Geschichte und Politik Tibets/ Stellungnahme der Bundesrepublik Deutschland

Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland vertritt eine klare, international weit verbreitete Stellung zur Situation Tibets. Bei der 56. Menschenrechtskommission in Genf forderte Joschka Fischer von China deutlich ein Ende „der Unterdrückung der Meinungs-, Versammlungs- und Religionsfreiheit“, sowie von „Folter und Inhaftierungen ohne richterliche Beteiligung“. Er erwartet „die Aufnahme eines direkten Dialogs mit dem Dalai Lama“ und Respekt vor der tibetischen Kultur und Religion[1]. Die Bundesregierung unterstütze jedoch nicht die Unabhängigkeit Tibets2].
Am 18. April 2002 verabschiedet der Bundestag unter Zustimmung aller vertretenen Parteien[3] eine neue Tibetresolution, in der die aktuellste Stellungnahme der Bundesrepublik Deutschland erklärt wird[4]. Die Resolution besagt, China unternehme „große Anstrengungen zur wirtschaftlichen Entwicklung in der Autonomen Region Tibet“4 China plane eine Vervierfachung der Investitionen in Infrastruktur, Wirtschaft und Bildung, wobei sich der Lebensstandard der Bewohner laufend verbessert. Auch mit der Unterzeichnung des VN-Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte[5] zeige China eine positive, entgegenkommende Einstellung.
Jedoch gebe es gleichzeitig weiterhin ein hohes Maß an Unterdrückung, viele Tibeter würden weiterhin aufgrund von Diskriminierung und Religionseinschränkung seitens Chinas ins Ausland fliehen. Weiter werde antitibetische Propaganda und Propaganda gegen den Dalai Lama betrieben, Tibeter in Haft, darunter Mönche und Nonnen, würden misshandelt und gefoltert. Der Verbleib tibetischer Führungspersönlichkeiten, wie der - zum Zeitpunkt des Verschwindens 12 Jahre alte - Panchen Lama Gedhun Choekyi Nyima und seine Familie, sei immer noch unklar. Zwar habe sich die Dialogbereitschaft der Volksrepublik China verbessert, nicht aber in Thematiken des tibetischen Volkes. Der Bundestag unterstütze in dieser Hinsicht den Wunsch des Dalai Lamas für einen direkten Dialog mit der Volksrepublik China über die Lage Tibets.
Abschließend bittet der Bundestag China, an der wirtschaftlichen Förderung Tibets festzuhalten, wobei die Lebensgrundlagen der Tibeter erhalten und der „Abbau von Bodenschätzen ökologisch verträglich gestaltet“4 werden solle. Im Volkskongress und im Dialog mit dem Dalai Lama solle über die Lage und Zukunft der Region Tibet debattiert und „das Amt des Dalai Lama respektiert und nicht weiter geschädigt werden“.
Weiter solle sich China für die Einhaltung des 17-Punkte-Abkommens, welches die Bewahrung der tibetischen kulturellen und religiösen Identität garantiert, und die Umsetzung des VN-Paktes sowie die Begnadigung politisch gefangener Tibeter einsetzen.
Der Verbleib des verschwundenen Panchen Lama solle aufgeklärt werden und letztlich auch mit der Europäischen Union die Lage Tibets offen diskutiert werden.
Vorsichtig, aber doch deutlich wird hier die Haltung der Bundesrepublik Deutschland zur Tibetfrage dargestellt. Deutschland unterstützt nicht die Unabhängigkeit Tibets, fordert jedoch den Dialog zwischen China und dem Dalai Lama als Führer des tibetischen Volkes und Fortschritte hinsichtlich der menschen- und völkerrechtlichen Situation des tibetischen Volkes in der Autonomen Region Tibet.
Seit dem 11. September 2001 hat sich allerdings das internationale und somit auch deutsche Interesse an der Situation Tibets gelegt. Vor der 61. Menschenrechtskommission am 22. März 2005 erwähnt Fischer lediglich, „die menschenrechtliche Situation in China [erfülle die Bundesregierung] weiterhin mit Besorgnis“[6] (Änderung durch Radermacher). Eine Resolution unter der momentanen Regierung der Bundesrepublik Deutschland zur Situation Tibets gibt es noch nicht. Sie würde jedoch wahrscheinlich von dem eben behandelten Beschluss nicht wesentlich abweichen, da die Resolution parteiübergreifend behandelt und verabschiedet wurde.




[1] 56. Menschenrechtskommission, Joschka Fischer, aus: http://www.auswaertiges-amt.de/www/de/ausgabe_archiv?archiv_id=57, 30.12.05
[2] Auswärtiges Amt, Gesprächsinhalt des Treffens von Außenminister Fischer mit dem Dalai Lama am 16.06.1999, aus: http://www.auswaertiges-amt.de/www/de/ausgabe_archiv?archiv_id=505, 30.12.2005
[3] Enthaltungen bei der PDS
[4] Tibet-Initiative, „Neue Tibet Resolution des deutschen Bundestages vom 18.04.2002“, 22.04.02, aus http://www.tibet-initiative.de/Kap5/Kap5_1-2.html, 10.01.2006
[5] Der VN-Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte ist einer von zwei Menschenrechtspakten der Vereinten Nationen. Der andere, der VN-Pakt über bürgerliche und politische Rechte ist noch nicht von China ratifiziert worden.
[6] Vgl. http://www.auswaertiges-amt.de/www/de/archiv_print?archiv_id=6981, 30.12.2005