BWL in NPC: Warum spezielle Betriebswirtschaftslehre für Non-Profit-Unternehmen?
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Warum spezielle Betriebswirtschaftslehre für Non-Profit-Unternehmen?
BearbeitenWas sind Non-Profit-Unternehmen? (NPC)
BearbeitenIn diesem Buch wird in der Begriff NPC (das steht für: Non-Profit-Company zu deutsch: Nicht-gewinnorientiertes Unternehmen) für alle Arten von Unternehmen, Organisationen, Betrieben und sonstigen Zusammenschlüssen, die Leistungen ohne eine Gewinnerzielungsabsicht erbringen und hierfür Menschen gegen Bezahlung (Arbeitnehmer und Führungskräfte) einsetzen.
Mit dieser Definition soll eine Abgrenzung diese Unternehmen erreicht werden gegenüber:
1. Gewinnorientierten Unternehmen, die Produkte und Leistungen erbringen und diese verkaufen, wobei durch diesen Erlös nicht nur alle entstehenden Kosten abgedeckt werden müssen, sondern zusätzlich ein Gewinn erwirtschaftet werden soll.
2. Unternehmen und andere Zusammenschlüsse, bei denen Leistungen für Empfänger kostenlos erbracht werden aber Menschen ausschließlich ehrenamtlich tätig werden.
Vorschlag für die Einteilung der NPCs
BearbeitenDa sich die traditionelle Betriebswirtschaftslehre bisher zum weit überwiegenden Teil mit den gewinnorientierten Unternehmen beschäftigt hat, fehlt es bisher an einer einheitlichen Einteilung für die Non-Profit-Unternehmen.
Eine mögliche Einteilung kann unter den Kriterien Trägerschaft, Zielgruppen und Finanzierung gebildet werden. Danach lassen sich Non-Profit-Betriebe mindestens in folgende Kategorien einteilen, wobei Ergänzungen zu den genannten Kategorien und eine weitere Differenzierung innerhalb der einzelnen Kategorien zu einem späteren Zeitpunkt notwendig oder zumindest hilfreich sein können:
Staatliche (öffentliche) Verwaltung
BearbeitenDas Aufgabenspektrum dieser Kategorie kann wegen seiner fast unendlichen Vielfalt nicht mit wenigen Worten charakterisiert werden. Zielgruppe für diese Leistungen sind einzelne Bürger, Gruppen oder auch die Gesamtheit aller Bürger (zum Beispiel bei militärischem Schutz). Zur Kategorie Staatliche (öffentliche) Verwaltung sind zu rechnen:
► Ministerium und sogenannte Mittelbehörden
► Behörden mit ausführenden Aufgaben
Beispiele: Ämter der Stadt-, Landes- und Bundesverwaltung, Polizeistationen, Gerichte, Strafvollzugsanstalten
► Schulen und Universitäten
► Militär
Träger der öffentlichen Verwaltung ist der Staat. Die Finanzierung erfolgt zum weit überwiegenden Teil durch Steuern. Nur in wenigen Ausnahmen werden Gebühren erhoben, die aber in der Regel nicht kostendeckend sind.
Staatsbetriebe
BearbeitenStaatsbetriebe erbringen fast ausschließlich Dienstleistungen. Diese werden von Einzelnen oder von Gruppen in Anspruch genommen.
Beispiele für Staatsbetriebe sind: Post- und Telekommunikationsgesellschaften, Verkehrsunternehmen, Versorgungsunternehmen, Entsorgungsunternehmen (so weit diese noch nicht privatisiert sind). In vielen Ländern wird der Anteil der Staatsbetriebe seit Jahren systematisch reduziert. Siehe hierzu: Privatisierung, Outsourcing
Träger der Staatsbetriebe ist – wie der Begriff schon erkennen lässt – der Staat. Für die erbrachten Leistungen werden Gebühren vereinnahmt oder Kosten berechnet, die vom Grundsatz her kostendeckend sein sollen.
Anmerkung: in der Vergangenheit ist teilweise eine klare Abgrenzung zwischen öffentlicher Verwaltung und Staatsbetrieben nicht oder nur unzureichend möglich gewesen. Nicht nur in Deutschland sind Staatsbetriebe oft durch eine sehr ausgeprägte Bürokratie gekennzeichnet gewesen, sodass sie für den Kunden (Bürger) eher als Verwaltung denn als Betrieb empfunden wurden.
Eine Besonderheit sind gewerbliche Betriebe, an denen der Staat heute noch anteilig oder mehrheitlich beteiligt ist. Auch hier besteht eine Tendenz, den staatlichen Einfluss zu reduzieren. Teilweise stößt dies auf erbitterten Widerstand bei den Beschäftigten, da sie Rationalisierungsmaßnahmen befürchten, denen ein größerer Teil der Arbeitsplätze zum Opfer fallen könnte.
