Mathematik: Topologie: Konstruktionen

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Konstruktion topologischer Räume Bearbeiten

Topologische Summe Bearbeiten

Sei   eine beliebige Indexmenge und   eine Familie paarweise disjunkter topologischer Räume. Die topologische Summe   ist die Vereinigung   mit der folgenden Topologie  : Eine Teilmenge   gehört genau dann zu  , wenn für jedes   der Durchschnitt   zu   gehört.
Falls die Mengen   nicht disjunkt sind, kann man sie aber dadurch disjunkt machen. dass man einfach den Index mit "dazu schreibt": Aus der Menge   wird dann die Menge  , die aus den Punkten   besteht. Die Topologie auf   besteht aus den Mengen  , für die   offen in   ist.
 


Produkttopologie Bearbeiten

Sei wieder   eine beliebige Indexmenge und   eine Familie topologischer Räume. Das Mengenprodukt   der   ist diejenige Menge, deren Punkte   aus Familien von Punkten   bestehen. Ein einzelner Punkt   aus der Familie   heißt  -te Koordinate von  . Im Fall einer endlichen Indexmenge   ist das Produkt gegeben durch die  -Tupel   und die Koordinaten sind die einzelnen  . Für jedes   ist die  -te Projektion   gegeben durch  , der Punkt   wird also auf die  -te Koordinate abgebildet. Die Produkttopologie   auf   ist gegeben durch die Basismengen der Form   wobei   offen in   und   für nur endlich viele   ist. Der Raum   versehen mit der Produkttopologie   ist das topologische Produkt der Familie  .
  Im Fall   bilden die Mengen   die Basis des Produktes.
Die Produkttopologie ist die Initialtopologie auf   bezüglich der Projektionen.

Quotiententopologie Bearbeiten

Sei   ein topologischer Raum. Weiter sei ~ eine Äquivalenzrelation R auf  . Das heißt
  1. für je zwei Punkte   ist entweder   ~   oder  ,
  2. aus   ~   folgt   ~  ,
  3. aus   ~   und   ~   folgt   ~  .
Für   ist die Äquivalenzklasse   definiert als die Menge aller   mit   ~  .
Man kann nun die Menge   als die Menge aller Äquivalenzklassen definieren. Man hat eine kanonische Projektion  . Die Quotiententopologie   besteht aus den Mengen  , für die das Urbild   offen in   ist. Die Menge   versehen mit der Quotiententopologie heißt Quotientenraum oder auch Faktorraum von   bezüglich der Äquivalenzrelation  .
Die Quotiententopologie ist die Identifizierungs- oder auch Finaltopologie auf   bezüglich der Projektion.


Beispiel: Auf dem Intervall I = [a,b] sei die Äquivalenzrelation R gegeben durch a ~ b, d.h. nur die Endpunkte sind äquivalent. Der Quotientenraum I/R ist dann die 1-Sphäre  . Bildlich ausgedrückt entsteht aus dem Intervall durch Verkleben der Endpunkte ein Kreis.
 


Zusammenkleben Bearbeiten

Mit Hilfe der Quotiententopologie kann man ähnlich dem obigen Beispiel ein Verfahren angeben, wie man topologische Räume zusammenkleben kann. Sind   und   disjunkte topologische Räume und   eine Abbildung von einer abgeschlossenen Teilmenge   von   nach  , so klebt man   und   an der Teilmenge   zusammen, indem man die Punkte von   mit den Bildpunkten   identifiziert. Dieses Verfahren wird unter Anderem zur Konstruktion von speziellen Räumen benutzt, die in der algebraischen Topologie untersucht werden. Doch zunächst einmal formulieren wir die genaue Definition.
Definition: Zusammenkleben von Räumen
Seien   disjunkte topologische Räume,   eine abgeschlossene Teilmenge von   und   eine Abbildung. Auf der topologischen Summe   sei die Äquivalenzrelation R gegeben durch
 

Der durch Zusammenkleben von   und   mittels   entstandene Raum, geschrieben  , ist dann der Quotientenraum  .

Kegel:
Sei   ein topologischer Raum,   das Einheitsintervall und   ein topologischer Raum mit nur einem Punkt. Sei weiter die Teilmenge   des Produktes   gegeben durch   und die Abbildung   durch   für  . Durch das Zusammenkleben von   mit   vermöge   entsteht der (topologische) Kegel über   mit Spitze  .
 
Die ganze Teilmenge   wird auf den Punkt   geklebt.


