Die Stringtheorie: Druckversion


Druckversion des Buches Die Stringtheorie – eine populärwissenschaftliche Einführung
  • Dieses Buch umfasst derzeit etwa ? DIN-A4-Seiten einschließlich Bilder.
  • Wenn Sie dieses Buch drucken oder die Druckvorschau Ihres Browsers verwenden, ist diese Notiz nicht sichtbar.
  • Zum Drucken klicken Sie in der linken Menüleiste im Abschnitt „Drucken/exportieren“ auf Als PDF herunterladen.
  • Mehr Informationen über Druckversionen siehe Hilfe:Fertigstellen/ PDF-Versionen.
  • Hinweise:
    • Für einen reinen Text-Ausdruck kann man die Bilder-Darstellung im Browser deaktivieren:
      • Internet-Explorer: Extras > Internetoptionen > Erweitert > Bilder anzeigen (Häkchen entfernen und mit OK bestätigen)
      • Mozilla Firefox: Extras > Einstellungen > Inhalt > Grafiken laden (Häkchen entfernen und mit OK bestätigen)
      • Opera: Ansicht > Bilder > Keine Bilder
    • Texte, die in Klappboxen stehen, werden nicht immer ausgedruckt (abhängig von der Definition). Auf jeden Fall müssen sie ausgeklappt sein, wenn sie gedruckt werden sollen.
    • Die Funktion „Als PDF herunterladen“ kann zu Darstellungsfehlern führen.

Dieser Text ist sowohl unter der „Creative Commons Attribution/Share-Alike“-Lizenz 3.0 als auch GFDL lizenziert.

Eine deutschsprachige Beschreibung für Autoren und Weiternutzer findet man in den Nutzungsbedingungen der Wikimedia Foundation.


Einleitung

Im Laufe des letzten Jahrhunderts haben eine Reihe von Physikern einige revolutionäre Arbeiten veröffentlicht und damit eine neue Ära in der Physik eingeleitet. Männer wie Planck, Einstein, Bohr, Feynman oder Heisenberg begründeten dadurch die moderne Physik, die die bisherige Weltanschauung völlig veränderte und schenkten der Menschheit zwei Formalismen, die es ermöglichen, das Universum und die Dinge darin präzise zu beschreiben.

Die allgemeine Relativitätstheorie lässt sich z.B. auf die Bewegung eines Fußballs, der Planeten um die Sonne und sogar die des gesamten Universums, also den Makrokosmos anwenden. Die Quantenmechanik beschreibt u.a. die Bewegung von Teilchen, das Verhalten der Materie auf kleinsten Größenskalen, also den Mikrokosmos. Diese beiden Modelle, die allgemeine Relativitätstheorie und die Quantenmechanik, bilden heute die Grundpfeiler der modernen Physik [1].

Sie veränderten das klassische Weltbild drastisch, so beendete die Relativitätstheorie das Bild eines statischen Raumes und einer festen Zeit (jedes Objekt im Universum hat seine eigene, geschwindigkeitsabhängige Zeit) und ersetzte dies durch eine statische Raumzeit. Die Quantenmechanik forderte ein noch radikaleres Umdenken, indem sie den Begriff der Wahrscheinlichkeit einführte. Nach der Unschärferelation ist es beispielsweise unmöglich, den Ort und den Impuls eines Teilchens gleichzeitig in einer bestimmten Richtung beliebig genau zu bestimmen [2]. D.h. je genauer man den Ort eines Teilchens kennt, desto unpräziser ist die Kenntnis seines Impulses [3]. Somit wurde dem Laplaceschen Determinismus ein tödlicher Stoß versetzt, während Wahrscheinlichkeit und Zufall Bestandteil der Physik wurden.

Nach einiger Zeit der Kritik[1] wurden diese beiden Theorien allgemein anerkannt und galten als so grundlegend, dass niemand daran gezweifelt hätte, dass sie das gesamte Universum bis ins Detail beschreiben würden. Ein Wermutstropfen blieb jedoch. Schon immer war das Ziel der Physik, die Natur auf einfachste Grundsätze zurückzuführen und verschiedene Teilgebiete miteinander zu verknüpfen. Nun gab es jedoch zwei Teiltheorien, die den Makrokosmos und den Mikrokosmos separat beschrieben, dennoch wäre es schöner, eine einzige Formel für das gesamte Universum zu haben. Das menschliche Bedürfnis nach Ästhetik und Einheitlichkeit forderte die Verbindung der allgemeinen Relativitätstheorie mit der Quantenmechanik, die absolute Formel des Universums, die Weltformel [66]. Die Suche danach entwickelte sich zum größten Ziel der modernen Physik und gleichzeitig zu ihrer größten Herausforderung.



  1. Einer der berühmtesten Kritiker der Quantentheorie war Albert Einstein: „Der Alte würfelt nicht“.



Entstehung der Stringtheorie

Der Konflikt zwischen allgemeiner Relativitätstheorie und Quantenmechanik

Die allgemeine Relativitätstheorie lässt sich wunderbar auf Objekte anwenden, die groß und massereich sind (z.B. Planeten), die Quantenmechanik auf sehr kleine Objekte (z.B. Elementarteilchen). Jede der beiden Theorien beschreibt ihr Gebiet sehr exakt, doch musste man Mitte des letzten Jahrhunderts feststellen, dass unter extremen Bedingungen, wie sie im Zentrum schwarzer Löcher auftreten oder während des Urknalls herrschten, und als Singularität bezeichnet werden, beide Theorien gleichzeitig angewendet werden (Die unendlich kleine Ausdehnung dieses Punktes bedarf der Anwendung der Quantenmechanik, die unendlich hohe Dichte und Masse, der Anwendung der allgemeinen Relativitätstheorie).

Schnell stellte man fest, dass dies zu unsinnigen Ergebnissen führte, die sich u.a. in Form von unendlichen Wahrscheinlichkeiten und in Nennern auftauchenden Nullen äußerten [4]. Der Konflikt der beiden Theorien erwächst aus dem Umstand, dass die allgemeine Relativitätstheorie auf einer glatten Raumzeit basiert, die Quantenmechanik aber aufgrund der Unschärferelation bei Größenskalen unterhalb der Plancklänge Quantenfluktuationen vorhersagt [5]. Die Raumzeit ist dann nicht mehr glatt, sondern stark gekrümmt und verzerrt, man spricht hier auch von „Quantenschaum“ [67]. Die Unvereinbarkeit der beiden großen Theorien zeigte den Forschern, dass die Physik auf der tiefsten Ebene nicht verstanden wurde, und viele waren der Überzeugung, es müsse eine einzige Theorie geben, die das gesamte Universum und die Prozesse darin genau beschreibt.

Zwei Anforderungen an eine neue Theorie seien hier erwähnt. Ein sehr wichtiger Punkt ist mathematischer Natur. Die Gleichungen der allgemeinen Relativitätstheorie sind nicht linear, während die Quantenmechanik (Quantenfeldtheorie) lineare Gleichungen hat. Dies beides in Einklang zu bringen, ist wahrscheinlich nicht trivial. Für schwache Gravitationsfelder gibt es zwar eine lineare Näherung der Einsteinschen Feldgleichungen. Aber bei starken Gravitationsfeldern benötigt man eben die vollen Gleichungen.

Nehmen wir einmal an, eines Tages gibt es eine einheitliche Theorie. Dann kommt das nächste Problem. Sämtliche (!) Experimente und Messungen müssen im Rahmen der Messgenauigkeit mit den theoretischen Berechnungen übereinstimmen. Auch dies dürfte eine große Herausforderung sein.

Viele ungeklärte Fragen

Einer solchen „Theory of Everything“ (TOE) werden große Anforderungen gestellt. Sie muss zum einen eine Quantenfeldtheorie sein, die die Gravitation mit einbezieht, zum anderen muss sie eine Antwort auf eine ganze Reihe von Fragen geben, die das Standardmodell bisher nicht beantworten kann:

  • Warum gibt es genau vier Grundkräfte und wieso haben sie sich aufgespaltet?
  • Warum gibt es genau drei Teilchenfamilien?
  • Wieso haben die Elementarteilchen genau die beobachtbaren Eigenschaften?
  • Warum gibt es so eine Fülle von Elementarteilchen im Universum?
  • Was ist dunkle Materie bzw. dunkle Energie?
  • Weshalb kam es im frühen Universum zu Dichtefluktuationen, die zur Entstehung von Sternen und Galaxien führten?
  • Was ist die Substruktur von Quarks und Leptonen?
  • Weshalb gibt es genau drei Raumdimensionen und eine Zeitdimension? [68]
  • Wie entstanden Raum und Zeit? [69, S.32]

Die Geburt der Stringtheorie

Ende der 60er Jahre entdeckte der italienische Forscher Gabriele Veneziano durch ein Jahr lang andauernde Forschung, dass eine 200 Jahre alte Gleichung, die Eulersche Betafunktion, die starke Kernkraft genau zu beschreiben schien [70, S.3]. Jedoch hatte er keine Erklärung dafür, warum sie dies tat.

1970 lieferten Wissenschaftler die Erklärung, indem sie die stark wechselwirkenden Teilchen als eindimensionale Fäden („Strings“) darstellten, was allgemein allerdings nicht mit Begeisterung aufgenommen wurde. Zu dieser Zeit wurde die Quantenchromodynamik entwickelt, die so bemerkenswerte Erfolge bei der klassischen, auf Teilchen basierenden Beschreibung der starken Kraft erzielte, dass das Konzept der Strings in Vergessenheit geriet.

Die Physiker John Schwarz und Joël Scherk arbeiteten jedoch weiter an der so genannten Stringtheorie und erkannten, dass es sich nicht um eine quantenmechanische Theorie der starken Kraft, sondern der Gravitation handelte[1]. Die Stringtheorie sagte ein masseloses Teilchen mit Spin 2 vorher, was genau die Bedingung für das vom Standardmodell vorausgesagte, bisher noch nicht experimentell nachgewiesene Graviton ist [7]. Zusammen mit Michael Green machte sich Schwarz daran, die Anomalien der Stringtheorie zu beseitigen, was ihnen 1984 gelang. Diesmal war die Reaktion heftig. Innerhalb kurzer Zeit wuchs die Zahl der Stringforscher von einer Hand voll auf mehrere Hundert [70, S.6]. Die erste Superstringrevolution hatte begonnen [8].



  1. Dies folgt aus der räumlichen Ausdehnung eines Strings, da ein eindimensionales Objekt sich im Gegensatz zu einem Punktteilchen der Krümmung der Raumzeit anpassen muss.



Schwingende Teilchen

Grundzüge der Stringtheorie

 

Vor ca. 2400 Jahren wurde im antiken Griechenland erstmals die Vermutung geäußert, die Welt bestehe aus unteilbaren Teilchen, den Atomen (griechisch „a-tomos“ = unteilbar). Knapp 2200 Jahre später wurde diese Idee wieder aufgegriffen [71], doch im Laufe der Zeit stellte man fest, dass sich Atome in noch kleinere Bestandteile zerlegen lassen, in Elektronen und einen Atomkern. Dieser wiederum besteht aus Protonen und Neutronen, die sich ihrerseits aus jeweils drei Quarks zusammensetzen. Diese Teilchen, Elektronen und Quarks, gelten als elementar und lassen sich nicht weiter zerlegen, sind also die kleinsten bekannten Bausteine der Materie. Bisher wurden Elementarteilchen nach dem Standardmodell als nulldimensionale, punktförmige Objekte aufgefasst, die weder räumliche Ausdehnung, noch innere Struktur besitzen [68].

