Blender Dokumentation: Spin und SpinDup
Diese Seite bezieht sich auf Blender v2.37a |
Spin und SpinDup sind zwei sehr mächtige Modellierungswerkzeuge zur einfachen Erstellung von Rotationskörpern oder anderen drehsymetrischen Objekten wie Fahrrad-Speichen, Zahnrädern oder einem Großteil der Küchenausstattung (Teller, Tassen, Schüsseln, Dosen, Flaschen, Fässer, Gläser, Kannen... bis hin zur Guglhupf-Form)
Spin
BearbeitenIn der Literatur wird diese Funktion häufig als "Lathe-Tool" bezeichnet, nach dem englischen Wort für Drehbank. Mit dem Spin-Werkzeug entsteht ein zusammenhängendes, mehr oder weniger rundes Objekt, weil eine beliebige Auswahl von Vertices (Eckpunkten) und Edges (Kanten) nicht nur in einer frei einstellbaren Anzahl von Schritten um ein definierbares Zentrum gedreht, sondern gleichzeitig die erzeugten Kopien mit einander durch Edges und Faces (Flächen) verbunden werden.
Die Ursprungsform, aus der ein Spin-Objekt erstellt wird, enthält typischerweise selbst keine Faces, da diese durch die neu entstehende Oberfläche verdeckt würden. Die Drehung von vorhandenen Flächen ist nur in Ausnahmefällen sinnvoll. Während solche unsichtbaren Streben im Inneren des Körpers die Glättung der Oberfläche durch Subsurfaces verhindern, weil sie deren Berechnung beeinflussen, kann man sich diesen Effekt zunutze machen, um ein Objekt mit einer gerippten Oberfläche zu gestalten. Von solchen Ausnahmen abgesehen sollte man aber auf die Verwendung von Faces bei der Vorbereitung eines Spins verzichten.
Erzeugen Sie zuerst ein Drahtgitter (Mesh-Objekt), das die Kontur des Drehkörpers darstellt (genauer gesagt, des halben Körpers vom Rand bis zur Drehachse). Wenn Sie einen Hohlkörper erzeugen wollen, empfiehlt es sich, Außen- und Innenseite zu modellieren, und so die Materialdicke festzulegen. Abbildung 1 zeigt das Profil eines Weinglases, das wir hier als Beispiel modellieren wollen. Fügen Sie zunächst in der Frontsicht (Num1) einen Kreis ein (Leertaste >> Add >> Mesh >> Circle) und löschen Sie anschließend einen der Vertices (oder eine Kante), um den geschlossenen Kreis zu öffnen, da die Endpunkte des Profils nicht miteinander verbunden sein sollten, wenn es sich nicht um ein ringförmiges Objekt handelt. Aus den verbliebenen Vertices modellieren Sie die Silhouette einer Glashälfte. Sollten Sie zusätzliche Stützpunkte benötigen, lassen sich diese mittels Extrusion (E-Taste) an einen der beiden Endpunkte anfügen.
Wechseln Sie in den Edit-Modus (Tab) und wählen Sie ggf. alle Vertices aus (A-Taste). Rufen Sie nun, falls nötig, den Editing Context auf (Mesh-Icon oder F9). Dort finden Sie u.a. das Mesh Tools Panel. Das Eingabefeld Degr [degree = Grad] legt die Winkelgröße des Rotationskörpers fest (in Abbildung 2 wird ein Viertelkreis modelliert. Wir ändern diesen Wert auf 360, damit später der Wein nicht ausläuft). Das Eingabefeld Steps [Schritte] definiert die Anzahl der "Tortenstücke", aus denen der Drehkörper zusammengesetzt ist.
Wie auch bei der Funktion Spin Dup (siehe nächster Abschnitt) hängt die Erzeugung des Drehkörpers von der Plazierung des 3D-Cursors sowie von der Ausrichtung der aktuellen Ansicht ab. Die Rotation erfolgt um die Achse, die durch den Cursor markiert wird (weil die Drehachse von oben betrachtet als Punkt erscheint). Für unser Weinglas wechseln wir also mit Num7 in die Draufsicht, damit wir an der Drehachse entlang auf die Szene schauen.
