Aufgabensammlung Physik: Das Fermatsche Prinzip
In diesem Kapitel wird das Fermatsche Prinzip eingeführt und mit Hilfe dieses Prinzips werden wesentliche Gesetze der Optik wie das Reflexions- und das Brechungsgesetz hergeleitet.
Das Fermatsche Gesetz
Das Fermatsche Gesetz lautet:
- „Lichtstrahlen breiten sich immer entlang derjenigen Pfade aus, auf denen die Zeit, die ein Punkt auf der elektromagnetischen Welle zum Durchlaufen des Pfades braucht, ein Extremum ist.“
Formulierung mit Hilfe des optischen Wegs
Der optische Weg eines Pfads der Länge in einem homogenen Medium des Brechungsindexes ist das Produkt . Betrachtet man einen Pfad auf dem sich der Brechungsindex mit dem Ort ändert, so ist der optische Weg dieses Pfads definiert durch . Beweise, dass der Fermatsche Satz auch folgendermaßen definiert werden kann:
- „Lichtstrahlen breiten sich entlang derjenigen Pfade aus, auf denen der optische Weg extremal ist.“
Beweis
Sei ein beliebiger Pfad gegeben. Die Zeit , die ein Punkt der elektromagnetischen Welle benötigt, um diesen Pfad zu durchlaufen ist:
Dabei ist die Phasengeschwindigkeit der elektromagnetischen Welle an der Stelle . Somit ist die infinitesimale Zeit, die ein Punkt auf der elektromagnetischen Welle braucht, um die infinitesimale Strecke zu überwinden. Nun ist , wobei der Brechungsindex an der Stelle ist. Dies ergibt:
Die Zeit ist also direkt proportional zum optischen Weg . Damit ist genau dann extremal, wenn extremal ist. qed.
Lichtausbreitung in homogenen Medien
Beweise mit Hilfe des Fermatschen Prinzips, dass sich Lichtstrahlen in homogenen Medien mit ortsunabhängigem Brechungsindex entlang von Geraden ausbreiten.
Beweis
Seien zwei Punkte und in einem homogenen Medium mit Brechungsindex gegeben. Sei ein Pfad in diesem Medium, der die beiden Punkte miteinander verbindet. Der optische Weg entlang dieses Pfades ist
Wobei die Länge des Pfads ist. Es ist also und damit genau dann extremal, wenn extremal ist. In unserem Fall kann nur minimal werden, da es keinen Pfad mit maximaler Verbindungsstrecke zwischen den Punkten und gibt. Die kürzeste Verbindungsstrecke zwischen und ist aber gerade die Strecke , auf der sich damit der Lichtstrahl ausbreitet. Lichtstrahlen breiten sich somit in homogenen Medien geradlinig aus.
Reflexionsgesetz
Beweise mit Hilfe des Fermatschen Prinzips das Reflexionsgesetz.
Beweis
Seien ein Punkt mit Abstand und ein Punkt mit Abstand zur Reflexionsoberfläche gegeben. Der Abstand der Lotpunkte der beiden Punkte und auf der Reflexionsfläche sei . Gesucht ist nun der Punkt auf der Reflexionsfläche, an der die Reflexion stattfindet.
Schritt 1: Bestimmung des optischen Wegs
Die Lichtausbreitung zwischen und bzw. zwischen und findet nach dem obigen Abschnitt „Lichtausbreitung in homogenen Medien“ entlang der Strecken und statt, weil die Lichtausbreitung in einem homogenen Medium mit konstantem Brechungsindex geschieht. Der optische Weg auf diesen beiden Strecken ist bzw. .
Sei der Abstand des Punktes zum Lotpunkt von . Damit ist und . Damit ist der optische Weg :
Schritt 2: Beweis des Reflexionsgesetzes
Zur Bestimmung von müssen die Extrema des optischen Wegs bestimmt werden. Das notwendige Kriterium, dass extremal ist, ist , also
Und damit
Nun ist aber nach den trigonometrischen Formeln im rechtwinkligen Dreieck und . Nach dem Einsetzen in die obige Formel erhalten wir:
Weil nun sowohl als auch Winkel im Intervall sind und der Sinus in diesem Intervall injektiv ist, folgt und damit das Reflexionsgesetz.
Brechungsgesetz
Beweise mit Hilfe des Fermatschen Prinzips das Snelliussche Brechungsgesetz.
Beweis
Betrachte die rechte Skizze. Es seien zwei Punkte und gegeben, die in zwei verschiedenen Medien mit den Brechungsindizes bzw. liegen. Der Abstand von zur Übergangsfläche zwischen den beiden Medien sei und der Abstand von zur Übergangsfläche sei . Der Abstand der Lotpunkte von und auf die Brechungsoberfläche sei .
Schritt 1: Berechnung des optischen Wegs
Sei der Punkt an dem der Lichtstrahl von einem Medium auf das andere Medium geht. Nach dem obigen Abschnitt „Lichtausbreitung in homogenen Medien“ breitet sich der Lichtstrahl entlang der Strecken und dann entlang der Strecke aus. Der optische Weg ist dann
Es ist und . Damit ist
Schritt 2: Beweis des Brechungsgesetzes
Die Winkel und können aber nicht unabhängig voneinander gewählt werden. Sei der Abstand von zum Lotpunkt von . Wegen und , müssen und die Nebenbedingung erfüllen.
Nach dem Fermatschen Prinzip breiten sich die Lichtstrahlen entlang dem Pfad aus, wo der optische Weg extremal wird. Berechnen wir also die Extremstellen dieser Funktion unter der Nebenbedingung .
Zur Berechnung dieser Extremstellen verwenden wir die Lagrange-Multiplikatorenregel. Die Lagrange-Funktion lautet:
Für die Extremstellen erhalten wir dann folgende notwendige Bedingungen:
Aus der ersten Gleichung erhält man:
und aus der zweiten Gleichung erhält man analog:
Damit folgt das Brechungsgesetz
Die Optimale Rettung
Stell dir eine Situation vor, in der ein Rettungsschwimmer eine Person retten muss. Der Rettungsschwimmer befindet sich am Land an der Position und die zu rettende Person an der Stelle im Wasser. Die Entfernung des Rettungsschwimmer zum Meer ist und der Abstand der zu rettenden Person vom Strand ist . Außerdem ist der Abstand der beiden Personen parallel zur Grenze Meer-Strand gleich . Der Rettungsschwimmer rennt am Land mit der Geschwindigkeit und im Wasser schwimmt er mit der Geschwindigkeit .
Welcher Zusammenhang gilt zwischen den Winkeln und ?
Lösung
Gesucht ist der Weg des Rettungsschwimmers, für den er die geringste Zeit benötigt. Dies ist analog zum Fermatschen Prinzip und die Lösung dieser Aufgabe ist analog zum Beweis des Brechungsgesetzes. Im Abschnitt zum Brechungsgesetz haben wir bewiesen:
Dabei ist die Phasengeschwindigkeit von Licht im Medium mit Brechungsindex und die Phasengeschwindigkeit im Medium mit Brechungsindex . Also ist der Zusammenhang zwischen und in dieser Aufgabe: