Lehren, Lernen und Bildung metaphorisch verstehen/ Denkwerkzeuge/ Lerntheorien/ Behaviorismus
Einführung
BearbeitenBehaviorsmus (engl. behavior=Verhalten) die „Lehre vom Verhalten", wurde im Jahre 1913 von John Broadus Watson (1878-1958) begründet und geht ursprünglich auf den russischen Physiologen Iwan P. Pawlow (1849-1936) zurück, der 1904 erste Untersuchungen an Hunden über den bedingten Reflex (Konditionierung) veröffentlicht hat. Im Behaviorismus ist das beobachtbare Verhalten Gegenstand der Forschung, dass was der Forscher beobachten oder messen und in Daten erfassen kann, wird als wissenschaftlich anerkannt. (Vgl. Spektrum 2001). Die Ausgangsthese des klassischen Behaviorismus besteht darin, dass jedes Verhalten eines Organismus, eine Reaktion auf einen äußeren Reiz darstellt und ist der Auffassung, dass Verhalten erlernt aber auch wieder verlernt werden kann. Einen Reiz kann jede Gegebenheit der physischen und sozialen Umwelt darstellen, jedoch wird sie in der Forschung erst als Reiz betrachtet, wenn sie ein Verhalten bewirkt. Als "Reaktion" gilt alles, was das Lebewesen tut. Grundlage hierfür ist das Reiz-Reaktions-Modell. (Vgl. Päda-Wiki).
Gegenstandsbereich
BearbeitenDer Behaviorismus, laut John B. Watson, untersucht beobachtbares objektives Verhalten. Alle subjektiven Einwirkungen bleiben unberücksichtigt, wie zum Beispiel Wahrnehmungen, Empfindungen, Gefühle und das Denken. Die Beschränkung auf objektiv Beobachtbares wird anhand äußerer Reaktionen und Reize untersucht (Reiz-Reaktions-Modell). Das Innere des Individuums wird als Black Box bezeichnet, in die keine Einsicht gewonnen werden will. Dem Gehirn wird nur insoweit Beachtung geschenkt, dass auf angeborene oder erlernte Verhaltensweisen eine Reaktion folgt. Das Resultat der neuen Reize verändert und formt das Verhalten des Individuums. (Vgl. Watson 2000, S. 35-50). 1913 führt Watson die Theorie des Behaviorismus ein, da er der Bewusstseinspsychologie eine Absage erteilen will. Er möchte die Täuschungen und auftretenden Fehlerquellen, die die Anwendung der Selbstbeobachtung mit sich führt, durch sein Konzept des Behaviorismus vollständig verdrängen. Das Verhalten, welches als Reiz zu beobachten ist, soll erlernt beziehungsweise erforscht werden. Die beobachtbaren äußerlichen Veränderungen nach der Reaktion sind dann auszuwerten und zu beurteilen. Er formuliert als Ziel, die Reaktionen durch die Studien vorhersagen zu können, anhand der bekannten Reize. Watson wollte mit objektiven Mitteln der Naturwissenschaft Psychologie betreiben und somit die Anpassung des Organismus als Gegenstand psychologischer Untersuchungen in den Vordergrund stellen. (Vgl. Watson 2000, S. 9-50).
Analytische Dimension
BearbeitenNach dem Behaviorismus entsteht Lernen durch eine Verknüpfung von Reiz und Reaktion. Sobald eine Reiz- Reaktionskette gebildet ist, ein bestimmter Reiz auf eine bestimmte Reaktion folgt, ist der Lernprozess erfolgreich abgeschlossen. Belohnung und Bestrafung sind zentrale Faktoren, welche den Lernerfolg beeinflussen. (Vgl. Meir 2006, S. 10-11).
