Erste Hilfe im Gelände/ Wundversorgung

Wundversorgung ist bereits in der klassischen Ersten Hilfe ein eigenes Thema für sich. Geht es dort um die Wundversorgung bis zum kurzfristigen Eintreffen des Rettungsdienstes oder um die Versorgung von so genannten Bagatellverletzungen, so geht es in diesem Artikel um eine tiefer gehende Betrachtung zum einen für all diejenigen, denen ein Rettungsdienst oder andere professionelle medizinische Hilfe nicht kurzfristig zur Verfügung steht. Zum anderen aber auch für diejenigen, die sich in feuchtwarmen Gebieten bewegen, wo sich selbst Bagatellverletzungen durch Infektion schnell zu sehr problematischen Verletzungen entwickeln können.

Grundlagen der Wundversorgung

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Grundregeln:

  • Die Versorgung von pulsierenden oder spritzenden Wunden muss so früh wie möglich erfolgen.
  • Immer so sauber wie möglich arbeiten.
  • Immer mit Einweghandschuhen arbeiten.
  • Wunde immer reinigen – Die nicht pulsierende oder spritzende Blutung einer Wunde sollte nicht so schnell wie möglich behoben werden, da durch diese Blutung Dreck aus der Wunde herausgespült wird. Ebenso kann die Wunde mit sauberem Trinkwasser ausgespült werden. Hierzu kann man ein kleines Loch in einen Einweghandschuh oder eine Tüte pieksen und den Handschuh oder die Tüte dann mit Wasser füllen. Mit dem Wasserstrahl, den man so erhält, lässt sich wunderbar eine Wunde ausspülen. Einzelne Körner Holzstücke oder was auch immer, die lose in der Wunde sind, sollten mit einer sauberen Pinzette entfernt werden.
  • Vorsicht vor Wunddesinfektionsmitteln – Wundsalben wie z. B. Betaisodona sollten nur verwendet werden, wenn der Verletzte sicher angibt, dass er das Präparat in der Vergangenheit gut vertragen hat und selber regelmäßig nutzt. Eine Alternative ist das Präperat Octenisept, das frei verkäuflich ist (d. h. nicht apothekenpflichtig), bei dem bisher keine ernsthaften Nebenwirkungen bekannt sind und das beim Aufbringen auf die Wunde nicht schmerzt.

Notfalls kann zur Wunddesinfektion (oder Pinzettendesinfektion) Alkohol (über 30 %) verwendet werden, da er Mikroorganismen abtötet. (Der Alkohol sollte mindestens 30 Sekunden einwirken können, also nicht gleich wegwischen). Ist dieser nicht vorhanden, kann zur Not auch Speichel benutzt werden, da dieser Lysozym enthält, welches Bakterien abtöten kann. (Muramidase)

Materialien zur Wundversorgung

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Abstrakt:

Generell unterscheiden wir in der Wundversorgung Materialien, die direkten Kontakt mit der Wunde haben, und jenen Materialien, die diese ersten Materialien befestigen. Alle Materialien, die direkten Kontakt mit einer Wunde haben, sollten sterile Materialien sein oder zumindest extrem sauber, das heißt auch frei von Waschmitteln.

Konkret:

Für die Wundversorgung benötigen wir sterile Kompressen und Verbände.

Einwegmaterial kontra mehrfach verwendbares Material:

Einwegmaterial hat den großen Vorteil, sehr sauber zu sein, und in den Bereichen, wo es zu einem direkten Kontakt zwischen Material und Wunde kommt, sind diese Materialien stets steril verpackt. Der Nachteil dieser Materialien ist jedoch, dass sie meistens kaum für eine 2. Anwendung geeignet sind und sich zum Beispiel nicht abkochen und wieder verwenden lassen. Die Wahl, wie viel Einwegmaterial man mitnimmt, sollte man von der Zeit abhängig machen, die man überbrücken muss, bis es zur professionellen Hilfe kommt, und von den logistischen Problemen, die aufgrund der Reiseart eintreten. Beispiele:
Der Rucksackreisende, der sich mit 3 bis 6 Tagen Überbrückungszeit auseinandersetzen muss, sollte möglichst wieder verwendbare Materialien mitnehmen, da er im Volumen und Gewicht seiner Ausrüstung sehr begrenzt ist. Das heißt im konkreten Beispiel, dass er sterile Gazekompressen und Idealbinden als Befestigungsmaterial mitnehmen sollte. Beides kann er wieder abkochen, wodurch die Materialien zwar nicht wieder steril werden, jedoch im Rahmen seiner Möglichkeiten vermutlich die praktikabelste Möglichkeit darstellen, um einen regelmäßigen Verbandwechsel zu ermöglichen.
Der Wohnmobilreisende, der sich 2 Tage entfernt von der nächsten medizinischen Einrichtung entfernt bewegt, kann natürlich ganz andere Mengen und damit auch Gewicht von Verbandsmaterialien mitnehmen. Hier sind dann auch Verbandpäckchen, wie sie aus den KFZ-Verbandskästen bekannt sind, interessant und stellen die vermutlich günstigste Variante zur Wundversorgung dar. Gleichzeitig ist es hier möglich, wesentlich sauberer zu arbeiten, und man kann stets sauberes und steriles Material benutzen, was eine höherwertigere Wundversorgung darstellt als der Notbehelf mit abgekochten Materialien des vorherigen Beispiels.
Es gibt natürlich auch eine Lösung zwischen den hier skizzierten Extremen, die darin besteht, ausreichend sterile Kompressen innerhalb der Gruppe zu verteilen und als Verband die wieder verwendbaren Idealbinden zu benutzen. Als Berechnungsgrundlage für den Bedarf an sterilen Kompressen hat sich die Formel „Notfallüberbrückungstage × 4“ bewährt. Diese Formel muss natürlich modifiziert werden, wenn man vorher überlegt hat, dass man nicht mit jeder „kleinen“ Schnittwunde zum Nähen gehen, sondern einen Großteil solcher Bagatellen selber versorgen will, um das Reiseziel nicht zu gefährden. Bei solchen Reisen sollte allerdings mindestens einer dabei sein, der ein wenig mehr gelernt hat als „nur“ erste Hilfe.

