Demonstrativpronomina

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Demonstrativpronomina dienen zur Bezeichnung der sog.   Deixis, d. h. sie weisen auf etwas hin. Unterschieden wird dabei zwischen Nahdeixis (es wird auf den Sprecher (ich), auf den Raum in der Nähe des Sprechers (hier), oder einen Gegenstand bzw. eine Person aus diesem Raum verwiesen (dies)), Medialdeixis (es wird auf den Hörer (du), den Raum in der Nähe des Hörers, oder einen Gegenstand bzw. eine Person aus diesem Raum verwiesen) und die Ferndeixis (es wird auf eine Person (die so genannte 3. Person), die weder Sprecher noch Hörer ist, auf einen Raum, der von Sprecher und Hörer entfernt ist (dort), oder auf einen Gegenstand bzw. eine Person aus diesem Raum verwiesen (jener)). Zur Bezeichnung der Nahdeixis diente ursprünglich das Pronomen hi-, doch wurde es im Gotischen weitestgehend vom Pronomen sa verdrängt. Es entstand so eine neue Opposition aus sa, welches die Nah- und Medialdeixis bezeichnet, und jains, welches zur Bezeichnung der Ferndeixis dient.

sa, so, þata

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Das Demonstrativpronomen sa, so, þata wird ähnlich wie das deutsche dieser, diese, dieses verwendet, nimmt aber auch bereits Funktionen des bestimmten Artikels an. Der griechische Artikel wurde in der Bibelübersetzung jedoch nur dann mit sa, so, þata übersetzt, wenn das Bezugswort im Text bereits eingeführt wurde oder als dem Leser bekannt einzustufen wäre. In den anderen Fällen wurde der griechische Artikel i. d. R. gar nicht übersetzt. Gegenüber dem Pronomen is besitzt sa, so, þata eine deiktische Funktion, d. h. dass es auf einen Gegenstand als etwas Bekanntes hinweisen soll.

In der Wendung ni þe haldis "nicht umso mehr = keineswegs" (Sk. IV) ist das neutrale Instrumentalis "þe" erhalten geblieben. Es taucht auch in den Kompositionen þeei "darum dass; als ob", jaþþe "und wenn, sei es dass", duþe "deshalb, weil" und biþe "später, nachdem" auf.

Die Nominativ-Formen sa und so mögen auf dem ersten Blick unerwartet wirken, werden aber bereits im Urindogermanischen angesetzt. Das dort rekonstruierte *só, *séh2, *tod steht den t-anlautenden obliquen Kasusformen gegenüber. Eine ähnliche Sonderstellung genießen auch die Nominativformen der Personalpronomen.[1]

Kasus Maskulinum Femininum Neutrum
Nominativ Sg. sa so þata
Genitiv Sg. þis þizos þis
Dativ Sg. þamma þizai þamma
Akkusativ Sg. þana þo þata
Instrumentalis Sg. unbelegt unbelegt þe1
Nominativ Pl. þai þos þo
Genitiv Pl. þize þizo þize
Dativ Pl. þaim þaim þaim
Akkusativ Pl. þans þos þo
1 außer Gebrauch; nur noch in einigen Kompositionen belegt.

sah, soh, þatuh

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Darüberhinaus existiert im Gotischen noch ein zusammengesetztes Demonstrativpronomen. Dieses wurde in der Bibelübersetzung wie das einfache Demonstrativpronomen für das griechische Demonstrativpronomen verwendet, jedoch nie für den griechischen Artikel. Das zusammengesetzte Demonstrativpronomen lässt sich mit "eben dieser" oder "der und kein anderer" ins Deutsche übersetzen. Es setzt sich ähnlich dem Relativpronomen zusammen:

Demonstrativpronomen (ggf. mit Apokope des unbetonten Kurzvokals) + -h (nach Vokal) oder -uh (nach Konsonant)

Gegebenenfalls wird die Stimmhaftigkeit angepasst.