 
 
 

Im Gegensatz dazu behauptet die Stringtheorie, dass Teilchen doch eine räumliche Ausdehnung besitzen, nämlich in Form von kleinen, schwingenden, unendlich dünnen, also eindimensionalen Saiten, die jedoch so klein sind, dass sie aus der Entfernung als Punktteilchen erscheinen. Nach der Stringtheorie entspricht jedes Teilchen (auch Eichbosonen) einem bestimmten Schwingungsmodus eines Strings [9]. Veranschaulichen lässt sich dies an einer Gitarrensaite: Jeder erzeugte Ton entspricht einer bestimmten Frequenz, mit der die Saite schwingt. Analog dazu erzeugen die verschiedenen Schwingungsmuster[1] eines Strings verschiedene Eigenschaften von Teilchen, wie z.B. Masse, Ladung, Spin, usw., wobei immer eine ganze Zahl von Wellenbergen und –tälern auf die Länge des Strings passt [10] [11]. Dies lässt sich gut am Beispiel der Teilchenmasse darstellen: Die Energie eines bestimmten Schwingungsmusters hängt von seiner Amplitude und Wellenlänge ab. Je größer die Amplitude und je kleiner die Wellenlänge, desto größer die Energie (Quantenmechanische Beziehung nach Einstein:  ). Aus der Relativitätstheorie geht hervor, dass Masse und Energie zwei Seiten der gleichen Medaille sind (Relativistische Beziehung ebenfalls nach Einstein:  ), folglich legt die Energie des Schwingungsmusters die Masse des Strings fest. Schwere Teilchen beruhen demnach auf Strings, die heftiger, also mit höherer Energie schwingen und umgekehrt [68] [12]. Ein String kann auf zwei verschiedene Arten schwingen, man unterscheidet hier zwischen den gerade erläuterten gewöhnlichen Schwingungen und so genannten Schwerpunktschwingungen. Letztere bezeichnen die Bewegung eines Strings, die seine Position aber nicht seine Form verändern [68] und werden erst später eine Rolle spielen. Im Prinzip kann ein String unendlich viele Schwingungen ausführen und somit theoretisch eine unendliche Zahl verschiedener Teilchen entstehen lassen. Somit liefert die Stringtheorie auf elegante Weise eine Erklärung für die Vielfalt an bekannten Teilchen. In der Stringtheorie unterscheidet man zwischen relativistischen und nichtrelativistischen Strings, wobei letztere eine Wellengeschwindigkeit   weit unterhalb der Lichtgeschwindigkeit besitzen. Bei diesen Strings gilt typischerweise für die Wellenlänge:

 

und somit für die Frequenz:

 ,

wobei   die Länge des Strings und   die ganzzahlige allgemeine Lösung der eindimensionalen Wellengleichung ist [72]. Das Bemerkenswerte an der Stringtheorie ist, dass viele Lösungen von Problemen (z.B. das gerade beschriebene Problem der Fülle an Teilchen) einfach eine logische Konsequenz aus ihr sind. Wie zuvor erläutert entdeckten Schwarz und Scherk in den 70er Jahren, dass eines der Stringschwingungsmuster genau den Eigenschaften des Gravitons entspricht, so dass die Gravitation in den quantenmechanischen Rahmen der Stringtheorie mit einbezogen wird [14]. Des Weiteren stellte sich, als man Eigenschaften von Strings bezüglich der Raumzeit untersuchte, überraschenderweise heraus, dass sich die Gleichungen der allgemeinen Relativitätstheorie völlig von selbst, d.h. ohne eine einzige der Gleichungen vorauszusetzen, aus der Stringtheorie ergaben. So konnte auch die Raumzeit elegant in den stringtheoretischen Rahmen eingegliedert werden [15]. Wie eine Gitarrensaite, so hat auch ein String eine gewisse Spannung, allerdings eine sehr viel höhere. Für die

 
Schwerpunktschwingung eines Strings

Stringspannung gilt:

 

mit

  [16].

Ein Schwingungsmuster mit einer hohen Spannung besitzt mehr Energie als ein gleiches mit geringerer Spannung. Die Masse eines Strings hängt also neben der Art seiner Schwingung auch von seiner Spannung ab. Wie Schwarz und Scherk zeigen konnten, entspricht die Spannung des Gravitons der Planckspannung, woraus folgt, dass ein typischer String die Größe der Plancklänge hat [17]. Dies ist entscheidend für die Vereinheitlichung von allgemeiner Relativitätstheorie und Quantenmechanik (Punkt 3.5).

Offene und geschlossene Strings

Strings können eine offene oder geschlossene Form besitzen. Offene Strings haben zwei lose Enden, während Stringschleifen in sich geschlossen sind [18]. Im Folgenden wird ausschließlich von geschlossenen Strings ausgegangen, die Bedeutung von offenen Strings wird ab Punkt 7.1 behandelt.

Zu viel Energie

Die enorme Spannung, die Strings besitzen, erweist sich auf den ersten Blick als problematisch. Die durch die Schwingungsmuster ausgedrückten Energien sind immer ganzzahlige Vielfache von kleinsten Energiewerten, die, wie Berechnungen zeigen, der Stringspannung proportional sind. Weil diese so gewaltig ist, sind auch die Mindestenergien sehr groß, sie sind Vielfache der Planckenergie. Da Energie sich in Masse umwandeln lässt und umgekehrt, bedeutet dies, dass auch die entsprechenden Massenäquivalente typischer Strings enorm sind, viel größer als z.B. die Massen der Teilchen aus den 3 Teilchenfamilien. Sie sind Vielfache der Planckmasse. Wie kann also die Stringtheorie die Eigenschaften der bekannten Teilchen erklären, wenn die typische Masse eines Strings z.B. um den Faktor   größer als die Masse des Elektrons, oder um den Faktor   größer als die des Protons ist [20]? Mit der Zeit wurden mehrere Strategien entwickelt, um dieses Problem zu lösen. Eine Erklärung dafür ist der Umstand, dass schwere Teilchen ziemlich instabil sind und nach kurzer Zeit in viele, leichtere Teilchen mit geringen Massen zerfallen. Das gilt vermutlich auch für Strings, so dass, wenn überhaupt, nur noch sehr wenige dieser im frühen Universum entstandenen massereichen Strings existieren [21]. Eine andere Lösung bietet die Unschärferelation. Sie besagt, dass alles im Universum Quantenbewegungen unterworfen ist, so auch ein String. Es zeigte sich, dass die Energien der Quantenschwingungen im Bezug auf die Schwingungsenergien eines Strings negativ sind und sie sich gegenseitig aufheben. Die Energie eines Strings wird somit ungefähr um den Betrag der Planckenergie reduziert. Da die energieärmsten Stringschwingungsmuster in etwa Energien besitzen, die der Planckenergie entsprechen, werden diese fast vollständig ausgelöscht. Übrig bleiben geringe Energien und dazugehörige Massenäquivalente, die den Werten der bekannten Bosonen und Fermionen ähnlich sind. Im Falle des Gravitons heben sich die Energien vollkommen auf, so dass das Teilchen, wie erwartet, keine Masse besitzt. Da ein String jedoch wie erwähnt in der Lage ist, in unendlich vielen Arten zu schwingen, stellen diese energiearmen Schwingungsmuster eine Besonderheit dar, wohingegen typischere Strings viele Millionen mal energie- und massereicher sind [22]. Aufgrund der extrem hohen Energien, die zur Entdeckung solch schwerer Teilchen nötig sind, wurden diese bis heute noch nicht entdeckt.

Wechselwirkungen von Strings

 
Punktteilchenwechselwirkung von Elektron und Positron
 
Vereinigung zweier geschlossener Strings
 
Vereinigung und anschließende Aufteilung zweier geschlossener Strings

Im Standardmodell wird die Wechselwirkung von Teilchen durch Eichbosonen erklärt, die zwischen diesen übertragen werden und deren Bahnen verändern. In der Stringtheorie hingegen wechselwirken Strings miteinander, indem sie sich zu einem einzigen String vereinigen oder sich in weitere aufteilen [68]. Dies lässt sich an einem Beispiel verdeutlichen: In der Quantenmechanik kann es vorkommen, dass sich ein Elektron-Positron-Paar gegenseitig vernichtet und ein virtuelles Photon erzeugt, welches eine kurze Strecke zurücklegt und anschließend seine Energie wieder freisetzt, indem es ein neues Elektron-Positron-Paar erzeugt, jedoch mit veränderten Richtungen. Im Kontext der Stringtheorie betrachtet bedeutet dies, dass sich die beiden Strings (  und  ) zu einem dritten String zusammenschließen, welcher dem Photon entspricht. Dieser legt einen kurzen Weg zurück und teilt sich anschließend wieder in zwei Strings (  und  ) auf [23]. Aufgrund des winzigen Maßstabs erscheinen Stringinteraktionen jedoch aus der Entfernung wie der Austausch von Eichbosonen [68]. Da ein String zu jedem Zeitpunkt eine bestimmte Position im Raum einnimmt, lässt sich seine Geschichte als Fläche in der Raumzeit, als „Weltfläche“ in Form einer Röhre, bzw. „Weltvolumen“ darstellen [24] [73]. Somit kann auch die Wechselwirkung von Strings als Weltvolumen dargestellt werden.

Verschmelzung von allgemeiner Relativitätstheorie und Quantenmechanik

 
Feynman Diagramm: Wechselwirkung von Punktteilchen aus der Sicht zweier sich in Relativbewegung zueinander befindenden Beobachter
 
Wechselwirkung von Strings aus der Sicht zweier sich in Relativbewegung zueinander befindenden Beobachter

Wie bereits erläutert, erwächst der Konflikt der beiden Theorien aus der Tatsache, dass die allgemeine Relativitätstheorie auf einer glatten Raumzeit basiert, während die Quantenmechanik besagt, dass alles im Universum Quantenfluktuationen unterworfen ist, die bei immer kleineren Abständen immer heftiger werden. Bei Abständen unterhalb der Plancklänge gelten die Gesetze der Relativitätstheorie nicht mehr, weil die Raumzeit schwankt und heftigsten Fluktuationen ausgesetzt ist. Da die Teilchen des Standardmodells punktförmig also nulldimensional sind, können sie in Abstände unterhalb der Plancklänge „eintauchen“ und die Quantenfluktuationen erfassen. Die Stringtheorie ist in der Lage dieses Problem zu umgehen, der Schlüssel dazu ist die räumliche Ausdehnung von Strings. Da diese typischerweise die Größe der Plancklänge besitzen und die fundamentalen Bausteine des Universums sind, gibt es keine Möglichkeit, Abstände unterhalb der Plancklänge zu erfassen. Es treten zwar Quantenfluktuationen auf, allerdings in einem Maße, welches die Gültigkeit der Relativitätstheorie bewahrt. Der fatale Quantenschaum ist also nicht messbar und somit nicht mehr relevant. Nun ist es aber so, dass bei Punktteilchen eine Erhöhung ihrer Energie zu einer Verkürzung ihrer Quantenwellenlänge führt, womit die Sondierung immer feinerer physikalischer Strukturen möglich wird. Dies könnte zu der Überlegung führen, eine Erhöhung der Energie eines Strings führe ebenfalls zu der Fähigkeit, in immer kleinere Bereiche des Raums vorzudringen. Es konnte jedoch nachgewiesen werden, dass eine Erhöhung der Energie eines Strings über den Wert hinaus, der für die Sondierung im Bereich der Plancklänge erforderlich ist, den String zum Größenwachstum veranlasst, was seine Fähigkeit, kurze Abstände zu erfassen, verringert [25]. Die Stringtheorie vermeidet allerdings noch aus einem anderen Grund die fatalen Quantenfluktuationen. Geht man wie im Standardmodell von Punktteilchen aus, so finden ihre Wechselwirkungen an einem bestimmten Punkt in der Raumzeit statt. Befinden sich zwei Beobachter in Relativbewegung zueinander, so sind sie sich einig über den Ort der Wechselwirkung, da diese an einem einzigen Punkt der Raumzeit zusammengepfercht ist. Wenn die Kraft der Wechselwirkung die Gravitation ist, so ergeben sich die oben erwähnten unendlichen Resultate [28]. Dies vermeidet die Stringtheorie. Die Interaktion von Strings kann als Weltröhre dargestellt werden, deren räumliche Ausdehnung dazu führt, dass zwei sich in Relativbewegung zueinander befindende Beobachter sich nicht einigen können, an welchem Punkt der Raumzeit die Interaktion stattfindet. Dadurch wird der Ort der Wechselwirkung „verwischt“, da diese nicht mehr auf einen einzigen Punkt in der Raumzeit konzentriert ist. Somit vermeidet die Stringtheorie die unendlichen Resultate und reduziert die katastrophalen Auswirkungen der Quantenfluktuationen bei Abständen unterhalb der Plancklänge soweit, dass die Gravitation in einen quantenmechanischen Rahmen eingegliedert werden kann [68]. Die Stringtheorie schafft also die lang erhoffte Verbindung von allgemeiner Relativitätstheorie und Quantenmechanik als Quantenfeldtheorie der Gravitation und ist somit heißer Kandidat für eine TOE.



  1. Strings können sowohl transversal als auch longitudinal schwingen [13], im Folgenden werden longitudinale Schwingungen jedoch vernachlässigt.



Supersymmetrie

Die bosonische Stringtheorie

Die erste Version der Stringtheorie, die Anfang der 70er Jahre entstand, wird als bosonische Stringtheorie bezeichnet. Der bosonische String hat im einfachsten Fall die Wirkung

  ,

wobei   die Weltfläche des Strings,   und   die Raumzeitkoordinaten des Strings,   und   die Raumzeitkoordinaten von   und   die auf   definierte zweidimensionale Metrik ist [63] [72] [87]. Bei der bosonischen Stringtheorie stießen die Forscher jedoch auf einige kolossale Probleme. Wie der Name schon andeutet, existierten in ihr nur Bosonen, d.h. es tauchten nur Stringschwingungsmuster mit ganzzahligem Spin auf. Somit war sie nicht in der Lage, Materie zu beschreiben.

Des Weiteren sagte sie das Tachyon voraus, ein Teilchen mit negativer Masse, das sich mit Überlichtgeschwindigkeit bewegt und dessen Existenz bis heute umstritten ist [74]. Darüber hinaus funktionierte diese Theorie nur, wenn man nicht von 4, sondern von 26 Raumzeitdimensionen ausging. Einige dieser Voraussagen waren absolut inakzeptabel und hätten beinahe das Ende für die Stringtheorie bedeutet, doch das Blatt wendete sich, als kurz darauf die so genannte Supersymmetrie entdeckt wurde [46].

