Examensrepetitorium Jura: StGB BT: § 223


Vorsätzliche Körperverletzung

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Objektiver Tatbestand

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Der Grundtatbestand der Körperverletzung ist in § 223 StGB normiert.

Eine körperliche Misshandlung ist jede üble, unangemessene Behandlung, die das körperliche Wohlbefinden oder die körperliche Unversehrtheit nicht nur unerheblich beeinträchtigt.[1]

Als Gesundheitsschädigung gilt das Hervorrufen oder Steigern eines pathologischen, also vom normalen Funktionieren des Körpers abweichenden, Zustandes, auch wenn er nur vorübergehend ist.[2] Dass das Opfer Schmerzen erleidet ist dabei nicht nötig. Auch das rechtswidrige Abschneiden der Haare erfüllt damit den Tatbestand der Körperverletzung.[3]

Voraussetzung beider Alternativen ist, dass die Beeinträchtigung nicht völlig unerheblich ist (Strafrecht als ultima ratio).

Der Mensch als Tatobjekt muss bereits leben, was bei natürlicher Geburt mit Einsetzen der Eröffnungswehen, beim Kaiserschnitt mit dem Öffnen des Uterus der Fall ist.

Einwilligung

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Durch die Einwilligung des Opfers entfällt die Rechtswidrigkeit, wenn die Grenze des § 228 StGB nicht überschritten ist. Danach ist die Einwilligung wirksam solange die Tat (nicht die Einwilligung) nicht gegen die guten Sitten verstößt. Sie darf also nicht so gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstoßen, dass die Einwilligung nach der für das Zusammenleben grundlegenden Ordnung nicht rechtlich gebilligt werden kann. Der Begriff wird eng ausgelegt, die Rechtsprechung orientiert sich neben Art und Zweck der Tat vorrangig am Gewicht des Rechtsgutsangriffs.[4]

Prüfung

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  1. Disponibilität des betroffenen Rechtsguts, für die körperliche Unversehrtheit im Umkehrschluss aus § 228 gegeben
  2. Verfügungsberechtigung des Einwilligenden
  3. Einwilligungsfähigkeit (natürliche Urteils- und Einsichtsfähigkeit genügt)
  4. Keine für die Einwilligung erheblichen Willensmängel
  5. Einwilligung vor der Tat, Fortbestand während der Tat
  6. Kundgabe der Einwilligung nach außen (auch konkludent)

Gefährliche Körperverletzung

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Bei der in § 224 StGB geregelten „gefährlichen Körperverletzung“ handelt es sich um einen Qualifikationstatbestand. Die Strafandrohung wird für den Fall, dass die Begehung der Tat in hohem Maße als gefährlich einzustufen ist und deshalb eines der untenstehenden Merkmale erfüllt, erheblich erhöht:

