Die Herren von Romrod: Das v. Romrodsche Schlösschen zu Müs



Von Dr. Ernst Wenzel in: Fuldaer Geschichtsblätter, 22 Jahrgang, 1929 Nr.1

Die von Romrod, hessische Ritter an der Schwalm, Vasallen der Äbte von Fulda und des Stifts Hersfeld, waren ursprünglich Inhaber der Burg und des Amtes Romrod bei Alsfeld (Oberhessen), der Burg Herzberg im Kreise Ziegenhain und der sog. Altenburg bei Alsfeld. Aus ihnen gingen im 14. Jahrhundert zwei Äbte von Hersfeld und einer von Fulda hervor. Nachdem sie ihre Besitzungen an das Haus Hessen veräußert hatten, erscheinen sie später, minder mächtig, als Inhaber mehrerer fuldicher Lehen zu Buttlar, Wenigentaft usw. und von Herfeldischen Lehen im Amt Hauneck. Die Besitzungen in diesem Amt vermehrten sie noch durch die Hofstätte und das Schloss Holzheim, das Kirchenlehen zu Kruspis, durch ein Burglehen zu Landeck, benachbarte Güter zu Niederweißenborn, Motzfeld, Oberlengsfeld und erwarben unter Begünstigung der hessischen Landgrafen Moritz und Otto, die zugleich Administratoren des Stifts Hersfeld waren, außer den vormals v. Huttenbachschen Zehnten von Schrecksbach in der Schwalm, mehrere Hersfeldische Lehen, welche die v. Liederbach vor ihrem Abzug in die Mark Brandenburg besessen hatten. Melchior Christian von Romrod erwarb insbesondere die Kemenate zu Wasmuthshausen im Amt Homberg. Von allen diesen Besitzungen hatten die von Romrod nichts behalten als die Hofstätte zu Schloss Holzheim, das außer Übung gekommene vormals zum St. Sebastiansaltar gehörige Kirchenlehen zu Kruspis, Geld- und Fruchtgefälle aus mehreren Ortschaften des Amtes Landeck, die Zehnten von Schrecksbach und ein Herzbergisches Burggut. Melchior Christian v. Romrod starb 1661 ohne direkte Erben; Lucas Wilhelm, Wolf Adam und Johann Heinrich, Gebrüder und Vettern von Romrod zu Holzheim verkauften 1686 ihre Güter, Zinsen und Gerechtsame in- und außerhalb des Amtes Landeck an den Landgrafen Karl von Hessen-Kassel. Die Hersfeldischen Lehngüter (vormals Besitz der von Liederbach), im Amt Hauneck besonders, veräußerten die von Romrod an die von Mansbach, die sie wieder unter der Regierung des Landgrafen Wilhelm VI. (1650-63) an den hessischen General Greysch verkauften.[1] Ein Reinhard Ludwig von Romrod und seine Frau Anna Sibylle von Romrod geb. von Romrod bauten zu Anfang des 17. Jahrhunderts in dem Dorf Müs bei Großenlüder, 2 3/4 Meilen nordwestlich von Fulda, einen Burgsitz oder Herrenhaus mit Nebengebäuden auf ihrem Hofe.[2] Das Inventar der Bau- und Kunstdenkmäler des Reg.-Bez. Kassel von Dehn-Rotfelser und Lotz[3] nennt das Haus ebenso wie Schneider in seiner Buchonia[4] eine Burg. Möglicherweise war der Hof auch befestigt, eine der vielen Talburgen, die heute noch durch den fortgesetztenlandwirtschaftlichen Betrieb in ihren Wehranlagen vermischt sind. Wie eine Jahreszahl über dem Kellereingang angibt, wurde das Haus 1503 begonnen, während laut Inschriften bzw. Jahreszahlen das Nebenhaus 1613 und ein Stall 1684 erbaut wurden.[5]