Kasus Maskulinum Femininum Neutrum
Nominativ Sg. sah soh þatuh
Genitiv Sg. þizuh *þizozuh þizuh
Dativ Sg. þammuh *þizaih þammuh
Akkusativ Sg. þanuh *þoh þatuh
Instrumentalis Sg. unbelegt unbelegt þeh1
Nominativ Pl. þáih *þozuh *þoh
Genitiv Pl. *þizeh *þizoh *þizeh
Dativ Pl. *þaimuh *þaimuh *þaimuh
Akkusativ Pl. *þanzuh *þozuh þoh
1 außer Gebrauch; nur in biþeh belegt

his, ?, hita

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Die ursprünglich vollwertigen hi-Pronomen haben sich im Gotischen auf eine rein temporale Semantik beschränkt. Belegt sind folgende Wendungen: fram himma "von diesem an = von jetzt an", fram himma nu "von diesem Moment an", himma daga "dieser Tag = heute", und hina daga "bis zu diesem Tag = bis heute" und und hita "bis zu diesem = bis jetzt". Eine feminine oder Plural-Form ist nicht belegt.

Diese Wendungen haben sich auch im Deutschen erhalten. Das süddt. heuer "dieses Jahr" und das hochdt. heute leiten sich vom ahd. hiu jaru "in diesem Jahr" und hiu tagu "an diesem Tag" ab.[2]

Kasus Maskulinum Neutrum
Nominativ Sg. his hita
Genitiv Sg. unbelegt unbelegt
Dativ Sg. himma himma
Akkusativ Sg. hina hita

jains, jaina, jainata

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Das Pronomen jains "jener" wird ausschließlich stark flektiert.

Kasus Maskulinum Femininum Neutrum
Nominativ Sg. jains jaina jainata
Genitiv Sg. jainis jainaizos jainis
Dativ Sg. jainamma jainai jainamma
Akkusativ Sg. jainana jaina jainata
Nominativ Pl. jainai jainos jaina
Genitiv Pl. jainaize jainaizo jainaize
Dativ Pl. jainaim jainaim jainaim
Akkusativ Pl. jainans jainos jaina

Indefinitpronomina

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Das Indefinitpronomen ist das unbestimmte Pronomen, das im Deutschen singularisch mit "irgendein, jemand" oder "einer" und pluralisch mit "jeder" oder "alle" ausgedrückt wird. Singularisch sind im Gotischen sums, sumsuh/sumzuþþan, ƕas und die Pronomen auf -hun. Pluralisch dagegen ƕazuh und ƕarjis.

sums, suma, sumata

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Im Gotischen heißen die regulären Indefinitpronomen sums, suma, sum, sumata und sind bei attributiver Verwendung mit "irgendein" und bei substantivischer Verwendung mit "jemand" zu übersetzen. Es wird zur Bezeichnung von bestimmten, aber nicht näher geschilderten Größen, oder von unbestimmten Teilen bestimmter Größen gebraucht. Nur in Ausnahmefällen erscheint es auf für beliebig unbestimmte Größen (z. B. 1. Kor 15,35). Es wird wie ein starkes Adjektiv dekliniert.

Kasus Maskulinum Femininum Neutrum
Nominativ Sg. sums suma sum, sumata
Genitiv Sg. sumis *sumizos sumis
Dativ Sg. sumamma *sumizai sumamma
Akkusativ Sg. sumana suma sum, sumata
Nominativ Pl. sumai *sumos suma
Genitiv Pl. sumaize *sumaizo sumaize
Dativ Pl. sumaim sumaim sumaim
Akkusativ Pl. sumans *sumos suma

sumsuh und sumzuþþan

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Bei Aufzählungen wird in der Regel dem zweiten sums ein -(u)h oder -(u)þþan angehängt. Das Begriffspaar lässt sich mit "die einen" - "die anderen" übersetzen. Das u entfällt, wenn der letzte Laut ein Vokal ist. Zwei belegte Ausnahmen (Schreibfehler?) bilden sumaiuþþan in Lk 9,8 (statt des ebenfalls belegten sumaiþþan) und sumammuh in 1Kr 12,10 (statt eines *sumammah). Strittig bleibt, ob ein auslautendes -s stimmhaft wird, da beide Formen belegt sind (z. B. sumansuþþan - sumanzuþþan).

dekliniertes Indefinitpronomen + -(u)h
dekliniertes Indefinitpronomen + -(u)þþan

In wenigen Fällen ist auch das erste sums in einer Aufzählung mit Anhang, z. B. in Joh 7,41 sumaih qeþun: sa ist Xristus. sumaih qeþun: ibai þau us Galeilaia Xristus qimiþ?.

