Das Ordnungswidrigkeitenrecht in der Praxis: Der Bußgeldbescheid

Der Bußgeldbescheid ist die zentrale Form der Ahndung im OWi-Verfahren. Er wird von der VB nach Anhörung des Beteiligten und Würdigung sämtlicher Umstände der Tat erlassen. Der Bußgeldbescheid ist kein belastender Verwaltungsakt im Sinne des § 35 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), weil nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG das VwVfG bei der Ahndung von Ordnungswidrigkeiten keine Anwendung findet. Der Bußgeldbescheid ist dem Strafbefehl (§ 407 StPO) nachgebildet. Der Rechtsbehelf gegen den Bußgeldbescheid ist im Zwischenverfahren geregelt.

Form Bearbeiten

Der Bußgeldbescheid bedarf der Schriftform gemäß § 66 und § 51 Abs. 2 OWiG. Eine Unterschrift ist bei entbehrlich, da das OWiG diese nicht vorschreibt und das VwVfG nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG auf die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nicht anwendbar ist. Die erlassende Stelle muss jedoch eindeutig aus dem Bußgeldbescheid hervorgehen.

Erlass Bearbeiten

Erlassen wird der Bußgeldbescheid von der zuständigen Person in der örtlich und sachlich zuständigen Behörde. Als erlassen gilt der Bußgeldbescheid, wenn er mit einem Datum versehen, dem Namen der den Bescheid zu verantwortenden Person gemäß 110c OWiG enthält und dem Empfänger bekanntgegeben wurde. Eine Zustellung des Bescheides ist gemäß § 51 OWiG hingegen keine Voraussetzung allerdings trägt die erlassende Behörde die Beweislast.

Anforderungen Bearbeiten

Nach § 66 Abs. 1 und 2 OWiG wird inhaltlich vom Bußgeldbescheid die genaue Angabe der Person (natürliche oder auch juristische) des Betroffenen und der Nebenbeteiligten verlangt. Verwechslungen müssen ausgeschlossen sein. Ist ein Bescheid an mehrere Beteiligte gerichtet, so muss aus dem Bescheid zusätzlich hervorgehen welcher Vorwurf sich auf welchen Beteiligten bezieht. Ist der Behörde ein Verteidiger benannt worden, so ist dieser mit Name und Anschrift (Kenntnis der VB vorausgesetzt) aufzuführen. Die geahndete Tat ist so präzise wie möglich unter Angabe von Ort und Zeit der Begehung anzugeben. Die gesetzlichen Bestimmungen, die zum Erlass des Bußgeldbescheides geführt haben sind ebenso aufzuführen wie bei mehreren Verstößen unter Nennung der §§ 19 und 20 OWiG, ob es sich um Tateinheit oder Tatmehrheit handelt.

Für die Beschreibung des tatsächlichen Vorganges ist es hinreichend, dass der konkrete Lebensabschnitt eindeutig erkennbar ist (BayOblG NZV 1998, 515). Ist die Beschreibung nicht hinreichend ist der Bußgeldbescheid rechtswidrig, aber wirksam. Eine Nichtigkeit des Bescheides liegt dann vor, wenn das vorgeworfene Verhalten nicht mehr von anderen Möglichkeiten unterschieden werden kann. Diese Nichtigkeit kann nicht durch einen Änderungsbescheid in dem Konkretisierungen nachgeschoben werden geheilt werden (BGHSt 23, 336, 341/342 Personenverwechslung). Das Maß der Bestimmtheit der Vorwürfe richtet sich auch nach der schwere der Vorwürfe. Je schwerer die Vorwürfe sind, desto genauer muss die Tat beschrieben sein.

Wenn eine Tat vorsätzlich und fahrlässig begehbar ist, dann ist die Form der Begehung mitzuteilen. Im Straßenverkehrsrecht wird bei fehlender Angabe von Fahrlässigkeit ausgegangen (OLG Celle VRS 97, 258).