Superpartner

In den 70er Jahren stießen Forscher auf eine hypothetische neue Form der Symmetrie, die Supersymmetrie. Diese besagt, dass Fermionen und Bosonen sich ineinander umwandeln können, also eine "Symmetrie" zwischen ihnen herrscht. Jedes Elementarteilchen muss also einen Superpartner besitzen[75]. Die beiden Superpartner müssen sich um den Spin   unterscheiden. Als man versuchte, die Supersymmetrie auf das Standardmodell zu übertragen, stellte man jedoch fest, dass keines der bekannten Teilchen als Superpartner für ein anderes in Frage kam. Jedes Teilchen musste demnach einen noch unbekannten Superpartner besitzen. Statt also die bekannten Teilchen zu erklären, verlangte die Supersymmetrie eine ganze Reihe neuer Teilchen, was auf den ersten Blick den Eindruck erweckt, eine Einführung der Supersymmetrie in die Physik sei äußerst unvorteilhaft. Es gibt jedoch einige Gründe, die dafür sprechen [68]. Aufgrund dieser Supersymmetrie fiel es den Physikern leichter, Fermionen in die bisher nur bosonische Stringtheorie einzugliedern. Stringtheorien, die also supersymmetrisch sind, nennt man Superstringtheorien.

Gründe für die Supersymmetrie

Die Supersymmetrie beseitigte einige schwerwiegende Probleme, mit denen sich die bosonische Stringtheorie herumschlagen musste. Wie bereits erläutert, konnten nun auch Materieteilchen in die Stringtheorie eingegliedert werden, zudem kam das überlichtschnelle Tachyon in der Superstringtheorie nicht mehr vor. Darüber hinaus benötigte sie nun nicht mehr 25, sondern „nur“ noch 9 Raumdimensionen [46]. Doch auch im Standardmodell ließen sich eine Reihe von Problemen mit Hilfe der Supersymmetrie lösen.

Quantenfluktuationen sorgen dafür, dass bei gewissen physikalischen Prozessen die Werte der Parameter extrem genau (weniger als   % Abweichung) abgestimmt werden müssen, damit sich keine Unendlichkeiten ergeben. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass das Universum nur bei solch exakten Werten funktioniert. Es hat sich gezeigt, dass die Beiträge von Bosonen und Fermionen sich gegenseitig aufheben. Da in der Supersymmetrie beide Teilchenarten in Paaren vorkommen, kommt es von vornherein zu Aufhebungen und die Fluktuationen werden beträchtlich reduziert. Die Parameter müssen nicht mehr so exakt bestimmt werden, somit ist ein supersymmetrisches Universum wahrscheinlicher [75].

Ein weiterer wichtiger Grund für die Supersymmetrie ist die Vereinheitlichung der nichtgravitativen Kräfte, die „große Vereinigung“. 1974 stellte man fest, dass sich die Stärken der elektromagnetischen, der schwachen und der starken Kernkraft bei extrem kleinen Abständen einander annähern. Dies liegt an den Quantenfluktuationen. Die Feldstärke eines Elektrons beispielsweise wird verwischt, weil um das tatsächliche Teilchen herum viele Teilchen-Antiteilchen-Paare entstehen. Nähert man sich nun dem Elektron, so durchdringt man diese „Wolke“ von Teilchen-Antiteilchen-Paaren, was zu einer Zunahme der elektrischen Feldstärke führt.

Wie sich gezeigt hat, verhält es sich bei den Kernkräften genau entgegengesetzt. Untersucht man deren Feldstärken bei immer kürzeren Abständen, so nehmen diese aufgrund der Quantenfluktuationen ab. Bei extrem kleinen Abständen (ca.   m) werden die nichtgravitativen Kräfte fast, aber nicht ganz gleich [29]. Bezieht man hingegen die Supersymmetrie in die Berechnungen mit ein, so bewirken die Beiträge der Superpartner, dass die Kräfte sich exakt in einem Punkt treffen und somit auf eine Urkraft zurückzuführen sind [75]. Da bis heute noch keine Superpartner nachgewiesen werden konnten, geht man davon aus, dass diese sehr massereich, und deshalb nur schwer nachweisbar sind [76].

Weblink:   Supersymmetrie




Eigenschaften der Raumzeit in der Stringtheorie

Verborgene Dimensionen

Wie zuvor bereits erwähnt funktioniert die Stringtheorie nur, wenn sie in einer zehndimensionalen Raumzeit formuliert wird. Genauer gesagt benötigt sie neun Raumdimensionen und eine Zeitdimension, was allerdings in krassem Widerspruch zu unserer Alltagserfahrung und den experimentellen Daten steht, wo wir nur drei Raumdimensionen (Länge, Breite und Höhe) wahrnehmen, also eine vierdimensionale Raumzeit. Wie kann die Stringtheorie nun die Kluft zwischen Theorie und Experiment überwinden?

Die Kaluza-Klein-Theorie

 
Eine aufgewickelte Dimension an jedem Punkt der Raumzeit
 
Zwei Dimensionen zu einer Kugel aufgerollt
 
Zwei Dimensionen zu einem Torus aufgerollt

Schon vor knapp hundert Jahren äußerte der damals unbekannte deutsche Physiker Theodor Kaluza die Idee, unser Universum könnte eine zusätzliche Raumdimension besitzen, die wir aber nicht wahrnehmen können [70, S.7]. 1919 schickte er Einstein einen Brief, in dem er dessen Gravitationstheorie mit der Maxwellschen Theorie des Elektromagnetismus vereinigte, indem er eine fünfte Dimension einführte[1] (Kaluza ging also von vier Raumdimensionen und einer Zeitdimension aus). In Anlehnung an frühere Arbeiten behauptete er, elektromagnetische Wellen seien Störungen, die durch die Krümmung dieser fünften Dimension hervorgerufen werden [31]. Einstein gefiel die Idee, jedoch veröffentlichte er, nachdem ihm gewisse Zweifel überkamen, Kaluzas Arbeit erst zwei Jahre später. Die Sache hatte allerdings einen Haken. Alle wissenschaftlichen Experimente hatten bisher ausnahmslos ein Universum mit drei Raumdimensionen bestätigt. Wo also befand sich diese fünfte Dimension [32]?

Eine Antwort darauf lieferte 1926 der schwedische Physiker Oskar Klein, der behauptete, die zusätzliche Dimension sei winzig klein und zu einem Kreis mit dem Radius der Plancklänge aufgewickelt [33]. Dies lässt sich an einem Beispiel verdeutlichen:

Aus einer gewissen Entfernung betrachtet erscheint ein Faden eindimensional, er besitzt also nur Ausdehnung entlang seiner Länge. Würde nun ein kleiner Käfer auf dem Faden krabbeln, so könnte er sich demnach nur in einer Dimension, nämlich nach links oder rechts, bewegen. Bei näherer Betrachtung allerdings wird noch eine zweite Dimension sichtbar, der Faden besitzt eine gewisse Dicke. Diese zweite Dimension ist zu einem Kreis mit kleinem Radius aufgewickelt und wird erst sichtbar, wenn man den Faden aus sehr kurzer Entfernung betrachtet. Somit wird klar, dass der Käfer nicht nur nach links oder rechts, sondern auch um den Faden herum krabbeln kann. Die beiden Dimensionen unterscheiden sich also: Während die eine zu einem winzigen Kreis aufgewickelt ist, ist die andere lang und ausgedehnt [34] [68] [70, S.8].

An diesem Beispiel wird deutlich, dass Dimensionen in zwei verschiedenen Arten vorkommen können, nämlich kompaktifiziert oder ausgedehnt. Laut Klein ist das Universum ähnlich der Oberfläche eines Fadens. Während die drei beobachtbaren räumlichen Dimensionen lang und ausgedehnt sind, ist die vierte räumliche Dimension klein und kompaktifiziert und somit derzeit (und in absehbarer Zeit) mit unseren Messgeräten nicht nachweisbar. Könnten wir in kleinste Bereiche vordringen, so würden wir feststellen, dass sich an jedem Punkt der Raumzeit eine aufgewickelte fünfte Dimension befindet. Diese Theorie war damals völlig neu, wurde jedoch zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt veröffentlicht, da zu dieser Zeit gerade die Quantentheorie entstand, welche so bemerkenswerte Erfolge bei der Beschreibung der nichtgravitativen Kräfte erzielte, dass die Kaluza-Klein-Theorie für die nächsten 60 Jahre in Vergessenheit geriet, bis Stringtheoretiker sie wieder hervorkramten [35].

Weblink:   Kaluza-Klein-Theorie

Calabi-Yau-Mannigfaltigkeiten

 
Strings auf der Oberfläche einer Kugel oder eines Torus
 
Calabi-Yau-Mannigfaltigkeit
 
Calabi-Yau-Mannigfaltigkeiten an jedem Punkt der Raumzeit

In der Kaluza-Klein-Theorie ist eine fünfte Dimension zu einem Kreis mit dem Radius der Plancklänge aufgewickelt. Nach diesem Schema lassen sich jedoch noch weitere (im Prinzip unendlich viele) Dimensionen kompaktifizieren. Hätte das Universum beispielsweise zwei versteckte Dimensionen, so wären diese entweder in Form einer Kugel oder eines Torus aufgewickelt. (Zu beachten ist hierbei jedoch, dass die Kugeloberfläche ein höheres Maß an Symmetrie besitzt als die eines Torus. Strings, die sich auf einer Kugeloberfläche bewegen, lassen sich in beliebig andere transformieren. Strings, die sich auf einem Torus bewegen, können entweder um das Loch oder nicht um das Loch gewunden sein (siehe Punkt 5.2) und lassen sich auch nicht gegenseitig ineinander transformieren, was einen Symmetriebruch bewirkt [68].) Nach diesem Prinzip sind auch die sechs zusätzlichen Dimensionen der Stringtheorie aufgewickelt. Das Besondere daran ist, dass sich die Anzahl der Dimensionen automatisch aus ihren Gleichungen ergibt[2]. Darüber hinaus bestimmen diese auch die Form, in der die Zusatzdimensionen aufgewickelt sind, nämlich so genannte Calabi-Yau-Mannigfaltigkeiten oder Calabi-Yau-Räume (benannt nach ihren Entdeckern Eugenio Calabi und Shing-Tung Yau [37]).

Ähnlich wie bei der gerade erläuterten Kompaktifizierung von einer oder zwei Dimensionen befinden sich an jedem Punkt der Raumzeit die sechs zusätzlichen Dimensionen aufgewickelt in Form von Calabi-Yau-Mannigfaltigkeiten [68]. Weil diese so klein sind, konnten wir sie bisher nicht entdecken, da Strings jedoch die Größe der Plancklänge besitzen, schwingen sie auch in den sechs zusätzlichen Dimensionen, was deren Eigenschaften natürlich maßgeblich beeinflusst. Es gibt allerdings mehrere zehntausend verschiedene Calabi-Yau-Mannigfaltigkeiten, die für den extra-dimensionalen Teil der Raumzeit in Frage kommen, und bis heute weiß niemand, welche davon die Richtige ist. Noch nicht einmal deren exakte Größe ist bekannt. Die Form der Calabi-Yau-Mannigfaltigkeit bestimmt aber in höchstem Maße die Schwingungen der Strings und somit deren Teilcheneigenschaften, was die Entdeckung des richtigen Calabi-Yau-Raums zu einer Notwendigkeit macht [38]. Es gibt jedoch einen Aspekt, der die Zahl der in Frage kommenden Calabi-Yau-Mannigfaltigkeiten reduziert.

Wie bereits erwähnt, ist eine der großen Fragen der Physik die nach dem Grund der Existenz dreier Teilchenfamilien. Die Stringtheorie bietet hierfür eine Antwort. Ein Calabi-Yau-Raum kann Löcher enthalten, die ihrerseits eine Vielzahl verschiedener Dimensionen besitzen können. Wie sich gezeigt hat, ist jede Teilchenfamilie mit so einem mehrdimensionalen Loch assoziiert[3], woraus folgt, dass der Calabi-Yau-Raum, zu dem die Zusatzdimensionen aufgewickelt sind, drei Löcher besitzen muss. Somit folgt die Zahl der Teilchenfamilien in unserem Universum aus der Form der aufgewickelten Extradimensionen [39]. Eines der größten Ziele in der Stringtheorie ist nun, die exakte Form des Calabi-Yau-Raums zu bestimmen.

Weblink:   Calabi-Yau-Mannigfaltigkeit

Windungen von Strings

 

Im Gegensatz zu den Punktteilchen des Standardmodells, können Strings sich auf zwei verschiedene Arten durch aufgewickelte Dimensionen bewegen. Man unterscheidet hier zwischen gewundenen und nichtgewundenen Strings, wobei erstere um die kompaktifizierten Dimensionen gewickelt sind. Diese gewundenen Strings besitzen die gleichen Eigenschaften wie nichtgewundene, haben aber im Gegensatz zu ihnen eine Mindestmasse, die von der Größe der kreisförmigen Dimensionen und ihrer Windungszahl abhängt. Die Windungszahl eines Strings bezeichnet die Anzahl seiner Windungen um die kompaktifizierte Dimension, wobei das Vorzeichen die Richtung festlegt [40] [68]. Da der Umfang eines Kreises direkt proportional zu seinem Radius ist, ist die Mindestmasse und somit auch die Mindestenergie eines gewundenen Strings direkt proportional zum Radius der kreisförmigen Dimension. Dies hat weitreichende Konsequenzen [40].

