundhöhle und Speicheldrüsen
Mundhöhle
Zahnfleischgranulom (Epulis)
Th.: operative Entfernung
Prothesenreizfibrom
Lok.: am harten Gaumen im Bereich der Zähne
Th.: Exzision
Leukoplakie
Verhornungsstörung (Hyperkeratose), assoziiert mit Rauchen, Alkohol, schlechter Mundhygiene
Präkanzerose
S.: weißer, nicht abwischbarer Belag
DD: Soor, Karzinom
D.: Biopsie
Soor
Opportunistische Infektion mit Candida albicans
Klinik: Abwischbare Beläge, die unterliegende Schleimhaut ist stark gerötet und schmerzhaft
Mundhöhlenkarzinom
In 80% Plattenepithelkarzinom
Klinik: Vulnerable Schleimhaut, Schleimhautveränderungen
Ranula
Etym.: (lat.) Fröschlein wegen der Ähnlichkeit zur Kehlblase bei Fröschen
Retentionszyste in einem der Ausführungsgänge der Glandula sublingualis
S.: Evtl. Schluckstörungen, Sprechsstörungen.
Th.: Resektion, Marsupialisation
Zunge
Haarzunge
Ät.: Hyperkeratose, Anfärbung der Papillae filiformes durch Nahrungsmittel, Tetrazykline, oft bei Intensivpatienten
Prg.: harmlos, z.T. reversibel
Zungenhämangiom
benigner Gefäßtumor
Kompl.: Blutung, Atemwegsobstruktion
Th.: u.U. Embolisation und Teilresektion, oberflächlich Laser, watch & wait
Zungenpapillom
Ät.: HPV
Kompl.: maligne Entartung
Th.: Laser (vorher Biospie)
Hemiatrophe Zunge
Ät.: Parese des N. hypoglossus
Speicheldrüsen
Akute virale Sialadenitis
Erreger:
- Mumps -> Parotiitis epidemica
- CMV -> Zytomegaliesialadenitis
- andere: Coxsackie-, ECHO-, Influenza-, Parainfluenzaviren, HIV
Akute bakterielle Sialadenitis
Ät.:
- Marantische Parotitis bei reduziertem AZ und reduziertem Speichelfluß
- Obstruktive Sialadenitis, meist Glandula submandibularis bei Speichelstein(en)
- akute postoperative Parotitis (reduzierter Speichelfluß)
S.: Druckdolenz, Kieferklemme, Kopfschonhaltung, Eiterentleerung aus dem Ausführgang, Rötung und Überwärmung der Haut
Th.: Antibiose hochdosiert i.v., Analgetika, ggf. Abszesspaltung (Cave: N. facialis)
Chronische Sialoadenitis
Chronische Parotitis
Ät.: Chronifizierung einer akuten Entzündung, Sialolithiasis, Strahlenadenitis
S.: Parotis diffus oder nodulär vergrößert, nur gering dolent, pathologisches Sekret
D.: Sialographie: Gangektasien und -strikturen, ggf. Steine; Biopsie bei Tumorverdacht
DD.: Tumor
Th.: Sialogoga, evtl. Wärmebehandlung, Parotidektomie
Sjögren-Syndrom
Ep.: v.a. Frauen betroffen
Ät.: Auto-Ak gegen Speichelgangepithel, assoziiert mit anderen rheumatischen Erkrankungen
S.: beidseitige Parotisschwellung, später Atrophie, Versiegen der Speichelproduktion (Sicca-Syndrom)
Th.: Immunsupressiva, Sialogoga, künstlicher Speichel
Heerfordt-Syndrom
Variante der Sarkoidose
S.: Fieber, Uveitis, Parotisschwellung, ggf. auch Lymphknotenschwellung, neurologische Erkrankungen, Erythema nodosum
Chronische Entzündung der Gl. submandibularis
Ät.: Speichelsteine (Ursache und Folge)
S.: Submandibularis vergrößert und verhärtet, evtl. druckdolent, pathologisches Sekret
SF.: Küttner-Tumor - chronische, sklerosierende, atrophische Sialoadenitis
D.: Ultraschall, evtl. Röntgen (Steine, es sind allerdings nicht alle Steine Röntgendicht), evtl. Sialographie (Gangektasien, -strikturen, Steine)
DD.: Tumor, Lymphknotenschwellung
Th.: Entfernung von Steinen und abwarten, operative Entfernung der Drüse
Chronische Entzündung der Sublingualdrüsen
Ät.: Fortgeleitete Entzündungen der Zähne oder des Zahnhalteapparates
DD.: Tumor
Th.: Inzision, operative Entfernung bei peristierender Induration
Sialolithiasis
Speichelsteine finden sich zu 80% submandibulär, zu 15% sublingual und zu 5% in der Parotis. Sie können in der Drüse oder im Ausführgang gelegen sein.
Ät.: Entzündungen, idiopathisch
S.: mehr oder weniger schmerzhafte Schwellung der Drüse bes. bei Nahrungsaufnahme, Begleitadenitis
D.: Palpation, Sonographie, evtl. Röntgen (Mundbodenübersichts-, Panoramaschichtaufnahme, allerdings sind nicht alle Steine Röntgendicht). evtl. Sialographie
Th.: Gangschlitzung mit Marsupialisation, endoskopische Entfernung mittels Körbchen, Stoßwellenlithotripsie, ggf. partielle oder totale Entfernung der Speicheldrüse (Kompl.: Verletzung des N. facialis bei Submandibulektomie).
Proph.: Sialogoga (Kaugummi kauen, saure Bonbons), ausreichend trinken
Tumoren
Pleomorphes Adenom
Glatter, kugeliger, gut begrenzter Tumor der Speicheldrüsen mit guter Prognose.
Ep.: Der häufigste Speicheldrüsentumor.
Kompl.: Maligne Entartung.
Th.: Resektion
Adenoidzystisches Karzinom
maligne
SF: Eisbergtumor
Parapharyngeale Manifestation eines Parotistumors.
Pharynx
Adenoide Vegetationen
Syn.: "Polypen"
Hyperplasie der Tonsilla pharyngea bei Kindern mit Behinderung der Nasenatmung, Appetitlosigkeit und Gedeihstörungen sowie Minderbelüftung der Tuben (-> Mittelohrentzündungen).
Ät.: konstitutionell, Rückbildung in der Pubertät
Th.: Adenotomie
Tubenkatarrh
Verschluß der Tuba Eustachii
Th.: Pulitzerballon, CocaCola sagen lassen (KI: Schnupfen)
Juveniles Angiofibrom des Nasen-Rachen-Raums
Benigner bläulich livider Tumor an der Nasenrachenhinterwand.
