Wie mein Buch auf die Welt kommt/ Digitale Medien auf dem Vormarsch

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Innovations- und Substitutionsprozesse
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Rolle der Verlage und Buchhändler


Thomas J. Watson, IBM-Chef 1943:
„Ich denke, dass es einen Weltmarkt für vielleicht fünf Computer gibt..“

Quelle: [1]


Als Thomas J. Watson diese oft zitierte IT-Fehlprognose abgab, ging er davon aus, was er kannte. Zu dieser Zeit waren Computer elektronische Geräte, die viel Platz und Energie benötigten sowie selbst für große Unternehmen kaum erschwinglich waren. Obwohl es in den folgenden Jahren zu einer Miniaturisierung der elektronischen Bestandteile und damit zu einer Verbilligung der Mainframe-Computer kam, wurde die Idee, „dass der Computer seinen Platz in privaten Haushalten finden und jedem Menschen frei zugänglich sein sollte, von der in den 1970er-Jahren vorherrschenden Industrie als absurd abgetan.”[2]

Die damaligen großen Unternehmen, die Großrechner herstellten, schätzten die Chancen eines Personal Computers gering ein. Weil sie das Potential des revolutionären Ansatzes nicht erkannten, ergriffen kleine und innovative Unternehmen wie Hewlett-Packard, Commodore, Apple u.a. die Chance und übernahmen in der Folge immer mehr Marktanteile. Die Großkonzerne sahen sich durch die neue Konkurrenz veranlasst, eigene PCs zu entwickeln, spielten aber als PC-Anbieter - mit Ausnahme von IBM - keine entscheidende Rolle mehr.[3]

Darst. 5: Innovationen des Informationszeitalters[4],[5]

Digitale Erfindungen Start weit verbreitet um
Zuse Z3 - erster universell programmierbarer Digitalrechner (K. Zuse) 1941
Erfindung des Transistors (W.B. Shockley, J.Bardeen und W. Brattain) 1948
Entwicklung des ersten Integrierten Schaltkreises (J. Kilby) 1958
Arpanet - Frühform des Internets 1969
Microcomputer (Commodore PET) 1977 frühe 80er
Compact Disk (CD) 1979 Mitte 80er
Laptop 1980 90er
Digitalkamera 1980 2000er
Mobiltelefon 1984 späte 90er
Persönlicher Digitaler Assistent (PDA) 1984 90er
World Wide Web 1989 1995
digitales Fernsehen 1990 2000er
digitales Mobilfunknetz 1991
erstes elektronisches Buch auf CD-ROM: Bibel 1992
drahtlose Netzwerkkommunikation späte 90er 2000er
Smartphones 2005 2010er

Darst. 6: Scan einer Logarithmendatei
von 1912[6]


Der Computer und besonders die damit verbundene Digitalisierung von Text, Bild, Ton und anderen Medien führten und führen zu bedeutsamen Veränderungen in weiten Bereichen des gesellschaftlichen Lebens, besonders im Bereich der Mediennutzung (siehe Darst. 5). Eines der ersten Opfer dieses Umbruchs waren die Logarithmentafeln, welche in den 1970er-Jahren vom Taschenrechner abgelöst wurden. Mit dem Einzug des Internets in viele Haushalte lösten Wikipedia und Google einen starken Rückgang bei Nachschlagewerken und Lexika aus. Prominenteste Opfer waren die Encyclopedia Britannica, die 2012 die gedruckte Fassung einstellte[7] und die Brockhaus Enzyklopädie, welche seit 2014 nur noch im Internet verfügbar ist.[8] Besonders betroffen sind inzwischen auch Printprodukte wie Wörterbücher, Telefonbücher, Fahrpläne und Bedienungsanleitungen. „Bücher, die Informationen von kurzfristiger Aktualität speichern, sind generell eine bedrohte Spezies.”[9]

