Benutzer:Jürgen-Michael Glubrecht/Aussagenlogik

Vollständigkeit der Aussagenlogik Bearbeiten

Die Korrektheit des Kalküls besagt, dass nur gültige Sequenzen abgeleitet werden können. Von grosser Bedeutung ist, dass auf diese Weise alle logischen Folgerungen abgeleitet werden können! Es gilt also auch die Umkehrung der Korrektheit:

Satz: Gilt    ,   so ist       ableitbar.

Das Ableiten ist ein maschinell prüfbares Verfahren, das in endlich vielen Schritten aus endlich vielen Formeln eine korrekte Folgerung erzeugt. Das ist genau das, was in der Mathematik als Beweis gilt. Der Satz besagt also, dass sich alle logischen Folgerungen auf diese Weise beweisen lassen.

Wir beweisen den Satz nach einer Idee des amerikanischen Logikers Leon Henkin. Dazu nehmen wir an, dass   gilt und konstruieren ein Bewertung  , die   zeigt:   macht also alle Formeln aus   wahr und alle Formeln aus   falsch. Wir vergrössern   und   zu   und  , so dass diese maximal sind aber weiterhin   gilt. Mit diesen Formelmengen wird dann die Bewertung definiert.[1]

Beweis:

Wir zeigen die Kontraposition. Sei also  , d.h. aus   ist   nicht ableitbar, und   die Mächtigkeit der Sprache. Weiterhin sei   mit   eine Aufzählung aller Formeln. Wir definieren rekursiv   und   für  .

  •   und  .
  • Für Limeszahlen   sei:   und  .
  • Für Nachfolgerzahlen   werden drei Fälle unterschieden:
    • wenn  , dann   und  
    • wenn   und  , dann   und  
    • wenn   und  , dann   und  

Wir werden später sehen, dass der letzte Fall nicht auftritt und setzen nun:   und  

Lemma 1: Es gilt    .

Beweis: Durch Induktion über   folgt:   für alle  . Für   gilt das nach Voraussetzung undfür Nachfolgerzahlen nach Konstruktion. Gälte für Limeszahlen  , dann gälte   für ein  , denn für die Ableitung werden nur endlich viele Formeln aus   und   benötigt. Das widerspricht aber der Induktionsvoraussetzung für  .

Insbesondere gilt also  .✔

Lemma 2:   und   sind maximal, d.h. es gilt für eine beliebige Formel  :
    •     und
    •  .

Beweis: Die eine Richtung ( ) folgt mit der Nichtableitbarkeit nach Lemma 1.

Sei   und   der Index von   in der Aufzählung aller Formeln. Dann ist  , sonst wäre  . Also gilt  .

Sei nun  . Ist  , dann folgt mit der Annahmenregel  . Sei also   und   der Index von  . Dann ist   und  , sonst wäre  . Also gilt auch in diesem Fall  . ✔

Lemma 3: Abgeschlossenheit von   und   nach unten, d.h. für beliebige Formeln   und   gilt:
    • 1.    
    • 2.     und  
    • 3.   wenn  , dann  
    • 4.   wenn  , dann  
    • 5.   wenn  , dann   und  
    • 6.   wenn  , dann   oder  
    • 7.   wenn  , dann   oder  
    • 8.   wenn  , dann   und  

Beweis:

  1. folgt mit der Annahmenregel und Lemma 1.
  2. ergibt sich mit den Regeln für Verum und Falsum, sowie Lemma 1.
  3. Sei  . Mit Lemma 2 folgt   und mit der Linken Negationsregel  . Erneut mit Lemma 2 folgt  .
  4. Sei  . Mit Lemma 2 folgt   und mit der Rechten Negationsregel  . Erneut mit Lemma 2 folgt  .
  5. Sei   oder  . Mit Lemma 2 folgt   oder  , also mit Verdünnung auch  . Mit der Linken Konjunktionsregel folgt   und wieder mit Lemma 2:  .
  6. Sei   und  . Mit Lemma 2 folgt   und  . Mit der Rechten Konjunktionsregel folgt   und erneut mit Lemma 2:  .
  7. Sei   und  . Mit Lemma 2 folgt   und  . Mit der Linken Disjunktionsregel folgt   und mit Lemma 2;  .
  8. Sei   oder  . Mit Lemma 2 folgt   oder   und mit Verdünnng  . Mit der Rechten Disjunktionsregel folgt   und mit Lemma 2:  .

Damit ist der Beweis beendet. ✔

Die eben gezeigten Eigenschaften reichen aus, um eine Bewertung   zu definieren, die   beweist:.

Definition der Bewertung  :

Für alle Aussagenkonstanten   sei   Wahr genau dann, wenn  .
Lemma 4: Für alle Formeln   gilt:              
    • wenn  , dann ist   Wahr,
    • wenn  , dann ist   Falsch.

Beweis durch Induktion über den Aufbau der Formeln:

  • Für Aussagenkonstanten gilt die Behauptung nach Definition von  .
  • Für Verum und Falsum gilt die Behauptung wegen Lemma 3 Punkt 2.
  • Gelte  . Dann gilt nach Lemma 3 Punkt 3.   und nach Induktionsvoraussetzung ist   Falsch. Also ist   Wahr.
    Ist  , ist nach Lemma 3 Punkt 4.   und somit   Wahr. Also ist   Falsch.
  • Gelte  . Nach Lemma 3 Punkt 5. und Induktionsvorraussetzung sind dann   Wahr und   Wahr. Also ist auch   Wahr.
    Ist  , ist nach Lemma 3 Punkt 6. und der Induktionsvoraussetzung   Falsch oder   Falsch. Damit ist auch   Wahr.
  • Gelte  . Nach Lemma 3 Punkt 7. und Induktionsvorraussetzung ist dann   Wahr oder   Wahr. Also ist auch   Wahr.
    Ist  , sind nach Lemma 3 Punkt 8. und der Induktionsvoraussetzung   Falsch und   Falsch. Daher ist auch   Falsch.

Damit ist Lemma 4 bewiesen. ✔

Da ja   und   gilt auch:

  beweist  .

Zusammen mit der Korrektheit des Kalküls gilt also:

Vollständigkeisatz:   ist ableitbar genau dann, wenn   gilt.
  1. Jürgen-Michael Glubrecht: Ein Vollständigkeitsbeweis für schnittfreie Kalküle mit der Maximalisierungsmethode von Henkin, im Archiv für mathematische Logik und Grundlagenforschung Band 22 (1982) S. 159 - 166