S.: Starkes spontanes Nasenbluten, eitrige Rhinitis, Schallleitungsschwerhörigkeit.
Th.: Embolisation, dann OP
Tonsillenhyperplasie
Ep.: Kinder
S.: große evtl. "kissing tonsills", kloßige Sprache, Atemstörungen, Schnarchen, Schlafstörungen, Unterernährung, Unleidlichkeit, Schulschwierigkeiten
Th.: Tonsillotomie, Verkleinerung mittels Laser
Akute Tonsillitis
Syn.: Angina tonsillaris
Erreger: β-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A (Streptococcus pyogenes), Hämophilus influenzae, Staphylokokken, Streptococcus pneumoniae
S.: Fieber, Krankheitsgefühl, Halsschmerzen v.a. beim Schlucken, vergrößerte Halslymphknoten, kloßige Sprache
Befund: Die Gaumenmandeln sind beidseits hochrot geschwollen ohne (Angina catarrhalis) oder mit Stippchen (Angina follicularis) oder Belägen (Angina lacunaris), Rötung der Gaumenbögen, süßlicher Mundgeruch
Kompl.: Rheumatisches Fieber, Glomerulonephritis, Peritonsillarabszess, Sepsis, Obstruktion der Atemwege
D.: Anamnese, Inspektion, β-A-Streptokokken-Schnelltest
DD: Pfeiffersches Drüsenfieber, Scharlach, Agranulozytose, Herpetische Angina (Herpesviren)
Th.: Penicillin 10 Tage p.o. zumindest bei β-A-Streptokokken-Nachweis (NW: Resistenzen, Durchfall, allergische Reaktionen)
Peritonsillarabszeß
Übergreifen einer Tonsillitis auf das umgebende Weichgewebe
S.: Speichelfluß, Sprechsstörungen ("heiße Kartoffel im Mund", ggf. Kieferklemme
Kompl.: Parapharyngealabszess, Mediastinitis
D.: Inspektion (meist einseitige Vorwölbung des vorderen Gaumenbogen mit Übergreifen auf die Uvula (Uvulaödem)), Halslymphknoten tasten, Entzündungsparameter
Th.:
- Antibiose anfangs i.v.
- Abszessöffnung und im freien Intervall Tonsillektomie wegen Rezidivgefahr oder gleich
- Abszesstonsillektomie
Chronische Tonsillitis
Pg.: Rezidivierende oft symptomarme Entzündungen -> Vernarbung/Hyperplasie -> vermehrte Ansammlung von Detritus in der Tiefe der Krypten und chronische bakterielle Besiedelung -> chronischer Infektions- und Entzündungsherd
S.: Schluckbeschwerden, Kratzen und Trockenheitsgefühl im Hals, Foetor ex ore, persistierende Lymphknotenschwellung (Kieferwinkel), Beeinträchtigung von Leistungsfähigkeit und Allgemeinbefinden, gehäuft Infekte, evtl. Gelenkschmerzen
Befund: Vergrößerte Halslymphknoten bes. im Kieferwinkel, derbe, schlecht luxierbare, atrophe oder hyperplastische Tonsillen mit tiefen Krypten, Tonsillenpröpfe und -steine, auf Spateldruck Entleerung von fötidem Sekret
Kompl.: Fokalintoxikation (Bakterien, Toxine, immunologisch), lokale Exazerbation
Th.: Tonsillektomie
Akute Atemwegsverlegung
Nasopharynxkarzinom
Kompl.: Chiasmainfiltration
Hypopharynxkarzinom
Frühe Metastasierung (Lungenmetastasen), spät erkannt (viel Platz), daher schlechtere Prognose als Glottiskarzinom
Larynx
Diagnostik
- Direkte Kehlkopfspiegelung - Stützautoskopie, Mikrolaryngoskopie mit Mikroskop
- Indirekte Kehlkopfspiegelung - Spiegel, Endoskop
Fehlbildungen
Laryngocele
innere oder äußere Laryngocele. luft-oder schleimhaltige, zystische Erweiterung des Morgagniventrikels. Dysphonie, Dyspnoe, Vorwölbung am Hals beim Pressen.
Laryngeales Segel
S.: Inspiratorischer Stridor, reduziertes Schreien
Th.: Spaltung, Problem: korrespondierende Wundflächen
Laryngomalazie
exogen oder angeboren
Entzündungen
Epiglottitis (Supraglottitis)
Erreger: Hämophilus influenzae (sinkende Inzidenz wg. Impfung), Staphylococcus aureus
Klinik: Schluckbeschwerden, kloßige Sprache, Speichelfluß, inspiratorischer Stridor, tiefe sternale Einziehung, panischer Gesichtausdruck, hohes Fieber, rascher, perakuter Verlauf "septisches Kind"
Cave: Keine Inspektion der Mundhöhle, Erstickungsgefahr!
Th.: Kind und Eltern beruhigen, Kind sitzend lagern, Sicherung der Atemwege:
- assistierte Maskenbeatmung, O2
- Intubation wenn nötig, aber sehr schwierig
- ggf. rechtzeitig Koniotomie
keine Sedierung des spontan atmenden Kindes, keinen Zugang legen!, Antibiose, Kliniktransport mit Notarzt
Epiglottisabszess
Akute Laryngitis
Ät.: meist viral
S.: Heiserkeit, entzündliche Schwellung der Stimmlippen
Th.:
- Sprechverbot und Rauchverbot*
- oberflächliche Entzündung - keine Antibiose notwendig
- interstitielle Entzündung mit aufgehobener Randkantenverschiebung - Antibiose
- kalte Milch oder Sahne wird als sehr angenehm empfunden
Chronische Laryngitis
Formen:
- chronisch hyperplastisch - Stimmlippen gerötet, geschwollen mit Fibrinauflagerungen, DD: Malignom
- Reinke-Ödem - meist ödematös, Ät.: Rauchen
- Monochorditis bei Tbc
Kehlkopfmykose
Pilzerkrankung des Kehlkopfs (z.B. durch Candida)
Laryngitis gastrica
Schleimhautrötung und Räusperzwang bei Refluxkrankheit (aber Reflux bei 30% der Bevölkerung!)
Akute Laryngotracheitis
Stenosierende Laryngotracheitis (Pseudokrupp)
Syn.: Laryngitis subglottica
Ep.: v.a. 12. Lm. bis 4. Lj.