Das Hauptgebäude bietet manches Interessante und Originelle und besteht aus einem zweistöckigen Rechteckbau mit Unterkellerung, hohen Steingiebeln und einem vor der Mitte der Längsseite am Hof errichteten runden Wendelstein, dessen oberstes Stockwerk mit seinem geschweiften Helm heute fehlt und mit einem Notdach abgedeckt ist. Das Portal an dem Wendelstein ist rundbogig, von Pilastern mit ionischen Kapitälen flankiert, die wie das Gewände des Bogens durch Bossenquader gegliedert sind, und in den Bogenzwickeln und einem Aufsatz über dem Gebälk mit Wappen geschmückt. Das Wappen im linken Bogenzwickel in einer Kartusche mit Rollwerk trägt einen Querbalken und ist durch eine Beischrift als das der Familie Diemar bezeichnet, das ebenso gestaltete Wappenschild rechts zeigt laut Beischrift das Wappen der Schadt (Anm.: Schadt von Leibolz, siehe Abt. 12, Die Entwürfe des Amand von Buseck), einen Fuchs (?). Die beiden oberen Wappen sind gleichgestaltet und beide Wappen der von Romrod, eben jenes genannten Reinhard Ludwig und seiner Gemahlin Anna Sibylla von Romrod; sie zeigen das Wappenschild ein Stadttor mit Zinnen und flankierenden Türmen, als Helmzier zwei verzweigte Äste ohne Blätter. Die Namen standen auf den unter den Wappen angebrachten flatternden Bändern und sind heute fast ganz verwischt. Zu den Seiten der Wappen tragen eine männliche und eine weibliche Karyatide eine zweite Verdachung, über der Voluten gegen einen kleinen prächtigen Kopf verlaufen. Voluten befinden sich auch zu den Seiten der Karyatiden, die Diagonalstellung der Endigungen und Schnecken deuten schon auf ein barockes Gefühl hin, wenn auch die Entstehung des Portals dem Anfang des 17. Jahrhunderts angehört. Einen schönen Kopf trägt auch die Volute des Bogenschlusssteins, und der Untersatz der Pilaster ist mit großen Fratzen geschmückt. Ein ähnliches Portal befindet sich an dem Hospital St. Elisabeth zu Blankenau vom Jahre 1616 mit den Wappen der Hochfeldt, Fels, Neuhof, Milchling, Schwalbach, Calenberg und Schenk zu Schweinsberg. Nur ist dieses Portal etwas einfacher und mehr eine Komposition des Portals am Nebenhaus zu Müs. Offenbar hat hier ein und derselbe Meister gearbeitet.

Die innere Einteilung der beiden Stockwerke ist die gleiche wie in den fränkischen Bauernhäusern. Zu den Seiten eines breiten Ern oder Flures liegen Stuben und Kammern, die von außen durch Kamine und damit verbundenen Zimmeröfen beheizt wurden. Die beiden durch das Gebäude in der Länge verlaufenden Deckenunterzüge werden in den Fluren von hölzernen Mittelsäulen getragen. Die Fenster beider Stockwerke sind ein- oder mehrstöckig und zeigen Hohlkehlgewinde. An dem Wendeltreppenturm steigen die Fenster an und haben schräge Sohlbänke und Stürze. An der Außenseite des Gebäudes sind nach der Straße zu breite und weit vorspringende Strebepfeiler vorgebaut, auf denen oben schmale Abortkammern sitzen, aus denen die Fäkalien in Schächten hinabfielen und unten durch kleine Türen erreicht und entfernt werden konnten. Die Wendeltreppe läuft in voller Breite um die Mittelsäule mit Kapitäl und Fuß bis zum großen Dachgeschoss mit liegendem Stuhl. Dann aber läuft eine ganz schmale Wendeltreppe, deren Stufen nur in der Wand stecken, zu dem Boden über der Wendelstiege, an dessen Stelle noch ein Stockwerk mit geschweiftem Helm lag. Der Keller geht nicht unter dem ganzen Gebäude hinweg, sondern nur unter der linken Giebelseite und unter dem Flur, wobei festzustellen ist, dass die obere Einteilung der Räume ganz unabhängig von den Kellerwänden ist. Die beiden Kellerräume sind mit großen Tonnengewölben überspannt und untereinander durch einen schmalen gewölbten Gang verbunden. Sowohl von der Giebelseite, als auch von dem Flur des Erdgeschosses aus gehen Türen und Treppen in das Kellergeschoss.

Das Nebengebäude besteht aus einem hohen Keller, einem massiven Erdgeschoss mit mehrteiligen Fenstern wie am Hauptgebäude und einem rechteckig umrahmten Eingang mit einem von Konsolen getragenen Sturz über einer hohen Freitreppe. Die Konsolen sind auch mit einem flachen geometrischen Muster überzogen. Das Obergeschoss ist von Fachwerk mit Wettbrettern bekleidet. So zeigt sich unser Herrenhaus als ein erster Vertreter des Typs eines vom Burgbau entlehnten Pallas, der aber auch Motive des Bauernhauses übernahm, schließlich zum Schlossbau überleitete, seinem Stil nach gotische Elemente mit in die Zeit der Renaissance hineintrug und schon barocke Anwandlungen zeigte.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Vorstehende Angaben aus Chr. Rommel, Geschichte von Hessen, Marburg und Kassel 1820-1853.
  2. Wie die v. Romrod in den Besitz des Hofes kamen, davon verlautet in der angeführten Quelle nichts.
  3. Kassel 1870, S. 182.
  4. 4. Bd. 1 H., Fulda 1829, S. 100.
  5. Über den Erbauer des unteren Teiles des Schlösschens hat sich nichts feststellen lassen.