Die Geometrie des Universums bei kleinen Abständen

Die Energie eines Strings wird von zwei Faktoren bestimmt, seiner Windungsenergie und, wie bereits dargelegt, der Art seiner Schwingung[4]. Wie zuvor erwähnt, ist die Schwingung eines Strings immer eine Kombination aus gewöhnlicher Schwingung und Schwerpunktschwingung. Nach der Unschärferelation verfügen die Anregungen der Schwerpunktschwingung eines Strings über Energien, welche dem Radius der kompaktifizierten Dimension umgekehrt proportional sind, da ein kleinerer Radius den String stärker eingrenzt und so den Energiegehalt seiner Bewegung erhöht. Ein großer Radius bedeutet also große Windungs- und kleine Schwingungsenergien, ein kleiner Radius kleine Windungs- und große Schwingungsenergien von Strings [68].

R = 10
Schwingungszahl Windungszahl Gesamtenergie
1 1 1/10 + 10 = 10,1
1 2 1/10 + 20 = 20,1
1 3 1/10 + 30 = 30,1
1 4 1/10 + 40 = 40,1
2 1 2/10 + 10 = 10,2
2 2 2/10 + 20 = 20,2
2 3 2/10 + 30 = 30,2
2 4 2/10 + 40 = 40,2
3 1 3/10 + 10 = 10,3
3 2 3/10 + 20 = 20,3
3 3 3/10 + 30 = 30,3
3 4 3/10 + 40 = 40,3
4 1 4/10 + 10 = 10,4
4 2 4/10 + 20 = 20,4
4 3 4/10 + 30 = 30,4
4 4 4/10 + 40 = 40,4
R = 1/10
Schwingungszahl Windungszahl Gesamtenergie
1 1 10 + 1/10 = 10,1
1 2 10 + 2/10 = 10,2
1 3 10 + 3/10 = 10,3
1 4 10 + 4/10 = 10,4
2 1 20 + 1/10 = 20,1
2 2 20 + 2/10 = 20,2
2 3 20 + 3/10 = 20,3
2 4 20 + 4/10 = 20,4
3 1 30 + 1/10 = 30,1
3 2 30 + 2/10 = 30,2
3 3 30 + 3/10 = 30,3
3 4 30 + 4/10 = 30,4
4 1 40 + 1/10 = 40,1
4 2 40 + 2/10 = 40,2
4 3 40 + 3/10 = 40,3
4 4 40 + 4/10 = 40,4

Der entscheidende Punkt ist nun folgender: Für Windungsenergien bei einem großen Kreisradius gibt es gleich große Schwingungsenergien eines entsprechenden kleinen Radius und für Windungsenergien bei einem kleinen Radius existieren entsprechend große Schwingungsenergien eines großen Radius. Da die physikalischen Eigenschaften eines Strings von seiner Gesamtenergie (der Summe aus Windungs- und Schwingungsenergie) abhängen, gibt es physikalisch keinen Unterschied zwischen diesen beiden Radien [41].

Dies wird nun an einem Beispiel verdeutlicht, wobei der Radius der kompaktifizierten Dimension hier das Zehnfache bzw. ein Zehntel der Plancklänge sein soll. Bei R = 10 sind die Beiträge der Windungsenergien Vielfache von 10 und die der Schwingungsenergien Vielfache von 1/10, bei R = 1/10 sind die Beiträge der Windungsenergien Vielfache von 1/10 und die der Schwingungsenergien Vielfache von 10. Anhand der Schwingungszahl, der Windungszahl und des Radius lässt sich also die Gesamtenergie eines Strings ermitteln. Wie die Tabellen zeigen, bleibt die Gesamtenergie gleich, wenn man die Windungszahl und die Schwingungszahl vertauscht. Dies gilt für jeden beliebigen Radius und seinen reziproken Wert und für eine beliebige Anzahl kompaktifizierter Dimensionen [41][5].

Das lässt folgende unglaubliche Schlussfolgerung zu: In einem Universum mit dem Radius R sind Massen und Ladungen[6] der Teilchen identisch mit denen in einem Universum mit dem Radius 1/R. Da die Physik maßgeblich von diesen beiden Größen bestimmt wird, sind diese geometrisch so ungleichen Universen physikalisch nicht zu unterscheiden [41] [68]. Nach der Stringtheorie ist unser Universum also identisch mit einem Universum, dessen ausgedehnte kreisförmige Dimensionen Radien von   Plancklängen besitzen[7].

Wie kann jedoch z.B. unser Sonnensystem in so ein kleines Universum hineinpassen, wo doch Strings, die fundamentalen Bausteine der Natur, die Größe der Plancklänge besitzen und somit kleinere Bereiche nicht sondieren können? Die Untersuchung der Art und Weise, wie man Entfernungen im Universum misst, liefert die Antwort. Nichtgewundene Strings können den vollständigen Radius R einer kompaktifizierten Dimension sondieren, da sie sich auf ihr frei bewegen können. Gewundene Strings hingegen können auch Abstände in einem dualen Raum mit dem Radius 1/R messen.

Wenn man nun mit Strings den Radius einer kreisförmigen Dimension misst, dann messen nichtgewundene R und gewundene 1/R [68] [87]. Wir benutzen im Alltag deshalb nur eine der beiden Messmethoden, weil die andere außerordentlich schwer durchzuführen ist, da die auf ihr beruhenden gewundenen Strings aufgrund der Proportionalität ihrer Mindestmasse zum Radius unseres Universums viel zu schwer sind. Bei Abständen unterhalb der Plancklänge werden die nichtgewundenen Strings aufgrund der Unschärferelation nun schwerer als die gewundenen, so dass letztere zur Entfernungsmessung verwendet werden. Die Frage also, wie unser Sonnensystem in ein so kleines Universum hineinpassen soll, beinhaltet zwei verschiedene Entfernungsbegriffe und ist somit sinnlos [42].

Die Tatsache verschiedener Methoden zur Entfernungsmessung führt zu einer bemerkenswerten Konsequenz. Es gibt eine Hypothese, die besagt, dass die Expansion des Universums irgendwann stoppt und in eine Kontraktion umschlägt, bis das Universum im großen Endkollaps auf die Größe Null zusammenstürzt. Untersucht man die letzten Momente vor dem Kollaps im Kontext der Stringtheorie, so stellt man Verblüffendes fest: Während das Universum schrumpft, werden die gewundenen Strings leichter (da die kompaktifizierten Dimensionen kleiner werden) und die nichtgewundenen aufgrund der Unschärferelation schwerer. In dem Moment, wo der Radius des Universums die Plancklänge erreicht, haben Windungs- und Schwingungsmoden der Strings ähnliche Massen und beide Methoden zur Messung von Entfernungen lassen sich anwenden. Sobald das Universum weiter schrumpft, werden die nichtgewundenen Strings erheblich schwerer als die gewundenen, so dass letztere nun zur Entfernungsmessung angewendet werden müssen.

Da diese 1/R messen und der Radius kleiner als die Plancklänge ist, beschreiben diese nun ein Universum mit einem Radius, der größer als die Plancklänge ist und weiter anwächst. Das Universum federt bei der Größe der Plancklänge demnach zurück und expandiert wieder. Da also ab der Plancklänge die leichtere Methode zur Entfernungsmessung wechselt, wird ein Kollaps bis zur Größe Null und die damit verbundenen mathematischen Probleme vermieden [42]. Dieser Zusammenhang zwischen Universen mit den Radien R und 1/R wird als T-Dualität bezeichnet.

An dieser Stelle sei noch einmal betont, dass die vorangegangenen Überlegungen nur gelten, wenn man davon ausgeht, dass die vier ausgedehnten Alltagsdimensionen zu einem riesigen Kreis mit einem Radius von ca. 15 Milliarden Lichtjahren aufgerollt sind. Der experimentelle Beweis steht bis heute leider aus.

Risse in der Raumzeit

 
Weltvolumen eines Strings umhüllt Riss in der Raumzeit

Die räumliche Ausdehnung von Strings hat eine interessante Auswirkung auf die Raumzeit. Da die allgemeine Relativitätstheorie auf einer glatten Raumzeit basiert, schließt sie von vornherein die Möglichkeit von Löchern und Rissen im Universum aus. Bei einer auf Punktteilchen basierenden Theorie gibt es keine Möglichkeit, dieses Prinzip zu umgehen, allerdings hat der Physiker Edward Witten 1993 gezeigt, dass in der Stringtheorie Risse in der Raumzeit durchaus vorkommen können[8].

Das liegt daran, dass sich Strings entweder wie Punktteilchen am Riss entlang bewegen, diesen aber auch umwinden können, so dass ihr Weltvolumen diesen umschließt. Wie Witten zeigen konnte, schirmt ein solcher String das Universum gegen die katastrophalen Folgen dieses Risses ab. Nach dem Physiker Richard Feynman legt ein Teilchen (also auch ein String) auf seinem Weg von A nach B alle möglichen Wege gleichzeitig zurück. Sollte die Raumzeit also reißen, so müssen auch die Wege (im Prinzip unendliche viele) von Strings berücksichtigt werden, die den Riss umschließen, auch wenn sich zu diesem Zeitpunkt keine Strings in der Nähe befinden. Die Beiträge dieser Wege heben die katastrophalen Auswirkungen des Risses exakt auf [43]. Somit können im Universum jederzeit Risse auftreten, was Spekulationen über Wurmlöcher und Zeitreisen auf einer physikalischen und mathematischen Grundlage ermöglicht.



  1. Genauer gesagt schrieb er den Riemannschen Maßtensor in fünf Dimensionen nieder, so dass dieser neben der ursprünglichen vierdimensionalen Metrik Einsteins auch Maxwells elektromagnetisches Feld enthielt [30].
  2. Genauer gesagt wird die Zahl der Zusatzdimensionen durch die verallgemeinerte Ramanujan-Funktion bestimmt, da die Freiheitsgrade der Strings durch den Wert gewisser Exponenten (24, im verallgemeinerten Fall 8) dieser Funktion + 2 festgelegt sind [36].
  3. Genauer gesagt sind die oben aus Gründen der Anschaulichkeit so bezeichneten „Löcher“ Orte in einer Calabi-Yau-Mannigfaltigkeit, an denen sich offene Strings überschneiden und mathematisch gesehen eine Lösung der Dirac-Gleichung darstellen. Dort befinden sich die Strings des Standardmodells [87].
  4. Die Stringenergie wird daneben noch von anderen Faktoren wie z.B. der Stringspannung bestimmt, was hier jedoch vernachlässigt wird.
  5. Bisher wurden nur Schwerpunktschwingungen, jedoch keine gewöhnlichen Schwingungen berücksichtigt. Es hat sich aber gezeigt, dass letztere nicht vom Radius der aufgewickelten Dimensionen abhängen.
  6. Diese beiden Größen werden neben der Gesamtenergie auch noch durch die Energieniveaus der einzelnen Windungs- und Schwingungszustände bestimmt. Bei einer kompaktifizierten Dimension mit dem Radius R liegen die Energieniveaus der Schwingungszustände der Strings dicht beisammen, weil die entsprechenden Wellenlängen groß sein können, während die Energieniveaus der Windungszustände weit auseinander liegen. Beim Radius 1/R ist es genau umgekehrt. Da in beiden Fällen die Energieniveaus die gleichen sind, liefern sie die gleichen Massen und Ladungen der mit ihnen assoziierten Teilchen [64].
  7. Dies und die folgenden Überlegungen gelten nur, wenn die vier ausgedehnten Raumzeitdimensionen unseres Universums auch zu Kreisen aufgewickelt sind. Diese hätten dann einen Radius von ca. 15 Milliarden Lichtjahren, weshalb wir ihre kreisförmige Natur nicht beobachten können [68].
  8. Genauer gesagt kann es in der Stringtheorie vorkommen, dass eine Sphäre im Inneren eines Calabi-Yau-Raums schrumpft und diesen soweit „einschnürt“, bis er reißt. Ein solcher Vorgang wird in der Physik als „topologieverändernder Übergang“ bezeichnet [44].



M-Theorie

Die letzten Seiten dieses Buches befassten sich im Wesentlichen mit den Ergebnissen der ersten Superstringrevolution. 1995 hielt der Physiker Edward Witten vor einer Gemeinschaft von Stringtheoretikern aus aller Welt einen wegweisenden Vortrag, der die zweite Superstringrevolution auslöste. Deren erstaunliche Ergebnisse werden nun auf den folgenden Seiten zusammengefasst.