Erreger: Influenza-, Parainfluenza-, RS-Viren
Klinik.: bellender Husten, inspiratorischer Stridor, Heiserkeit, Dyspnoe, langsamer Verlauf
Th. je nach Schwere: beruhigen, sitzende Lagerung, feuchte Luft, evtl. O2-Gabe, ggf. Intubation (sehr selten), Sedierung bei unruhigen Kindern, Adrenalin-Inhalation (β2: Atemwegsdilatation, α: Schleimhautabschwellung), Prednisolon (Rektodelt), evtl. Mikronephrinvernebelung
DD.: "Spasmodic Croup", Fremdkörperaspiration
Diphtherie
Ep.: selten, wegen Impfung
Erreger: Corynebacterium diphtheriae (Diphtherie-Toxin)
Übertragung: Tröpfcheninfektion
S.: Allgemeinsymptome
- Rachendiphtherie -> diphtherische Pseudomembranen
- Nasendiphtherie v.a. Säuglingen/Kleinkindern -> seröser bis eitrig-blutiger Schnupfen
- Kehlkopfdiphtherie -> "Echter Krupp": bellender Husten, Heiserkeit, Aphonie, inspiratorischer Stridor
Th.: Schon bei begründetem Verdacht Antitoxin bestellen und verabreichen
DD akute obere Atemwegsobstruktion
Pseudokrupp | Epiglottitis | Fremdkörperaspiration | |
---|---|---|---|
Stridor | + | + | + |
Einziehungen | + | + | + |
Krankheitsbeginn | langsam | schnell | akut |
Fieber | mäßig | hoch | nein |
AZ | gut | schwer krank | gut |
Speichelfluß | - | oft | - |
Husten | bellend | - | + |
Schluckbeschwerden | - | + | - |
vitale Bedrohung | selten | immer | oft |
Exogene und Überlastungsschäden
Intubationsschäden
Intubationsgranulom
Lok.: Meist in Höhe des Processus vocalis der Ary-Knorpel.
Th.: Abtragung, Stimmschonung
Ringknorpelstenose
Oft bei Patienten, die z.B. aufgrund eines schweren angeborenen Herzfehlers zahlreiche Operationen hinter sich bringen müssen.
Th.: Laryngotracheale rekonstruktion, Ringknorpelentfernung
Stumpfes Larynxtrauma
Folgen: Stimmlippeneinblutung, Larynxfraktur
Akute Atemwegsverlegung
Th.: Digitales Ausräumen nur unter Sicht, Bronchoskopische Entfernung, Im Notfall bei Erstickungsgefahr: kurze, feste Schlägen auf den Rücken, ggf. in Kopftieflage, Thoraxkompressionen, Heimlich-Manöver (Oberbauchkompressionen, nur bei Kindern > 1 Lj.)
Stimmlippenknötchen
Symmetrische kleine Knötchen auf beiden Stimmlippen ("Sanduhrglottis")
Stimmlippenzyste
Ät.: Verschluß einer kleinen Schleimhautdrüse plus mechanischer Beanspruchung
Kehlkopflähmungen
Glottisstellungen:
- median - Phonationsstellung
- paramedian - Lähmung des N. laryngeus recurrens
- intermediär - Vaguslähmung
- lateral - Respirationsstellung
Einseitige Stimmlippenparese
Recurrensparese (Lok.: zentral, N. vagus, N. laryngeus superior oder N. laryngeus inferior)
Ät.: iatrogen, meist nach Schilddrüsenoperation (33%), Tumor (33%), Neuritis (10%), traumatisch, idiopathisch
Formen:
- Lähmung des N. laryngeus superior -> M. cricothyroideus paretisch
-> Schlaffe Lähmung mit Verlust der Spannungsfähigkeit der Stimmlippen bei erhaltener Stimmlippenbeweglichkeit -> Stimmlippen verkürzt, Exkavation, symptomarm oder Stimme verhaucht, Problem eher für BerufssprecherInnen/SängerInnen
- Recurrensparese (N. laryngeus superior bzw. M. cricothyroideus intakt)
-> Straffe Lähmung -> Stimmlippe in Paramedianstellung, Heiserkeit, verhauchte Stimme, oft kein Glottisschluß möglich (Husten, Bauchpresse)
D.: Laryngoskopie, Ursachensuche (Sonographie,...)
Th.: kausal, logopädisch (Kompensation durch gesunde Stimmlippe), Phonochirurgie (Medianverlagerung der gelähmten Stimmlippe)
Beidseitige Stimmlippenparese
selten
Ät.: Rezidivstrumektomie, erblich
S.: Dyspnoe
Th.: Tracheotomie, mögliche Regeneration abwarten (6-12 Monate), wenn keine Besserung chirurgische Therapie: Arytaenoidektomie (Resektion eines Aryanteils und seitliche Refixation der Stimmlippe) -> Atmung besser, Stimmqualität aber schlechter
Tumoröse Veränderungen
Stimmlippenpolypen
Larynxpapillome
Ät.: HPV
Th.: Laser und Virostatika, oft hartnäckig und zahlreiche Behandlungen notwendig
Kompl.: maligne Entartung
Larynxkarzinom
Ep.: Inzidenz (Deutschland) 4-8/100.000/a, w:m = 1:5, Prädilektionsalter: 50. bis 70. Lj., 40 % der Kopf-Hals-Tumoren, 1-2 % aller Neoplasien
Ät.: Rauchen, Alkohol, Asbest, ferner: GERD, HPV, Genetische Belastung, Malnutrition, Immundefizienz
S.: Heiserkeit, Räusperzwang, trockner Reizhusten, Atemstörungen, lautes Atemgeräusch, Halsschmerzen, Fremdkörpergefühl, Mundgeruch, Regurgitation, Schluckbeschwerden, Ohrenschmerzen, vergrößerte Halslymphknoten, Gewichtsverlust
Lok: 20% supraglottisch, 70% glottisch (wenig Lymphabfluß, früh Symptome!), <10% infraglottisch
Path.: >95% Plattenepithelkarzinome
Met.: lymphogen, seltener hämatogen in Leber und Lunge
D: Anamnese, allgemeine HNO-ärztliche Untersuchung, Palpation des Halses (Lymphknoten), Kehlkopfspiegelung, Mikrolaryngoskopie und Biopsie in Narkose, Staging (TNM-Klassifikation): CT oder MRT, Röntgenthorax in 2 Ebenen, Oberbauchsonographie
Th.: nach TNM-Stadium
- Chirurgie:
- stimmerhaltend (laserchirurgisch transoral oder Teillaryngektomie bei kleinem Stimmband-CA T1a)
- nicht-stimmerhaltend (Chordektomie, Laryngektomie)
- Laryngektomie mit neck-dissection (ab T2 und Tiefeninfiltration)
- ggf. Strahlentherapie, Chemotherapie, Kombination
- Stimmrehabilitation, Nachbetreuung
Laryngektomie: Entfernung von Kehlkopf und regionären Halslymphknoten (Resektionsausmaß/Radikalität je nach Staging) und Anlage eines Tracheostomas (Trennung von Luft- und Speiseweg!)
