In diesem kleinen Projekt wirst du die irrationalen Zahlen ein wenig besser kennenlernen. Eingestreut finden sich einige, nicht allzu schwere Aufgaben, welche dieses Kennenlernen ein wenig aktiver gestalten sollen. Bisher hast du gewiß von den rationalen Zahlen (also der Menge ) und von den reellen Zahlen (also der Menge ) gehört. Führen wir für die Menge der irrationalen Zahlen nun das Symbol ein, so gilt . Einerseits gehören die irrationalen Zahlen somit zu den reellen Zahlen, andererseits unterscheiden sie sich offenbar von den rationalen Zahlen.
Worin? Nun, die rationalen Zahlen sind diejenigen Zahlen, welche in der Form mit dargestellt werden können. Und die irrationalen Zahlen sind dann gerade diejenigen Zahlen, für die dies nicht möglich ist. Ein erster, konkreter Kontakt mit einer irrationalen Zahl findet zumeist über den Nachweis der Irrationalität von statt; es wird also gezeigt (und wir werden dies auch freimütig verwenden) . Ebenfalls öfters anzutreffen ist der Einstieg über , d.h. man zeigt, dass gilt oder, was gleichbedeutend ist, dass die Gleichung keine rationale Lösung besitzt. Diese Beweise findest du auf Myriaden von Seiten im Netz, etwa hier Wurzel aus 2
Wir steigen hier einfach mal mit dem Nachweis der Irrationalität von ein.>
Allgemein gilt : für .
Mission 1:: Setze und folgere .
Nun verwenden wir das in jeder Formelsammlung zu findende Verhältnis und haben alles parat für
Behauptung 1:.
Beweis: Nehmen wir an, es wäre , d.h. mit . Quadrieren, Multiplikation mit 2 und Subtrahieren von 1 führt auf . Mit dem Ergebnis aus Mission 1 und oben erwähntem Verhältnis folgt bzw. . Dies steht im Widerspruch zur Tatsache, dass
gilt . Deshalb ist die Annahme zu verwerfen und es gilt die Behauptung.
Eine Frage deinerseits lautet möglicherweise "Muss man denn immer so einen Aufwand betreiben, um eine Zahl bezüglich Irrationalität einschätzen zu können?". Nein, nicht immer, aber manchmal noch sehr viel mehr! Einerseits kennt man einige allgemeine Sätze, etwa
Ist nicht k-te Potenz einer natürlichen Zahl, so ist irrational.
Für ist somit sofort klar, dass , , oder auch allesamt irrational sind. Allgemeiner und etwas salopp ausgedrückt: Steht unter der Quadratwurzel keine Quadratzahl, so ist das Teil irrational.
Für ist irrational, wenn von den beiden Zahlen und die eine einen Primteiler aufweist, welchen die andere nicht besitzt.
Somit sind beispielsweise und irrational, hingegen nicht.
Für ist stets ; so zum Beispiel .
Dennoch gibt es beliebig viele Irrationalzahlen, welche nicht auf diese Weise erfasst werden können und die dann andere Methoden erfordern wie z.B. Reihendarstellungen.
Auf eben diesem Wege zeigt man die Irrationalität der Eulerschen Zahl oder von .
Nun werden wir ein wenig beweislastiger weitermachen und einige Aussagen über Summe und Produkt von (ir)rationalen Zahlen anschauen.
Behauptung 2: und .
Beweis:Wir führen einen indirekten Beweis; wir nehmen also an, dass gilt: und und .
Sei nun und . Folglich ist bzw. was gerade im Widerspruch zur Annahme steht. Also muss doch irrational sein.
Ganz ähnlich gehen wir in folgendem Fall vor.
Behauptung 3: und .
Beweis:Wir gehen abermals indirekt vor, nehmen also an, es gelte und und .
Dann folgt bzw. was gerade im Widerspruch zur Annahme steht. Also muss doch irrational sein.
Nun bist du an der Reihe, einen analogen Beweis zu führen.
Mission 2: Zeige: und .
Lösung(shinweis): Wieder über indirekte Argumentation. Wir nehmen an, dass und und . Dann folgt bzw. was gerade im Widerspruch zur Annahme steht. Also muss doch irrational sein.
Du weißt, dass Summe und Produkt rationaler Zahlen wieder eine rationale Zahl ergeben (man spricht von der „Abgeschlossenheit“ gegenüber den Operationen „“ und „“) Gilt dies auch für die Menge ?
Mission 3: Seien
Gilt dann und ?
