Das Ordnungswidrigkeitenrecht in der Praxis: Vom Umgang mit Anwälten
Der Umgang mit Rechtsanwälten gestaltet sich in der Praxis zuweilen schwierig. An dieser Stelle sollen ein paar grundlegende Hinweise und Tipps vermittelt werden, die diesen Umgang ein wenig erleichtern sollen.
Das Anwaltsschreiben
BearbeitenErst einmal sollte man angesichts eines geharnischten Anwaltsschreibens nicht in Panik verfallen. Denn genau das ist das Ziel solcher Schreiben. Diese meist vom konfrontativen Anwalt verfassten Briefe sind kalkuliert unhöflich, agressiv formuliert und haben meist wenig Substanz, die einer näheren Prüfung standhält. Auch sollte man sich von solcherlei Schreiben niemals provozieren lassen. Reaktionen wie "jetzt erst recht" verstellen oft den Blick aufs Wesentliche und auf entlastende Aspekte deren Mißachtung das gesamte Verfahren gefährden können.
Man sollte das Schreiben zunächst auf die vorgebrachten Argumente reduzieren und dann zu jedem Argument die Gegenrede stichpunktartig formulieren. Auf diese Weise hat man das Grundgerüst für die Antwort, welche - egal wie unhöflich das ursprüngliche Schreiben war - stets aufgeräumt und höflich ausfallen sollte.
Anwaltstypen
BearbeitenGrundsätzlich hat man es in der Praxis mit drei Arten von Anwälten zu tun:
- dem treuherzigen Typ,
- dem kooperativen Typ und
- dem konfrontativen Typ.
Der Umgang mit den Ersteren gestaltet sich meist angenehm und dennoch sollten auch hier gewisse Regeln verinnerlicht werden.
Der treuherzige Anwalt ist meist mit der Situation überfordert und bittet die Verwaltungsbehörde um Hilfe wie er weiter verfahren soll. Diese Situation entbehrt nicht einer gewissen Ironie, ersucht doch der Anwalt bei dem der die OWi ahnden soll um Rat.
Hier sollte dem Anwalt neutral und ehrlich Auskunft gegeben werden. Eine Erklärung was der Grund des Verfahrens und wie die weitere angedachte Vorgehensweise sind, sind sicher nicht problematisch. Eine Festlegung auf eine beabsichtigte Bußgeldsumme am Telefon vor Einholung des rechtlichen Gehörs ist hingegen kontraproduktiv. Ein grober Hinweis auf den Bußgeldrahmen ist hingegen annehmbar.
Es sollte nicht vergessen werden, daß der Anwalt sich bewußt verstellt, um zu einer unbedachten Äußerung zu verleiten.
Die Zusammenarbeit mit dem kooperativen Anwalt gestaltet sich meist am angenehmsten und führt in der Regel zu dem für beide Seiten akzeptabelsten Ergebnis. Dieser Anwalt verfügt zudem meist über eine fundierte Kenntnis der Rechtsmaterie und kann seine Möglichkeiten realistischer einschätzen. Diese fundierten Kenntnisse erfordern allerdings eine besonders sorfältige Arbeitsweise, um das Verfahren zum gewünschten Ergebnis zu bringen.
Der Umgang mit dem konfrontativen Anwalt ist die unangenehmste und anstrengenste. Der konfrontative Anwalt ist stets bemüht zu provozieren und so Fehlentscheidungen hervorzurufen. Gerne versucht er auch das Verfahren auf eine persönliche Ebene zu ziehen. Hier ist vor allem Ruhe das oberste Gebot. Man sollte von vorne herein ablehnen auf jegliche Provokationen und sachfremde Äußerungen einzugehen. Oft zeigt sich dann mangelnder Sachverstand als Grund für ein solches Verhalten. Konfrontative Anwälte mit hohem Sachverstand hingegen sind nicht zu unterschätzen und auch wenn die Äußerungen dieses Anwaltstypes noch so lächerlich wirken mögen, sollte man ihn nicht unterschätzen.
Typische Situationen
BearbeitenDem Betroffenen wird die Einleitung des Verfahrens bekanntgegeben und ihm wird das rechtliche Gehör gewährt. Als Antwort streitet der Anwalt des Betroffenen erst mal den gesamten Sachverhalt ab, stellt die rechtliche Würdigung der Verwaltungsbehörde als völlig falsch dar und bittet um sofortige Akteneinsicht.
In einer solchen Situation sind drei Dinge zu klären:
- Welchen Gehalt haben die Äußerungen des Anwaltes wirklich? Wie reagiere ich darauf?
- Liegt eine Vollmacht dem Schreiben bei, oder wird deren Vorliegen anwaltlich versichert?
- Was tun mit der Akteneinsicht?
Eine zeitsparende Lösung ist es in solchen Fällen erst einmal die Frage der Akteneinsicht zu klären. Kann diese gewährt werden? Wenn ja, in welcher Form? Ziehe ich es vor mit dem Anwalt persönlich zu sprechen, dann gewähre ich Akteneinsicht an Amtsstelle. Es bietet sich in solchen Fällen eine fernmündliche Terminabsprache bzw. das Angebot einer solchen an. Ist dies nicht gewünscht kann dem Anwalt auch eine Kopie der Akte übersandt werden.
Im Anschreiben an den Anwalt bietet es sich an zu erklären man habe die Argumente des Anwaltes zur Kenntnis genommen und ihm dann nach Akteneinsicht eine weitere Möglichkeit des rechtlichen Gehörs einzuräumen. In diesem wiederholen sich im Zweifel die bereits vorgebrachten Argumente und man spart es sich diese zweimal zu beantworten. Gleichzeitig bietet es sich an "der guten Ordnung halber" die Vollmacht des Anwaltes anzufordern. Diese ist stets Teil einer ordentlichen Ermittlungsakte.
Bußgeldverhandlung
BearbeitenDer Anwalt bittet um ein Gespräch an Amtsstelle, um den Sachverhalt vor Ort zu besprechen. Diese Bitte eröffnet viele Möglichkeiten das Verfahren erfolgreich und zügig zum Abschluß zu bringen. Bedingung ist aber eine gründliche Vorbereitung und die Wahl der richtigen Taktik.
Als ersten Schritt sollte man sich noch einmal gründlich in den Vorgang einlesen und die Kernpunkte auf einem Notizblatt vermerken. Auch die eigenen Argumente sollten hier stichpunktartig vorbereitet werden. Auch sollte man sich vor dem Gespräch im klaren über das beabsichtigte Bußgeld sein. Insbesondere ist es wichtig eine Untergrenze zu setzten, die nicht unterschritten werden sollte und einen Betrag als Einstieg in die Verhandlungen zu wählen, der zwar Verhandlungsmasse läßt, aber auch Verhandlungen zuläßt und nicht durch exorbitante Höhe abschreckt.
Höfliches und professionelles Auftreten sind Selbstverständlichkeiten.