Probleme:
- chronische tracheobronchiale Reizung (funktionell fehlende Nase)
- Stimmverlust -> soziale Beeinträchtigung
Stimmrehabilitation:
- Ziel: Kommunikation ermöglichen
- schon präoperativ ausführliche Aufklärung über postoperative Möglichkeiten
Möglichkeiten einer Ersatzsprache:
- Ruktussprache (Ösophagusersatzstimme)
- Stimmprothese (Shuntventil zwischen Pharynx und Trachea)
- Elektromechanischer Stimmersatz
Prg.: Das Glottiskarzinom hat die besten Heilungschancen, da frühe Heiserkeit und spät Metastasen
- 5-JÜR Glottiskarzinom: T1: >90%, T2: 70-80%, T3: 50-70%, T4 <50%
- 5-JÜR bei supraglottischem Karzinom: T1: 80-90%, T2: 70-80%, T3: 40-60%, T4 <40%
Halsweichteile und äußere Haut
Fehlbildungen
Mediane Halszyste
Ät.: Reste des Ductus thyreoglossus
Klinik: Kommt als Schwellung unterhalb des Isthmus der SD hervor
DD: SD-Karzinom
TH: Operativ wenn störend.
Laterale Halszyste/-fistel
Ät.: Überbleibsel der 2. Kiementasche (Sinus cervicalis), immer am Vorderrand des M. sternocleidomastoideus, der Fistelgang verläuft durch die Carotis-Gabel.
Th.: Operative Entfernung bei Symptomatik
Struma
Entzündungen
Lymphadenitis colli
Häufige Diagnose, da im Bereich des oberen Aerodigestivtraktes ständig Erreger eindringen und auch kleine Veränderungen am Hals gut tastbar sind.
S.: Tastbare, meist dauer- oder druckschmerzhafte Lymphknoten (normalerweise sind Lymphknoten weder tastbar noch sonographisch darstellbar). Evtl. weitere Symptome, die diagnostisch hilfreich sein können (Zahnschmerzen, Ohrschmerzen, Halsschmerzen, Speicheldrüsenschwellung, Fieber)
Einteilung:
- akut < 4 Wochen
- chronisch > 4 Wochen
Akute Lymphadenitis colli
Ät.: viral (EBV, CMV, HIV, Röteln), bakteriell (Tbc und atypische Mykobakterien, Bartonella henselae, Staphylokokken, Streptokokken...), selten Pilze oder Parasiten (Toxoplasma gondii), Fremdkörperreaktionen, autoimmunologische Prozesse (Sarkoidose), idiopathisch
- Auftreten oft reaktiv bei Infekten des oberen Mundnasenrachenraumes
- Mononukleose (EBV) - Tonsillitis plus schmerzhafte zervikale Lymphknotenschwellung
- HIV Stadium I - Generalisierte Lymphadenopathie, Exanthem, Allgemeinsymptome wie bei grippalem Infekt
D.: Sonographie, Herdsuche
Chronische Lymphadenitis colli
Ät.: Erreger, zahlreiche Pharmaka
DD: Maligne Erkrankung (Lymphom, Metastase), Aktinomykose, Rosai-Dorfman-Syndrom (Hämophagozytische Sinushistiozytose), Castleman-Lymphom (angiofollikuläre Lymphknotenhyperplasie), Kawasaki-Syndrom
D.: Anamnese (Wachstumsgeschwindigkeit der Schwellung, Rauchen, B-Symptome, Beruf, Ernährungsgewohnheiten, Haustiere, Fernreisen), Inspektion und Palpation, HNO-Untersuchung, probatorischer Therapieversuch mit Antibiotika (Befundkontrolle obligat!), Serologie, Erregernachweis und Histologie (Totalexstirpation eines repräsentativen Lymphknotens)
Halsabszess
Notfall!
Halsphlegmone
Lebensbedrohlich wegen drohender Ausbreitung ins Mediastinum
Tumore
Lymphogene Metastasen
Th.: Selektive Neckdissection (6 Regionen)
Lymphome
Hämangiom
Oft im Kindesalter, kosmetischer Notfall bei überproportionalem Wachstum
Paragangliom
Tumor des Glomus caroticum.
CT: Die Bifurkation spreizende Raumforderung zwischen A. carotis und V. jugularis interna
Auch im Ohr möglich mit typisch pulssynchronen Ohrgeräuschen
Th.: interventionell (Radiotherapie, Thrombosierung mit Spirale)
Hauttumoren
- Basaliom
- Spinaliom
- Melanom
u.a.m.
Trachea
Diagnostische und therapeutische Möglichkeiten
Radiologie
- Röntgen-Thorax in zwei Ebenen
- CT
- MRT (bes. bei Kindern dem CT vorzuziehen)
Endoskopie
- Endosonographie
- Tracheobronchoskopie (starr oder flexibel)
- Notfallbronchoskopie bei akuter Blutung und akuter Obstruktion
Tracheotomie
Indikationen:
- Bei Beatmung/Intubationszeit > 10 Tage
- Frühelektiv nach 3-5 Tagen bei voraussichtlicher Dauer über 21 Tage
Formen:
- Klassisch plastisch offen chirurgisch (vernähte Wundränder, geringere Wundfläche, Kanüle gut zu wechseln)
- Endoskopisch kontrollierte perkutane Punktionstracheotomie
Subglottisches Segel
S.: Inspiratorischer Stridor
Fremdkörperaspiration
3 Stadien nach Aspiration:
- Hustenanfälle
- Asymptomatisches Intervall
- Komplikationen: Obstruktion, Atelektase, Infektion, Hämoptysen
Th.: Bronchoskopische Entfernung (en block, FK nicht ins Bronchoskop ziehen)
Histaminvermitteltes angioneurotisches Ödem
Ät.: ACE-Hemmer (auch noch lange nach Therapiebeginn möglich), ASS, allergisch, idiopathisch
S.: Schwellungen, meist im Gesicht (Lider, Lippen)
DD.: Hereditäres angioneurotisches Ödem (Quincke-Ödem, C1-Inhibitor-Mangel)
Th.: Antihistaminika, Kortikosteroide systemisch, Maskenbeatmung, Intubation, wenn erfolglos: Koniotomie
Ösophagotracheale Fistel
- Kongenital
- Traumatisch
Trachealstenose
Ät.: Z.B. bei Struma oder postentzündlich nach Intubation
Th.: Strumektomie, Tracheaquerresektion
Papillomatose der Trachea
Trachealkarzinom
Ösophagus
Anatomie und Diagnostik
Anatomie: 3 physiologische Engen: Ösohaguseingang (Ringknorpelhöhe), Aortenbogen/Bifurkation, gastroösophagealer Übergang (Diaphragma)
D.: Ösophagoskopie
Ösophagotracheale Fisteln und Ösophagusatresie
Ät.: kongenital
S.: Aspiration bei ersten Trinkversuchen, postnatal keine Sondierung des Magens möglich
Bolusincarceration
Def.: Einklemmung eines Fremdkörpers in der Speiseröhre
Ät.: Schlecht gekaute Bissen (meistens Fleischbrocken) verklemmen sich, besonders an physiologischen (Ringknorpelenge) oder pathologischen Engstellen (Stenosen, Ösophaguskarzinom).
