Examensrepetitorium Jura: Verwaltungsprozessrecht: Verwaltungsrechtsweg


Der Verwaltungsrechtsweg ist durch diese Generalklausel in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit nicht eine andere Gerichtsbarkeit gesetzlich bestimmt ist. Daraus ergibt sich folgendes Prüfschema:

  1. Aufdrängende Sonderzuweisung
  2. Generalklausel, § 40 I 1 Hs. 1 VwGO
  3. Abdrängende Sonderzuweisung, § 40 I 1 Hs. 2 VwGO

Aufdrängende Sonderzuweisung

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Eine aufdrängende Sonderzuweisung ist eine Zuweisung des Rechtsstreits zu einer Gerichtsbarkeit, ohne dass näher überprüft wird, ob der Rechtsstreit den weiteren Voraussetzungen für die Gerichtsbarkeit entspricht. Solch eine Zuweisung findet sich beispielsweise im Beamtengesetz in § 126 BBG oder im Tierseuchengesetz (§ 72b TierSG).

Generalklausel

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öffentlich-rechtliche Streitigkeit

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Es muss eine öffentliche-rechtliche Streitigkeit vorliegen. Um dies festzustellen, sollte in einem Zweischritt vorgegangen werden:

  1. Welche Norm ist Entscheidungsgrundlage?
  2. Welchem Rechtsgebiet (öffentliches Recht oder Privatrecht) gehört diese Norm an?

Das eigentliche Problem besteht hier meist nicht darin, herauszufinden, ob die Norm öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Natur ist. Das ist oftmals schnell einsichtig. Es ist häufig problematischer, wie viel man beim Herausarbeiten der Rechtsgrundlage schreibt, ohne einen Teil der Begründetheit vorweg zu nehmen. Hier hilft nur der Tipp: So viel wie nötig, aber so wenig wie möglich.

Dies gilt auch für die Darstellung der Theorien zur Abgrenzung einer öffentlich-rechtlichen von einer privatrechtlichen Streitigkeit. Hier sollte höchstens auf folgende eingegangen werden, wobei kein Meinungsstreit zwischen den Theorien geführt werden sollte, da sie sich nach wohl überwiegender Ansicht gegenseitig ergänzen.

Interessentheorie
Dient eine Norm dem Allgemeininteresse gehört sie dem öffentlichen Recht an; ist sie am Privatinteresse orientiert, ist sie privatlrechtlich einzuordnen.
Subordinationstheorie
Besteht ein Über-Unterordnungsverhältnis zwischen Staat und Bürger liegt eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vor.
Sonderrechtslehre
(modifizierte Subjektstheorie) Wird durch die Norm lediglich ein Träger hoheitlicher Gewalt berechtigt oder verpflichtet, ist die Norm öffentlich-rechtlicher Natur.

Ergibt sich aus den drei Theorien kein eindeutiges Ergebnis, so ist die Handlungsform zu untersuchen in der eine Maßnahme gegenüber dem Bürger erfolgt. (Hilfsfrage : Wer darf so handeln ?!) Hilft diese Auslegung auch nicht weiter, so ist auf den Sachzusammenhang der Maßnahme abzustellen. (Hilfsfrage : Im wessen Auftrag erfolgt die Maßnahme [üblicherweise] ?!)

nichtverfassungsrechtlicher Art

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Bei diesem Punkt ist höchstens das Stichwort der doppelten Verfassungsunmittelbarkeit anzubringen. Das bedeutet, dass

  1. Gegenstand des Rechtsstreits (im Kern) nicht die Anwendung und Auslegung der Verfassung ist und
  2. keine unmittelbare Beteiligung eines der Rechtssubjekte am Verfassungsleben vorliegt (so etwa bei Verfassungsorganen).

Abdrängende Sonderzuweisung

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Eine abdrängende Sonderzuweisung, also eine Zuweisung des Rechtsstreits an eine andere Gerichtsbarkeit als die Verwaltungsgerichtsbarkeit, liegt dann vor, wenn ein Gesetz ohne Rücksicht auf die gegebenen Voraussetzungen die andere Gerichtsbarkeit für zuständig erklärt. So zum Beispiel in Art. 14 III 4 GG bezüglich der Höhe der zu zahlenden Entschädigung[1] oder in Art. 34 S. 3 GG bezüglich einer Amtspflichtverletzung. Dabei bildet § 40 I 1 Hs. 2 VwGO die Grundlage für bundesrechtliche Zuweisungen (etwa § 23 EGGVG); für landesrechtliche Zuweisungen ist mit § 40 I 2 VwGO eine entsprechende Vorschrift gegeben.

Zu beachten sind hierbei insbesondere:

  • Art. 14 III 4 GG: Enteignungsgleiche und enteignende Eingriffe unterfallen nicht dieser Vorschrift. Sie fallen unter § 40 II 1 VwGO, s.u.
  • Art. 34 S. 3 GG
  • § 23 EGGVG:
    • Der Begriff des Justizverwaltungsakts ist nicht gleichbedeutend mit dem Verwaltungsaktsbegriff aus § 35 VwVfG. Auch Realakte fallen hierunter.
    • Ein Problem ergibt sich meist bei polizeilichem Handeln: Wurde repressiv gehandelt, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben, weil § 23 EGGVG einschlägig ist; wurde präventiv gehandelt, ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Abzugrenzen ist wie folgt:
      • drohender Schaden + (Versuch der) Abwendung des Schadens → präventives Handeln
      • Schadenseintritt + ermittlung des Handelnden → repressives Handeln
      • Ist eine eindeutige Unterscheidung[2] nicht möglich: Worauf liegt/lag der Schwerpunkt der Handlungen?
  • § 40 II 1 VwGO:
    • Enteignungsgleiche und enteignende Eingriffe unterfallen den vermögensrechtlichen Ansprüchen aus Aufopferung für das gemeine Wohl.
    • Halbsatz 2 dieser Vorschrift stellt klar, dass Ansprüche aus Art. 14 I 2 GG jedoch nicht der ordentlichen Gerichtsbarkeit zugewiesen ist und somit vor den Verwaltungsgerichten zu verfolgen sind.[3]


In aller Regel wird der Verwaltungsrechtsweg gegeben sein, schließlich schreibst du eine öffentlich-rechtliche Klausur. Hier gilt saubere korrekte Darstellung. Dehne es nicht zu sehr aus, Punkte kann man meist woanders holen.


  1. Wird gegen die Rechtmäßigkeit der Enteignungsmaßnahme Klage erhoben, ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet.
  2. „Eindeutig“ wird Polizeiliches so gut wie nie einzuordnen sein, da eine Maßnahme auf dem Gebiet des Strafrechts immer auch präventiv wirken soll, vgl. die Strafzwecktheorien.
  3. Enteignungsgleicher und enteignender Eingriff haben ihre Grundlage nicht in Art. 14 I 1 GG, sondern folgen aus dem allgemeinen Aufopferungsgedanken der §§ 74, 75 PrALR. Sie sind damit durch richterliche Rechtsfortbildung entstanden.