Klebende Verbände:

Wundschnellverband (im Volksmund auch Pflaster genannt) und elastische, selbstklebende Mullverbände (z. B. Fixomull) haben sich für kleinere Verletzungen vielfach bewährt. Zu beachten ist jedoch die immer häufigere vorkommende „Pflasterallergie“, die zum Teil zu sehr nervigen Hautausschlägen und Juckreizen führen kann. Die Klebekraft solcher Klebeverbände kann durch Benzoe-Tinktur (s. u.) gesteigert werden.
Eine Abhilfe bei Pflasterallergikern kann nur der gewickelte und nicht geklebte Verband bringen. So genannte Sensitivpflaster halten meist nur wenige Minuten und sind daher ihr Gewicht nicht wert, mitgeschleppt zu werden.
Gegebenenfalls kann der Pflasterverband durch einen Netzverband verstärkt werden.

Medikamente und Wundversorgung

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Wie bereits an anderer Stelle erwähnt, haben Medikamente grundsätzlich erstmal in der Ersten Hilfe nichts verloren. Verloren ist jedoch auch derjenige, der sich fernab der Zivilisation ohne eine geeignete Reiseapotheke bewegt. Dennoch gilt auch für die hier folgenden Tinkturen oder Salben, dass nur derjenige sie nutzen sollte, der weiß, dass er sie verträgt. Dies ist sehr wichtig, da es sogar Menschen gibt, die auf Betaisodona-Salbe allergisch reagieren und dadurch in noch viel größere Schwierigkeiten geraten können, als die eigentliche Verletzung, die versorgt werden sollte, bedeutet hätte.

