Das Ordnungswidrigkeitenrecht in der Praxis: Das Bußgeld

Bei der Bemessung der Geldbuße ist in mehreren Schritten vorzugehen. Es ist zuerst, der Rahmen der Geldbuße zu klären (§ 17 Abs. 1, Abs. 2 OWiG). Beispiel: Der Ahndungsrahmen beträgt nach § 27 Abs. 2 Alt. 1 DSchG BW grundsätzlich zwischen EUR 5,00 bis EUR 250.000,00; in besonders schweren Fällen bis zu EUR 500.000,00. Im zweiten Schritt ist innerhalb des gesetzlich vorgesehenen Rahmens der Betrag festzulegen. Beispiel: Der Bauherr hat ohne Genehmigung ein Kulturdenkmal der Baukunst in der Innenstadt abgerissen, d. h. zerstört. Er handelte ordnungswidrig (vgl. § 27 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1 Nr. 1 DSchG BW). Die Ordnungswidrigkeit kann wird von der Verwaltungsbehörde mit einer Geldbuße i. H. v. EUR 400.000,00 geahndet.

Geldbußenrahmen (§ 17 Abs. 1, Abs. 2 OWiG) Bearbeiten

Der § 17 Abs. 1, Abs. 2 OWiG ist an sich selbsterklärend. Er dient als Auffangtatbestand, wenn es an spezielleren Regelungen mangelt.

Fahrlässiges Handeln wird gem. § 17 Abs. 2 OWiG insbesondere deshalb niedriger sanktioniert, weil hier innere Merkmale an sich nicht oder nur verkümmert beim Täter vorliegen. Fahrlässig handelt, wer unbewusst oder ungewollt, aber pflichtwidrig den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit verwirklicht.

Der Geldbußenrahmen ist jedoch äußert wichtig für die in der Praxis sehr relevante Verjährung (vgl. § 31 OWiG).

Bemessungskritierien für das Bußgeld (§ 17 Abs. 3 OWiG) Bearbeiten

Die jeweiligen Bemessungskriterien müssen in jedem Fall gesondert herausgearbeitet und geprüft werden. Nicht zu bemessen ist die Bedeutung des geschützten Rechtsguts oder die abstrakte Gefährlichkeit. Diese Bewertungen bestimmen allein den Bußgeldrahmen[1]. Beispiel: Das Denkmalschutzrecht hat in Baden-Württemberg Verfassungsrang (vgl. Art. 3c Abs. 2 LV BW). Hieraus ergibt sich hinsichtlich der Höhe des Bußgeldes kein objektiver Umstand, der zusätzlich zu berücksichtigen wäre.

  • Objektive Umstände, z. B.:
  • Tun oder Unterlassen
  • Art und Intensität der Tataus- und Durchführung
  • Maß der objektiven Pflichtverletzung
  • Einheit oder Mehrheit der verletzten Tatbestände (§ 19 OWiG)
  • Fortdauer der Tatfolgen, Deliktsfolgen, Gefährdung Dritter
  • Verhalten vor und nach der Tat (z. B. Ausnutzen einer günstigen Gelegenheit)
  • Wiederholungstaten, Berücksichtigung früherer Bußgeldentscheidungen
  • Objektive Ausnahmesituation
  • Wirkung der Tat und der Sanktion auf die Allgemeinheit
  • Subjektive Umstände, z. B.:
  • Geständigkeit und Versuche um eine Wiedergutmachung
  • Tatmotive (z. B. Geltungsdrang, Gutmütigkeit) und Tätergesinnung
  • Hartnäckigkeit bei der Planung und Durchführung des Delikts
  • Willensschwäche und Nachgiebigkeit
  • Über- oder unterdurchschnittliche Intelligenz
  • Verständigungsprobleme
  • Vorleben des Täters
  • Gewissenskonflikte
  • Wirtschaftliche Verhältnisse (§ 17 Abs. 3 S. 2 OWiG): Diese dürfen geschätzt werden (Argument: § 40 Abs. 3 StGB); Orientierung kann der Entgeltatlas der Bundesagentur für Arbeit[2] bieten. Es ist grundsätzlich vom durchschnittlichen Nettoeinkommen auszugehen, wobei Schulden zu berücksichtigen sind.[3]. Die wirtschaftlichen Verhältnisse sind jedoch auch unabhängig vom Delikt zu betrachten. Je höher die verhängte Geldbuße, umso genauer müssen die wirtschaftlichen Verhältnisse ermittelt werden[4].

Bußgeldkataloge enthalten schematisierte Rechtsfolgen bei typischen, massenhaft vorkommenden Bagatellsachen. Die einzelnen Festsetzungen innerhalb eines Bußgeldkatalogs sehen den Regelfall hinsichtlich der Bußgeldhöhe vor und gehen von durchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen des Täters aus. Bußgeldkataloge gehen auf Verwaltungsvorschriften oder innerdienstliche Anordnungen zurück. Die Vorteile sind: Einfache Handhabbarkeit, äußerliche Gleichbehandlung, Entlastung der Veraltung; die Nachteile sind: Gleichbehandlung Ungleicher[5].

Vorteilsabschöpfung (§ 17 Abs. 4 OWiG) Bearbeiten

Die Vorschrift dient der Abschöpfung des aufgrund der Ordnungswidrigkeit rechtswidrig erzielten Vorteils. Es handelt sich beim wirtschaftlichen Vorteil, anders als bei den wirtschaftlichen Verhältnissen (des Täters), um ein tatbezogenes Merkmal. Als wirtschaftlicher Vorteil ist der Gewinn auf Grund der Ordnungswidrigkeit anzusehen, abzüglich derjenigen Aufwendungen, die zur Erzielung des Gewinns erforderlich waren (Netto-Prinzip), sofern die Handlung nicht gänzlich unzulässig war[6].

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Quellen Bearbeiten

  1. Kremberger/Krumm, OWiG, 6. Aufl. (2020), § 17 Rn. 10.
  2. https://web.arbeitsagentur.de/entgeltatlas/
  3. Kremberger/Krumm, a. a. O., § 17 Rn. 16 f.; OLG Düsseldorf, 29.04.1998 - 2 Ss 109/98 - 51/98 II.
  4. Krenberger/Krumm, a. a. O., § 17 Rn. 21.
  5. vgl. Kremberger/Krumm, a. a. O., § 17 Rn. 34, 36 f..
  6. Kremberger/Krumm, a. a. O., § 17 Rn. 26.