Austauschlemma und Austauschsatz von Steinitz – Serlo „Mathe für Nicht-Freaks“

Wir beweisen den Austauschssatz, um später die Wohldefiniertheit der Dimension zu zeigen.

Motivation Bearbeiten

In diesem Artikel wollen wir das Austauschlemma und den Austauschssatz von Steinitz behandeln. Diese besagen, wie eine gegebene Basis eines Vektorraums in eine andere umgewandelt werden kann, indem man manche der alten Basisvektoren geschickt durch neue Vektorraumelemente ersetzt. Das ist vor allem dann hilfreich, wenn man eine Basis konstruieren möchte, die gewisse vorher überlegte Vektoren enthält. Eine weitere Aussage des Austauschsatzes ist die Tatsache, dass linear unabhängige Mengen allgemein höchstens so mächtig sind wie Basen. Dieses Resultat ist zum Beispiel für die Definition der Dimension eines Vektorraums wesentlich. Wir beweisen zunächst das Austauschlemma.

Austauschlemma Bearbeiten

Das Austauschlemma Bearbeiten

Satz (Austauschlemma)

Sei   ein Vektorraum über einem Körper   und   eine Basis von  . Weiterhin sei   mit der Linearkombination  , wobei  . Ist   derart, dass  , dann ist   ebenfalls eine Basis von  .

Beweis (Austauschlemma)

Sei   die Menge, in der   mit   ausgetauscht wurde. Wir müssen zeigen, dass auch die neue Menge   eine Basis ist. Dazu zeigen wir, dass   ein Erzeugendensystem von   und linear unabhängig ist.

Beweisschritt:   ist ein Erzeugendensystem

Wir wissen   mit   und  . Nach obiger Annahme ist   und hat deshalb ein Inverses in  . Damit gilt folgende Umformung:

 

Weil   eine Basis von   ist, gibt es für jeden Vektor   Skalare  , sodass   ist. Wir setzen nun für   obiges Ergebnis ein und erhalten:

 

Damit ist der Vektor   dargestellt als Linearkombination von   und   ist ein Erzeugendensystem von  .

Beweisschritt:   ist linear unabhängig

Seien  , sodass  . Wir ersetzen   durch seine Darstellung als Linearkombination der Basiselemente   und erhalten:

 

Da   linear unabhängig ist, gilt   und   für alle  .

Aus   und   folgt  . Damit ist aber auch   für alle  . Das bedeutet   ist linear unabhängig.

Hinweis

Es gilt auch (hier ohne Beweis) die Rückrichtung des Austauschlemmas:

Sei   ein Vektorraum über einem Körper   und   eine Basis von  . Weiterhin sei   mit der Linearkombination  , wobei  . Ist   derart, dass   ebenfalls eine Basis von  ist, dann gilt bereits  .

Als nächstes beweisen wir eine leichte Abwandlung des Austauschlemmas. Sie zeigt, dass das Lemma "fast immer" anwendbar ist. Dabei setzen wir nämlich nur voraus, dass der neue Basisvektor   nicht der Nullvektor ist:

Satz (Austauschlemma Version 2)

Sei   ein Vektorraum über einem Körper   und   eine Basis von  . Weiterhin sei  . Dann gibt es einen Index   derart, dass   ebenfalls eine Basis von   ist.

Wir können damit   gegen   austauschen.

Beweis (Austauschlemma Version 2)

Wir schreiben   als Linearkombination in  . Seien also   mit  .

Da   ist, muss mindestens einer der Skalare   ungleich Null sein. Wenn nämlich alle   wären, dann müsste auch   sein. Also sei  , so dass  . Mit diesem   ist die Voraussetzung aus der oberen Version des Austauschlemmas erfüllt.

Anwendung des Austauschlemmas Bearbeiten

Beispiel

Seien   die kanonische Basis des   und   Wir zeigen, dass   eine Basis des   ist. Gemäß dem Austauschlemma können wir den Vektor   mit   ersetzen, wenn die Linearkombination   gilt:  .

Wir erkennen, dass gilt:  

Somit folgt mit dem Austauschlema, dass   eine Basis des   ist.