S.: Druckgefühl im Brustbereich, Atemnot und häufig Panikgefühl. Außerdem Speichelfluss aus dem Mund, da Flüssigkeiten die Speiseröhre meist nicht mehr passieren können.
Th.: In der Regel besteht keine akute Lebensgefährdung, wenn die Atmung nicht behindert ist (die Knorpelspangen der Trachea sind nach hinten offen, somit ist eine Kompression theoretisch möglich). Therapie durch Endoskopie, bei der der Fremdkörper in den Magen vorgeschoben oder mit Zange nach oben herausgezogen wird.
Akute Ösophagitis
Entzündung (-itis) der Speiseröhre
Ät.: Am häufigsten durch Rückfluss von Magensäure in die Speiseröhre bei
- Undichtigkeit des Mageneinganges (Cardiainsuffizienz oft mit Hiatushernie = Zwerchfellbruch)
- Erhöhung des intraabdominellen Drucks, z.B. bei Schwangeren
- Transportstörungen der Nahrung, z.B. Magenausgangsstenose, Ileus
- Infektionen z.B. Soorpilze
D.: ÖGD (Ösophagogastroduodenoskopie)
Th.:
- Protonenpumpenblocker, z.B. Omeprazol, Lanzoprazol. Alternativ ggf. H2-Blocker, z.B. Ranitidin
- Bei galligem Reflux evtl. Desoxycholsäure
- Symptomatische Maßnahmen: Bettkopfende etwas hochstellen, nach Mahlzeiten nicht Hinlegen
- Operative Maßnahmen: Heute meist laparoskopische Verengung des Mageneinganges.
Kompl. bei Säure-Reflux:
- Barret-Metaplasie, Barret-Karzinom
- Mikroaspirationen -> Asthmaanfälle
- Karies, wenn Magensäure nachts bis in die Mundhöhle gelangt
Laryngopharyngealer Reflux (LPR)
D.: 24h-Bi-Level-Monitoring
Ösophagusstenose
Th.: selbstexpandierende Stents
Zenker-Divertikel
Pulsionsdivertikel an der Rückseite des Pharynxs (Kilian- Dreieck)
Ep.: Seltenes Krankheitsbild
S.: Mundgeruch, Dysphagie, Regurgitation
Diag: Einfach im Röntgenbreischluck erkennbar
Ösophaguskarzinom
Ep.: Selten
Ät.: Tritt meist bei Rauchern und/oder Alkoholikern auf (In der Rauch und Schluckstraße gelegen)
S.:Schluckstörungen, Abmagerung
D.:ÖGD
Th: Resektion der Speiseröhre und Magenhochzug, Radiochemotherapie, Stent, PEG vor Betrahlung (Schwellung!) und als palliative Maßnahme.
Ösophagusvarizen
Ät.: Portale Hypertension
Th.: Ligatur, Unterspritzung, Therapie der portalen Hypertension (z.B. Beta-Blocker, Leber-Tx).
Kompl.: Lebensbedrohliche Blutung
Stimme, Sprache und Schlafstörungen
Stimme
Voraussetzungen der Stimmbildung
Grundlagen der Stimme:
- Lungen - Exspiratorischer Luftstrom
- Stimmbänder - primärer Stimmschall (Lauterzeugung)
- Resonanzraum (Ansatzrohr) - komplexer Stimmschall (Klanggestaltung)
Lungen:
- Inspiration: Thorakalatmung (Kostalatmung) und Abdominalatmung, meist kombiniert
- Exspiration: durch Rückstellkräfte und Schwerkraft
Stimmbänder:
- Die Stimmbänder liegen beim Sprechen in Medianstellung, beim Atmen in Lateralstellung (Respirationsstellung).
- Lautzeugung nach dem 2-Massen-Modell:
- Hochfrequentes Öffnen und Schließen der Stimmbänder
- Randkantenverschiebung der Stimmbänder
Parameter der Stimmbildung
- Wirkungsgrad: Abhängig vom subglottischen Druck und der Abstimmung des sonstigen Vocaltraktes.
- Tonhöhe: Abhängig von Spannung der Stimmlippen und subglottischem Druck (bei konstanter Spannung und zunehmendem Druck nimmt die Frequenz zu).
- Stimmstärke = Lautstärke: abhängig vom subglottischen Druck
- Phonationsdauer: Abhängig von Lungenvolumen und Strömungsgeschwindigkeit (wichtig für die Stimmbeurteilung)
Klassifizierung von Stimmen
- Bass - Stimmbänder lang und schmall
- Bariton - "
- Tenor - "
- Alt - Stimmbänder kurz und breit
- Mezzosopran - "
- Sopran - "
Entwicklung der Stimme
Säuglingsschrei
Eigenschaften:
- reflektorisch
- informiert über den Gemütszustand in uniformer Weise
- gleichförmig in Höhe und Farbe
- im Ruhzustand kurz, bei Erregung länger, intensiver und mit harten Einsätzen
- Unterschiede um 4 Oktaven kommen vor, meist um 440Hz
Kleinkindalter
- die mittlere Sprechstimmlage nimmt ab
- die klangliche Differenzierung nimmt zu
Pubertät
Stimmwechsel (Mutation) durch Vergrößerung des Kehlkopfes und Wachstum der Stimmbänder
- Mädchen: Mutation im Alter von 12-14 (10-16) Jahren um etwa eine Terz, Stimmlippen werden etwa 3-4 mm länger.
