Im Go ist man permanent damit beschäftigt zu zählen. Man zählt Freiheiten, man zählt Züge, man zählt, um eine Position zu bewerten und am Ende zählt man für das Ergebnis.

Abgesehen von der endgültigen Bestimmung des Ergebnisses ist zählen im Go meistens nur schätzen, aber trotzdem ist es unerlässlich für die Findung einer richtigen Entscheidung oder der Festlegung der Strategie.

Ergebnis schätzen

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Je weiter eine Partie fortschreitet, desto klarer wird die Gebietsaufteilung auf dem Brett. Sie erlaubt eine Ergebnisschätzung, die für die Endspielstrategie hilfreich sein kann oder ob gar eine Aufgabe angebracht ist.

Die langsamste Methode ist simples Abzählen der angenommenen Gebietspunkte, wobei eigene Gebietspunkte mit gegnerischem Stein mit zwei gezählt werden. Dann bildet man die Differenz aus den bisherigen Gefangen und addiert bzw. subtrahiert diese Zahl.

Ökonomischer wird diese Zählmethode, wenn man die Gefangenen dazu benutzt, gegnerische Gebiete gedanklich aufzufüllen und dann die verbleibenden "leeren" Regionen vergleicht. Genauer wird diese Methode, wenn man sich die Punktezahl für ausgespielte Bereiche aufschreibt und nur die "dynamischen" Bereiche abschätzt.

Zugbewertung durch Zählen

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Grundlage dieses Kapitels ist ein Essay Elementare Grundlagen des Go-Spiels von Karl Lenz. Im Wesentlichen geht es darum, einen bestmöglichen Zug in einer lokalen Situation zu finden und gleichzeitig Fehler in ganzen Zahlen zu quantifizieren.

Der praktische Nutzen besteht darin, dass die Entscheidung für den richtigen Zug erleichtert wird oder zumindest einige mögliche Züge ausgeschlossen werden können. Bespielsweise die Frage nach Tenuki oder ob eine Ko-Drohung beantwortet werden muss.

Geschlossene Züge

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Dia 1

Geschlossene Züge sind Züge, die keine Fortsetzung in der lokalen Stellung ermöglichen. Sie lassen sich genau berechnen und haben als Wert eine ganze Zahl. Geschlossene Züge treten praktisch nur im Endspiel und bei Leben und Tod-Stellungen auf.

Ein einfaches Beispiel zeigt Dia 1. Der Zug auf A hat einen Wert von genau 2. Verbindet Schwarz, verhindert er einen Gebietspunkt und rettet seinen Stein. Spielt Weiß auf A macht er einen Gefangenen und einen Gebietspunkt.

Ob dieser Zug klein oder groß ist, hängt von der Spielsituation ab. Im Endspiel kann er der größtmögliche Zug sein. Im Mittelspiel hingegen gibt es mit Sicherheit einen größeren Zug, so dass keiner von beiden hier spielen sollte.

Einen Fehlerwert von -1 entsteht durch den einfachen Fall, wenn man dem Gegner einen Gefangenen schenkt, weil der Spieler eine Stellung falsch bewertet hat und sein Zug nicht verteidigt werden muss (Schwarz B in Dia 1).

Offene Züge

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Dia 2

Offene Züge sind Züge, die eine lokale Fortsetzung ermöglichen und immer mehrstufig sind. Einen einfachen Fall sieht man in Dia 2.

  • Stufe 1: Schwarz 1 verbindet. Wert 3 (Weiß verliert einen Gebietspunkt und einen Gefangenen und benötigt noch einen Deckungszug im eigenen Gebiet)
  • Stufe 2: Antwortet Weiß nicht, kann Schwarz 3 fünf weiße Gebietspunkte zerstören und gleichzeitig 25 Punkte eigenes Gebiet (Dreiecke mal 2 plus Kreise) machen.

Dieser offene Zug hat also zwei Stufen und einen Wert 3+30 (Weiß 1 wäre ein geschlossener Zug mit dem Wert 3).

In die herrkömmliche Beschreibung übersetzt, wäre Schwarz 1 ein Zug für 3 Punkte mit massivem sente. Für Weiß ein gyaku-yose für 3 Punkte.

Die taktische Bedeutung solcher zweistufigen Züge resultiert aus dem regelmäßig in Spielen auftretenden Missverhältnis zwischen sicherem Gebiet des einen Spielers und großem Einfluss des Anderen. Irgendwann muss der Spieler (Schwarz in Dia 2) beginnen, seine sichere Stellung zum Angriff zu verwenden, um seinen Punkterückstand zu verkürzen. Das Risiko für beide besteht darin, dass es oftmals nicht leicht zu sehen ist, ob eine Gruppe leben kann, insbesondere, wenn ein Angriff mehrere schwache Gruppen betrifft.

Betrachtet man den Verteidiger (Weiß in Dia 2) kann es durchaus von Vorteil sein, den Angriffszug vorerst nicht zu beantworten, wenn er woanders einen großen Zug spielen kann, der den Verlust kompensiert. Gerade im Mittelspiel können zwei Züge woanders leicht mehr als 33 Punkte bedeuten.

Doppelt offene Züge

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Bezeichnet eine Situation, in der beide Spieler einen offenen Zug nach obiger Definition haben. Ein Beispiel hierfür ist eine häufig auftretende Endspielsituation (Dia 3+4). Sowohl Schwarz wie Weiß können ein Hane-tsugi mit dem Wert 4 (Verteidiger verliert zwei Gebietspunkte, Angreifer verhindert diesen Verlust) spielen. Antwortet der Gegner nicht (Zug 4 woanders), ergibt sich durch den Schnitt ein Gebietsverlust, der in diesem Beispiel mit 8 bzw. 10 Punkten angenommen wird + 1 Punkt für den geschnittenen Gefangenen. Notiert wird dieser Zug als (4+9,11).

Unmittelbar ablesen kann man, dass ein solcher Zug immer von Vorteil ist, da man garantiert 4 Punkte erhält und weiter sente ist, da der Gegner einen weiteren Sicherungsstein benötigt. Dies trifft umso mehr zu, wenn die gegnerische Stellung schon vorher sicher war und der Folgezug (Zug 5) unbedingt verhindert werden muss.

Doppelter Folgezug

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Beispiele hierfür sind Konterschläge oder Seki-Stellungen. Die numerische Beschreibung benötigt drei Ebenen. Zahlen (1, - 6, 0). Die erste ist die Punktzahl des Anzugs. Die zweite beschreibt den Verlust, wenn der Gegner antwortet, die dritte den eigenen Gewinn. Eine Unterkategorie sind Ko-Situationen, bei denen auf der zweiten Ebene Punkte gewonnen werden, wenn der Gegner nicht antwortet.

Zugvergleich

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Die einführenden Definitionen dienen letzlich dem Ziel, eine richtige Entscheidung zu fällen. Bei zwei geschlossenen Zügen ist es trivial, dass zuerst der Zug mit dem höheren Punktewert gespielt werden sollte. Natürlich muss man dafür zählen. Gerade Anfänger scheuen diesen Aufwand und spielen zufällig den richtigen oder falschen Zug. In Situationen unter Zeitdruck kann man hingegen nur schätzen.

Ein Vergleich zwischen geschlossener Zug und offener Zug setzt einen Vorhandwert voraus, der selten genau berechnet werden kann. Ist der geschätzte Wert größer als der Wert des geschlossenen Zugs, spielt man in Sente den offenen Zug zuerst. Umgekehrt spielt der Gegner in Sente denjenigen Zug, der den offenen Zug verhindert.