Weblink:   M-Theorie

Fünf verschiedene Stringtheorien

Trotz aller Eleganz besitzt die Stringtheorie einen Schönheitsfehler. In den letzten Jahren wurden nicht eine, sondern fünf verschiedene Superstringtheorien entwickelt, die im Wesentlichen die gleichen Eigenschaften besitzen, sich aber im Detail unterscheiden. Sie werden bezeichnet als Typ I, Typ IIA, Typ IIB, heterotisch mit Eichgruppe E8 × E8 (kurz E-heterotisch) und heterotisch mit Eichgruppe SO(32) (kurz O-heterotisch)[1] [45].

Die Stringtheorie vom Typ I enthält neben geschlossenen auch offene Strings, besitzt aber den Fehler, dass sie nicht chiral ist, d.h., dass sie nicht zwischen „rechtshändigen“ und „linkshändigen“ Fermionen unterscheidet [2]. Die Theorie vom Typ IIB ist chiral, besitzt aber im Gegensatz zum Typ IIA, die ihrerseits nicht chiral ist, keine Eichbosonen [46]. Die heterotischen Stringtheorien vereinigen bosonische und supersymmetrische Strings auf eine sehr exotische Weise. Auf einem heterotischen String bewegen sich die Quantenzahlen der Bosonen als Wellen in eine Richtung, während sich die der Fermionen in die entgegengesetzte Richtung bewegen [47] [48]. Besonders interessant ist die heterotische Stringtheorie mit der Eichgruppe E8 × E8, da sie alle drei Symmetriegruppen des Standardmodells

 

und somit ihre entsprechenden Eichbosonen enthält, womit sie das Universum am besten zu beschreiben scheint [46]. Bis 1995 sah es so aus, als gäbe es fünf verschiedene Teiltheorien in der Stringtheorie, was allerdings ein Widerspruch zu ihrem Anspruch war, das Universum mit einer einzigen Theorie zu beschreiben. Dies gab vielen Physikern Grund zur Beunruhigung, bis im Frühjahr 1995 Edward Witten mit einem bahnbrechenden Vortrag die Welt der Strings auf den Kopf stellte [49].

Dualität

Wittens Vortrag stützte sich vor allem auf das Prinzip der Dualität. In der Physik wird dieser Ausdruck für Theorien verwendet, die unterschiedlich erscheinen, jedoch trotzdem dieselbe Physik beschreiben, wobei man zwischen trivialer und nichttrivialer Dualität unterscheidet. Von trivialer Dualität ist die Rede, wenn z.B. eine Theorie in Deutsch und Englisch verfasst ist. Durch das Umwandeln von deutscher Sprache in englische ändert sich nichts an den Eigenschaften der Theorie. Ergeben sich durch die Übersetzung von einer Theorie in eine andere neue physikalische Erkenntnisse oder zumindest eine Vereinfachung der ihr zugrunde liegenden mathematischen Strukturen, so spricht man hingegen von nichttrivialer Dualität [50].

Witten erkannte, dass die fünf Stringtheorien zueinander nichttrivial dual sind und letztendlich nur Teilaspekte einer einzigen umfassenden Theorie darstellen, der so genannten M-Theorie.

T-Dualität

Die T-Dualität verbindet zwei Theorien miteinander, die Universen beschreiben, deren kompaktifizierte Dimensionen den Radius R und 1/R besitzen, indem sie Windungs- und Schwingungsmoden von Strings austauscht (vgl. Punkt 5.3). Witten konnte zeigen, dass die Stringtheorien vom Typ IIA und IIB ebenso wie die beiden heterotischen Theorien auf diese Weise zueinander dual sind, sie lassen sich also ineinander umwandeln. Nimmt man z.B. den reziproken Kompaktifizierungsradius eines Universums, das auf Strings vom Typ IIA basiert, und tauscht deren Windungs- und Schwingungsmoden aus, so erhält man ein Universum, dessen Physik von der Stringtheorie vom Typ IIB beschrieben wird [77].

S-Dualität

Eine weitere Form von Dualität ist die S-Dualität. Um diese genauer erläutern zu können, muss zunächst die so genannte String-Kopplungskonstante eingeführt werden.

Störungsrechnung

Die Gleichungen der Stringtheorie sind so kompliziert, dass niemand in der Lage ist, deren genaue Form zu bestimmen. Vielmehr müssen Näherungsgleichungen verwendet werden, die die Berechnungen zwar erheblich erleichtern, aber wie der Name schon sagt, nur eine Näherung der exakten Gleichungen darstellen. Hierzu bedienen sich die Stringphysiker der so genannten Störungsrechnung. Wie im Punkt 3.4 erläutert, wechselwirken Strings miteinander, indem die sich zu einem String vereinigen und anschließend wieder in einzelne aufteilen. Die Quantenmechanik sagt jedoch voraus, dass vorübergehend String-Antistring-Paare entstehen können, indem sie sich innerhalb der von der Unschärferelation vorgegebenen Zeit Energie „borgen“ und diese wieder abgeben.

Diese so genannten virtuellen Stringpaare können die Wechselwirkung der ursprünglichen Strings maßgeblich beeinflussen und müssen deshalb in die Gleichungen mit einbezogen werden. Weil nach der Quantenmechanik unendlich viele String-Antistring-Paare entstehen können, müssten auch unendlich viele Schleifen-Diagramme zum eigentlichen Wechselwirkungsprozess hinzuaddiert werden, um diesen exakt zu beschreiben. Da dies unmöglich ist, wird innerhalb eines störungstheoretischen Rahmens näherungsweise angenommen, dass Stringwechselwirkungen als Null-Schleifen-Prozesse (d.h. ohne den Einfluss von String-Antistring-Paaren) stattfinden [51].

Die String-Kopplungskonstante

 
Wechselwirkungsprozess mit Korrekturen

Jede physikalische Theorie hat ihre eigene Kopplungskonstante, die die Stärke der zugrundeliegenden Kraft beschreibt. Eine größere Kopplungskonstante bedeutet eine größere Kraft und umgekehrt [77] [78]. Die Kopplungskonstante in der Stringtheorie ist jedoch ein Maß für die Wahrscheinlichkeit, mit der sich ein String vorübergehend in ein virtuelles Stringpaar aufteilt. Ist sie kleiner als 1, so wird die Wahrscheinlichkeit, mit der ein solches Paar entsteht umso kleiner, je größer die Zahl der Schleifen im Diagramm ist. Dies bedeutet, der Null-Schleifen-Prozess beschreibt als Näherung die tatsächliche Wechselwirkung sehr genau. Ist die String-Kopplungskonstante jedoch größer als 1, so wächst die Wahrscheinlichkeit einer solchen Splittung mit der Anzahl der Schleifen, so dass die Beiträge der Schleifendiagramme den Wechselwirkungsprozess derart heftig beeinflussen, dass der Null-Schleifen-Prozess als Näherung völlig unzulässig ist.

Bislang ist die Größe der String-Kopplungskonstanten noch nicht genau bekannt, was eines der größten Probleme der Stringtheorie darstellt, da sie die Gültigkeit der Störungsrechnung und die Massen bzw. Energien der Strings maßgeblich beeinflusst [68].

Aussagen über die Eigenschaften eines auf Strings basierenden Universums lassen sich nur bei schwacher Kopplung (d.h. Kopplungskonstante < 1) machen. Allerdings konnte gezeigt werden, dass sich unter gewissen eingeschränkten Voraussetzungen bei starker Kopplung (d.h. Kopplungskonstante ≥ 1), Teilchen mit bestimmten Eigenschaften, so genannte BPS-Zustände, bestimmen lassen. Somit hatte man die Möglichkeit, exakte Aussagen über einen (wenn auch nur geringen) Teil der physikalischen Eigenschaften bei starker Kopplung zu treffen. Anhand dieser BPS-Zustände konnte Edward Witten mit Hilfe von Joe Polchinski Mitte der 90er Jahre nachweisen, dass die physikalischen Eigenschaften der Stringtheorie vom Typ I bei starker Kopplung exakt mit denen der O-heterotischen Stringtheorie bei schwacher Kopplung übereinstimmen [52].

Ein Beispiel soll dies verdeutlichen: Wasser und Eis sehen auf den ersten Blick wie zwei völlig unterschiedliche Stoffe aus. Fällt jedoch die Temperatur von Wasser auf unter 0° C, so verwandelt es sich in Eis. Analog dazu wird Eis zu Wasser, wenn dessen Temperatur 0° C übersteigt. Somit stellt man fest, dass Wasser und Eis nur zwei verschiedene Zustände ein und desselben Stoffs sind.

 
Dualitäten zwischen den Stringtheorien

Ebenso verhält es sich mit der Stringtheorie vom Typ I und der O-heterotischen Theorie. Zunächst sieht es so aus, als seien beide Theorien völlig unterschiedlich. Nimmt jedoch die Kopplungskonstante der O-heterotischen Theorie einen Wert ≥ 1 an, so ist deren Physik identisch mit der, die die Theorie vom Typ I bei einer Kopplungskonstante < 1 beschreibt, und umgekehrt. Wie bei der Transformation von Wasser und Eis, lassen sich die beiden Theorien ineinander umwandeln, wenn sich die Werte der jeweiligen Kopplungskonstante umkehren [3]. Des Weiteren stellte sich heraus, dass die Stringtheorie vom Typ IIB selbstdual ist. Die physikalischen Eigenschaften der Theorie bei starker Kopplung entsprechen exakt deren Eigenschaften bei schwacher Kopplung [4]. Alles in Allem war dies ein umwerfendes Ergebnis. Mit einem Schlag konnte man die Physik der beiden Stringtheorien bei starker Kopplung genau beschreiben, indem man auf den jeweiligen dualen Partner und dessen Physik bei schwacher Kopplung zurückgriff [52]. Diesen Zusammenhang zwischen Theorien mit schwacher und starker Kopplung bezeichnet man als S-Dualität.

Supergravitation

In den Jahren vor der Entdeckung der Stringtheorie versuchte man die allgemeine Relativitätstheorie und die Quantenmechanik im Rahmen einer auf Punktteilchen basierenden Quantenfeldtheorie zu vereinen [54]. Durch Einbeziehung der Supersymmetrie erreichte man, wie im Punkt 4.2 gezeigt, eine Abdämpfung der Quantenfluktuationen durch die Beiträge der Superpartner. Diese Erweiterung des Standardmodells wird als Supergravitation bezeichnet. Wie sich zeigte, kam man dem Ziel der Vereinheitlichung sehr nahe, wenn man diese nicht in vier, sondern in zehn oder elf Raumzeitdimensionen formulierte, wobei letztere am verheißungsvollsten war. Letzten Endes jedoch, scheiterte sie an zahlreichen mathematischen Problemen und Unstetigkeiten und blieb als supersymmetrische Quantenfeldtheorie der Gravitation erfolglos [68].

Wie bereits erläutert, verhalten sich Strings bei niederenergetischen Prozessen wie Punktteilchen, da die Erfassung ihrer räumlichen Ausdehnung extrem hoher Energien bedarf. Somit lassen sich bei solchen Vorgängen Punktteilchentheorien als Näherung verwenden, die allerdings bei höherenergetischen Prozessen ihre Gültigkeit verlieren. In den 80er Jahren erlebte die zehndimensionale Supergravitation ein plötzliches Comeback, als man feststellte, dass gerade diese die für die niederenergetischen Prozesse in Frage kommende Punktteilchennäherung darstellt. Genauer gesagt gibt es vier verschiedene Supergravitationstheorien, von denen eine die Niederenergie-Punktteilchennäherung der Stringtheorie vom Typ I und der O-heterotischen Theorie, die anderen drei die der Theorien vom Typ IIA, IIB und der E-heterotischen Theorie darstellt. Nun hatte es den Anschein, als gäbe es keine Möglichkeit, die elfdimensionale Supergravitation in die Stringtheorie einzugliedern, weshalb sie von den meisten als „mathematische Kuriosität“ abgestempelt wurde [54]. Edward Witten sollte sie eines anderen belehren.

Weblink:   Supergravitation

Die elfte Dimension

 
Erhöhung der Kopplungskonstante beim E-Heterotischen String
 
Erhöhung der Kopplungskonstante beim String vom Typ IIA
 
Dualitäten mit M-Theorie
 
Vereinigung der Grundkräfte

Mit seinem Vortrag setzte Edward Witten die gesamte Stringgemeinschaft in Erstaunen. Zum einen konnte er zeigen, dass die verschiedenen Stringtheorien durch Dualitäten miteinander verknüpft sind, zum anderen führte er eine elfte Dimension in die Stringtheorie ein, die es ihm ermöglichte, die elfdimensionale Supergravitation in einen string-theoretischen Rahmen einzugliedern.

Wittens Ansatz war folgender: Erhöht man die Kopplungskonstante des Strings vom Typ IIA oder des E-heterotischen Strings, so erscheint eine weitere Raumdimension, die zuvor niemand entdeckt hatte. Der E-heterotische String wächst zu einer zweidimensionalen offenen Membran an, während der String vom Typ IIA zu einer geschlossenen Membran (Torus) anwächst. Das ist die gesuchte elfte Dimension[5], die es ermöglicht, die elfdimensionale Supergravitation mit der Stringtheorie zu verbinden. Bei nieder-energetischen Prozessen erscheinen diese Objekte als Punktteilchen. Da sie eine zusätzliche Raumdimension besitzen, stellt deren Niederenergie-Punktteilchennäherung die elfdimensionale Supergravitation dar. Durch diesen Zusammenhang lassen sich nun alle Stringtheorien miteinander verknüpfen und es ergibt sich ein einheitliches Gebilde, die elfdimensionale M-Theorie. Die Bedeutung des „M“ ist bisweilen ungeklärt, es gibt jedoch viele Interpretationen, wie z.B. Membrane, Mystery, Mother, Millennium, Multiverse, Matrix[6] oder ein umgedrehtes W für Witten [68].

