Examensrepetitorium Jura: StGB BT: § 123
Der Hausfriedensbruch ist die vorsätzliche Verletzung des verfassungsrechtlich geschützten Gutes der Unverletzlichkeit der eigenen Wohnung. Der Hausfriedensbruch ist - trotz seiner Einordnung in den 7. Abschnitt des StGB ("Straftaten gegen die öffentliche Ordnung") - ein Straftatbestand, der vorrangig das individuelle Hausrecht schützt und nur mittelbar die öffentliche Sicherheit schützt.[1]
Der Tatbestand umfasst neben dem Grundtatbestand (§ 123) auch die Qualifikation des schweren Hausfriedensbruches (§ 124 StGB).
Tatbestand
BearbeitenTatbestandmäßig ist das vorsätzliche Eindringen in oder das Sich-Nicht-Entfernen trotz Aufforderung eines Berechtigten aus Wohnungen, Geschäftsräumen und sonstigen befriedeten Besitztümern oder abgeschlossenen Räumen, die für Zwecke des öffentlichen Dienstes oder Verkehrs bestimmt sind. Auch das Zuwiderhandeln gegen ein bestehendes Hausverbot stellt einen Hausfriedensbruch dar.
Das befriedete Besitztum sind Bereiche, die in äußerlich erkennbarer Weise durch Umgrenzungen gegen willkürliches Betreten gesichert sind. Umstritten ist, wie stark der Befriedungsschutz sein muss (Mauer, Absperrung, Zaun). Auch bewegliche Sachen, die zum Aufenthalt von Menschen dienen, sind vom Tatbestand des Hausfriedensbruchs umfasst (Boote, Schiffe, Wagen eines Markthändlers, Wohnwagen). Dienen die beweglichen Sachen nicht in erster Linie zum Aufenthalt, so kommt ein Hausrecht allerdings nicht in Betracht ("normale" Kraftfahrzeuge). Zu diesem Merkmal liegt eine umfangreiche Kasuistik vor.
Für das Eindringen in einen Raum genügt bereits, dass der Täter des Delikts widerrechtlich einen Teil des Körpers in den befriedeten Bereich gelangen lässt. Ein Betreten mit dem gesamten Körper ist nicht notwendig; ausreichend ist schon der "Fuß in der Tür".[2] Grundsätzlich nicht vom strafrechtlichen Schutz umfasst werden Störungen, die noch außerhalb der Wohnung oder des Besitztums bzw. an dessen Rand stattfinden: Das Schlagen oder Treten gegen eine Tür sowie Störanrufe werden nicht vom gesetzlichen Tatbestand erfasst.
- Beispiele: A betritt ein Ladengeschäft in der Absicht, eine Straftat zu begehen. B versteckt sich bei Geschäftsschluss in einer Toilette.
Sachverhalte in denen das Verhältnis zwischen § 123 Variante 1 und Variante 2 problematisch ist, sind die Fälle des unvorsätzlichen, gerechtfertigten, entschuldigten Eindringens, wenn der Täter den Ort nicht nach Wegfall dieser die Strafbarkeit ausschließenden Merkmale verlässt.
- Beispiele: A betritt ein Hotelzimmer in der Meinung es sei sein eigenes. Nach kurzer Zeit bemerkt er den Fehler und verweilt trotzdem um seine Lieblingsserie im Fernsehen zu sehen.
- § 123 I Var. 1 (-), da vorsatzlos.
- § 123 I Var. 2 (-), da keine Aufforderung.
- Fraglich ist, ob A § 123 I Var. 1 durch Unterlassen verwirklicht.
- Für ein unechtes Unterlassen ist eine Garantenstellung erforderlich.
- Die Rspr. leitet die Garantenstellung aus dem Vorverhalten ab, d.h. der Eindringende muss beim Erkennen der Sachlage den widerrechtlichen Zustand wieder beseitigen. § 123 I, 2. Variante ist demgegenüber subsidiär.
- Die Lit. moniert, dass schon der Wortlaut auf ein tätigkeitsgebundenes Verhalten hindeutet „...Eindringen in ...“. Außerdem würde man durch solch eine Konstruktion den gesetzgeberischen Willen umgehen. Das „Verweilen“ ist eben nur unter den Voraussetzungen der 2. Variante strafbar, d.h. es muss zum Verlassen aufgefordert worden sein. Wobei zu beachten ist, dass an das Auffordern nicht zu hohe Anforderungen gestellt werden müssen. Diese können konkludent und vorab in der Beschränkung der Aufenthaltserlaubnis für einen bestimmten Zeitraum gesehen werden. Konsequenterweise würde A nach dieser Lösung straffrei ausgehen. Da dieses Ergebnis unbillig erscheint sollte doch der Rspr. gefolgt werden.
- Für ein unechtes Unterlassen ist eine Garantenstellung erforderlich.
Schwerer Hausfriedensbruch
BearbeitenEine Menschenmenge liegt vor, wenn eine räumlich zusammengeschlossene Personenmehrheit sich versammelt, die so groß ist, dass eine unmittelbare Kommunikation zwischen allen Mitgliedern nicht mehr möglich ist und die in ihrer Zusammensetzung nicht unmittelbar überschaubar ist, so dass es auf das Hinzukommen oder Weggehen Einzelner nicht mehr ankommt.[3]
Konkurrenzen
BearbeitenDer Hausfriedensbruch steht in Tatmehrheit zu bei Gelegenheit des Hausfriendensbruchs begangenen Delikten wie Diebstahl. Tateinheit liegt vor mit Delikten, die den Hausfriedensbruch selbst ermöglichen oder aufrecht erhalten sollen, wie z.B. mit Waffendelikten.[4] Der qualifizierte § 124 StGB kann tateinheitlich gegebenenfalls sogar mit Raubdelikten, andererseits aber auch mit Nötigung, Sachbeschädigung oder Körperverletzungsdelikten zusammenfallen.
Strafprozessrechtliches
BearbeitenDer Hausfriedensbruch ist in der Variante des Grundtatbestandes Privatklagedelikt nach § 374 Abs. 1 StPO und kann nach § 123 Abs. 2 StGB nur bei Vorliegen des Strafantrags des Verletzten oder dessen Angehörigen bestraft werden. Der Hausfriedensbruch ist nebenklagefähig nach § 395 StPO.