Gemeinnützige Einrichtungen (ohne Interessenvertretungen)
BearbeitenZu den gemeinnützigen Einrichtungen (ohne Interessenvertretungen) zählen die Kirchen und religiöse Vereinigungen, karitative Einrichtungen, Krankenhäuser (gGmbH) und sonstige soziale Hilfseinrichtungen.
Träger der gemeinnützigen Einrichtungen sind die großen christlichen Kirchen sowie religiöse und andere gemeinnützige Vereinigungen.
Die Finanzierung dieser Einrichtungen erfolgt durch Erträge aus eigenem Vermögen, Beiträge und Abgaben der Mitglieder (Sonderfall in Deutschland: Kirchensteuer), Spenden und staatliche Zuschüsse (finanziert aus Steuern).
Interessenvertretungen
BearbeitenEigeninteressen-Vertretungen
BearbeitenAnmerkung: der Begriff Eigeninteressen-Vertretung ist bisher nicht allgemein üblich. Der Begriff wird im Folgenden für solche Interessenvertretungen verwendet, die grundsätzlich die Interessen ihrer eigenen Mitglieder vertreten, das schließt nicht aus, dass von den Aktivitäten auch Nicht-Mitglieder - gewollt oder ungewollt - profitieren können.
Typische Eigeninteressen-Vertretungen sind:
Gewerkschaften, Automobilklubs, Vereinigung der Bahnfahrer usw.
Nicht-Eigeninteressen-Vertretungen
BearbeitenAnmerkung: der Begriff Nicht-Eigeninteressen-Vertretungen ist bisher ebenfalls nicht allgemein üblich. Der Begriff wird im Folgenden verwendet für solche Interessenvertretungen, die nicht die Interessen ihrer Mitglieder sondern anderer Menschengruppen oder Belange vertreten, also grundsätzlich keine eigenen Interessen verfolgen.
Beispiele für Nicht-Eigeninteressen-Vertretungen sind:
Menschenrechtsorganisationen, Umweltschutzorganisationen, Ärzte ohne Grenzen, Journalisten ohne Grenzen usw.
Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen NPCs und gewinnorientierten Unternehmen
BearbeitenNon-Profit-Unternehmen zeichnen sich in vieler Hinsicht durch Gemeinsamkeiten mit gewinnorientierten Unternehmen aus:
1. Sie benötigen Einnahmen, um ihre gesamten Kosten decken zu können.
2. Am Ende eines Geschäftsjahres müssen sie grundsätzlich ein ausgeglichenes Betriebsergebnis vorweisen können; das schließt nicht aus, dass die in den einzelnen Jahren entstehende Verluste durch Überschüsse aus anderen Jahren kompensiert werden können.
3. Sie beschäftigen MitarbeiterInnen, deren Arbeitskraft sie bezahlen und für die sie Sozialabgaben entrichten müssen.
4. Sie weisen mehr oder minder geordnete und dauerhafte Strukturen auf (Organisation).
NPC unterscheiden sich in mindestens zwei wesentlichen Punkten von gewinnorientierten Unternehmen:
1. Ihre Tätigkeiten sind grundsätzlich so geartet, dass mit ihnen kein Gewinn erwirtschaftet werden soll.
2. Die verfügbaren Einnahmen stehen nicht in einem direkten Zusammenhang mit einzelnen konkret erbrachten Leistungen. Das bedeutet, dass Einzelleistungen nicht einem einzelnen Empfänger gezielt in Rechnung gestellt werden.
Je nach Art des Non-Profit-Unternehmens stehen die erbrachten Leistungen entweder nur einer ausgewählten Gruppe (z.B. Mitgliedern), größeren Gruppen oder der Allgemeinheit zur Verfügung. Daraus resultiert, dass entweder alle für die ausgewählte Gruppe erbrachten Leistungen kollektiv von allen Mitgliedern (z.B. durch monatliche oder jährliche Beiträge) bezahlt werden oder alle erbrachten Leistungen durch Einnahmen bezahlt werden, die entweder von Mitgliedern oder von anderen (z.B. Steuerzahlern) aufgebracht werden.
Ist die Bedürfnisbefriedigung ein Betriebsziel?
BearbeitenEs entspricht dem allgemeinen Verständnis der Betriebswirtschaftslehre, dass Betriebe zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse errichtet werden. Weiter besteht Konsens darüber, dass Wirtschaften beschrieben werden kann als das Disponieren über knappe Güter (und Dienstleistungen), die direkt oder indirekt geeignet sind, menschliche Bedürfnisse und Wünsche zu erfüllen.
