Go/ Taktische Konzepte/ Fuseki
Fuseki (jap. 布石) bedeutet etwa "Steine anordnen". Implizit damit verbunden ist die Voraussetzung "auf einem (fast) leeren Brett". Daher wird häufig Fuseki mit Eröffnung gleichgesetzt und betrachtet immer die Aufteilung des gesamten Spielfelds.
Eine englischsprachige Übersicht der geläufigsten Fuseki findet sich auf http://gobase.org/fuseki/
Grundlagen
BearbeitenGrundsätzlich gilt: erst die Ecken, dann die Seiten, dann das Zentrum. In einem normalen Spiel werden zuerst die Ecken "abgesteckt". Dabei wählt jeder Spieler seine Ecke(n) und wird von diesen weiter expandieren. Kommt es zu einem Angriff des Gegners, werden meist Joseki-Folgen gespielt.
Eine gute Eröffnung zielt nicht auf das Abstecken eines sicheren Territoriums, sondern gibt einem Spieler Einfluss in möglichst vielen Bereichen des Bretts. Aber!: Sei nicht gierig. Ein Spielen in allen Bereichen führt zu einem zerklüfteten Reich aus Kleinststaaten, die leicht anzugreifen sind.
Ein Beispiel für schlechtes Fuseki zeigt Dia 1. Weiß hat hier sicheres Gebiet in der Ecke, aber den Rest des Brettes vergessen. Weiß 10 ff ist der Versuch den schwarzen Einfluss auf der rechten Seite einzuschränken, aber der schwarze Vorsprung ist gewaltig.
Natürlich steht es jedem Spieler auch frei, gleich zu Beginn Stunk zu suchen und den Gegner sofort zu attackieren. Diese Variationen werden als no Fuseki bezeichnet.
Erweitern oder Sichern?
Bearbeiten
|
|
|
|
Erweiterungen werden grundsätzlich entlang der Seiten gespielt. Schwarz kann somit ausgehend von seiner Eckabgrenzung in zwei Richtungen spielen (Dia 1).
Selbst ohne Vorkenntnisse wird man zustimmen, dass der Zug in Richtung Weiß der bessere ist. Zwei Gründe sind ausschlaggebend. Vergleicht man die entstehenden schwarzen Gebilde in Dia 2 und 3 nachdem Weiß ebenfalls erweitert hat, sieht man in Dia 2 zwei Wände, die sich gegenseitig stützen. In Dia 3 sorgt der markierte Stein für eine Instabilität, obgleich das beeinflusste Gebiet die selbe Größe hat.
Fast noch wichtiger ist die Eigenschaft von Schwarz 1 als Schlüsselstein, da Weiß 2 in Dia 3 hier ebenfalls ein großer Zug ist.
Ein Trugschluss wäre jedoch zu glauben, dass Weiß 1 als Erweiterung vor der Eckabgrenzung größer wäre (Dia 4).
Schwarz 2 als Eckannährung führt zu einem Ergebnis, das für Weiß nicht besser (aber auch nicht schlechter) als Dia 1 mit der schwarzen Erweiterung nach unten.
|
|
|
Gelegte Steine dürfen nicht mehr bewegt werden. Umso wichtiger ist deshalb, dass sie strategisch beweglich sind. Eine Eigenschaft die der Hoshi bietet, wenn der Spieler sie nutzt.
Dia 5 zeigt eine typische Sequenz, in der Schwarz vom Hoshi ausgehend mögliches Gebiet absteckt. Schwarz 6 ist nur möglich durch den soliden Kosumi S4.
Anders sieht es aus, wenn Weiß wie in Dia 6 nicht weiter in Richtung Ecke marschiert, sondern mit W3 Gebiet an der Seite absteckt. Der markierte schwarze Zug, um die Ecke stärker abzusichern, wäre ein kleiner Zug, da der markierte weiße Folgezug dafür sorgt, dass das Territorium klein bleibt.
