Stereostatik: Seile und Ketten

Voraussetzungen Bearbeiten

  • Das Seil (die Kette) kann keine Momente oder Querkräfte übertragen (biegeschlaffes Seil, biegeschlaffe Kette).
  • Die Seillänge (Kettenlänge) wird als konstant angenommen (dehnstarres Seil, dehnstarre Kette).
  • Als Schnittkräfte treten nur Zugkräfte auf.

Die Kettenlinie Bearbeiten

Die Kettenlinie (oder Katenoide) ist die geometrische Form, welche eine an ihren beiden Enden abgehängte Kette oder ein entsprechendes Seil unter der Belastung durch ihr Eigengewicht ausbildet. Das Eigengewicht sei dabei gleichmäßig über die Gesamtlänge der Kette (des Seiles) verteilt.

 

 

Gleichgewicht am Kettenelement Bearbeiten

 

      (Gl.1)
      (Gl.2)
      (Gl.3)

Die Differentialgleichung der Kettenlinie Bearbeiten

 

 

 

aus (Gl.2)  

 

aus (Gl.3)  

 

mit   (Seilparameter) folgt

  (Gl.4)

Die geometrische Form der Kettenlinie Bearbeiten

(Gl.4):

 

 


Lösung dieser DGL mittels Separation der Variablen:

 


Substitution:

 

 

 

 

 

 

 


Randbedingung:

Die Position des Koordinatensystems kann frei gewählt werden. Zwecks Vereinfachung wird hier das Koordinatensystem so positioniert, dass die horizontale Tangente an die Kettenlinie genau bei der Koordinate (0, a) anliegt.

 

Es gilt somit   für  

 

  (Gl.5)


 

 


Randbedingung:   für  

 

  (Gl.6)

 


Die Bogenlänge:

 


 


 

 

Randbedingung:   für  


  (Gl.7)


Weiters gilt:

 

  (Gl.8)

 

Die Schnittkräfte Bearbeiten

 

aus (Gl.2):  

 

Randbedingung: für   ist  

  (Gl.9)


 

  (Gl.10)


 

  (Gl.11)

Die Traktrix Bearbeiten

Die Traktrix (Schleppkurve, Hundekurve) ist die Evolvente der Kettenlinie und die Kettenlinie ist die Evolute der Traktrix.

 


 

 

 

 

 

Randbedingung: für   ist  


  (Gl.12)

Das Kettendreieck Bearbeiten

Eigentlich sind schon fast alle Formeln für die Kettenlinie bekannt. Ein kleines Problem gibt es noch: Wie soll der Wert für den Seilparameter   ermittelt werden?

Die Lösung für a muss mittels zusätzlicher Daten gefunden werden. Nachfolgend wird eine Lösung für die Vorgabe von Seillänge L und den Abständen der Aufhängepunkte, nämlich b und h gezeigt (Ketten- bzw. Seildreieck).

Gegeben sind L, b, h. Gesucht ist der Seilparameter a.

 


 

 

 

 

 

Mit Anwendung der Summationsformel   folgt

 

Weitere Vereinfachung durch   und  

 

 

 

  (Gl.13)

oder auch in dieser Form

  (Gl.14)


Lösung dieser transzendenten Gleichung:

 

 


Die Bestimmung von   und somit von a kann

  • grafisch
  • per Nullstellenberechnung (Newtonsches Näherungsverfahren, o.ä.)
  • oder per Näherung durch Reihenentwicklung  

erfolgen.


Somit sind alle relevanten Daten für die Kettenlinie aus den bisher hergeleiteten Formeln berechenbar. Sorge bereitet noch, dass die genaue Lage des gegebenen Kettendreiecks auf dieser Kettenlinie nicht bestimmt ist. Relativ einfach lassen sich die Bogenlängen s1 und s2 aus den Geometriebeziehungen (siehe Abb. am Anfang dieses Kettendreieck-Abschnittes) ermitteln.

 

 

Nach einigen Umformungsschritten resultiert daraus die quadratische Gleichung

 

 


  (Gl.15)


  (Gl.16)


Mit (Gl.13) und der mathematischen Beziehung   wird daraus

  (Gl.17)


  (Gl.18)

Der Durchhang Bearbeiten

 

 

 

 

 

 

  (Gl.19)

Die Seillinie Bearbeiten

Auf ein Tragseil wirkt eine vertikale Streckenlast q(x) ein.

 


Statisches Gleichgewicht:

 

 

 


 


Differentialgleichung der Seillinie:

  (Gl.20)

Literatur Bearbeiten

Seilstatik generell Bearbeiten

  • Gross, Hauger, Schnell, Wriggers: Technische Mechanik 4, Elemente der Höheren Mechanik, Numerische Methoden, 3.Aufl., Springer-Verlag, Berlin-Heidelberg-New York, 1999, ISBN 3-540-65205-1
  • Grote, Feldhusen (Hrsg.): Dubbel Taschenbuch für den Maschinenbau, 21. Aufl., Springer-Verlag, Berlin, 2005, ISBN 3-540-22142-5

Kettenlinie und Traktrix Bearbeiten

  • Bronstein, Semendjajew, Musiol, Mühlig: Taschenbuch der Mathematik, 6. Aufl., Verlag Harri Deutsch, Frankfurt am Main, 2005, ISBN 3-8171-2006-0
  • Husty, Karger, Sachs, Steinhilper: Kinematik und Robotik, Springer-Verlag, Berlin-Heidelberg-New York, 1997, ISBN 3-540-63181-X

Weblinks Bearbeiten