Computerhardware: Alterung

Welche Prozesse führen dazu, dass Computer altern?

Kondensatoren Bearbeiten

Im Netzteil, auf der Hauptplatine, den Erweiterungskarten und anderen Komponenten sind insgesamt fünfzig bis hundert Elkos (Elektrolyt-Kondensatoren) verbaut, um die Betriebsspannungen zu glätten. Leider hat das Elektrolyt die Neigung auszutrocknen: Je wärmer es im Computer ist, umso schneller. Dadurch verringert sich die Fähigkeit der Elkos, Ladung zu speichern und die Spannung zu glätten.

Leider werden oftmals minderwertige Kondensatoren eingebaut, um die Platinen billiger zu machen. Dabei gehen manche Firmen durchaus selektiv vor: Auf Platinen für professionelle Computer werden die besseren Elkos eingebaut. Platinen für Spieler werden mit verwertbarem Schrott bestückt, weil Hardcore-Gamer ohnehin jedes Jahr einen neuen PC kaufen, wozu also eine Haltbarkeit von zwei Jahren vorsehen?

Verschärft wird die Lage durch die Unsitte, unterdimensionierte Elkos einzusetzen. Es wird empfohlen, Elkos nur mit der Hälfte ihrer zulässigen Maximalspannung zu betreiben[1][2].

Laut Spezifikation der Netzteile darf beispielsweise die 12-Volt-Spannung um 5% schwanken, also von 11,4 bis 12,6 Volt. Ein Elko mit einer zulässigen Höchstspannung von 12,6 Volt ist offensichtlich zu knapp dimensioniert, es gibt keine Sicherheitsreserve. Trotzdem werden solche Kondensatoren verbaut. Damit spart der Hersteller ein bis zwei Euro pro Hauptplatine.

 

Die Unsitte, minderwertige Kondensatoren zu verwenden, hat so weit um sich gegriffen, dass erste Hersteller in ihrer Werbung Garantien für die Lebensdauer der verwendeten Kondensatoren geben. Nebenstehend ein Ausschnitt von der Verkaufsverpackung einer Hauptplatine. Der Hersteller meint, dass jeder einzelne Elko mindestens 5000 Stunden durchhält. Das sind jedoch nur 625 Tage zu je acht Arbeitsstunden! Abgesehen davon dürfte es schwierig sein, bei einer defekten Hauptplatine nachzuweisen, dass einer von 50 bis 100 Elkos am Defekt schuld ist. Selbst wenn Sie mit bloßem Auge sehen können, dass ein Kondensator kaputt ist - weisen Sie mal dem Hersteller der Hauptplatine nach, dass nicht eine Überspannung aus dem Netzteil die Ursache des Schadens ist!

Wenn dieser Hersteller 5000 Stunden für einen so guten Wert hält, um damit zu werben - wie hoch ist dann wohl die durchschnittliche Lebenserwartung von Boards, die nicht beworben werden?

Die Lebensdauer von Kondensatoren hängt stark von der Temperatur ab. Ein Temperaturanstieg um 10°C halbiert die Lebensdauer, weitere 10°C halbieren sie noch einmal.

Mechanischer Verschleiß Bearbeiten

Die Lager der Festplatte sind hoch beansprucht. Normalerweise halten sie einige Jahre durch. Hohe Temperaturen, Vibration und Erschütterungen können die Lebensdauer deutlich verringern.

Am schnellsten jedoch versagen die Lager der Lüfter. Der Staub verringert die Drehzahl der Lüfter. Beim Anlaufen hat der Lüftermotor den größten mechanischen Widerstand zu überwinden. Irgendwann schafft er es nach dem Einschalten nicht mehr, anzulaufen.