  • Gift ist jede organische oder anorganische Substanz, die unter bestimmten Bedingungen durch ihr chemisches oder chemisch-physisches Wirken dazu geeignet ist, die Gesundheit zu beschädigen. Andere gesundheitsschädliche Stoffe sind solche, die durch mechanische oder thermische Wirkung in der Lage sind, einen pathologischen Zustand des Körpers hervorzurufen oder zu steigern. Darunter fallen unter anderen Bakterien, Viren, heiße Flüssigkeiten und gesplittertes Glas. Beibringen erfordert das Herstellen einer Verbindung zwischen dem Gift beziehungsweise dem anderen Stoff und dem Körper, so dass sich die gesundheitsschädigende Wirkung entfalten kann.
  • Als Waffe gelten Objekte, die nach Art ihrer Anfertigung nicht nur geeignet, sondern auch dazu bestimmt sind, Menschen durch ihre Wirkung zu verletzen. Sie bilden damit eine Untergruppe der gefährlichen Werkzeuge, womit alle Gegenstände gemeint sind, mit denen aufgrund ihrer objektiven Beschaffenheit und der konkreten Benutzungsweise erhebliche körperliche Verletzungen hervorgerufen werden können. So können bei entsprechender Anwendung auch eine Holzlatte oder ein Baseballschläger darunter fallen. Körperteile fallen nicht darunter, sehr wohl aber Prothesen, wenn sie als Schlagwerkzeug eingesetzt werden. Auch der beschuhte Fuß wird allgemein als gefährliches Werkzeug (wegen des Schuhs) angesehen. Nicht ausreichend ist auch das mittelbare Benutzen von körperlichen Gegenständen, wie das Schubsen gegen eine Mauer o.ä.
  • Ein hinterlistiger Überfall meint einen plötzlichen, unerwarteten Angriff auf einen Ahnungslosen (Überfall), wobei der Täter seine wahren Absichten planmäßig verdeckt, um dem Opfer die Abwehr zu erschweren (hinterlistig). Diese Alternative ist in der Regel auch dann verwirklicht, wenn der Täter Gift nach § 224 Abs. 1 Nr. 1 StGB einsetzt. Es ist erst dann ausgeschlossen, wenn von dem Gift aufgrund des Geruchs schon im Vorfeld (also bei Versuchsbeginn) Kenntnis genommen wird.
  • Mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich wird die Körperverletzung dann begangen, wenn der Täter am Tatort mit einer weiteren Person zusammenwirkt, die entweder als Mittäter oder Teilnehmer fungiert. Unbedingt erforderlich ist aber, dass der Mittäter oder Teilnehmer beim Angriff auch tatsächlich zugegen ist; denn der Angriff ist für das Opfer gerade deswegen gefährlicher, weil es sich einer Überzahl von Angreifern gegenübersieht und damit der Attacke noch hilfloser entgegensteht.
  • Eine das Leben gefährdende Behandlung liegt bei einer Einwirkung vor, die gemäß den konkreten Umständen in der Lage ist, das Leben des Opfers zu gefährden. Es reicht dabei nach ganz herrschender Ansicht die generelle Lebensgefährlichkeit. Eine tatsächliche Lebensgefährdung des Opfers muss nicht eintreten. Schläge an besonders gefährdete Stellen, wie Kehle oder Bauchbereich, die insbesondere im Hinblick auf Weichteilblutungen gefährdet sind, reichen somit aus. Eine davon abweichende Mindermeinung verlangt eine tatsächliche (konkrete) Lebensgefährdung. Der Vorsatz des Täters muss dabei nur die Umstände erfassen, die objektiv das Urteil der Lebensgefährlichkeit tragen, ohne selbst sein Vorgehen als lebensgefährdend einschätzen zu müssen; dann nämlich wäre in aller Regel schon Tötungsvorsatz gegeben.

Schwere Körperverletzung

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Die „schwere Körperverletzung“ nach § 226 StGB stellt einen weiteren Tatbestand dar, wobei es hier im Gegensatz zur "gefährlichen Körperverletzung" nicht um die Art und Weise der Begehung, sondern um Ausmaß und Erfolg der Tathandlung geht. Der Tatbestand nach Absatz 1 ist eine Erfolgsqualifikation, der Tatbestand nach Absatz 2 ist eine echte Qualifikation. Die genannten Folgen nach Abs. 1 müssen gemäß § 18 StGB wenigstens fahrlässig herbeigeführt worden sein:

  • Es muss folglich eine schwere Verletzungsfolge eingetreten sein, die dauerhaft ist. Sie muss nicht zwingend lebenslang bestehen, über die Heilungsaussichten muss aber Ungewissheit bestehen. Beim Sehvermögen ist zu differenzieren. Nach der Rechtsprechung sind Reduktionen des Sehvermögens auf 2-10% bereits ausreichend, um dieses Tatbestandsmerkmal ("Verlust des Sehvermögens") anzunehmen. Beim Gehör muss das Hörvermögen auf beiden Ohren verloren gegangen sein. Auch hier wird man ähnlich wie beim Sehvermögen eine "Pufferschwelle" zum vollständigen Hörverlust annehmen dürfen, dies muss jedoch beide Gehörgänge betreffen.