Lösung(shinweis): Verwende z.B. im ersten Fall die Werte und sowie im zweiten Fall jeweils . ist also gegenüber diesen Operationen nicht abgeschlossen.
Mit dem bisher Bewiesenen hat man auch eine Methode an der Hand, um in dem einen oder anderen Fall zügig über Irrationalität entscheiden zu können. So ist die Irrationalität von Ausdrücken wie oder rasch zu erkennen.
Mission 4: Zeige, dass jede Zahl als Produkt zweier irrationaler Zahlen dargestellt werden kann.
Lösung(shinweis): Multiplikation mit 1 lässt eine Zahl unverändert. Damit gilt für jede rationale Zahl oder anders geschrieben . Der erste Faktor ist nach Behauptung 3 irrational und der zweite bekanntlich ebenfalls.
Jetzt folgt ein Klassiker.
Vorgelegt seien zwei irrationale Zahlen und . Wir stellen uns nun die Frage, ob der Ausdruck überhaupt rational sein kann, oder ob er nicht vielmehr irrational sein muss.
Versuchen wir es mit also mit Es gibt nun genau zwei Möglichkeiten, entweder oder
Gilt die erste Möglichkeit, so sind wir schon fertig, da wir dann ja bereits ein passendes Beispiel gefunden hätten. Nehmen wir also mal an und bilden dann den neuen Ausdruck Will heißen: So oder so, wir dürfen also die Ausgangsfrage positiv beantworten; es existieren irrationale Zahlen und mit Gilt das nun auch für den Ausdruck ? Obwohl wir dies interessanterweise für den Beweis ja überhaupt nicht wissen mussten, sei kurz verraten: Nein! Es handelt sich hierbei um eine sog. „transzendente Zahl“. Allerdings hätten wir hier mittels der weiter oben erwähnten Irrationalität der Zahlen und
auch ein wenig "deutlicher" entscheiden können, ist doch
Behauptung 4: Seien und Wir zeigen:
Beweis: Annahme: Wir formen diese Gleichung ein wenig um zu und betrachten nun folgende Fälle:
Gilt 1), folgt im Widerspruch zur Voraussetzung
Gilt 2), so muss, damit erfüllt wird, gelten ( kann nicht Null sein, da es irrational ist). Wir haben somit einerseits und andererseits Einsetzen der einen Gleichung in die andere führt auf was mit der Voraussetzung kollidiert.
Insgesamt muss also die Annahme verworfen werden und es gilt die Behauptung.
Mission 5: Zeige:
Lösung(shinweis): Wir beweisen die Kontraposition Sei also und somit Quadrieren liefert was wiederum in liegt.
Dieser kleine Beweis war kein reiner Selbstzweck, sondern spielt eine Rolle in der nächsten Behauptung.
Behauptung 5: Für alle gilt:
Beweis: Es ist
Angenommen, wäre rational, also
Dann folgte
Jedoch gilt da keine Quadratzahl ist und somit, wie wir weiter oben bereits angemerkt haben, die Irrationalität der Wurzel daraus folgt.
Also muss sein und infolgedessen (siehe Mission Nr. 5) dann auch
Ein konkretes Beispiel, welches häufig anzutreffen ist, lautet Völlig anlog kannst du zeigen, dass für alle gilt:
Zum Abschluss des Projektes folgt noch eine kleine Aufgabe mit physikalischer Grundtönung. Es geht um zwei sog. mathematische Pendel.
Stelle dir zunächst einmal ein solches Pendel mit der Länge vor. Direkt daneben wird nun ein zweites Pendel mit der Länge eingehängt. Jetzt lenke beide gedanklich um einen kleinen Winkel (es liegt also eine harmonische Schwingung vor) in die selbe Richtung aus. Dies ist unsere Ausgangssituation. Nun lasse beide Pendel gleichzeitig los.
Mission 6: Zeige, dass diese Ausgangssituation nicht wieder erreicht werden kann, d.h. es gibt keinen Zeitpunkt, zu welchem die beiden Pendel wieder gemeinsam am Startpunkt anzutreffen sind.
Anmerkung: Für die Periodendauer gilt hier
Lösung(shinweis): Damit das Pendel der Länge nach Schwingungen wieder gemeinsam mit dem Pendel der Länge (entsprechend nach Schwingungen) am Startpunkt auftaucht, muss gelten bzw.
Nun gilt aber auch
Damit also die Ausgangssituation nochmals eintritt, muss der Quotient letztlich irrational werden, was, wie wir wissen, nicht möglich ist.