Der richtige schwarze Zug 4 ist eine Erweiterung, die eine Kompensation für weißen Einfluss ist. Entweder von unten oder entlang der oberen Seite.
Schwarz kann auch sofort eine Erweiterung spielen, die dann gleichzeitig eine ferne Zange ist (Dia 7). Die schlechte Antwort von Weiß wäre eine Verlängerung, um den Stein zu verstärken, da Schwarz einen guten Defensivzug (S4) hat, der eine vorteilhafte Stellung gibt. Weiß 3 ist besser auf a, was in übliche Joseki mündet.
|
Schwarz hat den ersten Zug. Demnach wird Weiß häufig in die Situation kommen gegen eine besetzte Ecke zu spielen (Dia 8). Will Weiß nicht unmittelbar die Ecke angreifen, stellt sich die Frage nach der richtigen Sicherung bzw. Erweiterung.
Weiß 3 als Niken-Tobi auf der linken Seite ist die Standardantwort. Den Grund sieht man im Vergleich zur rechten Seite, wo Weiß im Abstand 3 gespielt hat. Die weiße Stellung hat einen Symmetriepunkt, auf dem Schwarz angreifen kann.
Wenn Weiß in diesem Abstand spielen will, dann auf a als riesiger Rösselsprung (jap. Daidaigeima 大大ゲイマ), wodurch die Stellung weniger Schwächen hat.
|
|
Dia 9. Eine kleine Veränderung der Einflussspäre verändert die Qualität der Folgezüge. Die untere schwarze Ecke ist nicht abgegrenzt. Die große Erweiterung ist diesmal ein Schlüsselstein. Spielt Weiß wie üblich auf a, kann Schwarz den oberen Schlüsselstein besetzen und hat besseres Gebiet.
Dia 10. Weiß kann groß erweitern (auch a ist möglich), da er einen guten Gegenangriff in petto hat. Weiß 3 erlangt sente nach dem nötigen Verteidigungszug S4 und der Vorkämpfer W1 schreit erfolgreich nach einem Hilfstrupp in Form eines Kosumi.
|
|
Eine offene Seite sollte frühstmöglich mit einer Erweiterung abgedeckt werden. Schwarz kann auch weiter in der Ecke (a,b) spielen, aber das Moyo durch S5 als Erweiterung ist größer (Dia 11).
Kann Weiß an der Seite spielen (Dia 12), ist die schwarze Erweiterung zu nah, um die Mächtigkeit der unteren Steine voll auszunutzen.
Schwarz als Angriff von oben auf a schwächt die untere Gruppe, da sich Weiß auf b streckt.
|
|
Erweitern oder sichern ist auch immer eine Frage, welches Potential eine Erweiterung hat.
In Dia 13 wirken die markierten weißen Steine stark entlang der Seite. Eine Erweiterung nach oben hat folglich wenig Entwicklungsmöglichkeiten im weiteren Spielverlauf. Gleichzeitig bleibt die Ecke unsicher, was noch mehr zutrifft, wenn Weiß auf a gespielt wird.
Schwarz sollte wie in Dia 14 einen Keima spielen, um eine sichere Gruppe zu erhalten und Weiß nicht die Gelegenheit einer großen Erweiteurng von oben zu geben.
Zangensteine
BearbeitenNach dem Abstecken der Ecken tritt zwangsläufig die Situation ein, dass der Gegner sich einer eigenen Ecke nähert. Entschließt sich der Spieler anzugreifen, ist ein Zangenstein häufig die richtige Taktik, da er gleichzeitig in seinem Rücken Gebiet oder zumindest Einfluss herstellt.
|
|
Dia. Welcher Zangenstein (a-f) gespielt werden soll, ist eine grundlegende Fuseki-Frage.
Einer der markierten Steine ist nur noch eine Erweiterung, da Weiß in diesem Fall selbst auf c oder d spielen kann.
e und f sind Zangensteine, die nur lokal wirken und zu Joseki führen. c und d sind unentschlossen und eher schlechter.