Die Fortpflanzungsfähigkeit betrifft lediglich die Zeugungs-, Empfängnis- und Gebärfähigkeit. Impotenz fällt nicht darunter (teilweise umstritten). Problematisch ist die Anwendung bei extremen Altersgruppen (Senioren und Kindern). Nach dem Schutzzweck der Norm entfällt dies zwar bei alten Menschen, wobei es auf den Einzelfall ankommen mag, bei Kindern kann das Merkmal trotz nicht entfalteter Fortpflanzungsfähigkeit gegeben sein.

  • Nach Nr. 2 soll ein wichtiges Körperglied verloren gehen. Dies bezieht sich nur auf die Extremitäten des Körpers, nach einer Auffassung sind dies solche, die mit Gelenken am Körper befestigt sind. Folglich Hände, Beine, Arme, bei Fingern wird differenziert, teilweise wird sogar individuell auf die Tätigkeit des Opfers abgestellt (Pianisten sind vom Verlust eines Fingers schwerer betroffen als Richter). Nicht dazu gehören damit Organe - äußere (Haut) wie innere. Damit ist die Vorschrift nach wohl ganz herrschender Auffassung missglückt. Der Verlust tritt ein, wenn auf Dauer das Glied nicht mehr gebrauchsfähig ist.
  • Die dauernde erhebliche Entstellung setzt eine gewisse Sichtbarkeit voraus. Verstümmelungen, die unter der Kleidung bedeckt bleiben, sollen aber ausreichen, da sie beim Baden oder beim Geschlechtsverkehr sichtbar werden. Die Beeinträchtigung muss erheblich sein, das heißt eine starke psychische Belastung für das Opfer bedeuten. Die Dauerhaftigkeit ist auch hier eine ungewisse Zeitspanne, in der der Zustand unverändert oder nur unbedeutend verbessert wird. Fraglich ist zwar, ob die medizinische Therapierbarkeit der Verletzung gegeben sein muss, diese Problematik ist aber eigentlich vom Wortlaut bereits abgelöst. An die dauernde Entstellung ist bereits bei Verletzungen des Kiefers nicht aber bei leicht überschüssiger Narbenbildung anzunehmen.
  • Der Absatz 2 enthält dagegen einen echten Qualifikationstatbestand (BGH 4 StR 327/00). Es muss eines der Merkmale des Abs. 1 vorliegen sowie auf innerer Tatbestandsseite mindestens sicheres Wissen oder zielgerichtetes Wollen der Tatbestandsverwirklichung. Probleme können sich dann wegen des unterschiedlichen Unwertgehaltes der einzelnen Alternativen ergeben, wenn ein Irrtum vorliegt.
  • Die Einwilligung ist bis zu einem gewissen Grade möglich, um Amputationen und Sterilisationen bei ärztlichen Heileingriffen zu rechtfertigen. Nach § 228 StGB wird die Einwilligung in anderen Fällen aber wegen der erheblichen Folgen sittenwidrig sein.

Zu beachten ist ferner, dass die schwere Körperverletzung ein Verbrechenstatbestand ist. Bei Tötungsversuchen liegt regelmäßig Tateinheit vor. Ebenfalls Tateinheit ist bei Verursachung der schweren Folge nach § 231 StGB mit der Beteiligung an einer Schlägerei zu denken.

Körperverletzung mit Todesfolge

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Auch § 227 StGB ist ein erfolgsqualifiziertes Delikt im Sinne des § 18. Geschützte Rechtsgüter sind gleichzeitig das menschliche Leben und die körperliche Unversehrtheit.

