Adventskalender 2007: Türchen 2

Ein besinnliches Gedicht zum ersten Advent

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Herbsttag


    Herr, es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
    Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
    und auf den Fluren laß die Winde los.



    Befiehl den letzten Früchten, voll zu sein;
    gib ihnen noch zwei südlichere Tage,
    dränge sie zur Vollendung hin, und jage
    die letzte Süße in den schweren Wein.



    Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
    Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
    wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
    und wird in den Alleen hin und her
    unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.


R.M. Rilke

In der Symbolik von Weihnachten liegt das Thema Geburt und Tod dicht beieinander.

In der christlichen Theologie wird gesagt, dass Gott selbst Mensch werden will, um diese mit sich selbst zu versöhnen.

Das Leben von Jesus, der von Christen als Stellvertreter Gottes auf Erden angesehen wird, und dessen Geburt an Weihnachten gefeiert wird, dieses Leben wird nach christlicher Theologie mit seinem Tod am Kreuz enden. Dieses wird am Karfreitag gefeiert.

Aber Christen glauben, dass das Leben von Jesus erst mit seiner Auferstehung vollendet wurde. Das wird Ostern gefeiert.

Damit soll gerade die Osterkerze, die hier ungewöhnlicherweise als erste Adventskerze steht, den Bogen zwischen Ankunft (Geburt), Leben, Sterben und die Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod spannen.

Dieses Memento Mori soll auch das Gedicht Herbsttag von Rainer Maria Rilke unterstreichen.

Einen schönen Gruß zum ersten Advent vom "A Poem a Day"-Team!


Das Türchen vom 1 Dez. Das Türchen vom 3 Dez.