Klassisches Konditionierung
BearbeitenDabei wird ein an sich neutraler Reiz zeitlich mit einem Reiz gekoppelt, der eine (reflexartige) Reaktion auslöst, sodass der erstere später auch allein die Reaktion bedingt. Beispiel Pawlowscher Hund: 1905 führte der Forscher Iwan Petrowitsch Pawlow Experimente mit Hunden durch, um die klassische Konditionierung empirisch zu belegen. Dabei stellte er fest, dass die Hunde vermehrt speicheln, sobald sie die Assistenten, die sie fütterten, hörten. (Vgl. Bodenmann 2004, S. 46 f.). Der Reiz (Futter) löste eine Reaktion (Speicheln) aus, der angeboren war. Daher nannte Pawlow diese Reaktion einen unbedingten Reflex (UCR). Ein neutraler Stimulus (NS) ist ein Reiz, der keine spezifische Reaktion auslöst. Ein unkonditionierter Stimulus (UCS) ist ein Reiz, der ohne Konditionierung eine Reaktion auslöst. Ein UCS löst eine angeborene Reaktion aus und ist daher unkonditioniert. Eine unkonditionierte Reaktion (UCR) ist eine angeborene Reaktion auf einen unkonditionierten Stimulus. Ein konditionierter Stimulus (CS) ist ein Reiz, der durch Lernen entstanden ist und eine konditionierte Reaktion auslöst. Der Stimulus ist nicht natürlich, sondern erlernt bzw. konditioniert. Eine konditionierte Reaktion (CR) ist eine Reaktion auf einen konditionierten Stimulus (CS).
Pawlow läutete eine Glocke (NS), wobei es zu keiner bestimmten Reaktion kam. Beim Anblick des Futters (UCS) begannen die Hunde zu speicheln (UCR). Er koppelte die Glocke (NS) mit dem Futter (UCS) und die Hunde begannen zu speicheln (UCR). Diesen Vorgang wiederholte er mehrfach. Durch die wiederholte Koppelung des Futters (UCS) mit der Glocke (NS) entwickelte sich eine konditionierte Reaktion (CR) auf einen konditionierten Stimulus (CS). Demnach führt der Glockenton (CS) schon zu erhöhter Speichelproduktion (CR), da die Hunde dies mit Futter verbinden. (Vgl. Bodemann 2004, S. 48 ff.).
Operante Konditionieung
BearbeitenEin bedeutender Vertreter ist Burrhus F. Skinner, welcher für das Modell des operanten Konditionieren. Im Gegensatz zu dem klassischen Konditionieren kommt dem Lernenden eine aktive Rolle in der operanten Konditionierung zu . Es erfolgen unterschiedliche Konsequenzen auf das gezeitgte Verhalten. Dabei wird ein spontanes Verhalten entweder positiv verstärkt, indem es eine angenehme Konsequenz herbeiführt, oder negativ verstärkt, wodurch eine negative oder unangenehme Konsequenz beendet oder verhindert wird. (Vgl. Arnold 2005, S. 2 f.).
Beispiel Skinner Ratten: Skinner hielt drei Ratten in verschiedenen präparierten Käfigen, die mit Hebeln versehen waren, die verschiedene Reaktionen auslösten. Ratte 1 bekam Futter, wenn sie den Hebel betätigte, Ratte 2 konnte durch das Betätigen des Hebels Strom abschalten, der durch das Bodengitter floss, und Ratte 3 erhielt einen Stromschlag, wenn sie den Hebel betätigte. Nach mehreren Versuchen betätigten Ratte 1 und Ratte 2 immer wieder den Hebel, während Ratte 3 den Hebel nicht mehr betätigte. Die Ratten hatten gelernt, Verhalten mit positiven Konsequenzen (Futter bekommen, Strom abschalten) zu wiederholen und negative Konsequenzen (Stromschlag) zu vermeiden. (Vgl. Leiser 1988, S. 3 f.).