Obwohl die M-Theorie bis heute den Forschern Rätsel aufgibt, lassen sich aus ihr bemerkenswerte Eigenschaften von Strings, der Raumzeit und des gesamten Universums ableiten. Eine davon erwächst aus dem Umstand, dass nun nicht mehr nur von kleinen Kopplungskonstanten ausgegangen werden muss. Das führt dazu, dass sich die Gravitation mit den anderen drei Kräften vereinen lässt, was davor nicht möglich war. Somit schafft die M-Theorie als erste Theorie überhaupt die Vereinheitlichung der vier Grundkräfte [68]. Eine der weitreichendsten Konsequenzen jedoch, die sich aus ihr ergeben, ist die Erkenntnis, dass die fundamentalen Bausteine des Universums nicht ausschließlich eindimensionale Strings sind, sondern mehrdimensionale Objekte, so genannte Branes.


  1. Aufgrund der mathematischen Komplexität, ist die Wirkung der nichtbosonischen Stringtheorien nicht angegeben (Wirkung des bosonischen Strings in Punkt 4.1).
  2. W- und Z-Bosonen wechselwirken auf unterschiedliche Weise mit Fermionen, die sich durch ihre Spinorientierung unterscheiden.
  3. Genauer gesagt gilt für die Kopplungskonstante der Theorie vom Typ I   und die der O-heterotischen Theorie   :   bzw.   [53].
  4. Genauer gesagt gilt für die Kopplungskonstante der Theorie vom Typ IIB  :   [53].
  5. Es sei angemerkt, dass sich diese Raumdimension von den übrigen neun in erheblichem Maße unterscheidet. Während ein String in den anderen neun Raumdimensionen schwingt und sich in ihnen bewegen kann, hängt diese elfte Dimension ausschließlich mit der Struktur des Strings zusammen. Sie hat also keinen Einfluss auf die Gültigkeit der bisher erörterten Eigenschaften der Stringtheorie.
  6. Nach einer neuen Interpretation der M-Theorie von Susskind, Shenker und Banks, in der die fundamentalen Bausteine 0-Branen mit Matrizen als Koordinaten sind, als Matrix-Theorie bezeichnet [55] [56].


Branen

Wie im Punkt 6.4 dargelegt, erscheint eine weitere räumliche Dimension, wenn die String-Kopplungskonstante erhöht wird, und aus einem String wird eine zweidimensionale Membran, kurz „Bran“ oder „Zwei-Bran“ (Eine Bran mit zwei räumlichen Dimensionen). Diese kann jedoch auch mehr als zwei, nämlich bis zu neun Dimensionen besitzen, man spricht bei einer Anzahl von p räumlichen Dimensionen auch von einer „p-Bran“ [68] [79]. Demnach ist ein Punkt eine „Null-Bran“, ein String eine „Eins-Bran“, ein Objekt mit drei Raumdimensionen eine „Drei-Bran“, usw.

Das plötzliche Erscheinen der p-Branen auf der Bildfläche der Stringtheorie hat allerdings keinen Einfluss auf deren bis dahin entdeckte Eigenschaften, da die Forschung gezeigt hat, dass die Masse von p-Branen mit p > 1 zu der jeweiligen String-Kopplungskonstante umgekehrt proportional ist, was bedeutet, dass bei schwacher Kopplung alle Objekte ausgenommen Strings sehr massereich sind. Somit bedarf es extrem hoher Energien um diese zu erzeugen, wodurch sie für die meisten Bereiche der Physik bei schwacher Kopplung (wovon man ja bis dahin ausgegangen war) so gut wie keine Rolle spielen [56].

D-Branen

 
D-Bran mit Strings, die der Dirichlet-Randbedingung genügen
 
D9-Bran mit Strings, die der Dirichlet- und der Neumann-Randbedingung genügen
 
D0-Bran (=Soliton)
 
Strings zwischen D-Branen
 
Bulk
 
Gefaltete Raumzeit

Ein besonderer Unterschied zwischen geschlossenen und offenen Strings ist, dass letztere, genauer gesagt deren offene Enden, gewissen Randbedingungen genügen müssen. Im Allgemeinen können die Enden offener Strings der so genannten Dirichlet- oder Neumann-Randbedingung genügen. Stellt man einen offenen String in einem zweidimensionalen Koordinatensystem dar, so gilt für die Dirichlet-Randbedingung

  ,

und für die Neumann-Randbedingung

  .

Setzt man für       und für       (wobei  ) Dimensionen ein, dann folgt daraus, dass sich die Enden von Strings, die der Neumann-Randbedingung genügen, in allen Dimensionen bewegen können, während sich die Enden von Strings, die der Dirichlet-Randbedingung genügen, nur in p Dimensionen bewegen können. Diese enden also nur auf bestimmten p-dimensionalen Objekten, die als „Dp-Branen“ oder „D-Branen“ (wobei das „D“ für „Dirichlet“ steht) bezeichnet werden und eine Sonderform der p-Branen darstellen. Dies bedeutet, dass sich die Enden dieser offenen Strings nur auf der D-Bran bewegen und diese nicht verlassen können[1] [57]. Zwei Sonderfälle stellen die D0- und die D9-Bran dar. Bei einer D9-Bran, die die gesamte Raumzeit ausfüllt, können die offenen Strings sich frei bewegen [2], wohingegen bei einer D0-Bran, die einen Punkt in der Raumzeit darstellt, die Strings nur noch in einem Punkt enden und sich ausschließlich in der Zeit bewegen können. Eine D0-Bran wird auch als „Soliton“ bezeichnet. D-Branen können über offene Strings, deren Enden auf verschiedenen D-Branen liegen, miteinander verbunden sein [68].

Weblink:   D-Brane

Branwelten

Führt man einer D-Bran extrem hohe Energie zu, so kann diese astronomische Ausmaße erreichen. Geht man von Energien aus, wie sie während und kurz nach dem Urknall vorherrschten, so könnten durchaus Branen in der Größe unseres Universums entstanden sein. Ausgehend von dieser Überlegung und den Ergebnissen der zweiten Superstring-Revolution, wurden in jüngster Zeit mehrere Modelle zur Beschreibung der Beschaffenheit und der Entstehung des Universums entwickelt.

Das ADD-Szenario

Ein solches Modell ist das so genannte ADD-Szenario, benannt nach den Physikern Arkani-Hamed, Dimopoulos und Dvali. Nach dieser Theorie ist unser Universum eine riesige Drei-Bran, die in eine elfdimensionale Raumzeit eingebettet ist [80]. An dieser Stelle kommt der Unterschied zwischen offenen und geschlossenen Strings ins Spiel. In der Stringtheorie stellen die Schwingungen des geschlossenen Strings das Graviton dar, alle anderen Teilchen werden von Schwingungen offener Strings erzeugt. Wie im Punkt 7.1 dargelegt, können sich die Enden der offenen Strings ausschließlich auf einer D-Bran bewegen. Das erklärt, warum wir nichts davon mitbekommen, dass wir in einer Drei-Bran leben, da sich z.B. Photonen ungehindert in unserem Universum bewegen, dieses aber nicht verlassen können. Das gilt auch für alle anderen Teilchen, bis auf das Graviton, welches in den Hyperraum gelangen kann, da es von einem geschlossenen String repräsentiert wird und dieser keine offenen Enden besitzt, die an der Drei-Bran „haften“. Dies lässt eine unglaubliche Folgerung zu: Die aufgewickelten Zusatzdimensionen der Stringtheorie könnten bis zu einem zehntel Millimeter groß sein.

Die Experimente, mit denen wir z.B. mit Teilchenbeschleunigern bis auf Größenskalen von   cm vordringen konnten, beruhten ausschließlich auf Teilchen, die Schwingungen von offenen Strings entsprechen. Da diese sich nur in der Drei-Bran bewegen können, die unser Universum darstellt, können sie nicht in die Extradimensionen außerhalb dieser Bran vordringen. Dies vermag nur das Graviton, doch stellten sich in den letzten Jahrzehnten Distanzmessungsversuche mit Hilfe der Gravitation als äußerst schwierig und aufwendig heraus [58]. Bisher konnte man die Gültigkeit des Newtonschen Gravitationsgesetzes nur bis zu einer Distanz von einem zehntel Millimeter testen. Laut diesem Gesetz nimmt die Gravitationskraft mit dem Quadrat des Abstandes ab. Für n zusätzliche Dimensionen stimmt dies allerdings nicht mehr, die Kraft nimmt mit dem Exponenten   der Entfernung ab. Die Verletzung des Gravitationsgesetzes wäre also ein Beleg für die Zusatzdimensionen. Da dieses aber nur bis zu einem zehntel Millimeter Abstand überprüft und bestätigt worden ist, könnten die Extradimensionen weitaus größer sein als bisher vermutet und sich dennoch ihrer Entdeckung entziehen [68]. Das würde auch das Hierarchie-Problem lösen, da größere Zusatzdimensionen die Stärke der Gravitationskraft verringern, weil diese mehr Platz hat, sich auszubreiten.

Anschaulichkeit vermittelt folgende Analogie: Bei gleichbleibendem Wasserdruck wird die Kraft des Wassers abgeschwächt, wenn es durch größere Rohre fließt. Dass die Gravitation mehr als bisher gedacht abgeschwächt wird bedeutet also, dass die ursprüngliche Kraft weitaus größer ist und sich nun nicht mehr von den anderen drei Grundkräften abhebt [59].

Nun zurück zum ADD-Szenario. Neben unserem Universum könnten noch weitere Universen in Form von Drei-Branen existieren, die alle parallel in einer weiteren Dimension zu einem so genannten „Bulk“ angeordnet sind. Durch den gerade erörterten Umstand könnten diese Universen nur Bruchteile eines Millimeters in einer vierten Raumdimension voneinander entfernt sein, während die sechs restlichen Dimensionen zu Calabi-Yau-Mannigfaltigkeiten aufgewickelt sind. Wie zweidimensionale Wesen, die auf Papierblättern in einem Papierstapel leben und nichts voneinander mitbekommen, obwohl sie nur Bruchteile eines Millimeters voneinander entfernt sind, könnten ganze Zivilisationen in unmittelbarer Nähe von uns existieren, ohne dass wir es je bemerken würden.

Neben solchen Spekulationen, kann dieses Modell möglicherweise auch das Rätsel um die dunkle Materie lüften. Da Gravitonen nicht an die Branen gebunden sind und sich frei in der elfdimensionalen Raumzeit bewegen, können die einzelnen Drei-Branen innerhalb des Bulks miteinander wechselwirken. Die Materie der anderen Universen erscheint uns als dunkle Materie [68]. In einem anderen Modell ist dunkle Materie die Folge der Krümmung der Drei-Bran, die unser Universum darstellt. Hier gibt es nur eine Bran, die so gefaltet ist, dass die einzelnen „Lagen“, deren Abstand nur einige Millimeter beträgt, miteinander wechselwirken. Dunkle Materie ist in diesem Szenario also nichts anderes als gewöhnliche Materie. Da die Gravitation durch die „Lagen“ hindurch wirkt, während Teilchen wie z.B. Photonen, die sich nur in der Bran bewegen können, Milliarden von Lichtjahren zurücklegen, scheint es, als gäbe es eine Form von Materie, die wir nicht sehen, deren Gravitation wir aber messen können, weil uns das Licht dieser Materie noch nicht erreicht hat [68].

Das ekpyrotische und das zyklische Universum

2001 wurde von den Physikern Paul Steinhardt und Neil Turok ein Modell zur Entstehung des Universums und des Urknalls vorgeschlagen, das so genannte ekpyrotische Modell (griechisch „ekpyrosis“ = Weltenbrand) [81]. In diesem Szenario ist vor ca. 15 Milliarden Jahren unser Universum mit einer anderen, parallel liegenden Drei-Bran kollidiert, wobei die kinetische Energie der Kollision in die uns bekannten Elementarteilchen verwandelt wurde. Diese Theorie löst einige bisher ungeklärte Fragen bezüglich des Urknalls. Zum einen tritt bei diesem Modell keine Singularität zum Zeitpunkt t = 0 auf, da die aus der Kollision der zwei Branen resultierende Temperatur begrenzt ist und die Kollision nur in einer Dimension stattfindet [82]. Zum anderen kann es bei der relativ geringen Anfangstemperatur des Universums nicht zur Entstehung von massiven Monopolen gekommen sein, die von der bisherigen Theorie vorausgesagt, bisher jedoch nicht beobachtet wurden. Des Weiteren sorgten Quanteneffekte für wellenartige Unregelmäßigkeiten auf der Oberfläche der Branen unmittelbar vor der Kollision, so dass beim Urknall geringfügige Temperaturschwankungen entstanden sind. Somit sind die Temperaturunterschiede in der kosmischen Hintergrundstrahlung zu erklären [83].

