Beweisarchiv: Funktionalanalysis: Nichtlineare Funktionalanalysis: Ein Supremumsprinzip im Zusammenhang mit drei Sätzen von Krein–Milman, Klee–Straszewicz und Bauer

Im Zusammenhang mit den Sätzen von Krein-Milman und Klee–Straszewicz ergibt sich die Frage, ob ein dem Maximumprinzip von Bauer analoges Prinzip auch für konvexe unterhalbstetige Funktionen gelten kann. Wie sich zeigen lässt, hat ein solches in einem sehr allgemeinen Rahmen Gültigkeit. Es handelt sich um das im Folgenden dargestellte Supremumsprinzip.

Formulierung des Supremumsprinzips Bearbeiten

Gegeben sei ein Vektorraum   über dem Körper   der reellen Zahlen, der zugleich ein topologischer Raum sein soll mit   als Topologie, wobei bzgl.   die Bildung des topologischen Abschlusses (wie üblich) in der Form   angezeigt wird.[1]
Weiter gegeben seien hier zwei nichtleere Teilmengen   und   sowie eine numerische Funktion  , welche   in die um   erweiterten reellen Zahlen abbilden soll.
Dabei soll   sein und   sowohl konvex als auch bzgl.   unterhalbstetig.
Dann gilt:
(SP)  .

Folgerungen Bearbeiten

Bei Berücksichtigung der Sätze von Krein-Milman und Klee–Straszewicz gewinnt man durch Anwendung des Supremumsprinzips sofort folgendes Korollar:

Korollar 1a
Gegeben seien ein Hausdorff'scher lokalkonvexer topologischer  -Vektorraum   und darin eine nichtleere Teilmenge   sowie eine numerische Funktion  .
  sei kompakt und konvex und   sei konvex und unterhalbstetig.
Dann gilt:
(I_1a1)   .
Ist dabei   ein normierter  -Vektorraum, so gilt sogar:
(I_1a2)   .

Verschärft man das Supremumsprinzip in anderer Weise, indem man nämlich sogar Kompaktheit für die kleinere Teilmenge sowie für die Funktion Stetigkeit statt Unterhalbstetigkeit annimmt und den Weierstraß'schen Satz vom Maximum einbezieht, so gewinnt man ein anderes Korollar:

Korollar 1b
Gegeben seien (wie oben) ein  -Vektorraum   mit Topologie   und darin zwei Teilmengen   und   mit   und weiter eine numerische Funktion  .
Dabei sei   kompakt (oder auch lediglich quasikompakt!) und es gelte  , während   sowohl konvex als auch stetig sein soll.
Dann gibt es einen Raumpunkt   mit
(I_1b)   .

Bei Anwendung des Supremumsprinzips auf den Fall eines mit der diskreten Topologie versehenen Vektorraums gewinnt man ein noch das folgende allgemeine Ergebnis, das dann unabhängig von allen topologischen Betrachtungen Gültigkeit hat:

Korollar 1c
Gegeben seien ein  -Vektorraum   und darin zwei nichtleere Teilmengen   und   sowie eine numerische Funktion  .
Ist weiter   und zudem   konvex, so gilt:
(I_1c)   .

Verknüpft man Korollar 1a und Korollar 1b, so führt dies zu einem weiteren Korollar:

Korollar 2
Gegeben seien ein Hausdorff'scher lokalkonvexer topologischer  -Vektorraum   und darin eine nichtleere sowohl kompakte als auch konvexe Teilmenge   sowie eine sowohl konvexe als auch stetige numerische Funktion  .
Dann gibt es einen Extremalpunkt   mit
(I_21)   .
Ist dabei   ein normierter  -Vektorraum, so gibt es sogar einen exponierten Raumpunkt   mit
(I_22)   .

Naheliegend ist nun die Frage, was sich bei Anwendung des Supremumsprinzips im euklidischen Raum ergibt. Man erhält hier:

Korollar 3
Gegeben seien im euklidischen Raum   eine offenes konvexes Gebiet   und darin ein nichtleeres beschränktes konvexes Polyeder   sowie ein konvexes Funktional  .
Dann besitzt   einen Eckpunkt  , auf dem   sein Maximum annimmt.