Elektromigration Bearbeiten

 
Ränder eines Leiters, die durch Elektromigration „angefressen“ sind

Kleiner werdende Prozessorstrukturen führen zu neuen Problemen. Die Leiterbahnen im Inneren moderner CPUs und   GPUs sind teilweise nur noch 15 bis 20 Atome dick. Die Magnetfelder um jeden Leiter herum, verbunden mit den hohen Temperaturen im Inneren des Chips, bewirken, dass vereinzelte Atome ihren Platz im Kristallgefüge verlassen, das nennt man „Elektromigration“. Wenn dadurch ein hauchdünner Leiterzug noch dünner wird, steigt sein elektrischer Widerstand. Es kann zu einem sich verstärkenden Effekt kommen: Je größer der Widerstand wird, desto mehr erwärmt sich der Leiter durch den Stromfluss. Die Abwanderung der Atome beschleunigt sich, bis der Leiterzug durchbrennt. [3]

Dieser Alterungseffekt tritt vor allem auf

  • bei den letzten Pentiums auf, die vor der Entwicklung der Dual-Core-Technologie produziert wurden (die aktuellen Dual-Core-CPUs werden nicht sehr warm, im Leerlauf ist ihre Temperatur nur drei bis fünf °C höher als die Temperatur der Hauptplatine).
  • wenn die Elektronik übertaktet wird,
  • in Notebooks mit deren steigendem Alter. Notebooks werden wegen ihrer kompakten Bauweise sehr warm. Die Kunden wünschen eine flache Bauweise, also ist kein Platz für Luftkanäle da. Ein kräftiger Lüfter könnte die Wärme heraus blasen, doch das würde viel Strom kosten. Der Akku ist das schwerste Teil eines Notebooks und die Kunden wünschen ein geringes Gewicht bei langer Akkulaufzeit. Also werden weiterhin Wegwerf-Notebooks gebaut.

Dreck und Hitze Bearbeiten

Es ist manchmal kaum zu glauben, wie verdreckt ein PC nach einem Jahr oder schon nach einem halben aussehen kann. Staub und Fusseln setzen die Kühlrippen zu, besonders beim Prozessorkühler. Ein Desktop-Prozessor verwandelt 60 bis 140 Watt in Wärme. Können Sie sich im Zeitalter von Stromsparlampen noch daran erinnern, wie heiß eine 100-Watt-Glühlampe wird? Wenn der Lüfter keine Luft mehr durch den Kühler pressen kann, wohin geht dann die Wärme? Sie heizt die Hauptplatine auf. Die Elektrolytkondensatoren trocknen schneller aus, besonders in der Nähe der CPU. Die Elektromigration in der CPU wird verstärkt.

Nicht anders sieht es mit der Kühlung von Grafikkarten aus, besonders bei den teuren. Auch im Netzteil sammeln sich beachtliche Mengen Dreck.

Mikrorisse Bearbeiten

Die Leiterzüge in den achtlagigen Leiterplatten sind sehr dünn und empfindlich. Wenn sich beim Bestücken der Hauptplatine mit Arbeitsspeicher und Flachbandkabeln die Hauptplatine durchbiegt, werden die Leiterzüge gedehnt und können einreißen. Nach dem Einschalten erwärmt sich die Hauptplatine und dehnt sich aus, wobei Trägermaterial, Leiterzüge und Bauelemente unterschiedliche Wärmeausdehnungskoeffizienten haben. Nach dem Ausschalten des PC schrumpft sie wieder. Diese mechanische Belastung kann vorhandene Mikrorisse vergrößern.

Lötstellen Bearbeiten

Lötstellen haben eine begrenzte Lebensdauer. Die Temperaturschwankungen zwischen aus- und eingeschaltetem Gerät führen wegen der unterschiedlichen Wärmeausdehnungskoeffizienten zur mechanischen Belastung der Lötstellen.

In einer Fachzeitschrift wurde deshalb sogar dazu geraten, den Computer nicht auszuschalten. Doch bis auf Sonderfälle (rund um die Uhr ständig gleichmäßig belastete Server) ist das ein schlechter Ratschlag. Zum einen hängt die Leistungsaufnahme eines PCs von der Belastung ab: Sobald der PC in den Ruhezustand geht, sinkt die Stromaufnahme auf einen geringfügigen Wert und die Temperatur sinkt fast auf den gleichen Wert wie bei einem ausgeschalteten Wert. Zweitens verkürzt sich die Lebensdauer anderer Komponenten, vor allem der Festplatten und Lüfter.