Tatbestand

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  1. Körperverletzung gem. § 223 Abs. 1
  2. Eintritt, Verursachung und Zurechnung der Todesfolge
  3. Spezifischer Gefahrzusammenhang zwischen Körperverletzung und Todeseintritt
  4. Mindestens Fahrlässigkeit hinsichtlich der Todesfolge

Körperverletzung im Amt

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Unter § 340 StGB und damit im Bereich der Amtsdelikte findet sich ein weiterer Qualifikationstatbestand, der die Strafandrohung für den Fall erhöht, dass der Täter ein Amtsträger ist.

Auch ist hier eine fahrlässige Körperverletzung möglich. Diese unterliegt allerdings dem Strafantrag nach § 230 StGB, falls die Staatsanwaltschaft kein "öffentliches Interesse" bejaht.

Rechtfertigungsgründe

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Neben den klassischen Möglichkeiten der Notwehr, des Notstandes und der Nothilfe scheidet eine Strafbarkeit gemäß § 228 StGB ebenfalls aus, wenn die Körperverletzung mit Einwilligung der verletzten Person geschieht und kein Verstoß gegen die guten Sitten vorliegt. Darunter fallen insbesondere ärztliche Behandlungen, die der Bundesgerichtshof immer als Körperverletzung ansieht, sie durch zumindest mutmaßliche Einwilligung aber rechtfertigt, die herrschende Rechtslehre jedoch als nicht tatbestandsmäßig ansieht, wenn sie nach den Regeln der ärztlichen Kunst vorgenommen wurde. Ebenso legitimiert werden hierdurch spezielle Sexualpraktiken (Sado-Masochismus), wobei es in diesem Zusammenhang juristische Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung des Begriffs "gute Sitten" gibt. Der BGH hat in einem Urteil vom 26. Mai 2004 (Aktenzeichen 2 StR 505/03) entschieden, dass die Strafbarkeit spätestens dann beginnt, wenn objektiv betrachtet eine konkrete Todesgefahr besteht.

Sonstiges

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  • Die fahrlässige Körperverletzung (§ 229 StGB) ist wie die einfache vorsätzliche Körperverletzung ein Antragsdelikt (§ 230 StGB). Das heißt, die Strafverfolgungsbehörden schreiten erst mit Stellung eines Strafantrags ein, sofern nicht das besondere öffentliche Interesse durch die Staatsanwaltschaft bejaht wird. Andernfalls wird das Opfer auf den Privatklageweg verwiesen.
  • Ein Spezialfall, der ebenfalls unter Körperverletzung fällt, ist das Vernichten von Spermaproben, die zur künstlichen Befruchtung vorgesehen sind.
  • Die Selbstverstümmelung wird vom Tatbestand der Körperverletzung nicht erfasst ("...wer eine andere Person..."), sie kann aber aufgrund anderer Rechtsnormen strafbar sein:
    • § 17 Wehrstrafgesetz - Selbstverstümmelung
    • § 109 StGB - Wehrpflichtentziehung durch Verstümmelung
    • § 265 StGB - Versicherungsmissbrauch

Konkurrenzen

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Die Körperverletzung ist notwendiges Durchgangsstadium jedes Tötungsdelkts, der Tötungsvorsatz beinhaltet daher den Körperverletzungsvorsatz. Die Körperverletzung tritt daher subsidiär hinter das vollendete Tötungsdelikt zurück. Bei der nur versuchten Tötung steht diese hingegen in Tateinheit mit der vollendeten Körperverletzung, um ihren Unrechtsgehalt gegenüber einer versuchten Tötung ohne Körperverletzung im Tenor des Urteils zu dokumentieren.

Fußnoten

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  1. Fischer, StGB, 58. Aufl. 2011, § 223 Rn. 3a
  2. Fischer, StGB, 58. Aufl. 2011, § 223 Rn. 6
  3. BGH NStZ-RR 2009, 50
  4. so ist Sado-Maso nur sittenwidrig, wenn eine erhebliche Gesundeitsgefahr besteht, BGHSt 49, 166; Besprechung in der ZJS