Kasus Maskulinum Femininum Neutrum
Nominativ Sg. sumsuh *sumah *sumuh, *sumatah
Genitiv Sg. *sumizuh *sumizozuh *sumizuh
Dativ Sg. *sumammah, sumammuh *sumizaih *sumammah
Akkusativ Sg. *sumanah *sumah *sumuh, *sumatah
Nominativ Pl. sumaih *sumozuh *sumah
Genitiv Pl. sumaizeh *sumaizoh sumaizeh
Dativ Pl. *sumaimuh *sumaimuh *sumaimuh
Akkusativ Pl. sumanzuh *sumozuh *sumah
Kasus Maskulinum Femininum Neutrum
Nominativ Sg. sumzuþþan *sumaþþan sumuþþan, *sumataþþan
Genitiv Sg. *sumizuþþan *sumizozuþþan *sumizuþþan
Dativ Sg. *sumammaþþan *sumizaiþþan *sumammaþþan
Akkusativ Sg. *sumanaþþan *sumaþþan sumuþþan, *sumataþþan
Nominativ Pl. sumaiþþan, sumaiuþþan *sumozuþþan *sumaþþan
Genitiv Pl. *sumaizeþþan *sumaizoþþan *sumaizeþþan
Dativ Pl. sumaimuþþan *sumaimuþþan *sumaimuþþan
Akkusativ Pl. sumansuþþan, sumanzuþþan *sumozuþþan *sumaþþan

Das Interrogativpronomen ƕas "wer" wird häufig auch als Indefinitpronomen "irgendein" gebraucht. Zur Deklination siehe dort.

ƕazuh, ƕarjizuh, etc.

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Die Indefinitpronomen dieser Reihe bezeichnen eine unbestimmte Größe, deren Existenz geleugnet wird oder nur als möglich betrachtet wird. Auf eine reale Existenz verweist das Pronomen nur in Ausnahmefällen (z. B. Gal 2,6).

ƕazuh

Durch Anhängung von -(u)h an die Interrogativpronomen erhält man ein pluralisches Indefinitpronomen. Dieses ist mit "jeder" zu übersetzen.

dekliniertes Interrogativpronomen + -(u)h

Einige Formen weichen von dieser Regel ab, wie Dat. M./N. ƕammeh anstelle von *ƕammah und Akk. M. ƕanoh anstelle von ƕanah. Der Instrumentalis ƕeh hat die Bedeutung "jedenfalls" oder "nur". Anders als bei den Interrogativpronomen ist mit ƕanzuh Akk. Pl. M. auch eine Pluralform belegt.

Als Beiwort zu einem Substantiv, steht dieses im Genitiv, da ƕazuh, ... ein Substantiv ist. Adjektivisch kommen die Pronomen nur mit Zeitwörtern vor, z. B. jera ƕammeh "jedes Jahr", und mit Kardinalzahlen, mit deren Verwendung das Indefinitpronomen "je" bedeutet.

Kasus Maskulinum Femininum Neutrum
Nominativ Sg. ƕazuh ƕoh ƕah
Genitiv Sg. ƕizuh *ƕizozuh ƕizuh
Dativ Sg. ƕammeh *ƕizaih ƕammeh
Akkusativ Sg. ƕanoh ƕoh ƕah
Instrumentalis Sg. unbelegt unbelegt ƕeh1
Akkusativ Pl. ƕanzuh unbelegt unbelegt
1 nur noch adverbial gebraucht

saƕazuh und þisƕazuh

Ebenso zu beachten sind die proklitisch erweiterten Formen von saƕazuh und þisƕazuh "wer auch immer". Diesen folgt stets ein Relativpronomen im Nominativ, wie bspw. saƕazuh saei andnimiþ Lk 9,48 oder saƕazuh izei usqimiþ Joh 16,2.

Demonstrativpronomen + pluralisches Indefinitpronomen und Relativpronomen im Nominativ

Neben saƕazuh saei/izei Nom. Sg. M. ist nur noch þataƕah þei (þei = þatei) Nom. Sg. N. belegt. Anstelle für die anderen Kasus tritt þisƕazuh saei mit unveränderlichem þis, z. B. þisƕammeh saei Mk 4,25.