Normative Dimension
BearbeitenObwohl die Behavioristen bis in die 60er Jahre die einflussreichste Gruppierung innerhalb der Lern- und Verhaltensforschung war, gab es auch Kritik an den behavioristischen Ansätzen. Kritisiert wurde der geringe Bezug zu realen Situation und menschlichen Lebens und das die Erkenntnisgewinnung ausschließlich aus Tierexperimenten und Laborsituationen stammten. Hinzu kam, dass die Aussagen zu höheren geistigen Vorgängen wie Wahrnehmung, Denken, Problemlösung fehlten und nicht getroffen wurden. Erst durch die so genannte „kognitive Wende“ wurde die Vernachlässigung komplexer geistiger Tätigkeit und die Reduzierung von Lernen auf beobachtbare Verhaltensänderung durch einen Paradigmenwechsel innerhalb der Lernpsychologie aufgehoben. Aufgrund der fehlenden Aussagen zu komplexeren Vorgängen beim menschlichen Lernen und ihrer mechanistischen Vorstellung von menschlichem Verhalten finden behavioristische Lernansätze heute kaum noch Zustimmung. Dennoch zeigen sie in der pädagogischen und insbesondere in der mediendidaktischen Praxis bis heute ihre Wirkung. (Vgl. Arnold 2005, S. 2 f.). Der Lernende ist eher passiv und reagiert nur aktiv auf die ihm gegebenen Reize, während der Lehrende eine zentrale Rolle im Behaviorismus einnimmt. Er hat die Aufgabe geeignete Reize zu geben und auf die Reaktionen positive oder negative Rückmeldungen zu geben. Was ziwschen dem Reiz und der Reaktion passiert liegt laut des Behaviorismus allerdings nicht im Interesse des Lehrenden. (Vgl. Meir 2006, S. 10 f.).
Kritik
BearbeitenKritisiert werden kann zum Beispiel, dass die aus Tierexperimenten und Laborsituationen gewonnenen Erkenntnisse nicht zwingend auf aktuelle Lernumgebungen (z.B. E-Learning) übertragbar sind. Zudem lässt die Reduktion von Lernen auf beobachtbare Verhaltensänderungen wichtige (meta-)kognitive Prozesse aus, die im Lernprozess von großer Bedeutung sind. Es werden demnach nur Lernprozesse berücksichtigt, die eine äußere Verhaltensänderung bewirken. (Vgl. Meir 2006, S. 11).
Das Menschenbild im Behaviorismus ist mechanistisch und geprägt von Konditionierungsprozessen. Lernen gilt als Sonderform des Verhaltens und wird als eine Art Trainingsvorgang verstanden. Beim Lehren soll bezogen auf ein bestimmtes Ziel Verhalten gesteuert und verändert werden. Daher resultiert dieser Auffassung nach eine autoritäre Rolle der Lehrenden: Sie haben eine starke Machtposition und entscheiden, was wie zu lernen ist. Sie gestalten lediglich „Reizsituationen“ und Konsequenzen so, dass die gewünschten Lernergebnisse eintreten.
Literatur
Bearbeiten- Arnold, Partricia (2005): Einsatz digitaler Medien in der Hochschule aus lerntheoretischer Sicht. In: e-teaching@university. Online verfügbar unter: https://www.e-teaching.org/didaktik/theorie/lerntheorie/arnold.pdf, S. 2 f.
- Bodenmann, G., Perrez, M., Schär, M., & Trepp, A. (2004): Klassische Lerntheorien. Grundlagen und Anwendungen in Erziehung und Psychotherapie. Bern: Huber, 2.
- Leiser, Eckart (1988): Schritte in Richtung auf eine kritische Überprüfung des Behaviorismus. S.3 f.
- Meir, Susanne (2006): E-Learning Plus. Letzter Zugriff 05.06.2015, 12:23 Uhr.
- Päda- Wiki. Behaviorismus Einführung, Online verfügbar unter: http://de.paeda.wikia.com/wiki/Behaviorismus_Einf%C3%BChrung
- Watson, John B. (2000): Behaviorismus. Frankfurt am Main: Klotz. S. 9-50.
- Spektrum (2001): Lexikon der Geographie. Behaviorismus. Heidelberg : Spektrum Akademischer Verlag. Online verfügbar unter: http://www.spektrum.de/lexikon/geographie/behaviorismus/805