Beweise Bearbeiten

Zum Supremumsprinzip Bearbeiten

Es sind für den Nachweis von (SP) die Ungleichungen   und   zu zeigen. Da erstere offensichtlich wahr ist, bleibt lediglich die entgegengesetzte Ungleichung   herzuleiten.

Dazu sei   und  , also die Menge aller Elemente von  , deren  -Bilder   nicht übersteigen.

Nach Voraussetzung ist   in   der Abschluss der konvexen Hülle von  . Also bleibt wegen   lediglich zu zeigen, dass auch   sowohl konvex als auch abgeschlossen in   ist. Denn damit hat man   und dann   und folglich für die   stets  .

Wegen der Unterhalbstetigkeit von   und nach Definition ist   offenbar abgeschlossen in  .

Um noch die Konvexität von   nachzuweisen, seien   zwei beliebige  -Raumpunkte und dazu   eine reelle Zahl mit  . Infolge der Konvexität von   hat man die Ungleichung   und damit auch die Ungleichung  . Also liegt mit je zwei Raumpunkten   und   auch jeder Raumpunkt zwischen   und   in  . Folglich ist   konvex und alles ist gezeigt.

Zu Korollar 2 Bearbeiten

Ad (I_21)

Hier gelten die Inklusionen

 

und folglich

  .

Also ist, da   als abgeschlossenen Teilmenge der kompakten Menge   selbst kompakt ist, alles gezeigt.

Ad (I_22)

Hier kommt mit dem Satz von Klee–Straszewicz noch die Identität   zur Geltung.

Zu Korollar 3 Bearbeiten

Hier ist zu berücksichtigen, dass ein im euklidischen Raum gelegenes nichtleeres beschränktes konvexes Polyeder nach einem klassischen Lehrsatz − der auf Hermann Minkowski, Ernst Steinitz und Hermann Weyl zurückgeht !− stets die konvexe Hülle seiner Ecken ist.[2] Also folgt die Behauptung mit Korollar 1c.

Literatur Bearbeiten

  • Alexander Barvinok: A course in Convexity. American Mathematical Society, Providence, Rhode Island, ISBN 0-8218-2968-8 (MR1940576).
  • Philippe Blanchard, Erwin Brüning: Direkte Methoden der Variationsrechnung. Ein Lehrbuch. Springer Verlag, Wien, New York, ISBN 3-211-81692-5 (MR0687073).
  • Philippe G. Ciarlet: Linear and Nonlinear Functional Analysis with Applications. Society for Industrial and Applied Mathematics, Philadelphia, PA 2013, ISBN 978-1-611972-58-0 (MR3136903).
  • Bernhard Korte, Jens Vygen: Kombinatorische Optimierung : Theorie und Algorithmen. 3. Auflage. Springer Spektrum, Berlin, ISBN 978-3-662-57690-8.
  • Kurt Leichtweiß: Konvexe Mengen. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York, ISBN 3-540-09071-1 (MR0586235).
  • Jürg T. Marti: Konvexe Analysis. Birkhäuser Verlag, Basel, Stuttgart, ISBN 3-7643-0839-7 (MR0511737).
  • Jan van Tiel: Convex Analysis: An Introductory Text. John Wiley & Sons, Inc., New York 1984, ISBN 0-471-90263-2 (MR0743904).
  • Günter M. Ziegler: Lectures on Polytopes. Springer-Verlag,, New York, ISBN 0-387-94365-X (MR1311028).

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Diese Voraussetzung ist etwas allgemeiner als die Voraussetzung, dass ein topologischer Vektorraum vorliegt, wobei letzteres sicher den Hauptfall darstellt.
  2. Für ein beschränktes konvexes Polyeder des euklidischen Raums sind die Ecken ja nichts weiter als die exponierten Punkte des Polyeders.