Der kopulative Satz ("und"-Sätze)

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Unter einem parataktischen Satz versteht man zwei Hauptsätze, die zu einem Satz zusammengefügt wurden. Gewöhnlich werden diese Hauptsätze durch ein Bindewort wie "und" und "oder" verbunden. "und" kann mit got. jah oder -uh wiedergegeben werden. -uh steht dabei oft ohne Vorlage in der griechischen Version. Das Enklitikon -uh wird an das erste Wort im Satz angehängt und muss in der Übersetzung vor dem Wort erscheinen:

Beispiel
þus qiþa: urreis nimuh þata badi þein jah gagg du garda þeinamma.
"Ich sage dir: Steh auf und nimm dein Bett und geh in dein Haus."
(Mk 2,11)

Man beachte, dass Verben mit Präverben wie uf|wopjan (die den deutschen Verben mit Präfixen entsprechen: "aus|rufen, auf|schreien") als zwei Wörter gelten und -uh an das Präverb angehängt wird. Eine Ausnahme von der Regel, das Enklitikon an das erste Wort anzuhängen, gilt für Satzglieder mit , die als betonte Satzglieder vorangestellt werden und -uh dann an das folgende Verb angehängt wird:

Beispiel (-uh bei Verben mit Präverb und in -Sätzen)
iþ is ubuhwopida qiþands: Iesu, sunu Daweidis, armai mik! (man beachte das Fehlen der Auslautverhärtung: ub-uh- statt uf-uh-)
"Und er aber schrie auf und sagte: Jesus, Sohn Davids, sei mir gnädig!"
(Lk 18,38)

Eine doppelte Bindung (mit jah und -uh für denselben Satz) erscheint in Eph 4,8 und ist wohl ein Schreibfehler. Eine negierte Verbindung "und nicht" wird mit nih erzeugt. Gelegentlich werden im gotischen Korpus ni und nih vertauscht.

Eine ähnliche satzverbindende Funktion besitzt auch die Temporalpartikel þan "dann". Sie steht in der Regel an zweiter Stelle im Satz; an dritter Stelle nur, wenn die vorigen Wörter zusammengehören. Es verhält sich daher ähnlich wie ein Enklitikon und steht häufig auch nach -uh, dass dann oft als -uþ~þan erscheint (vgl. Lk 16,1 Qaþ-uþ~þan du siponjam seinaim "Und er sprach dann zu seinen Schülern").

Der disjunktive Satz ("oder"-Satz)

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Disjunktive Sätze werden in der Regel mit aiþþau "oder" verbunden. Der Ausdruck "entweder ... oder" heißt im Gotischen andizuh ... aiþþau; der einmalige Beleg jabai ... aiþþau in Mt 6,24 dürfte ein Schreibfehler sein. Liegt hierbei ein Bedingungssatz vor ("wenn er/sie/es entweder ... oder ..., dann ...") wird jaþþe ... jaþþe verwendet (vgl. Abschnitt Konjunktionale Bedingungssätze). In Fragesätze wird "oder" durch þau wiedergegeben. Man beachte, dass die enklitische Fragepartikel -u an das Wort nach þau ein zweites Mal angehängt wird:

Beispiel (Satzdisjunktion)
Skuldu ist unsis kaisara gild giban þau niu?
"Ist es uns erlaubt dem Kaiser Steuern zu zahlen oder nicht?"
(Lk 20,22)

Die adversative Satzverbindung

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Besteht zwischen zwei Sätzen ein adversatives Verhältnis, so kann man dies im Gotischen unterschiedlich ausdrücken. In der deutschen Übersetzung wird hier meist "aber" bzw. "sondern" verwendet. Ein Gegensatz wird im Gotischen mit ak oder akei bezeichnet. akei steht nach einem positiven Vordersatz und wird mit "aber" übersetzt, ak nach einem negativen und wird mit "sondern" übersetzt (Ausnahmen von dieser Verteilung treten gelegentlich auf, z. B. Gal 4,2). Beide stehen an erster Stelle im (Teil-)Satz.

Beispiel (ak und akei)
jah auk siuks was nehva dauþau, akei guþ ina gaarmaida; aþþan ni þatainei ina, ak jah mik, ei gaurein ana gaurein ni habau.
"Und er war auch todkrank, aber Gott hat sich über ihn erbarmt; nicht allein aber über ihn, sondern auch über mich, damit ich nicht eine Traurigkeit über die andere hätte."
(Phil 2,27)


Die adversative Partikel hebt zugleich das folgende Wort hervor und steht - mitunter auch ohne griechisches Vorbild - stets an erster Stelle des (Teil-)Satzes (Ausnahme Lk 7,39). Übersetzt wird es mit "aber", das im Deutschen nach dem zu betonenden Wort gestellt wird:

Beispiel (iþ-Satzu)
jus bi leika stojiþ, ik ni stoja ainnohun.
"Ihr richtet nach dem Fleisch, ich aber richte niemanden."
(Joh 8,15)

Eine stärkere Hervorhebung als kann mit aþþan erzielt werden, welches ebenso an Satzanfang steht. Die Kombination aþþan ... iþ kann im Deutschen gelegentlich mit "zwar ... aber" wiedergegeben werden:

Beispiel (aþþan ... iþ):
aþþan ik daupja izwis in watin, is daupeiþ izwis in ahmin weihamma.
"Ich habe euch zwar mit Wasser getauft, er aber wird euch mit dem Heiligen Geist taufen."
(Mk 1,8)

Eine eher konzessive Bedeutung besitzt sweþauh "doch zwar, wenigstens". An Satzanfang steht die Partikel nur mit der Bedeutung "vielmehr, überdies" (z. B. Mk 11,22 sweþauh qiþa izwis: "Darüberhinaus sage ich euch:").