- Jungs: der Kehlkopf wächst im Alter von 13-15 (10-16) Jahren besonders in horizontaler Richtung, Stimmlippenlängezunahme um etwa 10 mm, etwa 1/5 der Mutationen verlaufen als Stimmbruch.
Diagnostik
- Atemmessung - Spirometrie, Pneumotachographie
- Glottis - Laryngoskopie (direkt/indirekt), Stroboskopie (Zeitlupeneffekt)
- Akustische Messungen - Grundfrequenz, Tonhaltedauer, Stimmfeld
Stimmstörungen
Hypofunktionelle Stimmstörung
- Manifestation im mittleren und höheren Lebensalter
- Flache Atmung, hoher Luftverbrauch
- Die Stimme ist matt und verhaucht mit nasalem Beiklang
Hyperfunktionelle Stimmstörung
- Hochatmung
- Rauhe, heisere, behauchte Stimme mit hoher Stimmlage
- Die Stimme klingt häufig hinten angesetzt ("Knödeln")
- Globusgefühl, Trockenheitsgefühl
Spasmodische Dysphonie
Ät.: neurologisch-fokale Dystonie
- Adduktionsform - Erhöhte Sprechanstrengung, verstärkte Mimimik, Stimme rauh, heiser und gepresst
- Abduktionsform - Stimme verhaucht
Th.: Botulinuminjektionen
Konversionsneurose
Die Stimme ist aphon, der Hustenstoß dagegen klingend, eher bei jungen Frauen
Th.: Überrumpelungsmanöver
Juvenile hyperfunktionelle Dysphonie
Die Kinder sind laut, aktiv, extrovertiert. Die Stimme ist rauh, heiser belegt, gepreßt mit vertiefter Stimmlage.
Stimmplippenparese
siehe Kehlkopflähmungen
Sprachentwicklung und Sprachentwicklungsstörungen (SES)
Linguistische Sprachebenen und Störungen
- Phonetik und Phonologie (Lautebene) -> Dyslalie
- Semantik und Lexikon (Wortbedeutung) -> Wortschatzdefizite
- Syntax und Morphologie (Grammatik) -> Dysgrammatismus
- Pragmatische Sprachebene (nonverbal) -> interpersonelle Kommunikationsstörungen im sozialen und situativen Kontext
Sprache als bidirektionales System
- rezeptiv: Hörorgan, Sehorgan, Tiefensensibilität
- expressiv: Larynx, Resonatoren
- zwischengeschaltet ist das Gehirn: Inhalte erdenken, programmieren
Sprachentwicklung
- Entwicklung der Sprachrezeption
- Entwicklung der kognitiven Verarbeitung
- Entwicklung der Expression
Rezeptive Sprachentwicklung
Vorsprachliche Entwicklung
Neugeborene können ta, da, ba und pa unterscheiden sowie die Vokaleinsatzzeit differenzieren (zeitliche Diskrimination). Während Säuglinge im ersten Lebensjahr auch Lautunterschiede wahrnehmen können, die in der Muttersprache nicht bedeutungsunterscheidend sind, geht diese Fähigkeit im 2. Lebensjahr verloren (gilt auch für zuvor nie gehörte Sprachen) -> Konzentration auf die Muttersprache.
Auf den Säugling wirkt ein Schallkontinuum ein, er muß lernen Sinneinheiten herauszufiltern. Akustische Eigenschaften und Rhythmus dienen als Hilfe.
Inputsprache (child directed speech)
Erwachsene sprechen mit kleinen Kindern anders als mit älteren Kindern oder Erwachsenen, nämlich langsamer, deutlicher segmentiert, in einer höheren Tonlage, in einer geringen durchschnittlichen Äußerungslänge und mit weniger komplexen Sätzen.
Voraussetzungen für rezeptive Sprachentwicklung
- Intakter Hörsinn: am wichtigsten und am häufigsten defekt. Folgen: Informationsverlust -> Sprachentwicklungsstörungen. Je früher die Hörstörung diagnostiziert und mit Hörhilfen versorgt wird, desto besser die Prognose. Cut unter 6 Monaten.
- Intakter Sehsinn: McGurk-Effekt - Zu Lippenbewegungen ga|ga ertönt akustisches Signal ba|ba, gehört wird da|da. Sprachentwicklungsstöungen bei blinden Kindern.
Landmarks der rezeptiven Sprachentwicklung
- Erstes Wort verstanden mit 8-10 Monaten
- Mit 11 Monaten durchschnittlich 50 Wörter
- Mit 16 Monaten durchschnittlich 170 Wörter
Kognitive Sprachentwicklung
Objekpermanenz (Piaget): Wissen, dass Objekte auch außerhalb der eigenen Wahrnehmung existieren können. Voraussetzung sind Neuronen, die Repräsentanz zeigen = Symbol.
- Mit 1 bis 4 Monaten werden Gegenstände verfolgt, die aus dem Gesichtsfeld verschwinden.
- Mit 10 bis 12 Monaten finden Kinder einen versteckten Gegenstand.
Verknüpfung eines Gegenstandes mit einem Wort bzw. Symbol
Gegenstand oder Vorgang -> Erinnerungsbild -> Symbolhafter Ersatz
Als Symbole dienen erst Gegenstände, z.B. ein Bauklotz als Auto, dann treten Wörter als Symbole auf.
Expressive Sprachentwicklung
Meilensteine:
- Mit 12 Monaten Äußerung von 5 sinnbezogenen Äußerungen
- Mit 24 Monaten Zweiwortsätze
- Mit 36 Monaten geformte Mehrwortsätze
(Erster) Schrei
relativ uniform, kaum Variation, meist um die 450Hz
Diversifikation in den ersten Monaten: Ausdruck von Emotionen (Hunger, Schmerz, Wohlgefühl) mit qualitativen Unterschieden.
Grundlagen
- Stimmproduktion des Tongenerators (Larynx)
- Modulation des Grundtons durch das Ansatzrohr (Frequenzen werden unterschiedlich verstärkt und abgeschwächt), z.B. |a|: Mundhöhle groß, Rachen klein oder |i|: Mundhöhle klein, Rachen weit, Zunge angehoben.
Erste Lallphase
Spielerisches Experimentieren mit dem Vokalwerkzeug. Diese Phase ist gehörunabhängig wird auch bei Tauben durchlaufen. Das Kind sagt z.B. zufällig "Mama".
Ab dem zweiten Monat: Gurrlaute parallel zur Absenkung des Kehlkopfes.
Vorsilbenstadium
= Gurren plus Exploration. Einübung universeller artikulatorischer Merkmale (Lautkategorien): Grundlaute (Stimmgebung), vokalartige Laute (Resonanz), melodisch modulierte Laute.