þis + pluralisches Indefinitpronomen und Relativpronomen im Nominativ

Nach diesem Muster werden auch die Adverbien þisƕaduh "wohin auch immer" und þisƕaruh "wo auch immer" gebildet. Auch diesen folgt stets ein þei oder þadei.

ƕarjizuh

Auch das mit ƕazuh gleichbedeutende Indefinitpronomen ƕarjizuh setzt sich aus einem Interrogativpronomen (ƕarjis? "welcher?") und dem Suffix -(u)h zusammen. Wird ihm ein ain- proklitisch hinzugefügt (ainƕarjizuh), hat es die Bedeutung "ein jeder" und verlangt ein Genitiv Plural. Wie bei ƕazuh ist das Pronomen in Verwendung mit Kardinalzahlen mit "je" zu übersetzen, z. B. Lk 9,14 ana hvarjanoh fimf tiguns "zu je fünzig". Es ist nur im Singular belegt.

Kasus Maskulinum Femininum Neutrum
Nominativ Sg. ƕarjizuh unbelegt ƕarjatoh1
Genitiv Sg. ƕarjizuh unbelegt ƕarjizuh
Dativ Sg. ƕarjammeh1 unbelegt ƕarjammeh1
Akkusativ Sg. ƕarjanoh1 ƕarjoh1 *ƕarjatoh
1 Es sind die gleichen Vokalwechselerscheinungen zu beachten wie bei ƕazuh

ƕaþaruh

ƕaþaruh (vgl. ƕaþar "welcher der beiden?") bedeutet "jeder von zweien, beide". Es ist nur im Dativ ƕaþaramma (Sk 5,7) belegt. Die handschriftliche Schreibweise ƕaþaramma wird dabei als Schreibfehler für ƕaþarammeh interpretiert. Auch hier ist eine Bildung mit ain- möglich (belegt mit ainƕaþarammeh in Sk 3,5). Diese Komposition kann man ebenfalls mit "jeder von beiden" übersetzen werden.

Pronomina auf -hun

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Die Partikel -hun dient im Gotischen zur Bildung von unbestimmten Pronomen und Adverbien und ist damit mit dem deutschen Präfix "irgend-" vergleichbar. Diese Kompositionen stehen dann in der Regel mit der Negationspartikel ni und gewinnen somit eine negative Bedeutung. Belegt sind die pronominalen Zusammensetzungen ainshun "jemand, irgendein", ƕashun "jemand" und mannahun "jemand", sowie die Adverbien ƕanhun "jemals", ƕeilohun "für (irgend)eine Weile lang" und þishun (ohne ni) "meist, besonders". Pluralformen sind nicht bekannt.

Ein adjektivisches ainshun verlangt ein Substantiv im Genitiv, wie z. B. in Sk 8,7 ni ainshun þize reike "nicht einer dieser Könige = kein König". In Fragen fehlt die Partikel ni, besitzt jedoch weiterhin eine negative Aussage, vgl. Joh 7,48 sai, jau ainshun þize reike galaubidedi imma aiþþau Fareisaie? In Verbindung mit Präpositionen folgen diese dem ni.

Kasus Maskulinum Femininum Neutrum
Nominativ Sg. ainshun ainohun1 ainhun
Genitiv Sg. ainishun unbelegt ainishun
Dativ Sg. ainummehun2 ainaihun ainummehun
Akkusativ Sg. ainnohun, ainohun ainohun ainhun
1 Einmal als Nebenform auch ainnohun belegt
2 Einmal als Nebenform auch ainomehun belegt

mannahun ist aus manna "Mensch" und -hun zusammengesetzt und demnach wörtlich mit "irgendein Mensch" zu übersetzen. Da das Substantiv manna maskulin ist, gibt es keine Neutrum- oder Feminimum-Form.

Kasus Maskulinum
Nominativ Sg. mannahun
Genitiv Sg. manshun
Dativ Sg. mannhun
Akkusativ Sg. mannanhun

Das Pronomen ƕashun, vom Interrogativpronomen ƕas "wer" abgeleitet, ist nur im Nominativ Singular belegt. Wir verzichten daher auf eine Flexionstabelle, zumal die anderen Kasus möglicherweise ungebräuchlich waren.

Einzelnachweise

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  1. vgl. Michael Meier-Brügger "Indogermanische Sprachwissenschaft", 2002, S. 233
  2. vgl. F. Kluge "Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache", 24. Auflage, 2002