Beispiel (sweþauh nicht am Satzanfang)
Þata anþar, broþrjus meinai, faginoþ in fraujin; þo samona izwis meljan mis sweþauh ni latei, iþ izwis þwastiþa.
"Weiter, meine Brüder, freut euch in dem Herrn! Es ist mir zumindest keine Last euch immer dasselbe zu schreiben, und gibt euch die Sicherheit."
(Phil 3,1)

Die konsekutive Satzverbindung

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Drückt ein Satz eine Folgerung aus einem zuvor bezeichneten Sachverhalt aus, so spricht man von einem konsekutiven Verhältnis, welches im Deutschen mit "daher, somit, folglich" und dergleichen ausgedrückt wird. Ist diese Folge real, so steht im Gotischen in(uh) + Pronomen oder duþþe:

Beispiel (reale konsekutive Satzverbindung mit inuh)
[...] bi aiwaggeljon meinai,
in þizaiei arbaidja und bandjos swe ubiltojis; akei waurd gudis nist gabundan.
inuh þis all gaþula bi þans gawalidans, [...]
"[...] nach meinem Evangelium,
für welches ich leide bis dahin, dass ich gebunden bin wie ein Übeltäter; aber Gottes Wort ist nicht gebunden.
Darum dulde ich alles um der Auserwählten willen, [...]"
(2. Tim 2,8-10)

Man beachte, dass in(uh) + Präposition natürlich auch "in/nach/für/... dieses", wie im Beispiel Vers 9, bedeuten kann. Wird eine logische Folge bezeichnet, erscheinen eiþan oder nu. nu erscheint an zweiter Stelle im (Teil-)Satz (Ausnahmen z. B. in 1. Kor 3,12 an dritter Stelle; selbstverständlich mit der Bedeutung "jetzt, nun" auch an anderen Stellen). Ist das erste Wort eine Negation, so erscheint nu "somit" regulär an dritter Stelle.

Beispiel (logische konsekutive Satzverbindung mit eiþan)
qaþ im Iesus: iþ blindai weseiþ, ni þau habaidedeiþ frawaurhtais; iþ nu qiþiþ þatei gasaihvam; eiþan frawaurhts izwara þairhwisiþ.
"Jesus sprach zu ihnen: Wärt ihr blind, so hättet ihr keine Sünde; sagt ihr nun aber, dass wir sehen, so bleibt eure Sünde."
(Joh 9,41)

Eine stärkere Hervorbung einer Folge kann mit nuh, nunu und þannu ausgedrückt werden. þannu steht gewöhnlich an erster Stelle im Satz, während sich die anderen wie nu verhalten. Allerdings tritt nunu auch unmittelbar nach ni auf:

Beispiel (nunu nach ni)
ni nunu ogeiþ; managaim sparwam batizans sijuþ jus.
"Darum fürchtet euch nicht; ihr seid besser als viele Sperlinge."
(Mt 10,31)

Die kausale Satzverbindung

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Stehen zwei Sätze in einem kausalen Verhältnis zueinander, so werden diese im Gotischen mit auk "denn, nämlich", allis "denn, überhaupt" oder raihtis "nämlich, doch". Gewöhnlich stehen sie an zweiter Stelle, doch treten sie auch an dritter und erster Stelle auf (z. B. 1. Kor 15,53 bzw. Joh 9,30). Nach auk kann zur Verstärkung auch noch allis oder raihtis folgen. Daneben gibt es noch unte "denn", das an die erste Stelle des Satzes tritt und auch als Nebensatz-Konjunktion "weil" auftritt.

Beispiel (kausale Satzverbindugn mit auk, unte und auk + allis)
iþ is qaþ: ni warjiþ imma; ni mannahun auk ist saei taujiþ maht in namin meinamma jah magi sprauto ubilwaurdjan mis;
unte saei nist wiþra izwis, faur izwis ist.
saei auk allis gadragkjai izwis stikla watins in namin meinamma, unte Xristaus sijuþ, amen qiþa izwis ei ni fraqisteiþ mizdon seinai.
"Jesus aber sprach: Ihr sollt's ihm nicht verbieten. Denn niemand, der ein Wunder tut in meinem Namen, kann so bald übel von mir reden.
Denn wer nicht gegen uns ist, der ist für uns.
Denn wer euch einen Becher Wasser zu trinken gibt deshalb, weil ihr Christus angehört, wahrlich, ich sage euch: Er wird nicht um seinen Lohn kommen."
(Mk 9,39-41)