Die EU hat vor einiger Zeit die Verwendung von bleihaltigem Lötzinn verboten. Alternative bleifreie Lote sind von minderer Langzeitstabilität, wenn sie nicht 100% korrekt verarbeitet werden. Einen Vorgeschmack bietet die Ausfallrate bei der XBox 360, einer Spielkonsole von Microsoft. Der Temperaturunterschied zwischen ein- und ausgeschaltetem Gerät ist bei derart kleinen Computern besonders groß, was bei etwa einem Drittel aller Geräte das Lötzinn brüchig werden ließ[4].

Anders als die ungewollten Ausfälle bei Microsoft können Lötstellen auch bewusst auf eine gewisse Lebensdauer dimensioniert werden. Da Notebookreparaturen mangels Bauteilstandards fast nur beim Hersteller zu hohen Preisen durchgeführt werden können, ist eine Lötstelle mittlerer Qualität ein lukratives Unterfangen. Als „Serienfehler“ deklariert können sie nach Ablauf der vom Hersteller gewollten Lebensdauer des Geräts, nämlich des Garantiezeitraums, plötzlich gehäuft auftreten.

Lange Lagerung Bearbeiten

 
Das Ergebnis zu großen Reststroms: Drei Kappen wurden abgesprengt

Durch einen Elko fließt ständig ein kleiner Verluststrom, „Reststrom“ genannt. Wenn Elkos längere Zeit spannungsfrei sind, finden im Inneren chemische Prozesse statt, die zur Vergrößerung des Reststroms führen. Normalerweise stört das nicht. Wird Spannung angelegt, regeneriert sich der Elko innerhalb einiger Stunden. Werden Elkos jedoch nach mehrmonatiger Lagerung unter Spannung gesetzt, fließt ein hoher Anfangsstrom, der fast an einem Kurzschluss heranreichen kann. Selbst wenn es nicht für einen Kurzschluss reicht, erwärmt sich der Elko stark durch den hohen Strom, das Elektrolyt verdunstet schneller und der Elko ist seinem Lebensende ein großes Stück nähergerückt [5]. Der kritische Zeitraum bei hochwertigen Elkos liegt bei zwei Jahren, aber die Hauptplatine ist vermutlich nicht mit hochwertigen Elkos bestückt. Gehen Sie sicherheitshalber davon aus, dass sechs Monate ohne Spannung gerade noch ungefährlich sind.

Was man dagegen tun kann? Schalten Sie einen ungenutzten PC jeden Monat oder jedes Quartal für einige Stunden ein. Sie brauchen dazu Tastatur, Maus und Bildschirm nicht anzuschließen. Lassen Sie den PC einige Stunden eingeschaltet und drücken Sie dann kurz auf die Power-On-Taste, dann fährt er herunter.

Falls Sie im Schrank eine alte Festplatte mit Daten haben, die Sie aufheben wollen, sollten Sie auch diese hin und wieder für einige Stunden an die Stromversorgung eines Computers anstecken. Ein Datenkabel braucht nicht angeschlossen zu werden, es genügt, wenn sich die Festplatte dreht.

Wollen Sie mehr über Alterung wissen?

Ist Ihnen eigentlich aufgefallen, wie vielfältig schädlich eine zu hohe Temperatur im PC ist?


Quellen
  1. Die Betriebsspannung von Elkos sollte die Hälfte der Nennspannung nicht überschreiten: http://www.controllersandpcs.de/lehrarchiv/pdfs/elektronik/pass02_02x.pdf (Seite 4)
  2. Eine möglichst kleine Betriebsspannung erhöht die Lebensdauer von Elkos http://www.elektronik-kompendium.de/sites/bau/1011281.htm
  3. Alterung von CPUs durch Elektromigration: http://www.heise.de/ct/Ploetzlicher-Pentium-4-Tod-durch-Uebertakten--/hintergrund/meldung/34186
  4. Bleifreies Lot wird brüchig http://de.wikipedia.org/wiki/Xbox_360#.C3.9Cberhitzung
  5. Langzeitverhalten von Kondensatoren http://www.tonbandmuseum-koeln.de/joomla1015/content/view/16/31/