Im Laufe der Zeit wurde das ekpyrotische Modell erweitert zum so genannten zyklischen Modell. In diesem Szenario durchlaufen das Universum bzw. die beiden Branen einen endlosen Zyklus von Kollision, Expansion, Kontraktion, Kollision, usw. Nachdem die beiden Branen kollidiert sind und Unmengen an Strahlung und Materie erzeugt wurden, folgt die Phase der Expansion und der Abkühlung, woraufhin sich Sterne und Galaxien bilden. Diese dauert ca. eine Billion Jahre an, bis die Phase der Kontraktion einsetzt und sich die beiden Branen wieder annähern. Es folgt die Kollision und der Zyklus beginnt von vorn. Das zyklische Modell hat jedoch gewisse Mängel. Da z.B. aus dem Kausalitätsprinzip folgt, dass die Zyklen dieses Modells irgendwann einen Anfang gehabt haben, muss noch geklärt werden, wann, wie und warum der erste Zyklus eingesetzt hat. Das ekpyrotische und das zyklische Modell sind zwei sehr interessante Theorien zur Beschreibung der Entstehung unseres Universums, allerdings sind sie bislang noch nicht vollständig und erfordern Nachfolgeuntersuchungen und –beobachtungen [60].

Weblink:   Ekpyrotisches Universum

Die AdS/CFT-Korrespondenz

Als AdS/CFT-Korrespondenz bezeichnet man die Korrespondenz zwischen dem Anti-de-Sitter-Raum und einer konformen Feldtheorie. Das Holografische Prinzip sagt aus, dass ein Gebiet in der Raumzeit vollständig durch seine Randbedingungen beschrieben werden kann. Mit anderen Worten ist die Information auf dem „Rand“ dieses Gebietes lokalisiert. In der Quantengravitation geht man nun davon aus, dass der fünfdimensionale sogenannte Anti-de-Sitter-Raum, welcher eine Lösung der Allgemeinen Relativitätstheorie darstellt, äquivalent zu einer 4-dimensionalen Beschreibung in der konformen (Quanten-) Feldtheorie ist.

Juan Magdalena entwickelte nun so eine Theorie, indem er eine Typ-II-Stringtheorie erstmals unter gegebenen Bedingungen formulierte. Populärwissenschaftlich kann man auch sagen, dass eine fünfdimensionale Quantengravitation äquivalent zu einer vierdimensionalen Quantenfeldtheorie sein könnte.



  1. Im Folgenden wird ausschließlich von offenen Strings mit Dirichlet-Randbedingung ausgegangen.
  2. Damit genügen sie also auch der Neumann-Randbedingung.



Wertung der Stringtheorie

Experimentelle Überprüfung

Eines der größten Probleme der Stringtheorie ist die enorme Schwierigkeit, sie experimentell zu überprüfen. Da Strings so extrem winzig sind, müssten Teilchenbeschleuniger von der Größe der Milchstraße gebaut werden, um diese direkt nachweisen zu können. Es gibt jedoch verschiedene Möglichkeiten, die Stringtheorie indirekt bereits heute experimentell nachzuweisen [68].

Wie im Punkt 5.1.2 bereits dargelegt, bestimmt die Form der Calabi-Yau-Mannigfaltigkeit, zu der die sechs Extradimensionen aufgerollt sind, maßgeblich die Eigenschaften der in ihr schwingenden Strings. Würde es also gelingen, die exakte Form des Calabi-Yau-Raums zu bestimmen, ließen sich daraus die genauen Eigenschaften der bekannten Teilchen berechnen. Ein weiteres Indiz für die Richtigkeit der Stringtheorie wäre die Entdeckung eines oder mehrerer Superpartnerteilchen. Dies würde zwar zunächst nur die Supersymmetrie beweisen, die auch schon in auf Punktteilchen basierende Modelle eingegliedert werden konnte, dennoch wäre dies ein wichtiger Fund für die Stringtheorie [68].

Des Weiteren wäre ein experimenteller Beleg die Entdeckung eines oder mehrerer Teilchen mit bestimmter nichtganzzahliger Ladung. Die Elementarteilchen des Standardmodells besitzen nur eine begrenzte Anzahl von Ladungen, wie z.B. Quarks mit einer elektrischen Ladung von   bzw.  . Die anderen Teilchen haben dagegen elektrische Ladungen von   oder  . Die Stringtheorie sagt jedoch aufgrund der unendlichen Vielfalt von möglichen Schwingungsmustern eines Strings auch Teilchen mit elektrischen Ladungen von z.B.   oder   voraus. Die Entdeckung eines solchen Teilchens wäre ein starkes Indiz für die Richtigkeit der Stringtheorie [61].

Ein weiterer experimenteller Anhaltspunkt dafür hängt mit der Variation der Naturkonstanten zusammen. In der Physik gibt es eine gewisse Anzahl von Naturkonstanten, die wie der Name schon sagt konstant sind und das physikalische Fundament des Universums darstellen. Wichtige Naturkonstanten sind z.B. die Lichtgeschwindigkeit  , das plancksche Wirkungsquantum   oder Newtons Gravitationskonstante  . Wären diese Werte nicht konstant, würde das bedeuten, dass die physikalischen Gesetze, die wir bis heute aufgestellt haben, nicht überall im Universum gelten oder zumindest nicht zu jeder Zeit gegolten haben. Unzählige Messungen ergaben, dass die Naturkonstanten über Milliarden von Jahren überall im Universum konstant geblieben sind [84]. Bei einer dieser Konstanten jedoch, der sogenannten Feinstrukturkonstanten  , die die Ausbreitung von elektromagnetischer Strahlung beschreibt, stieß man vor einigen Jahren zur Überraschung der Wissenschaftler auf ein anderes Ergebnis. Durch die Analyse der Spektrallinien von Milliarden von Lichtjahren entfernten Objekten fand man heraus, dass   vor einigen Milliarden Jahren um den Faktor   kleiner war als heute [88]. Dies würde wunderbar zur Stringtheorie passen, die die Variation der Naturkonstanten voraussagt. Da sie auf einer elfdimensionalen Raumzeit basiert, gelten auch die Naturkonstanten in elf Dimensionen. Aufgrund der Tatsache, dass wir nur drei Raum- und eine Zeitdimension wahrnehmen, erfassen wir nur einen Teil der eigentlichen Naturkonstanten. In elf Dimensionen sind diese absolut konstant, in vier Dimensionen jedoch können sie gelegentlich ein bisschen schwanken.

Die meisten Physiker wollten sich mit dem oben genannten Ergebnis so gar nicht anfreunden und es wurden in der jüngsten Zeit neue Messungen vorgenommen. Unabhängig voneinander kamen mehrere Forscherteams zu dem Ergebnis, dass   seit Beginn des Universums doch immer denselben Wert hatte [84]. Bis heute ist die Frage nach der Konstanz von   ungeklärt, sollte sich jedoch herausstellen, dass sich der Wert der Feinstruktur- oder irgendeiner anderen Naturkonstanten im Laufe der Zeit geändert hat, wäre dies ein entscheidender Beleg für die Gültigkeit der Stringtheorie.

Wie bereits dargelegt, könnten in der Zeit unmittelbar nach dem Urknall Strings mit astronomischer Größe entstanden sein. Die Entdeckung eines solchen sogenannten „Cosmic-Strings“ wäre sicherlich einer der aufsehenerregendsten Beweise für die Stringtheorie[1], „ (...) denn nichts würde die Streitfrage so spektakulär entscheiden, wie der Anblick eines Strings in einem Teleskop.“ [2] Auch die Entdeckung weiterer Feldkräfte sprächen dafür, da sie im Standardmodell verboten, in der Stringtheorie aber möglich sind.

Es ist schwierig, eine Theorie, die unser gesamtes Universum beschreiben soll, voll und ganz zu akzeptieren, wenn es nicht den geringsten Anhaltspunkt für ihre Richtigkeit gibt. Die Frage nach der experimentellen Überprüfbarkeit der Stringtheorie wird in den nächsten Jahren also von zentraler Bedeutung sein, da sie nachhaltig über ihr weiteres Schicksal entscheidet. Beantworten kann diese Frage nur die Zeit [62].

Eine Antwort könnten wir schon sehr bald erhalten. Dazu müssen Wissenschaftler die kosmische Uhr allerdings sehr weit zurückdrehen – und zwar bis zu dem Zeitpunkt, als die Welt gerade einmal 10-43 Sekunden alt (Planck-Zeit) und nur 10-35 Meter groß (Planck-Länge) war. Denn bevor sich der Raum in der so genannten Inflationsphase binnen einer Quintillionstel (eine Zahl mit 30 Nullen) Sekunde mit unglaublicher Macht um den gigantischen Faktor 10 hoch 29 aufblähte, tummelten sich in ihm möglicherweise noch andere Dimensionen: welche String-Theoretiker vorhersagen.

Zeitreise für die Suche nach Extradimensionen

Weiter als 13,3 Milliarden Jahre in die Vergangenheit können die Historiker des Universums allerdings nicht blicken, da erst zu dieser Zeit das Weltall kühl genug war, um Atome und somit Licht zu generieren. Im Jahr 2003 schoss die Nasa-Sonde "Wilkinson Microwave Anisotropy Probe" (WMAP) eine 360-Grad-Karte von der Mikrowellenhintergrundstrahlung, die aus jener Zeit übrig ist – ein Fingerabdruck des Urknalls. Es ist das schärfste und älteste Bild aus der Urzeit unseres Universums, in dem viele Informationen eingefroren sind.

Wo, wenn nicht hier, sollten auch Hinweise auf die Existenz zusätzlicher Dimensionen eingeschlossen sein? Schließlich war der Einfluss der sechs winzigen Dimensionen unmittelbar nach dem Urknall am größten – und könnte sich auf die für den Menschen quantifizierbare Verteilung der Masse im Universum ausgewirkt haben. "So wie der Schatten einen Anhaltspunkt auf die Form eines Objektes gibt, kann das Muster der kosmischen Strahlung auf die Gestalt der anderen sechs Dimensionen hinweisen.

Die Forscher experimentierten mit zwei unterschiedlichen Typen mathematisch einfacher Geometrien. Wie würden solche Dimensionen die Energieverteilung im All beeinflussen? Das visualisierten sie auf einer Computer-Karte. Dann, beim Vergleich der fiktiven Karte mit dem WMAP-Original fanden Sie kleine, aber signifikante Unterschiede. Auf der computergenerierten Darstellung zeigen diese sich in Gestalt von kleinen, fleckenartigen Schattierungen, welche auf eine völlig andere Temperatur- und Energieverteilung hindeuten.

Bei besserer Auflösung: Schatten der Extradimensionen

Nach Ansicht der Wissenschaftler geben diese speziellen Strahlungsmuster deutliche Hinweise auf die Geometrie der sechsdimensionalen Form.

Um die Theorie jedoch handfest beweisen zu können, brauchen die Forscher aber noch feinere Daten als jene der WMAP-Messungen. Nun hoffen sie auf das neue hochsensible Esa-Weltraumteleskop "Planck", das selbst Temperaturunterschiede von einem Fünfmillionstel Grad Celsius erfassen kann. 'Planck' wird in der Lage sein, die kosmische Hintergrundstrahlung mit beeindruckender Präzision zu messen. „Bis vor kurzem wurden versteckte Dimensionen noch als völlig unzugänglich betrachtet. Nun aber liegen bereits mehrere Ideen und Szenarien vor, wie diese aufgespürt werden können.“

Die Stringtheorie kommt endlich auf den kosmischen Prüfstand. Wenn die ersten verwertbaren Messungen von "Planck" ausgewertet sind, werden wir hoffentlich mehr wissen.

Fazit

Wie auf den vorherigen Seiten gezeigt wurde, ist die Superstringtheorie ein heißer Kandidat für eine „Theory of Everything“, manche Physiker sehen in ihr sogar den ersten Schritt zur alles umfassenden Weltformel. Die Stringtheorie konnte einige der schwierigsten Probleme der Physik klären, warf dafür jedoch neue Fragen auf und stellt die Forscher bis heute vor zahlreiche Hindernisse. Im Folgenden werden die wichtigsten Fortschritte und Probleme der Stringtheorie zusammengefasst.