Dabei lässt die Betriebswirtschaft im engeren Verständnis die Frage unbeantwortet, ob diese menschlichen Bedürfnisse und Wünsche quasi „von Anfang an dem Menschen bestehen“ oder ob sie – zum Beispiel durch äußere Einflüsse und Aktivitäten – erzeugt werden.
Betrachtet man die Situation in den Ländern, in denen mindestens die Grundbedürfnisse wie Essen, Trinken, Kleidung, Wohnen und (relative) Sicherheit gegen Unwägbarkeiten abgedeckt sind, kann man erkennen, dass darüber hinausgehende Bedürfnisse durch allgemeine äußere Einflüsse oder gezielte Vermarktungsstrategien – zum Beispiel das Marketing - geweckt werden.
Spätestens in dieser Situation muss man sich fragen, ob die Bedürfnisbefriedigung als ein wesentliches Betriebsziel anzusehen ist. Stellt man bei dieser Frage gewinnorientierte Unternehmen und Non-Profit-Betriebe gegenüber, wird ein wesentlicher Unterschied deutlich.
Bedürfnisbefriedigung bei NPCs
BearbeitenDefinitionsgemäß streben NPCs bei ihren Aktivitäten keine Gewinne an. Daraus kann man im Umkehrschluss ableiten, dass das vorrangige Ziel einer NPC darauf ausgerichtet ist, Bedürfnisse zu befriedigen.
Diese Bedürfnisse können unmittelbar aus Bedürfnissen des Einzelnen resultieren (zum Beispiel Studium an einer Universität), aus kollektiven Bedürfnissen einer Gemeinschaft (zum Beispiel Vertretung der Interessen von Gewerkschaftsmitgliedern) oder auch allgemeinen staatlichen Vorgaben (zum Beispiel Sicherheit durch polizeiliche Kontrolle).
In einzelnen Fällen kann sich die Situation ergeben, dass übergeordnete Interessen den Interessen eines Einzelnen entgegenstehen. Ein markantes Beispiel soll dies deutlich machen: Weder ein Mörder, noch ein Dieb oder Drogenhändler haben ein Interesse daran, dass sie von der Polizei ertappt und festgenommen werden. Sie wollen auch nicht von einem Gericht für ihre Handlungen zur Rechenschaft gezogen werden. Schließlich wird die verhängte Geld- oder Freiheitsstrafe im Allgemeinen kaum die Zustimmung des Verurteilten finden, selbst wenn er sie in seinem Innersten als gerecht empfinden muss.
Bedürfnisbefriedigung bei gewinnorientierten Unternehmen
BearbeitenDie Beantwortung der Frage, ob gewinnorientierte Unternehmen ein grundsätzliches und uneigennütziges Interesse an der Befriedigung von Bedürfnissen ihrer Kunden haben, hat gerade in den letzten Jahren eine Dimension erreicht, die bis in den Bereich der Ethik hineinreicht.
Immer häufiger wird beklagt, dass Unternehmen nur noch auf ihre eigenen Interessen ausgerichtet seien. Bis heute wird dies von nahezu allen Unternehmen als ein unbegründeter Vorwurf zurückgewiesen. Dennoch weisen viele Managemententscheidungen der zurückliegenden fünf bis fünfzehn Jahre Gemeinsamkeiten auf, bei denen der begründete Verdacht besteht, dass allein unternehmensegoistische Motive entscheidungsrelevant waren. Hierzu zählen:
1. Gewinnmaximierung
2. Erhöhung des Unternehmenswertes um jeden Preis
3. Streben nach marktbeherrschender Stellung
4. Schaffen von neuen Märkten, obwohl hiermit möglicherweise oder mit Sicherheit negative Auswirkungen auf Menschen und/oder Umwelt verbunden sind
Allerdings muss angemerkt werden, dass gewinnorientierte Unternehmen sich an den Bedürfnissen ihrer Kunden orientieren müssen, um ihre Produkte abzusetzen. Somit ist es nicht unbedingt notwendig oder gar erwünscht, dass die Motivation der Unternehmen die der allgemeinen Bedürfnisbefriedigung ist. Diese ergibt sich (theoretisch) von selbst.
Warum mangelt es Beschäftigten in NPCs häufig an wirtschaftlichem Bewusstsein?
BearbeitenUnabhängig davon, zu welcher Kategorie ein Non-Profit-Betrieb gehört, weisen die meisten von ihnen ein mangelndes Kostenbewusstsein bei den Führungskräften und den Beschäftigten auf. Was sind die Gründe für diesen Mangel? Die Antwort setzt sich aus mehreren Elementen zusammen, die in der Tradition, der Finanzierung und der Art der erbrachten Leistungen gründen.