Zweite Lallphase
Ab dem 6. Monat
Lauäußerungen sind reduziert auf muttersprachliche Laute (was gehört wurde). Nachahmung von Rhythmus, Betonungsmuster. (Fehlt bei Down-Syndrom). Kombination von Konsonanten und Vokalen, z.B. da, ba, ma. Zuerst Teil in einer Vokalmelodik, später auch als eigene Silbe -> Silbenduplikation -> kanonisches "Babbeln"
Silbenstadium
Plappern: Einübung der universellen Grundeinheiten der Sprachen. -> "gutes Zeichen" (Penner: das kompetente Kind)
Erste Worte
Mit etwa einem Jahr. Substantive. Themen: Menschen (Mama, Papa), Tiere (Hund), Körperteile, Gegenstände (Auto).
Erwerb von Verben
Tätigkeiten, die mit Bewegungen verknüpft sind, z.B. Laufen, Springen usw.
Schwieriger, da unklar definiert (Unschärfen), z.B. Fahren: losfahren, ankommen, wie,...
Erste Verbverwendung: Endzustandsdeterminierung (Erwerbsstrategie): z.B. aufmachen, zumachen
nicht verwendet von SES-Kindern
"Vokabelspurt"
Zwischem dem 17. und 20. Monat, nach anfänglich langsamem Vokabelerwerb (wenn etwa 50 bis 100 Wörter erworben sind) explosionsartige Wortschatzvermehrung..
Bedeutungswandel
Bedeutungen von Wörtern können sich von denen der Erwachsenensprache unterscheiden, z.B. durch Bedeutungsausweitung (Hund = alle Vierbeiner) oder -einschränkung (Hund = Hund mit weißem Fell)
Sprachentwicklungsstörungen (SES)
Zeitliche und inhaltliche Abweichung von der normalen Sprachentwicklung mit einer Einschränkung von mindestens zwei Sprachebenen. SES können isoliert oder im Zusammenhang mit weiteren Störungen der kindlichen Entwicklung auftreten. Spezifisches SES (keine auslösenden Faktoren erkennbar) in 3-8% pro Jahrgang.
Davon abzugrenzen sind Aussprachestörungen, hier ist ausschließlich die phonetisch-phonologische Ebene betroffen. Sehr häufig: bis zu 25% eines Jahrgangs.
Soziokulturelle Faktoren: Sprachverarmung. Kinder lernen Sprache nicht aus dem TV.
Sprachbaum nach Wendlandt: Wurzeln der Sprache sind die Sinne (sensomotorische Integration), es braucht sprachliche Anregung und Wärme/Liebe/Akzeptanz (Mutter-Kind-Interaktion).
Dyslalie (Aussprachestörungen)
Nomenklatur der Sprachstörungen
- Bennung nach dem griechischen Buchstabenäquivalent des betroffenden Konsonsanten, z.B. Rhotazismus, Sigmatismus
- Benutzen eines Ersatzlautes: Para-
- Fehlen eines Lautes: A-
Dabei Lautentwicklung (Abfolge) berücksichtigen
Bsp.: Sigmatismus
- Sigmatismus interdentalis (Zunge zwischen den Zähnen) - Zunge nach vorne: falsch gelernt, Zungenfehlstellung durch Schnuller, Daumenlutschen
- Sigmatismus lateralis (dexter, sinister), bilateralis
Ät.: Gestörtes orofaziales muskuläres Gleichgewicht, periphere oder zentrale Hörstörungen
Th.: entsprechend nach Ursache
Phonologische Störungen
Lautinventur oft total erworben, dennoch persistiert Dyslalie. Mögliche Ursache: Störung der zentralen Sprachverarbeitung, -programmierung, z.B. verzögert auftretende physiologische Vereinfachungsprozesse (Bsp.: Pflaume -> Laume/Faume)
Diagnostik
- Anamnese: Schwangerschaft, motorische und geistige Entwicklung
- HNO-Untersuchung
- Audiologische Untersuchung
- Abklärung der Sprachebenen:
- Phonetisch-phonologisch - Lautdiskriminationstest
- Semantik und Lexikon - aktiver Wortschatz, rezeptiver Wortschatz (Reynell-Test)
- Syntax und Morphologie - Ravensburger Dysgrammatiktest
- Umfelddiagnostik: Neurologie, Begabung, Psychiatrie (ADHS)
HNO-bedingte Schlafstörungen
Einteilung atmungsbezogener Schlafstörungen
Schlafstörung | ohne Obstruktion | mit Obstruktion |
---|---|---|
partiell: |
|
|
komplett: |
|
|
Ep.:
30. bis 60. Lj. | w | m |
---|---|---|
Schnarchen | 52% | 64% |
UARS | 9% | 24% |
OSAS | 2% | 4% |
Schnarchen
Ät.: Vibration der Schleimhaut an Engstellen der oberen Luftwege, beteiligt sind:
- der weiche Gaumen
- der Zungengrund
- der Kehldeckel
Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom (OSAS)
Rezidivierende Obstruktion der oberen Atemwege während des Schlafes mit Atempausen über 10s und Absinken der O2-Sättigung.
Pg: Mißverhältnis der verschiedenen Drücke im oberen Atemweg:
- öffnend wirken der äußere Muskel- und Weichteilzug
- schließend wirken der Unterdruck bei Inspiration, das Eigengewicht der Halsweichteile, Rückenlage und geringer Muskeltonus während des Schlafens
Folge: Kollaps der Atemwege (Gaumen und Zungengrund legen sich an die Rachenhinterwand) -> Absinken der O2-Sättigung, Hyperkapnie -> Weckreaktion (Arousal) mit Ausschüttung von Stresshormonen Begünstigende Faktoren: Alkohol, Sedativa, Adipositas, enge anatomische Verhältnisse (große Uvula, große Tonsillen)
S.: unruhiger Schlaf, Schnarchen, Tagesschläfrigkeit, Minderung der intellektuellen Leistungsfähigkeit, arterielle und pulmonale Hypertonie, Persönlichkeitsveränderungen, sexuelle Funktionsstörungen, morgendliche Kopfschmerzen, Enuresis, viele Verkehrsunfälle wegen OSAS!
D.: Polysomnographie im Schlaflabor - Messparameter: EEG, EOG, SO2, EKG, HF und Blutdruck, Atemflow, Atembewegungen, Bewegung der Gliedmaßen, EMG, Videoüberwachung -> Auswertung der Schlafarchitektur, Arousals, Bestimmung des Apnoe/Hypopnoe-Index (Anzahl der Apnoen/Hypopnoen, die länger als 10s dauern pro Stunde Schlaf)
Therapieziele:
- beim primären Schnarchen: Reduktion von Dauer und Intensität
- beim OSAS: komplette Beseitigung von Apnoe, Hypopnoe, Desaturation, respiratorischen Arousals und Schnarchen in sämtlichen Schlaflagen und -zeiten.