Erfolge der Stringtheorie:

  • Verbindung zwischen allgemeiner Relativitätstheorie und Quantenmechanik durch die räumliche Ausdehnung von Strings
  • Mathematische und physikalische Beschreibung des Gravitons
  • Erklärung der Vielfalt von Elementarteilchen durch die unendliche Anzahl möglicher Schwingungsmodi von Strings
  • Erklärung der drei Teilchenfamilien durch die Anzahl n-dimensionaler „Löcher“ in der Calabi-Yau-Mannigfaltigkeit, zu der die sechs Extradimensionen kompaktifiziert sind
  • Abdämpfung von störenden Quanteneffekten bei gewissen physikalischen Prozessen und Vereinheitlichung der nichtgravitativen Kräfte durch Einbeziehen der Supersymmetrie
  • Vermeidung einer Singularität zu Beginn des Universums durch T-Dualität
  • Möglichkeit von Rissen in der Raumzeit aufgrund der Abschirmung durch die Weltröhre eines Strings, was bisher exotische Phänomene, wie z.B. Wurmlöcher und Zeitreisen, auf eine mathematische und physikalische Grundlage bringt
  • Lösung des Hierarchie-Problems durch Extradimensionen mit Radien von möglicherweise nur Bruchteilen eines Millimeters
  • Erklärung der Ausdehnung von drei Raumdimensionen durch gewundene Strings
  • Erklärung von dunkler Materie durch Bulk-Szenario und dunkler Energie
  • Erklärung des Urknalls, der Temperaturschwankungen der kosmischen Hintergrundstrahlung und der Dichtefluktuationen des frühen Universums, die zur Entstehung von Sternen und Galaxien führten
  • Besseres Verständnis schwarzer Löcher (z.B. Entropie schwarzer Löcher)


Bisher ungelöste Probleme der Stringtheorie:

  • Der Grundzustand der Strings ist bis heute nicht bekannt (Vakuumproblem bzw. Landscape-Problem) [87].
  • Die Gleichungen der Stringtheorie sind nur perturbativ, d.h. nur mit Hilfe von Störungsrechnung lösbar.
  • Die Werte der einzelnen String-Kopplungskonstanten sind nicht genau bekannt.
  • Die exakte Form der Calabi-Yau-Mannigfaltigkeit, zu der die sechs Zusatzdimensionen aufgewickelt sind, ist nicht bekannt.
  • Bisher gibt es noch keinen experimentellen Beweis für die Richtigkeit der Stringtheorie.


Offene Fragen:

  • Wie und wann entstanden Raum und Zeit?
  • Was ist die Raumzeit?
  • Warum benötigt die Stringtheorie ausgerechnet zehn Dimensionen, um konsistent zu sein?
  • Könnte es noch weitere kompaktifizierte Zeitdimensionen geben?
  • Warum besitzen die bekannten Elementarteilchen die beobachteten Eigenschaften?
  • Was geschieht genau bei der Kollision zweier Branen (vgl. ekpyrotisches Modell)?
  • Wann, wie und wieso begann der erste Zyklus im zyklischen Modell?
  • Was geschieht im Inneren eines schwarzen Lochs?



  1. Genauer gesagt konnten Polchinski und seine Mitarbeiter zeigen, dass so ein Cosmic-String Gravitationswellen erzeugen kann, die in den nächsten Jahren gemessen werden könnten [85].
  2. Green, B., Das elegante Universum, S. 262, zitiert aus einem Interview mit Edward Witten vom 04.03.1998.



Schluss

Als erste Theorie überhaupt, kommt die Stringtheorie dem großen Traum der Wissenschaftler, eine alles umfassende Theorie für das Universum zu besitzen, schon sehr nahe. Wie allerdings im letzten Punkt dargelegt, gibt es auf dem Weg dorthin noch zahlreiche Hindernisse zu überwinden und ungeklärte Fragen zu beantworten, doch die bahnbrechenden Erfolge, die durch die Stringtheorie erzielt wurden, ermutigen die Forscher an ihrem Ziel festzuhalten. Es bleibt abzuwarten, ob die Stringtheorie eines Tages die lange gesuchte Weltformel liefern wird, es wäre sicherlich einer der großartigsten und wichtigsten Momente in der Geschichte der Menschheit.



Geschichte der Stringtheorie

1921 Kaluza-Klein-Theorie

Theodor Kaluza und Oskar Klein legen der Wissenschaft eine Theorie vor, die den Elektromagnetismus mit der Gravitation verbindet. Dafür muss eine vierte Raumdimension eingeführt werden, die zu einem kleinen Kreis kompaktifiziert ist. Es ist die erste physikalische Theorie, die von zusätzlichen Dimensionen ausgeht.


1968 Geburt der Stringtheorie

Der Physiker Gabriele Veneziano entdeckt zufällig einen Zusammenhang zwischen der Eulerschen Betafunktion und der starken Kernkraft. Zwei Jahre später wird das Konzept der Strings in 26 Dimensionen eingeführt (bosonische Stringtheorie).


1971 Supersymmetrie

Die Supersymmetrie erweitert das Standardmodell um Teilchen, die sich von den bisher bekannten Elementarteilchen um den Spin ½ unterscheiden. Dadurch können nun auch Fermionen in die bisher auf Bosonen basierende Stringtheorie eingegliedert werden.


1974 Graviton

Eines der Stringschwingungsmuster entspricht einem masselosen Teilchen mit Spin 2. Dies sind exakt die Eigenschaften des vorhergesagten Gravitons. Die Gravitation kann also in die Stringtheorie eingegliedert werden, von nun an ist die Stringtheorie ein Kandidat für eine vereinigte Theorie aller vier Grundkräfte.


1976 Supergravitation

Aus der Verbindung von Supersymmetrie und Gravitation entsteht die Supergravitation. Es wird sich herausstellen, dass sie die Punktteilchennäherung für die Stringtheorien darstellt.


1980 Superstrings

Neun Jahre nach Entdeckung der Supersymmetrie, kann diese vollständig in die Stringtheorie eingegliedert werden. Aus Strings werden „Superstrings“.


1984 Erste Superstringrevolution

Die tödlichen Anomalien der Stringtheorie werden beseitigt, von nun an findet die Stringtheorie große Zustimmung unter vielen Physikern. Die Zahl der Stringtheoretiker wächst in kurzer Zeit enorm an.


1991 – 95 Dualität, zweite Superstringrevolution

Ein Zusammenhang in Form von Dualitäten zwischen den einzelnen Stringtheorie zeichnet sich ab. 1995 zeigt Edward Witten, dass die fünf Stringtheorien nur Teilstücke einer über-geordneten Theorie, der M-Theorie sind. Von nun an sind nicht mehr nur Strings, sondern auch mehrdimensionale Objekte, so genannte Branen, die fundamentalen Bausteine der Stringtheorie.


1996 Entropie schwarzer Löcher

Mit Hilfe der Stringtheorie können Schwarze Löcher quantenmechanisch beschrieben, und somit eine thermodynamische Theorie schwarzer Löcher entwickelt werden.

[68], [86]



Literaturverzeichnis

Bücher

  • Förger, K., Quantenkorrekturen effektiver Wirkungen in Feldtheorie und Stringtheorie, Dissertation der Fakultät für Physik der LMU München, München, 12.05.1997
  • Greene, B., Das elegante Universum, Berlin, Berliner Taschenbuch Verlags GmbH, 2004
  • Greene, B., Der Stoff aus dem der Kosmos ist, München, Siedler Verlag, 2004
  • Hammer/Hammer, Physikalische Formeln und Tabellen, München, J. Lindauer Verlag, 2002
  • Hawking, W., S., Eine kurze Geschichte der Zeit, Hamburg, Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, 1991
  • Kaku, M., Im Hyperraum – Eine Reise durch Zeittunnel und Paralleluniversen, Hamburg, Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, 1998
  • Lautschlager, H., Kompakt-Wissen Physik 3 Abitur – Quanten, Kerne und Atome, Stark Verlagsgesellschaft mbH & Co., 2004
  • Peat, D., F., Superstrings and the Search for The Theory of Everything, Chicago, Contemporary Books Inc., 1988
  • Schwager, S., Kosmologische Aspekte von p-brane-Lösungen der Stringtheorie, Dissertation der Fakultät für Physik der LMU München, München, 06.10.1997
  • Zwiebach, B., A first course in String Theory, Cambridge, Cambridge University Press, 2004

Zeitschriften

  • Spektrum der Wissenschaft, Neue Welttheorien: Von Strings zu Membranen, Michael J. Duff, April 1998
  • Spektrum der Wissenschaft, Strings – Urbausteine der Natur?, Pierre Ramond, Februar 2003

Textstellen

  • [1] Greene, B., Das elegante Universum, S. 160
  • [2] Lautschlager, H., Kompakt-Wissen Physik 3, S. 20
  • [3] Greene, B., Der Stoff aus dem der Kosmos ist, S. 120
  • [4] Greene, B., Das elegante Universum, S. 145 f.
  • [5] Greene, B., Das elegante Universum, S. 159
  • [6] Kaku, M., Im Hyperraum, S. 197
  • [7] Greene, B., Der Stoff aus dem der Kosmos ist, S. 383-385
  • [8] Greene, B., Der Stoff aus dem der Kosmos ist, S. 387
  • [9] Kaku, M., Im Hyperraum, S. 188
  • [10] Greene, B., Das elegante Universum, S. 173
  • [11] Kaku, M., Im Hyperraum, S. 189
  • [12] Greene, B., Das elegante Universum, S. 173-174
  • [13] Zwiebach, B., A first course in String Theory, S. 65
  • [14] Greene, B., Der Stoff aus dem der Kosmos ist, S. 392
  • [15] Kaku, M., Im Hyperraum, S. 190
  • [16] Zwiebach, B., A first course in String Theory, S. 145-146
  • [17] Greene, B., Das elegante Universum, S. 177-178
  • [18] Zwiebach, B., A first course in String Theory, S. 7
  • [20] Greene, B., Das elegante Universum, S. 179
  • [21] Greene, B., Der Stoff aus dem der Kosmos ist, S. 402-403
  • [22] Greene, B., Das elegante Universum, S. 179-180
  • [23] Greene, B., Das elegante Universum, S. 190-191
  • [24] Hawking, W., S., Eine kurze Geschichte der Zeit, S. 200-202
  • [25] Greene, B., Das elegante Universum, S. 185-186
  • [28] Greene, B., Das elegante Universum, S. 195
  • [29] Greene, B., Das elegante Universum, S. 209-210
  • [30] Kaku, M., Im Hyperraum, S. 132
  • [31] Kaku, M., Im Hyperraum, S. 129
  • [32] Kaku, M., Im Hyperraum, S. 135
  • [33] Kaku, M., Im Hyperraum, S. 137
  • [34] Greene, B., Der Stoff aus dem der Kosmos ist, S. 407-408
  • [35] Kaku, M., Im Hyperraum, S. 138
  • [36] Kaku, M., Im Hyperraum, S. 213
  • [37] Greene, B., Der Stoff aus dem der Kosmos ist, S. 415
  • [38] Greene, B., Der Stoff aus dem der Kosmos ist, S. 418
  • [39] Greene, B., Das elegante Universum, S. 252-253
  • [40] Greene, B., Das elegante Universum, S. 276-278
  • [41] Greene, B., Das elegante Universum, S. 279-286
  • [42] Greene, B., Das elegante Universum, S. 292-293
  • [43] Greene, B., Das elegante Universum, S. 323-324
  • [44] Greene, B., Das elegante Universum, S. 310
  • [45] Förger, K., Quantenkorrekturen effektiver Wirkungen (...), S. 81
  • [46] Spektrum der Wissenschaft, Strings – Urbausteine der Natur?, S.26-27
  • [47] Peat, D., F., Superstrings and the Search for The Theory of Everything, S. 114
  • [48] Peat, D., F., Superstrings and the Search for The Theory of Everything, S. 135
  • [49] Greene, B., Der Stoff aus dem der Kosmos ist, S. 425-426
  • [50] Greene, B., Das elegante Universum, S. 344-345
  • [51] Greene, B., Das elegante Universum, S. 336-339
  • [52] Greene, B., Das elegante Universum, S. 350-353
  • [53] Greene, B., Das elegante Universum, S. 471
  • [54] Greene, B., Das elegante Universum, S. 355-357
  • [55] Greene, B., Der Stoff aus dem der Kosmos ist, S. 547-548
  • [56] Greene, B., Das elegante Universum, S. 366
  • [57] Zwiebach, B., A first course in String Theory, S. 67, S.103
  • [58] Zwiebach, B., A first course in String Theory, S. 61
  • [59] Greene, B., Der Stoff aus dem der Kosmos ist, S. 450
  • [60] Greene, B., Der Stoff aus dem der Kosmos ist, S. 457-460
  • [61] Greene, B., Das elegante Universum, S. 260
  • [62] Greene, B., Das elegante Universum, S. 262-265
  • [63] Schwager, S., Kosmologische Aspekte von p-brane-Lösungen der Stringtheorie, S. 5
  • [64] Spektrum der Wissenschaft, Neue Welttheorien: Von Strings zu Membranen, S.66
  • [65] Spektrum der Wissenschaft, Neue Welttheorien: Von Strings zu Membranen, S.68-69

Internetseitenverzeichnis

Sonstige Quellen



Lizenz

Permission is granted to copy, distribute and/or modify this document under the terms of the GNU Free Documentation License, Version 1.2 published by the Free Software Foundation; with no Invariant Sections, with no Front-Cover Texts, and with no Back-Cover Texts. In order to receive a copy of the GFDL GNU Free Documentation License write to the Free Software Foundation, Inc., 51 Franklin Street, Fifth Floor, Boston, MA 02110-1301, USA or see http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html.