Vielfach waren die Non-Profit-Betriebe der Vergangenheit durch sichere Einnahmen, keinen oder mangelnden Wettbewerb und eine Nicht-Vergleichbarkeit ihrer Leistungen in der „glücklichen Lage“, dass sie sich betriebswirtschaftlichen Bewertungen entziehen konnten.
Die überwiegende Zahl der Beschäftigten und Führungskräfte ist in einem Bewusstsein erzogen worden, bei dem Aufgaben und Ziele absoluten Vorrang hatten und Kosten(-bewusstsein) nicht gefragt oder auch nicht vorhanden war. Es galt vereinfacht der Grundsatz: „Dieses oder jenes muss gemacht werden, unabhängig davon was es kostet.“
Wenn es dennoch kritische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder Führungskräfte gab, die nach den Kosten gefragt haben, wurden sie regelmäßig abgewiesen. Teilweise mag dies auch das Ergebnis einer versteckten Erkenntnis der Älteren gewesen sein, dass eine solche Betrachtungsweise unvorteilhaft für den Einzelnen oder den Betrieb ausgehen könnte.
Lange Zeit wurde von der öffentlichen Verwaltung die Forderung, bestimmte Leistungen nicht selbst zu erbringen sondern „hinzuzukaufen“ mit dem Argument abgewehrt, es handle sich um hoheitliche Aufgaben oder die Vertraulichkeit sei gefährdet usw.. Zu einer ernsthaften Auseinandersetzung mit der Alternative unter Berücksichtigung einer betriebswirtschaftlichen Betrachtung kam es dann nicht.
Jedes Jahr liefern die Rechnungshöfe ihre Prüfungsbemerkungen mit zahlreichen Beispielen für betriebswirtschaftliche Fehlentscheidungen in der Bundes- und Landesverwaltung ab. Exemplarisch eine Untersuchung zu bundeseigenen Tankstellen. Lesen Sie selbst:
BWL in NPC: BRH sagt "BGS-eigene Tankstellen sind unwirtschaftlich"
Die Rahmenbedingungen haben sich verändert
BearbeitenMittlerweile wird vielen klar, dass sich die Rahmenbedingungen für viele NPCs in den letzten Jahren deutlich verändert haben.
1. Staatlichen Einrichtungen stehen immer weniger Steuereinnahmen zur Verfügung, ohne dass die zu erbringenden Leistungen in ihrem Umfang nachgelassen hätten.
2. Kirchen müssen mit einer Reduzierung des Aufkommens aus der Kirchensteuer leben, weil immer mehr Menschen aus der Kirche austreten.
3. Auch bei den Gewerkschaften gibt es – insbesondere unter den jungen Beschäftigen – immer mehr Beschäftigte, die nicht mehr Mitglied werden oder ihre Mitgliedschaft kündigen.
4. Karitative und andere Einrichtungen, die früher großzügig vom Staat gefördert wurden, müssen wegen der geringeren Steuereinnahmen des Staates mit reduzierten Zuschüssen auskommen. Eine Kompensation durch Spenden ist auf Grund der aktuellen wirtschaftlichen Situation nahezu ausgeschlossen.
Zaghaft beginnen die Reformen
BearbeitenDies hat in vielen Fällen zu der Bereitschaft geführt, betriebswirtschaftliche Denkweisen mit in die Überlegungen und Entscheidungen einfließen zu lassen. In den Gewerkschaften gibt es vielerorts immer noch massive Bedenken gegen betriebswirtschaftliche Methoden. Zu sehr verbindet man mit ihnen die Auseinandersetzungen in den sechziger und siebziger Jahren zwischen Unternehmensleitungen und Betriebsräten, bei denen die eine Seite Maßnahmen für eine höhere Wirtschaftlichkeit forderte und die Betriebsräte eine unzumutbare „Ausnutzung der Arbeitnehmer“ unterstellte.
Auch in den kirchlichen und karitativen Einrichtungen hat man zum Teil noch große Probleme, seine von Idealismus geprägte Arbeit den „schnöden Methoden einer Betriebswirtschaft“ zu unterziehen.
In der öffentlichen Verwaltung hat sich, glaubt man den Reden der Politiker und Hochglanzbroschüren von Ministerien, ein tiefgreifender Wandel vollzogen. Doch die Realität liefert den Insidern ein ganz anderes Bild. Selbst wenn betriebswirtschaftliche Methoden nach außen hin mit großem Nachdruck eingeführt wurden, hat man doch peinlich darauf geachtet, „schlimmstes zu verhüten".
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