Th.:
- früher nur Tracheotomie, bei Kindern Tonsillotomie, spezifische Therapie erst seit 1981
- multimodales Therapiekonzept:
- Nichtinvasive Beatmungstherapie - Prinzip der pneumatischen Schienung, Dauertherapie (mindestens fünf Tage die Woche und mindestens 5 Stunden pro Nacht), nCPAP (continuous positive airway pressure), nBIPAP (bilevel positive airway pressure)
- Bissschienen - verschiedene Modelle. Da eine vom Zahnarzt angepasste Schiene zwar sehr gut aber auch sehr teuer ist, sollte der Patient erst mit einer Billig-Schiene vom HNO-Arzt testen, ob diese Therapie überhaupt etwas für ihn ist.
- Zungenretrainer - diese halten die Zunge vorne
- Zungenextensoren - diese drücken den Zungengrund nach ventrokaudal
- progenierende Schienen - diese verlagern den Unterkiefer nach vorne
- Rückenlageverhinderungsweste (RLV-Weste) - diese läßt sich auch selber basteln, daher übernimmt die Krankenkasse meist nicht die Kosten
- Gewichtsreduktion
- Operative Therapie
- Schnarchen: Verkürzung der Schleimhaut von Uvula, Gaumen und Mandeln (Uvulopalatopharyngoplastik UPPP) mittels Laser
- OSAS: je nach Schweregrad Tonsillektomie plus Radiofrequenzbehandlung des weichen Gaumens plus Zusammenschnürung von Kehlkopf und Zungenbein
- Wirkunglos sind: nasale Hilfsmittel (Pflaster), Weckapparate, Halskrausen, Medikamente
Plastische und ästhetische Chirurgie
Grundlagen
5 Säulen:
- Verbrennungschirurgie
- plastisch-rekonstruktive Chirurgie
- Handchirurgie
- Ästhetische Chirurgie
- Kraniofaziale Chirurgie
Grundlagen:
- Resektion
- Rekonstruktion oder Epithese
- Rehabilitation (optisch und funktionell)
Defektdeckung
Prinzipien:
- Gleiches mit Gleichem
- Schrittweise Therapieskalation
Rekonstruktive Leiter (zunehmender Schwierigkeitsgrad und technischer Aufwand):
- Primärversorgung
- Hauttransplantation
- Lokale Lappenplastiken
- Gestielte Lappenplastiken
- Freier Gewebetransfer
- Gestielte Lappenplastiken
- Lokale Lappenplastiken
- Hauttransplantation
Lappendesign:
- random pattern - Basis:Länge nicht kleiner als 1:3
- axial pattern - Gefäßverlauf
Kriterien zur Verfahrensauswahl:
- Defekt: Genese, Lokalisation, Ausdehnung, Exposition, Kontamination, Umgebung (Farbe, Behaarung, Textur, Verschieblichkeit)
- Patient: (Alter, AZ, Beruf, Mobilität)
Verfahren
HNO-typisch ist der freie Radialislappen
Primärer Wundverschluß
Verfahren: Nach Exzision Mobilisation und Dehnung des umgebenden Gewebes und Vernähung der Wundränder.
Kompl.: Wunddehiszenz, (Re)Infektion
Anw.: Nur bei akuten Wunden, bei chronischen Wunden selten.
Hauttransplantation
- Spalthaut - Es wird mit einem Dermatom eine 0,2 bis 0,4mm dicke Shautschicht abgenommen und als Netz (Meshgraft) transplantiert. Die Spalthaut selbst wird nicht gedeckt.
- Vollhaut - vollständige Dermexzision
Anw.: Morbus Osler-Rendu (Nase), Tumorchirurgie
Lokale Lappenplastiken
Lappen ohne definierte Gefäßversorgung (random pattern)
Formen:
- Verschiebelappen
- Rotationslappen
- Transpositionslappen (geklappt)
Nachteil: kein Auffangen subkutaner Spannungen
Regionale Lappenplastiken
Prinzip der axialen Gefäßversorgung
Bsp.: Deltopectorallappen (A. mammaria interna)
Anw.: z.B. bei Wundheilungsstörungen nach Tracheostoma
Freie Lappenplastiken
Wiederherstellung der Blutversorgung durch mikrochirurgischen Gefäßanschluß
Bsp.: freier Radialislappen
Einteilung nach Gewebsanteilen
- fasziokutan
- muskulokutan
- muskulär
- osteokutan
- osteomyokutan
Spezielle Verfahren
- Tissue engineering - Problem: Formverlust (Entdifferenzierung)
- Gewebeexpander mit Port und sukzessivem Aufdehnen
Epithese
- Künstlicher Ersatz von Gesichtsanteilen
- Muß von vorneherein geplant werden (Zustimmung des Patienten, psychologische Komponente)
- Am besten sind Knochenverankerte Modelle, jeweils für Sommer und Winter (Hautfarbe)
Ästhetische Nasenchirurgie
Septorhinoplastik
Vorr.: Verständnis von Form und Funktion
- Anatomie, Stützgerüst der Nase
- Physiologie der Nasenatmung (hauptsächlicher Fluß durch den mittleren Nasengang)
- präoperativ genaue Analyse
- Grundbegriffe der Ästhetik (Dreiteilung des Gesichts, nasofazialer und nasolabialer Winkel, Altersabhängigkeit)
- realistische OP-Planung
Typische Nasenformen und Korrekturverfahren
- Höcker(spannungs)nase - Verfahren: OP von innen, Schleimhaut abschieben, Knochen und Korpel entfernen, Fusion des entstandenen open roof. Aber 15% verschieben sich postoperativ (Narben, Brille, Unfälle)
- Sattelnase - falscher, eingesunkener/fehlender Nasenrücken, Verfahren: Implantation von autologem Material (Ohr-, Rippen-, Septumknorpel)
- Schiefnase - meist Deviation nach rechts, Problem: ein "Abhang" ist kürzer, Verfahren: Paramediane, transversale oder laterale Osteotomie
- Andere kosmetische Probleme:
- z.B. Nasenspitzenkorrektur (am anspruchvollsten)
Literatur und Weblinks
Weblinks
- http://www.ghorayeb.com/Pictures.html - Otolaryngology Houston - HNO-Bildatlas
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