2006 hatten durchschnittlich 49 % aller EU-Haushalte einen Internetzugang und 30 % eine Breitbandverbindung, während es 2012 schon 76 % bzw. 72 % waren.[10] Das Internet ermöglicht uns Formen der Datenkommunikation, die bei dessen Einführung noch nicht absehbar waren, ganz gleich, ob wir Social-Media-Technologien wie Weblogs, Foren, soziale Netzwerke, Wikis oder Podcasts nutzen, persönliche Dateien jeder Art auf die Dropbox stellen und bestimmten Leuten zugänglich machen oder unsere Handydaten mit dem Computer abgleichen. Für unsere Kultur, die noch immer stark durch gedruckte Medien geprägt ist, stellt die im Internet scheinbar grenzenlose Verfügbarkeit von Informationen in nahezu unendlicher Menge, kürzester Zeit und vielfältiger Form tatsächlich eine revolutionäre Veränderung dar.[11] Mit der Möglichkeit, jede Art von Inhalt ohne Umweg über das Papier digital übertragen zu können, bildet das Internet ein neues Medium, welches in direkter Konkurrenz zum Buchdruck steht und ihm die Rolle als Leitmedium streitig macht. Die Auswirkungen dieser digitalen Revolution betreffen inzwischen alle Medien und erfordern von den am Prozess Beteiligten Anpassungsmaßnahmen, um die neuen Herausforderungen bewältigen zu können.

In Zeiten des Umbruchs reagieren sowohl Betroffene als auch Unbeteiligte nach bereits bekannten Mustern. Die Befürworterinnen/Befürworter begrüßen die Veränderung, sehen vor allem die Vorteile. Einige Apologeten des Neuen - wie Weeks und Coover - prophezeien dem Alten das baldige Ende: „Die Ära des gedruckten Buches geht zu Ende. Seit etwa zwanzig Jahren wird über das Ende des Buches spekuliert. Es gibt inzwischen Anzeichen für das baldige Ende des gedruckten Buches, so wie man es die letzten 500 Jahre kannte. Gebundene Bücher werden nie ganz verschwinden, aber sie könnten ähnlich selten werden wie Achtspur-Tonbänder, Schreibmaschinen und hölzerne Tennisschläger.”[12] „In der realen Welt heutzutage, das heißt, in der Welt der Videoübertragungen, Mobiltelefone, Faxgeräte, Computer-Netzwerke, insbesondere in den summenden digitalisierten Revieren der Avantgarde-Computer-Hacker, Cyberpunks und Hyperraum-Freaks, werden Sie oft zu hören bekommen, dass das Druckmedium zum Scheitern verurteilt und veraltete Technologie sei, eine bloße Neugier der vergangenen Tage, welche bald für immer diesen staubigen, unbeaufsichtigten Museen übergeben werden, welche wir heute als Bibliotheken bezeichnen. Tatsächlich handelt es sich bei der zunehmenden Zahl von Büchern und anderen Print-Medien, die in diesem waldfressenden, papierverschwendenden Zeitalter so weit verbreitet sind, -- um ein Zeichen seines fiebrigen Siechtums, dem letzten vergeblichen Aufbäumen einer ehemals vitalen Form, bevor sie schließlich für immer stirbt [...].”[13]

Die Gegner warnen vor den möglichen Auswirkungen auf die Buchwirtschaft, einem eingespielten Wirtschaftsbereich, der sich seit Gutenberg um das gedruckte Buch gebildet hat. Es wird nicht nur befürchtet, dass im großen Maßstab Arbeitsplätze verloren gehen könnten, sondern dass wegen der Schnelllebigkeit und Individualisierung auch die Qualität leiden könnte. Extreme Stimmen beschwören gar das Ende des Abendlandes.

Quellen

  1. Manhart 2010, o. S.
  2. Manhart 2010, o. S.
  3. Koschnik 2009, S. 9
  4. Wikipedia 2013a, o. S.
  5. Wikipedia 2013b, o. S.
  6. Wikipedia 2014, o. S.
  7. Vgl. McCarthy 2012, o. S.
  8. Vgl. MOZ 2013, o. S.
  9. Piper 2008, o. S.
  10. Vgl. Eurostat 2013, S. 2
  11. Vgl. Koschnik 2009, S. 9
  12. Weeks 2010, o. S.
  13. Coover 1992, o. S.