Dia. Ein Zangenstein mit Doppelfunktion ist auf a. Die Verstärkung W2 führt in diesem Fall zu unsicherem Gebiet, da die weiße Basis durch S3 klein bleibt und Schwarz eine starke Angriffsposition erhält.
|
|
Eine etwas komplexere Situation entsteht, wenn ein Zangenstein geplant werden muss. Wie oben gezeigt wurde, ist der maximale Abstand, um Druck auszuüben, 3 Schnittpunkte.
Dia 3. Schwarz hat sich hier der oberen weißen Ecke angenähert, was Weiß in einer üblichen Joseki-Folge beantwortet. Will Schwarz daraufhin eine Zange spielen, ist der Abstand entweder zu seinen eigenen, oberen Steinen zu groß oder Weiß kann seinen unteren Weiß Stein gewinnbringend nach oben erweitern.
Besser ist daher S5 als den markierten Stein zu setzen. Danach ist der Zangenstein im Abstand 3 zu dem unteren weißen Stein ausreichend nach hinten gesichert.
Dia 4. Generell gilt, dass ein Zangenstein so aggressiv wie möglich gepsielt werden sollte. Ist die schwarze Position stark wie in Dia 4, wäre eine Zug auf das markierte Feld zu lasch, da Weiß ohne Druck von oben die Ecke angreifen kann.
Schwarz 1 erzwingt einen Verteidigungszug und das weiße Gebiet bleibt klein.
Kampf an der Seite
Bearbeiten
|
|
|
Zunächst die Sequenz, wenn die weiße Erweiterung W1 einen Symmetriepunkt hinterläßt (Dia). Schwarz kann genau auf diesem Punkt angreifen. Weiß muss sich entscheiden, ob er beide Seiten verteidigt oder versuchen, die Steine zu verbinden.
Dia. Weiß entscheidet sich zur Verteidigung seiner Stellungen. Nach Schwarz 6 ist klar, dass der Kampf ungleich geführt wird. Weiß wird nur mit Mühe bestehen können und ist immer in Gefahr eine der beiden Gruppen zu verlieren.
Dia 3 zeigt den Versuch die beiden Steine zu verbinden. Spätestens nach S5 ist klar, dass dies unmöglich ist. Weiß kann nur den Schaden begrenzen, indem er seine obere Gruppe verstärkt. S3 ist zwar in einem Netz gefangen, aber der abgetrennte weiße Stein ist ein größerer Verlust, da Schwarz damit ein großes Gebiet eingegrenzt hat.
|
|
Ein kleiner Unterschied mit großer Wirkung ist die weiße Erweiterung als riesiger Rösselsprung (Dia 4). Schwarz hat keinen Symmetriepunkt zum Angriff. Im Gegenteil: Der weiße Außenkontakt schafft eine gute Verbindung.
Dia 5. Schwarz kann nur den Keima schneiden, hat danach aber eine Schwachstelle, die Weiß durch den Kreuzschnitt angreift.
Den Schnitt auf der anderen Seite pariert Weiß durch eine Verlängerung und Schwarz muss mit 5 verbinden.
W8 ist wieder ein Netz, nur dieses Mal bleibt der ursprüngliche, markierte Stein verbunden und Weiß hat eine stabile Gruppe.
|
Einen frühen Kampf zu vermeiden ist insbesondere dann von Vorteil, wenn ein Spieler bereits ein großes Moyo entlang einer Seite hat.
Dia 6 zeigt die Brettsituation nach einem Joseki. Schwarz kann den ursprünglichen Annäherungsstein im Folgenden von unten angreifen (a). Betrachtet man aber die Situation auf der linken Seite, sind die weißen Möglichkeiten in diesem Bereich gering. Zudem gibt Schwarz a Weiß die Möglichkeit auf b großen Druck auszuüben.
Der Sprung entlang der oberen Seite ist hier der gute Zug. Er strahlt in Richtung Zentrum aus und erschwert das weiße Spiel. Zwar kann Weiß jetzt fliehen, aber dieser Schaden ist kalkulierbar.