- Schritt 1: Platzieren Sie den 3D-Cursor im Zentrum des Körpers, indem Sie einen der beiden Endpunkte des soeben erstellten Profils auswählen und im Snap-Menü (Shift-S) Cursor->Selection auswählen. Der Cursor sollte nun wie in Abbildung 3 positioniert sein.
- Bevor Sie fortfahren, beachten Sie die Anzahl der Vertices im Drahtgitter. Sie finden diese Angabe in der Infozeile oben rechts auf dem Bildschirm (vorausgesetzt, an den Voreinstellungen wurde nichts geändert, d.h. das oberste Fenster zeigt den Header des Info-Screens).
- Schritt 2: Klicken Sie nun den Spin-Button.
- Schritt 2a: Wenn Sie mehr als ein 3D-Fenster geöffnet haben, wechselt der Mauscursor zu einem Pfeil mit Fragezeichen, mit dem Sie jetzt das Fenster anklicken können, das die gewünschte Draufsicht zeigt. Ist nur ein einzelnes 3D-Fenster geöffnet, entfällt dieser Schritt und die Drehung wird sofort ausgeführt.
- Schritt 3: Der Vorgang erzeugt Dubletten der Vertices an der Nahtstelle, da bei einem Vollkreis die letzte Kopie deckungsgleich zum Ursprungsprofil ist, um den Drehkörper zu schließen. Entfernen Sie die überflüssigen Vertices, indem Sie alle Punkte an der Nahtstelle markieren (siehe Abbildung 5) und im Specials-Menü (Taste W) den Punkt Remove Doubles aufrufen oder im Panel Mesh-Tools den Button Rem Doubles anklicken.
- Achten Sie auf die Anzahl der ausgewählten Vertices vor und nach dieser Bereinigung. Wenn alles korrekt verlaufen ist, sollte die abschließende Anzahl (in unserem Beispiel 34 Vertices) mit dem Wert übereinstimmen, den Sie sich am Ende von Punkt 1 gemerkt haben. Der wahrscheinlichste Grund für die Differenz kann darin bestehen, dass einer der beiden Endpunkte (nämlich der, an dem Sie nicht in Schritt 1 den 3D-Cursor ausgerichtet haben) nicht exakt auf der Drehachse positioniert ist. Deshalb wird in einem solchen Fall dieser Vertex nicht auf der Stelle rotiert, sondern bildet einen kleinen Kranz, der beim Entfernen der Dubletten unangetastet bleibt (siehe Abbildung 7).
Mehrere Vertices zu einem zusammenfassen
Um mehrere Vertices zu einem zu verschmelzen, wählen Sie diese aus (RMT und anschließend auf die weiteren Vertices Shift-RMT). Drücken Sie nun die S-Taste zum Skalieren und halten Sie anschließend die Strg-Taste gedrückt, während Sie den Abstand der Vertices auf 0 Einheiten herunter skalieren (die Koordinaten werden während der Aktion am unteren Rand des 3D-Fensters eingeblendet). Schließen Sie den Vorgang mit LMT ab und entfernen Sie überzählige Vertices wie gehabt mit der Funktion Remove Doubles.
Alternativ können Sie mit der W-Taste das Specials-Menü aufrufen und den Punkt Merge ausführen. In der darauffolgenden Auswahl können Sie bestimmen, ob der verschmolzene Vertex in der Mitte zwischen den markierten Vertices platziert werden soll oder an der Position des 3D-Cursors. Für unsere Reparaturarbeit ist die erste Option die sinnvollere.
- Schritt 4: Lassen Sie abschließend die Flächen-Normalen mit Strg-N und Recalc Normals Outside neu berechnen. Nun können Sie den soeben erschaffenen Körper wie die Grundformen Würfel, Zylinder etc. weiter verwenden, also glätten, mit Material versehen, beleuchten oder was auch immer Sie damit anstellen möchten.
Wenn Sie sich mit dem Thema Rotationskörper beschäftigen, sollten Sie sich auch alternative Techniken zur Erstellung ansehen, die mittels Kurven funktionieren.
Spin Dup
BearbeitenMit Spin Dup werden Kopien ausgewählter Vertices auf einer Kreisbahn erzeugt, die diesmal jedoch nicht untereinander verbunden sind. Als Beispiel werden wir eine Uhr modellieren, ohne dass wir die Stundenstriche auf dem Zifferblatt einzeln justieren müssen.