Die Beweismittel sind ebenfalls zu bezeichnen. Hier reicht es aus die wichtigsten Beweismittel aufzuführen. Sind diese Zeugen oder Sachverständige, so sind diese mit Name und Adresse anzugeben.

Die Rechtsfolgen (Bußgeld und Nebenfolgen: z. B. Verfall) sind unter Angabe der einschlägigen Vorschriften anzugeben.

Die VB hat den Beteiligten gemäß § 66 Abs. 2 OWiG über seine Rechtsbehelfsrechte, die Möglichkeit der Reformatio in peius, die Zahlungsfrist, den Zahlungsort (in der Regel Bankverbindung), die Möglichkeit von Zahlungserleichterungen (Stundung, Ratenzahlung) und die Folgen der Säumnis hinzuweisen. In manchen Sondergesetzen sind darüber hinausgehende Belehrungspflichten vorgesehen (z.B. §33 a BaWüJagdG über die Dauer des Jagdverbotes oder § 25 Abs. 8 Straßenverkehrsgesetz (StVG) der Beginn eines Fahrverbotes).

Die Kostenentscheidung nach § 105 Abs. 1 OWiG i.V.m. §§ 464 I, 465 StPO ist der letzte Pflichtbestandteil des Bußgeldbescheides. Die Kosten trägt stets der Betroffene.

Eine Begründung für die Entscheidung der Behörde ist ausdrücklich nicht vorgeschrieben. Sie kann im Einzelfall aber tunlich sein, um dem Beteiligten das nachvollziehen der Entscheidung der VB zu ermöglichen, denn Ziel eines Bußgeldbescheides ist stets eine Verhaltensänderung des Beteiligten. Der übliche Umfang der Begründung des Bußgeldbescheides hängt sehr stark vom Rechtsgebiet ab. Bei Massen-OWi, wie Geschwindigkeitsübertretungen, wird meist ganz von einer Begründung abgesehen, wobei hingegen bei schwerwiegenden Ordnungswidrigkeiten eine umfangreichere Begründung angebracht ist. Diese ist so kurz wie möglich, aber so umfangreich wie nötig abzufassen. Der Grund dafür ist, daß die Begründung einerseits Angriffsfläche für Einwendungen gegen den Bußgeldbescheid liefert, auf der anderen Seite in einem möglichen Gerichtsverfahren das fehlen einer angemessenen Begründung für das Bußgeld meist als Mangel des Bußgeldbescheides gerügt wird und zu Gunsten des Beteiligten ausgelegt wird. Auch hat es sind in der Praxis gezeigt, daß viele Richter - gerade in exotischen Rechtsgebieten - die Begründung des Bußgeldbescheides als wichtigste Quelle zum Verständnis des Vorganges nutzen. Auf diese Tatsache sollte also gerade bei strittigen Verfahren geachtet werden.

Zustellung Bearbeiten

Der Bußgeldbescheid ist dem Betroffenen gemäß § 51 Abs. 2 OWiG zuzustellen. Dies geschieht in der Praxis in der Regel mit Postzustellungsurkunde, deren Kosten ebenfalls der Betroffene zu zahlen hat. Die Art der Zustellung richtet sich im einzelnen nach § 51 Abs. 1 Satz 1 OWiG i.V.m. §§ 3-6 Verwaltungszustellungsgesetz (VwZG) bzw. dem einschlägigen Landesrecht bei Bußgeldbescheiden durch Landesbehörden. Bei juristischen Personen ist an die vertretungsberechtige Person zuzustellen (§ 51 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 7 Abs. 2 und 3 VwZG).

Wurde vom Betroffenen ein Verteidiger bestellt, so reicht die Zustellung an diesen nach § 51 Abs. 3 Satz 1 OWiG aus.

Die Einspruchsfrist beginnt im Zeitpunkt der Zustellung. Sollte ein Bußgeldbescheid irrtümlich doppelt zugestellt werden, so gilt der spätere Zustellungszeitpunkt als Fristbeginn (§ 51 Abs. 4 OWiG).

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