Einhängung:
Sei wieder   ein topologischer Raum,   das Einheitsintervall und   der topologische Raum mit zwei Punkten und der diskreten Topologie. Die Teilmenge   des Produktes   sei gegeben durch  . Die Abbildung   sei definiert durch   für   und   für  . Durch das Zusammenkleben von   mit   vermöge   entsteht die Einhängung  von  .
 
Die Einhängung ist sozusagen ein doppelter Kegel, der "obere" Rand   wird auf den Punkt  , und der "untere" Rand   auf den Punkt   geklebt.


Die folgenden Räume werden jeweils aus einem Quadrat durch Verkleben der Seiten zusammengebastelt. Dazu sei für die folgenden Beispiele das Quadrat durch den Raum   gegeben.


Möbiusband:
Dieser Raum entsteht, indem man zwei gegenüberliegende Kanten eines Quadrats "verkehrt herum" zusammenklebt.
 
Die Teilmenge   sei gegeben durch  , also die "obere" und die "untere" Kante des Quadrats. Weiter sei   das Intervall von -1 bis 1, und die Abbildung   sei gegeben durch
 .
Der durch Verkleben vermöge   entstandene Raum   ist das Möbiusband.


In den nächsten Beispielen ist die Teilmenge  , der Rand des Quadrates, gegeben durch  .


Sphäre:
Die 2-Sphäre erhält man durch Verkleben des ganzen Randes des Quadrats auf einen Punkt.
 
Sei   mit der diskreten Topologie. Die Abbildung   sei gegeben durch   für alle  . Der durch Verkleben vermöge   entstandene Raum   ist homöomorph zur 2-Sphäre  .
Einen Homöomorphismus kann man wie folgt konstruieren. Zunächst ist das Quadrat homöomorph zur Kreisscheibe   vermöge der Abbildung
 .
Die Umkehrabbildung ist gegeben durch
 .
Anstelle des Quadrates kann man also genauso gut die Kreisscheibe   vermöge der Abbildung   zu dem Raum   zusammenkleben. Wir betrachten nun die Scheibe   in Polarkoordinaten. Dazu sei für jeden Punkt des     der Abstand vom Nullpunkt und   der Winkel von   gegenüber der  -Achse. Dann läßt sich jeder Punkt des   in den Koordinaten   darstellen mit   und  . Die Punkte der Scheibe   sind dann gegeben durch die Punkte   mit   und  .
 
Polarkoordinaten
Für einen festen Winkel   kann man den Radius bijektiv auf einen Halbkreis abbilden durch  , wobei   und  . Setzt man dies für alle Winkel zu einer Abbildung in den   zusammen, so erhält man durch
 
eine stetige Abbildung  , die den Mittelpunkt   von   auf den Südpol   und den Rand   auf den Nordpol   abbildet. Dabei ist   nach Konstruktion bijektiv auf  . Der Abbildung   entspricht nun eine Abbildung   mit   und   sonst. Diese Abbildung ist wohldefiniert, denn für   besteht die Äquivalenzklasse   nur aus dem Punkt  , und für   besteht   zwar aus der Menge  , aber diese Menge wird auf den Nordpol   abgebildet. Da   auf dem Inneren der Scheibe bijektiv ist, folgt, daß   bijektiv ist. Die Stetigkeit von   folgt aus der Definition der Quotiententopologie. Die Existenz einer stetigen Umkehrabbildung sei dem Leser als Übung überlassen.  


In den nächsten zwei Beispielen wird der Rand des Quadrates auf die Figur 8, das sind zwei an einem Punkt zusammenhängende Kreise, geklebt. Formal ist die Figur gegeben durch  .
 


Torus:
Die Ringfläche entsteht aus dem Quadrat durch Zusammenkleben der gegenüberliegenden Seiten.
 
Sei   die Figur 8 wie oben beschrieben und   gegeben durch
 .
Dann erhält man den Torus   durch Verkleben von   und   vermöge  , also  .


Kleinsche Flasche:
 
Sei wieder   die Figur 8 und   gegeben durch
 .
Dann erhält man die Kleinsche Flasche   durch Verkleben der beiden senkrechten Seiten von   und verdrehtes Verkleben der waagerechten Seiten an die Figur 8.


Projektive Ebene:
 
Der Vollständigkeit halber sei noch die projektive Ebene erwähnt, die man durch verdrehtes Verkleben der jeweils gegenüberliegenden Seiten von   erhält.


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