Wir sehen aber aus dieser Diskussion auch, dass wir mithilfe des Austauschlemmas nicht zeigen könne, dass   eine Basis ist: In der Linearkombination von   ist  . Deshalb kann man das Austauschlemma hier nicht anwenden.

Es gilt sogar, dass   keine Basis des   ist:  , also sind die Vektoren linear abhängig, insbesondere also keine Basis.

Beispiel (Basisergänzung durch Hereintauschen in eine bekannte Basis)

Wir wollen die beiden Vektoren   zu einer Basis   des   ergänzen.

Zunächst sollten wir prüfen, ob die beiden Vektoren linear unabhängig sind, dies ist aber leicht einzusehen, denn für  

muss   sein, was dann bedeutet, dass auch   ist.

Wir wollen nun mit Hilfe des Austauschlemmas   gegen zwei Basisvektoren einer bekannten Basis des   austauschen. Für den   nehmen wir einfach die kanonische Basis  . Durch wiederholte Anwendung des Austauschlemmas werden die Vektoren nacheinander ausgetauscht. Dabei gehen wir folgendermaßen vor:

Der Vektor   wird als Linearkombination der Vektoren   dargestellt.

 

Nach dem Austauslemma können wir irgendein Basiselement   austauschen, da für jedes   die zugehörigen Skalare   sind.

Tauschen wir also etwa   gegen   aus, es ist nun also   eine Basis des  . Wir wiederholen nun das obige Verfahren für   mit der Basis  .  

Auch hier können wir jeden der Vektoren   austauschen, allerdings ist der Austausch von   nicht zielführend, also tauschen wir etwa   aus. Damit bilden die Vektoren   eine Basis des   und wir haben die linear unabhängigen Vektoren   mit   zu einer Basis des   ergänzt.

Austauschsatz von Steinitz Bearbeiten

Satz (Austauschsatz von Steinitz)

Sei   eine  -elementige Basis des  -Vektorraums   und sei   eine  -elementige Menge linear unabhängiger Vektoren. Dann gilt   und man kann bestimmte   Vektoren der Basis  , durch die Vektoren   ersetzen und erhält mit diesen Vektoren eine neue Basis   des  -Vektorraums  .

Nach eventueller Umnummerierung der Indizes können wir schreiben

 

Beweis (Austauschsatz von Steinitz)

Wir beweisen den Satz durch vollständige Induktion nach k.

Beweisschritt: Induktionsanfang  

Sei   eine Basis von   und sei   linear unabhängig, also  , dann folgt mit obigem Austauschlemma, dass   für ein bestimmtes   eine Basis von   ist.

Jetzt benennen wir   zu   um. Es folgt dann, dass   eine Basis ist. Das zeigt den Induktionsanfang.

Beweisschritt: Induktionsschritt  

Seien   linear unabhängig. Nach Induktionsvoraussetzung gilt  , woraus wir   folgern wollen. Angenommen es wäre  . Dann folgt, wegen   und  , dass   gilt. Da   linear unabhängig ist und  , können wir nach Induktionsvoraussetzung   durch   ersetzen. Wir erhalten, dass   eine Basis von   ist.

Wir können also   als Linearkombination in   darstellen. Seien  , mit  . Dann gilt:

 

Das ist aber ein Widerspruch zur linearen Unabhängigkeit von  . Also muss auch   gelten.

Es bleibt zu zeigen, dass nach eventueller Umbennenung der  

 

eine Basis von   ist. Nach Induktionsvoraussetzung ist   eine Basis von  . Dabei wurden unter Umständen die Indizes der   vertauscht. Wir schreiben   als Linearkombination in  .

Seien dafür  , mit  . Beachte dabei, dass dies nicht zwingend die gleichen   wie vorher sind. Angenommen es wäre   für alle  . Dann würde

 

gelten, was der linearen Unabhängigkeit von   widersprechen würde. Sei also  , mit  . Nach dem Austauschlemma ist   eine Basis von  .

Schließlich benennen wir   zu   um. Dann ist   eine Basis von  , was den Beweis abschließt.