- Entwerfen Sie lediglich einen Stundenstrich (z.B. wie in Abbildung 10 gezeigt) und wählen Sie im Edit-Modus mit F9 den Edit-Context, um das Mesh Tool Panel anzuzeigen.
- Setzen Sie das Eingabefeld Degr auf 360, um einen Vollkreis zu modellieren und Steps auf 12.
- Wählen sie im 3D Fenster die Ansicht, in der Sie frontal auf das Zifferblatt schauen. Die Drehung wird auch hier wieder in der aktuellen Bildebene durchgeführt, d.h. auch hier schauen wir entlang der Drehachse auf die Szene. Positionieren Sie den 3D-Cursor im gewünschten Zentrum der Drehung, um die Achse zu markieren.
- Markieren Sie den Stundenstrich durch Auswahl der relevanten Vertices.
Zur Erinnerung: Sie können alle Vertices eines Objekts mit der Taste A (All) auswählen oder alle miteinander verbundenen Vertices, indem Sie den 3D-Cursor über einem Vertex positionieren und mit der L-Taste (Linked) den zusammenhängenden Verbund auswählen.
Wenn Sie vor der Drehung im Edit-Modus mit der Tastenfolge SZ die Auswahl verschieben (hier wird vorausgesetz, Sie arbeiten in der Frontansicht, bei einem "liegenden" Zifferblatt benutzen Sie entsprechend SY für die Verschiebung), bleibt - im Gegensatz zu einer Verschiebung im Object-Modus - der Referenzpunkt des Objekts an seinem alten Ort. Mit dieser Verschiebung legen Sie den Radius der Drehung fest und können den Stundenstrich präzise auf die 12-Uhr-Position justieren. Durch diesen Trick können Sie schnell und exakt vor der Drehung den 3D-Cursor im Object-Modus mittels Shift-S >> Cursor->Selection positionieren (im Edit-Modus bezieht sich dagegen diese Positionierung auf einzelne ausgewählte Vertices, bzw. das geometrische Mittel einer Auswahl).
- Stellen Sie sicher, dass Sie sich im Edit-Modus befinden (im Object-Modus ist das Panel Mesh Tools ausgeblendet) und drücken Sie den Button Spin Dup.
- Auch hier können Sie wieder die Ansicht für die Drehung auswählen, falls Sie mehrere 3D-Fenster geöffnet haben. Der Mauscursor wechselt zu einem Pfeil mit einem Fragezeichen, damit Sie das entsprechende Fenster anklicken können (siehe Abbildung 11). Ist nur eine Ansicht vorhanden, wird die Drehung sofort ausgeführt.
Nach der Drehung ist die letzte Kopie deckungsgleich mit dem Ursprungsobjekt auf der 12-Uhr-Position. Was für Sie wie ein einzelner Stundenstrich aussieht, ist in Wirklichkeit doppelt vorhanden. In der Version 2.37a ist die überflüssige Kopie markiert und kann unmittelbar nach der Drehung mit der X-Taste gelöscht werden. Das Drahtgitter verschwindet mit der Löschung nicht, sondern ändert nur scheinbar seine Farbe von gelb (selektierte Vertices) nach purpur (deselektierte Vertices), wenn hinter der gelöschten Kopie der ursprüngliche Stundenstrich zum Vorschein kommt.
Wenn Sie bei einer älteren Programmversion das Drahtgitter nicht wieder in Handarbeit aus den Resten des Originals und der Kopie zusammen pfriemeln wollen (oder alternativ das selektierte Original verschieben, die Kopie selektieren und löschen und das Original anschließend wieder - möglichst exakt - an seinen Platz zurück bugsieren), bleibt Ihnen nur als einzig praktikable Möglichkeit, die Drehung von vorn herein um den Winkel eines einzelnen Steps zu vermindern. In unserem Beispiel wären das also nur 11 Schritte über einen Gesamtwinkel (Degr) von 330°, also elf Zwölfteln der Volldrehung.
Allgemein lautet die Formel für eine volle Drehung in n Schritten: 360 / n * (n-1). Bei der aktuellen Version 2.37 braucht man sich wie gesagt diese Kopfschmerzen nicht zu machen.
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