  • Aspirin – häufig verwendetes Schmerzmittel, das jedoch, sobald man mit Wunden zu tun hat, vermieden werden sollte, da es die Gerinnungsfähigkeit des Blutes herunter setzt. Gleiches gilt auch für eine Großzahl an so genannten Kombipräparaten, in denen Acetylsalicylsäure, der Hauptbestandteil von Aspirin, enthalten ist. Zudem sind viele Menschen allergisch auf diese Art von Wirkstoff.
  • Paracetamol – ebenfalls ein häufig verwendetes Schmerzmittel, das jedoch keinen Einfluss auf die Gerinnungsfähigkeit des Blutes hat. Kann aber bei Überdosierung zu Leberschäden führen. Hilft auch gegen Fieber.
  • Betaisodona – sehr häufig verwendetes Wunddesinfektionsmittel, auf das jedoch ein Teil der Menschheit allergisch reagiert. Daher sollte es nur bei Menschen verwendet werden, die es in der Vergangenheit beschwerdefrei genutzt haben. Es gibt das Präparat in Salben- und Flüssigform. Erstere neigt besonders unter niedrigen Temperaturen dazu, etwas härter zu werden, so dass es etwas umständlich in der Wundversorgung wird. In Europa erhältliches Betaisodona ist mit einem Verfallsdatum versehen, da die Gesetze es so verlangen. Im Ausland sollte man sich jedoch nicht wundern, wenn man auf Tuben oder Flaschen ohne Verfallsdatum trifft, da dieses Medikament Keime vernichtet und damit sich selbst auch sauber hält (sog. Autosterilität).
  • Mercuchrom – ein Chrompräparat, das jedoch in der Variante als Flüssigkeit weniger weitere Bestandteile hat als Betaisodona. Mercuchrom eignet sich hervorragend zum Abgerben, also Trocknen von Wunden. Klassische Anwendung findet es bei oberflächlichen Schürfen und Ablederungen. Achtung jedoch vor Flecken in der Kleidung. Es geht wesentlich schlechter aus Textilien wieder heraus als Betaisodona. Mercuchrom ist leider aufgrund einiger diskutierter Nebenwirkungen vom deutschen Markt ersatzlos verschwunden. In Österreich und der Schweiz sollte es noch im Handel sein, allerdings findet man es auch häufig in Frankreich und Italien.
  • Wasserstoffperoxid – eignet sich nicht nur dazu, Haare blond zu färben, sondern bietet die Möglichkeit, durch Oxidation Wunden zu reinigen. In bestimmten Verdünnungen kann man damit auch Schleimhäute spülen. Das Desinfektionsmittel ist sehr günstig, weist aber nur eine geringe Wirktiefe auf. Gegen das Mittel an sich gibt es keine Allergien. Bei den verwendeten Stabilisatoren ist eine Allergie denkbar, wenn auch weniger wahrscheinlich als bei den anderen genannten Präparaten.
  • Benzoe-Tinktur – Benzoe ist ein Harz, Tinktur bedeutet in Alkohol gelöst. Es kann eingesetzt werden, um die Klebekraft von Wundschnellverbänden oder Wundnahtstreifen um ein Vielfaches zu erhöhen. Hierzu wird die Tinktur auf die Hautstellen aufgetragen, auf denen der Klebeverband kleben soll. Anschließend warten, bis es getrocknet ist und sich aller Alkohol verflüchtigt hat. Nun kann der Wundschnellverband oder Wundnahtstreifen aufgeklebt werden.
  • Antibiotika – Sie kommen dann zum Einsatz, wenn sich die Wunde doch entzündet. Es gibt antibiotische Salben, die lokal zum Einsatz kommen können, als auch Säfte und Tabletten zum Einnehmen. Hier hilft nur der Besuch beim Hausarzt weiter, da diese Medikamente ohnehin nur auf Rezept zu erhalten sind. Bei Reisen in extreme Witterungsverhältnisse (Hitze oder Kälte) ist es auch ratsam, sich mit lokalen medizinischen Einrichtungen in Verbindung zu setzen, um zu erfragen, welche Medikamente sich unter den dortigen Witterungsverhältnissen bewährt haben und welche nicht. Hier geht es dann direkt um exakte Präparatnamen und nicht mehr nur um Wirkstoffe, da Medikamente mit dem gleichen Wirkstoff, aber anderen Begleitstoffen unterschiedliche Reaktionen auf Temperaturen haben können. Alternativ kann man sich auch bei den Herstellerfirmen der Medikamente nach den Temperaturverträglichkeiten und den Ergebnissen so genannter Stresstests erkundigen, was jedoch aufgrund der vielen Präparate, die auf dem Markt existieren, zur Jagd nach der Nadel im Heuhaufen mutieren kann.

Wundversorgung mit Wundnahtstreifen

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Eine relativ einfache und Narben reduzierende Versorgung von Schnittwunden lässt sich mit Wundnahtstreifen (z. B. Steristrips) auch für den Laien realisieren.

  1. Nachdem die Wunde gereinigt, ggf. desinfiziert wurde und getrocknet ist, wird auf die intakten Hautpartien neben der Wunde Benzoe-Tinktur aufgetragen. Wird diese Tinktur nicht vertragen oder ist es unbekannt, ob sie vertragen wird, wird auf diesen Arbeitsschritt verzichtet.
  2. Wundnahtstreifen werden abwechselnd von links und rechts der Wunde quer zum Wundverlauf in ca. 1 cm Abständen aufgeklebt. Hierbei ist darauf zu achten, dass die Wundränder zueinander gezogen werden und ohne Falten zu werfen (dann ist der Zug zu groß) direkt nebeneinander zu liegen kommen.
  3. Sind alle Wundstreifen geklebt, klebt man im Idealfall mit Tape eine Art Sicherungsstreifen parallel zum Wundverlauf auf die Enden der Wundnahtstreifen. Dies gilt natürlich für beide Enden der Wundnahtstreifen.
  4. Anschließend kommt noch ein Verband mit steriler Wundauflage auf das Ganze drauf. Ist es eine Stelle, an der die Haut großer Bewegung ausgesetzt ist wie z. B. an Gelenken, so sollte das entsprechende Gelenk geschient werden, um eine Bewegung der Haut an der Stelle zu unterbinden.
  5. Der Verband (nicht die Wundnahtstreifen!!!) sollten 2 × täglich gewechselt werden. Hierbei ist der Heilungsverlauf zu begutachten. Tauchen eitrige Stellen an der Wunde auf, so sind die Wundnahtstreifen zu entfernen, die Wunde wieder zu öffnen und die Entzündung zu behandeln. In diesem Fall ist eine Narben reduzierende Wundversorgung mit Wundnahtstreifen fehlgeschlagen und der Verletzte wird eine Narbe in Kauf nehmen müssen.